Entscheidungsdatum: 03.03.2016
Der Insolvenzverwalter hat gegenüber den Insolvenzgläubigern das Verschulden eines Rechtsanwalts, den er mit der Durchsetzung einer zur Masse gehörenden Forderung beauftragt hat, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden.
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Marburg vom 19. Mai 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Der beklagte Rechtsanwalt war Verwalter in dem am 5. März 2009 eröffneten und am 9. August 2013 aufgehobenen Insolvenzverfahren über das Vermögen des M. B. . Der Kläger hatte in diesem Verfahren eine Forderung in Höhe von 62.765,60 € angemeldet, welche zur Tabelle festgestellt und bei der Schlussverteilung im Umfang der festgesetzten Quote von 1,31 v.H., also in Höhe von 823,82 € berücksichtigt wurde.
Der Kläger wirft dem Beklagten vor, eine zur Masse gehörende Forderung gegen B. D. (fortan: Drittschuldnerin) in Höhe von 6.060,44 € nebst Zinsen nicht mit der gebotenen Beschleunigung eingezogen und dadurch die Verteilungsmasse verkürzt zu haben. Dazu ist folgender Sachverhalt unstreitig: Die Drittschuldnerin hatte die Forderung dem Beklagten gegenüber anerkannt und Ratenzahlungen angeboten, die vereinbarten Raten aber nicht eingehalten. Daraufhin beauftragte der Beklagte den damals seiner Sozietät angehörigen Rechtsanwalt D. P. mit der Durchsetzung der Forderung. Dieser erwirkte am 4. Februar 2010 ein Versäumnisurteil, aus dem er zunächst vergeblich zu vollstrecken suchte. Am 19. November 2010 fertigte er einen an das Amtsgericht Korbach adressierten Antrag, der die Eintragung von Zwangssicherungshypotheken auf näher bezeichneten unbelasteten Grundstücken der Drittschuldnerin zum Gegenstand hatte. Eine Sachstandsanfrage vom 18. März 2011 ergab, dass der Antrag nicht beim Amtsgericht Korbach eingegangen war. Rechtsanwalt P. fertigte einen weiteren Antrag vom 21. März 2011, der zur Eintragung der Zwangssicherungshypotheken führte. Die Drittschuldnerin verstarb am 19. April 2011. Am 26. Mai 2011 wurde das Nachlassinsolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet. Der Verwalter im Nachlassinsolvenzverfahren focht die Eintragung der Zwangssicherungshypotheken an, worauf der Beklagte deren Löschung bewilligte und die Forderung gegen die Drittschuldnerin zur Tabelle anmeldete. Das Nachlassinsolvenzverfahren über das Vermögen der Drittschuldnerin ist noch nicht beendet.
Der Kläger, dessen Forderung 40,772672 v.H. aller zur Tabelle festgestellten Forderungen ausmacht, meint, ihm sei aus diesem Vorgang ein Schaden in Höhe von 2.339,52 € entstanden. Weiteren Schadensersatz in Höhe von 13,94 € verlangt er wegen Vollstreckungskosten, die gegebenenfalls aus der Sicherungshypothek befriedigt worden wären, sowie in Höhe von 636,54 € wegen der höheren Verwaltervergütung, die auf die nachlässige Führung der Insolvenzverwaltung zurückzuführen sei. Wegen der Einzelheiten der Schadensberechnung wird auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers, mit welcher er die Zahlungsansprüche Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche aus einer etwaigen Nachtragsverteilung weiter verfolgt hat, hat das Berufungsgericht die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Ansprüche in Höhe von insgesamt 2.990,00 € nebst Zinsen nach Maßgabe des im Berufungsverfahren gestellten Antrags weiter.
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Die Revision ist unbeschränkt zugelassen worden. Der Tenor spricht keine Beschränkung aus. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt, ohne zwischen den drei Teilforderungen zu unterscheiden, als derzeit unbegründet abgewiesen. Die Urteilsgründe lassen nicht erkennen, dass das Berufungsgericht die Zulassung auf einen der drei erhobenen Ansprüche beschränken wollte.
II.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger prozessführungsbefugt.
1. Der Kläger wirft dem Beklagten vor, die Insolvenzmasse pflichtwidrig verkürzt, nämlich eine Forderung des Insolvenzschuldners nicht zur Masse gezogen und die Masse durch unnötige Kosten und Gebühren verringert zu haben. Wird durch ein pflichtwidriges Verhalten des Verwalters die Masse geschmälert, handelt es sich um einen Schaden, welcher der Gläubigergemeinschaft zur Last fällt und durch Zahlung in die Masse auszugleichen ist (§ 92 InsO). Ein derartiger Gesamtschaden kann nicht durch einen einzelnen Gläubiger eingeklagt werden. Dies wäre mit dem Grundsatz der gemeinschaftlichen und gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung nicht zu vereinbaren. Das der Gemeinschaft zugewiesene Verwaltungs- und Verfügungsrecht muss durch einen Sonderverwalter oder neu bestellten Verwalter geltend gemacht werden. Die Verkürzung der Masse schmälert allerdings regelmäßig zugleich auch die Dividende (Quote) eines jeden Insolvenzgläubigers. Der Quotenschaden ist jeweils ein Einzelschaden. Der Anspruch auf Ersatz des Quotenschadens steht jedem an der Verteilung der Masse teilnehmenden Insolvenzgläubiger selbst und nicht der Gemeinschaft der Insolvenzgläubiger zu (BGH, Urteil vom 22. April 2004 - IX ZR 128/03, BGHZ 159, 25, 26 f; Beschluss vom 14. Mai 2009 - IX ZR 93/08, WM 2009, 1982 Rn. 7). Während der Dauer des Insolvenzverfahrens kann der Insolvenzgläubiger seinen Quotenschaden jedoch nicht durchsetzen; ihm fehlt die Einziehungs- und Prozessführungsbefugnis (BGH, Urteil vom 22. April 2004, aaO S. 29). Erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens kann der einzelne Gläubiger Schadensersatz in Höhe der auf ihn entfallenden Quote verlangen (BGH, Urteil vom 22. April 2004, aaO S. 28; Beschluss vom 14. Mai 2009, aaO; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 14. Aufl., § 92 Rn. 25; MünchKomm-InsO/Brandes/Gehrlein, 3. Aufl., § 92 Rn. 5; vgl. auch BGH, Urteil vom 22. Februar 1973 - VI ZR 165/71, WM 1973, 642, 644).
2. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des M. B. ist mit Beschluss vom 9. August 2013 aufgehoben worden. Soweit eine Nachtragsverteilung vorbehalten wurde, bezieht sie sich nicht auf den hier verfolgten Anspruch.
a) Der Beschluss vom 9. August 2013 stand unter dem Vorbehalt der Nachtragsverteilung des Erlöses aus der Anmeldung der Forderung des Schuldners gegen die Drittschuldnerin im Insolvenzverfahren über deren Nachlass. Soweit die Nachtragsverteilung vorbehalten wird, besteht der Insolvenzbeschlag auch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens fort (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Januar 2012 - IX ZB 111/10, WM 2012, 366 Rn. 16). Der Insolvenzverwalter behält insoweit die alleinige Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis einschließlich der Prozessführungsbefugnis (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1973 - VI ZR 165/71, WM 1973, 642, 644; Urteil vom 10. Februar 1982 - VIII ZR 158/80, BGHZ 83, 102, 103; Schmidt/Jungmann, InsO, 19. Aufl., § 203 Rn. 12; Uhlenbruck/Wegener, aaO § 203 Abs. 16; Jaeger/Meller-Hannich, InsO, § 203 Rn. 10). Der Schuldner ist nicht berechtigt, über den betreffenden Gegenstand zu verfügen. Ziel der Nachtragsverwaltung ist es, auch die zurückbehaltenen Beträge, die Beträge, die zur Insolvenzmasse zurückfließen, und die nachträglich ermittelten Gegenstände gleichmäßig unter die Insolvenzgläubiger zu verteilen. Dem widerspricht es, dem Schuldner zwischenzeitlich die Verfügungsbefugnis über die der Nachtragsverwaltung unterliegenden Beträge zu überlassen. Ist die Verteilung noch nicht abgeschlossen, gilt auch die Einschränkung des § 92 InsO fort.
b) Nur diejenigen Massegegenstände bleiben jedoch beschlagnahmt, auf die sich der Vorbehalt bezieht. Der Senat hat bereits entschieden, dass wegen der Beschlagnahmewirkung und des Übergangs der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis auf den Verwalter die Gegenstände, auf die sich die Anordnung der Nachtragsverteilung bezieht, ausreichend bestimmt bezeichnet werden müssen (BGH, Beschluss vom 12. Februar 2015 - IX ZR 186/13, ZInsO 2015, 634 Rn. 2). Gleiches gilt für den Vorbehalt einer Nachtragsverteilung. Auch er gilt nicht allgemein für das gesamte zur Masse gehörende Schuldnervermögen, sondern nur für den im Aufhebungsbeschluss bezeichneten Massegegenstand. Das ist hier der Anspruch gegen die Drittschuldnerin. Der Anspruch aus § 60 Abs. 1 InsO gegen den Beklagten, den der Kläger geltend macht, ist nicht vorbehalten worden. Teilweise, nämlich hinsichtlich des Anspruchs gegen die Drittschuldnerin, hat also eine Nachtragsverteilung stattzufinden, teilweise, nämlich hinsichtlich des (behaupteten) Anspruchs gegen den Beklagten, bleibt die Geltendmachung den Gläubigern überlassen. Das ist jedoch die Folge der Aufhebung des Insolvenzverfahrens, mit welcher die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Verwalters grundsätzlich ebenso endet wie die Einschränkung des § 92 InsO.
III.
Mit der Begründung des Berufungsgerichts lässt sich die Begründetheit der Klage nicht verneinen.
1. Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Beklagte habe seine Verwalterpflichten verletzt, weil er Rechtsanwalt P. , der den Antrag auf Eintragung der Zwangshypothek entweder zu spät gestellt oder das Schicksal eines früher gestellten Antrags nicht verfolgt habe, nicht hinreichend überwacht habe. Dazu habe jedoch Anlass bestanden, nachdem der Kläger auf den Grundbesitz der Drittschuldnerin hingewiesen habe. Solange das Nachlassinsolvenzverfahren über das Vermögen der Drittschuldnerin noch nicht abgeschlossen sei, sei jedoch kein Schaden entstanden. Ein Rechtsschutzinteresse für eine Feststellungsklage bestehe gleichfalls nicht, weil die Verjährung des Schadensersatzanspruchs aus § 60 InsO gemäß § 62 InsO erst mit dem Entstehen des Anspruchs beginne; das sei bisher nicht der Fall.
2. Diese Ausführungen, mit denen das Berufungsgericht die Klage insgesamt als derzeit unbegründet abgewiesen hat, halten einer rechtlichen Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
a) Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht eine Pflichtverletzung bejaht. Für diese hat der Beklagte gemäß § 278 BGB einzustehen.
aa) Der Insolvenzverwalter ist den Insolvenzgläubigern gegenüber zur bestmöglichen Erhaltung und Verwertung der Insolvenzmasse verpflichtet (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1993 - IX ZR 21/93, WM 1994, 33, 38, insoweit in BGHZ 124, 27 nicht abgedruckt; vom 16. Juli 2015 - IX ZR 127/14, WM 2015, 1644 Rn. 8). Dazu gehört es, zur Masse gehörende Forderungen des Schuldners gegen Dritte geltend zu machen und erforderlichenfalls mit den Mitteln des Rechts durchzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2015, aaO).
bb) Diese Pflicht hat der Beklagte verletzt.
(1) Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen hat der Beklagte seine ihm gegenüber den Insolvenzgläubigern aus der Insolvenzordnung obliegende Pflicht, die Forderung gegen die Drittschuldnerin einzuziehen, nicht bereits dadurch erfüllt, dass er insoweit den Rechtsanwalt P. einschaltete. Der Insolvenzverwalter kann sein Amt als solches weder ganz noch teilweise auf eine andere Person übertragen; vielmehr ist er mit diesem höchstpersönlich betraut. Insolvenzverfahrensspezifische Handlungen darf er nur persönlich vornehmen. Dazu gehören etwa die Führung eines Anfechtungsprozesses, die Aufnahme eines nach § 240 ZPO unterbrochenen Rechtsstreits oder sonstige Entscheidungen über die Art der Sammlung und Verwertung der Masse (vgl. BGH, Beschluss vom 19. September 2013 - IX AR (VZ) 1/12, BGHZ 198, 225 Rn. 9). Die Übertragung von Aufgaben an Mitarbeiter oder Dritte, etwa an einen Rechtsanwalt, wird durch den Grundsatz der Höchstpersönlichkeit des Amtes zwar nicht ausgeschlossen. Die Vorschrift des § 5 InsVV setzt gerade voraus, dass zur Verwaltung gehörende Tätigkeiten angemessenerweise einem Rechtsanwalt, einem Wirtschaftsprüfer, einem Steuerberater oder anderen Fachleuten übertragen werden können. Der Verwalter erfüllt die ihm obliegenden insolvenzspezifischen Pflichten jedoch nicht ohne weiteres durch die Einschaltung dieser Fachleute.
(2) Pflichtverletzungen, welche dem von ihm beauftragten Rechtsanwalt P. bei der Einziehung der Forderung unterlaufen sind, werden dem Beklagten zugerechnet. Der Verwalter hat gemäß § 278 BGB für Pflichtverletzungen einzustehen, die ein beauftragter Fachmann bei der Erfüllung insolvenzspezifischer Pflichten begeht.
(a) Die Voraussetzungen einer Zurechnung nach § 278 BGB sind erfüllt. Die Vorschrift des § 278 BGB lässt dann eine Zurechnung des Verschuldens Dritter zu, wenn der Schuldner sich dieser Personen zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient. Zwischen ihm und dem Geschädigten muss bereits im Zeitpunkt der fraglichen Handlung eine aus Vertrag oder Gesetz herrührende Sonderverbindung bestanden haben (BGH, Urteil vom 8. März 1951 - III ZR 65/50, BGHZ 1, 248, 249 f; vom 7. März 1972 - VI ZR 158/70, BGHZ 58, 207, 212; RGRK/Alff, BGB, 12. Aufl., § 278 Rn. 16; MünchKomm-BGB/Grundmann, 7. Aufl., § 278 Rn. 15). Der Schuldner soll sich der Haftung für Pflichtverletzungen nicht dadurch entziehen können, dass er Gehilfen einsetzt (BGH, Urteil vom 27. Juni 1985 - VII ZR 23/84, BGHZ 95, 128, 132). Zwischen dem Insolvenzverwalter und den Beteiligten des Insolvenzverfahrens, denen gegenüber ihm die Insolvenzordnung insolvenzspezifische Pflichten auferlegt, besteht eine derartige gesetzliche Sonderverbindung. Unter der Geltung der Konkursordnung hat der Bundesgerichtshof daher § 278 BGB angewandt, wenn der Verwalter sich zur Erfüllung seiner Pflichten anderer Personen bediente (BGH, Urteil vom 21. März 1961 - VI ZR 149/60, WM 1961, 511, 512; vom 17. Januar 1985 - IX ZR 59/84, BGHZ 93, 278, 284; vom 19. Juli 2001 - IX ZR 62/00, WM 2001, 1605, 1606). Nichts anderes gilt für diejenigen Pflichten, welche die Insolvenzordnung dem Verwalter gegenüber den Beteiligten des Insolvenzverfahrens auferlegt. Der Verwalter ist den Insolvenzgläubigern zur Sammlung und Verwertung der Masse verpflichtet, damit auch zur Einziehung von zur Masse gehörenden Forderungen. Bedient er sich dabei einer Hilfsperson, hat er für deren Pflichtverletzung und deren Verschulden grundsätzlich nach § 278 BGB einzustehen. Für die Richtigkeit dieser Annahme spricht jetzt § 60 Abs. 2 InsO. Nach dieser Vorschrift ist der Verwalter unter bestimmten Voraussetzungen dann, wenn er Angestellte des Schuldners im Rahmen ihrer bisherigen Tätigkeit einsetzt, nur für deren Überwachung und für Entscheidungen von besonderer Bedeutung verantwortlich; § 278 BGB ist nicht anwendbar. Das heißt im Umkehrschluss, dass § 278 BGB für sonstige Hilfspersonen grundsätzlich anwendbar ist.
(b) Unanwendbar ist § 278 BGB allerdings insoweit, als dem Schuldner nur die Auswahl einer sachkundigen Person, nicht aber die Erfüllung der Verbindlichkeit selbst obliegt (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 1992 - III ZR 133/91, NJW 1993, 1704, 1705). So liegt der Fall hier nicht. Der Verwalter darf Hilfspersonen einsetzen, hat seine Verwalterpflichten damit aber nicht erfüllt.
(c) Eine Beschränkung der Haftung auf Auswahl und Überwachung der Hilfsperson hat der Bundesgerichtshof darüber hinaus in einem Fall vorgenommen, in welchem es nicht um (seinerzeit) konkursspezifische Verbindlichkeiten einem Konkursbeteiligten gegenüber ging, sondern um die Erfüllung der aus der Abgabenordnung folgenden steuerlichen Verpflichtungen des Verwalters (BGH, Urteil vom 29. Mai 1979 - VI ZR 104/78, BGHZ 74, 316, 321). In der Kommentarliteratur ist aus dieser Entscheidung vielfach der Schluss gezogen worden, dass der Verwalter bei Zuziehung einer sachkundigen Person (§ 5 InsVV) unabhängig davon stets nur für Fehler bei der Auswahl und Überwachung haftet, um welche Verwalterpflichten es sich jeweils handelt (vgl. etwa Jaeger/Gerhardt, InsO, § 60 Rn. 124; Schmidt/Thole, InsO, 19. Aufl., § 60 Rn. 49; Uhlenbruck/Sinz, InsO, 14. Aufl., § 60 Rn. 99; Lind in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 60 Rn. 36; Braun/Baumert, InsO, 6. Aufl., § 60 Rn. 33; vgl. auch OLG Hamm, ZInsO 2009, 2296). Auf diese Weise könne eine Begrenzung der Verwalterhaftung erreicht werden, die angesichts der Vielzahl und Komplexität der Verwalteraufgaben sachgerecht erscheine (Jaeger/Gerhardt, aaO).
Eine Einschränkung der Haftung des Verwalters kann nicht allein an den Tatbestand der Einschaltung einer sachkundigen Person anknüpfen. Das ist offensichtlich, soweit es um Verwalterpflichten geht, die unbeschadet etwaiger Zu- und Hilfsarbeiten von Mitarbeitern nur höchstpersönlich erfüllt werden können, etwa die Berichtspflichten gegenüber dem Insolvenzgericht, der Gläubigerversammlung und dem Gläubigerausschuss gemäß § 58 Abs. 1 Satz 2, §§ 69, 79, 152, 156 InsO, die Pflicht zur Erstellung eines Insolvenzplans nach § 218 InsO auf einen entsprechenden Beschluss der Gläubigerversammlung hin und die Rechnungslegung nach § 66 InsO (BGH, Beschluss vom 19. September 2013 - IX AR (VZ) 1/12, BGHZ 198, 225 Rn. 9). Aber auch im Übrigen kann der Verwalter seine Verantwortung nicht auf einen beauftragten Selbständigen verlagern. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts zum Forderungseinzug schränkt auch dann, wenn sie im Sinne von § 5 InsVV angemessen oder im Hinblick auf den Anwaltszwang vor den Zivilgerichten (§ 78 ZPO) sogar erforderlich ist, die Verantwortung des Verwalters nicht ein. Der Forderungseinzug gehört im Hinblick auf den Übergang des Verwaltungs- und Verfügungsrechts gemäß § 80 InsO sowie auf das Verbot der Einzelzwangsvollstreckung gemäß § 89 InsO zu den Kernpflichten des Verwalters. Bei Fehlern des Anwalts, welche die Masse geschädigt haben, kann der Verwalter diesen auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Das wäre auch im vorliegenden Fall möglich und geboten gewesen; der Schadensersatzanspruch gegen Rechtsanwalts P. persönlich und/oder gegen die Kanzlei, welcher er angehörte und für welche er im Zweifel auch den Anwaltsvertrag geschlossen hatte, war Bestandteil der Masse und hätte durchgesetzt werden müssen. Dass der Beklagte diesen Anspruch nicht geltend gemacht hat, stellt eine weitere, hier allerdings nicht streitgegenständliche Pflichtverletzung dar.
(3) Dem vom Beklagten beauftragten Rechtsanwalt P. fällt ein schuldhaftes Fehlverhalten zur Last. Er hat die Forderung gegen die Drittschuldnerin zwar mit Versäumnisurteil vom 4. Februar 2010 titulieren lassen und Vollstreckungsversuche unternommen. Die Eintragung der Zwangssicherungshypotheken hat er jedoch nicht mit der gebotenen Beschleunigung betrieben. Der Antrag vom 29. November 2010 wurde nicht abgesandt, ging nicht beim zuständigen Vollstreckungsgericht ein oder wurde dort nicht bearbeitet. Wenn der Fehler zunächst nicht beim Rechtsanwalt, sondern beim Gericht gelegen hätte, würde dies ihn nicht entlasten. Seine Aufgabe war mit der Absendung des Antrags nicht erledigt. Vielmehr hätte er eine kurze Wiedervorlagefrist notieren und bei Gericht nachfragen müssen, ob der Antrag vorlag und bearbeitet wurde. Dies ist unterblieben. Die Vertreterin des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht erklärt, der Handakte lasse sich nicht entnehmen, ob der Antrag überhaupt abgeschickt worden war. Die Titel, die mit dem Antrag zusammen einzureichen gewesen wären, lagen noch in der Akte. Dazu, ob eine Wiedervorlagefrist notiert worden war, konnte die Beklagtenvertreterin ebenfalls keine Auskunft geben. Die Sachstandsanfrage vom 17. März 2011 war jedenfalls zu spät; wäre der Antrag auf Eintragung der Zwangssicherungshypothek überhaupt erst am 18. März 2011 gestellt worden, wäre dies ebenfalls deutlich zu spät gewesen, nachdem Rechtsanwalt P. bereits seit Monaten von den unbelasteten Grundstücken der Drittschuldnerin wusste.
b) Nach dem revisionsrechtlich maßgeblichen Vorbringen des Klägers ist durch den nachlässigen Forderungseinzug auch ein Schaden entstanden.
aa) Hätte Rechtsanwalt P. den Antrag am 29. November 2010 pflichtgemäß beim zuständigen Vollstreckungsgericht eingereicht und überwacht, wären die Sicherungshypotheken noch im Dezember 2010 eingetragen worden. Der Verwalter im Insolvenzverfahren über den Nachlass der Drittschuldnerin hätte sie nicht mehr anfechten können, weil die Eintragung außerhalb der Dreimonatsfrist der §§ 130, 131 InsO erfolgt wäre. Eine Anfechtung nach § 133 InsO wäre wegen einer fehlenden Schuldnerhandlung aus Rechtsgründen nicht in Betracht gekommen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 - IX ZR 211/02, BGHZ 162, 143, 147 ff; vom 10. Dezember 2009 - IX ZR 128/08, WM 2010, 360 Rn. 6). Der Beklagte hätte wegen der Forderung gegen die Drittschuldnerin die abgesonderte Befriedigung aus den belasteten Grundstücken verlangen können (§ 49 InsO). Die Masse hätte sich um denjenigen Betrag erhöht, der bei der Zwangsvollstreckung in die Grundstücke erzielt worden wäre. Nach der allerdings bestrittenen Behauptung des Klägers hätte es sich um etwa 20.000 € gehandelt, so dass die Forderung der Masse gegen die Drittschuldnerin auch nach Abzug der Kosten vollständig befriedigt worden wäre. Bei der Schlussverteilung hätte dann der vom Kläger errechnete Betrag zusätzlich an die Gläubiger ausgekehrt werden können.
bb) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist der Schaden des Klägers bereits eingetreten. Die Möglichkeit, dass die Forderung im Rahmen des Insolvenzverfahrens über den Nachlass der Drittschuldnerin noch ganz oder teilweise befriedigt werden könnte, schließt einen gegenwärtigen Schaden nicht aus. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsteht ein Schaden dann, wenn sich die Vermögenslage des Betroffenen objektiv verschlechtert hat. Dafür genügt es, dass der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwachsen ist, mag auch seine Höhe noch nicht abschließend beziffert werden können. Es muss auch nicht feststehen, dass die Vermögenseinbuße bestehen bleibt und damit endgültig wird (BGH, Urteil vom 25. April 2013 - IX ZR 65/12, WM 2013, 1081 Rn. 10; vom 16. Juli 2015 - IX ZR 197/14, WM 2015, 1622 Rn. 76). Der Gesamtschaden der Masse ist ebenso wie der Einzelschaden jedes Gläubigers bereits in dem Zeitpunkt entstanden, in welchem der Beklagte die an den Grundstücken der Drittschuldnerin eingetragenen Zwangssicherungshypotheken freigeben musste. Die Masse hat damit unwiderruflich Rechte verloren, die ihr bis dahin zugestanden hatten. Eine abgesonderte Befriedigung wegen des Anspruchs gegen die Drittschuldnerin kam von diesem Zeitpunkt an nicht mehr in Betracht.
IV.
Das angefochtene Urteil kann damit keinen Bestand haben. Es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, wird sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Dieses wird sich insbesondere mit der Schadenshöhe zu befassen haben. Der Beklagte hat den Vortrag des Klägers, welcher Erlös bei einer Zwangsversteigerung erzielt worden wäre, bestritten und darauf verwiesen, dass der Verwalter im Insolvenzverfahren über den Nachlass der Drittschuldnerin bei der Verwertung der Grundstücke nur einen Erlös von 6.646,20 € erzielt hat. Zu prüfen sein wird weiterhin, ob die Gebühren in Höhe von 34,18 € gegebenenfalls aus den Sicherungshypotheken befriedigt worden wären und ob das Insolvenzverfahren gegebenenfalls früher hätte abgeschlossen werden können. Der Kläger hat die Abtretung etwaiger Ansprüche aus der Nachtragsverteilung angeboten (§ 255 BGB).
Kayser Gehrlein Vill
Lohmann Schoppmeyer