Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 19.07.2012


BGH 19.07.2012 - IX ZB 188/09

Restschuldbefreiungsverfahren: Pflicht des selbstständig tätigen Schuldners zur Erbringung regelmäßiger Zahlungen an den Treuhänder


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
19.07.2012
Aktenzeichen:
IX ZB 188/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Neubrandenburg, 3. August 2009, Az: 4 T 111/09vorgehend AG Neubrandenburg, 11. Juni 2009, Az: 5 IN 581/04
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Der selbstständig tätige Schuldner, dem die Restschuldbefreiung angekündigt ist, hat in regelmäßigen Abständen, zumindest jährlich, Zahlungen an den Treuhänder zu erbringen.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Neubrandenburg vom 3. August 2009 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Nachdem am 17. August 2004 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet worden war, kündigte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 11. Oktober 2006 die Restschuldbefreiung an und bestellte den weiteren Beteiligten zu 2 zum Treuhänder. In der Folgezeit übte der Schuldner eine Tätigkeit als selbständiger Immobilienmakler aus. Zahlungen an den Treuhänder leistete der Schuldner nicht.

2

Das Insolvenzgericht hat dem Schuldner auf Antrag der weiteren Beteiligten zu 1 vom 31. März 2009 die Restschuldbefreiung versagt. Das Landgericht hat die hiergegen erhobene sofortige Beschwerde des Schuldners zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner seinen Antrag weiter, die Versagung der Restschuldbefreiung aufzuheben.

II.

3

Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§§ 4, 6 Abs. 1, § 7 aF, § 296 Abs. 3 Satz 1 InsO, Art. 103f Satz 1 EGInsO) und auch im Übrigen zulässig (§ 4 InsO, § 574 Abs. 2 ZPO), aber nicht begründet.

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1. Das Landgericht hat ausgeführt, der Schuldner habe seine Obliegenheit gemäß § 295 Abs. 2 InsO verletzt, die Gläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zustellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre. Der Schuldner hätte als abhängig Beschäftigter in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft zu den Bedingungen der einschlägigen Tarifverträge ein monatliches Bruttoeinkommen von mindestens 2.400 € erwirtschaften können, welches rund 900 € über der Pfändungsfreigrenze gelegen wäre. Das Vorbringen des Schuldners, der Arbeitsmarkt hätte einen Wechsel in ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nicht zugelassen, sei unerheblich, weil der Schuldner nicht vorgetragen habe, welche Anstrengungen er unternommen habe, um ein Anstellungsverhältnis zu erhalten.

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Eine Obliegenheitsverletzung scheide auch nicht deshalb aus, weil dem selbständig tätigen Schuldner gemäß § 295 Abs. 2 InsO erst zum Schluss der Wohlverhaltensperiode Zahlungen an den Treuhänder oblägen. Soweit das aus der Selbständigkeit erzielte Einkommen des Schuldners es zulasse, Zahlungen an den Treuhänder zu leisten, oblägen diese dem Schuldner bereits während der Wohlverhaltensperiode. Erkenne der Schuldner hingegen spätestens nach dem Vorliegen des ersten Jahresabschlusses, dass er zu einer Zahlung an den Treuhänder nicht in der Lage sei, müsse er eine besser bezahlte abhängige Tätigkeit suchen und aufnehmen.

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2. Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass dem selbständig berufstätigen Schuldner bereits während der Wohlverhaltensperiode die Restschuldbefreiung gemäß § 296 Abs. 1 Satz 1 InsO versagt werden kann, wenn dieser keine oder nur unzureichende Zahlungen an den Treuhänder geleistet hat. Dieser Fall ist hier gegeben.

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a) Nach der Regelung des § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO hat der Schuldner seinem Antrag auf Erteilung der Restschuldbefreiung die Erklärung beizufügen, er trete seine pfändbaren Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende laufende Bezüge für die Zeit von sechs Jahren nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an einen vom Gericht zu bestimmenden Treuhänder ab. Während der Wohlverhaltensperiode hat der Treuhänder die abgetretenen Forderungen einzuziehen und nach Maßgabe des § 292 Abs. 1 InsO einmal jährlich zu verteilen. Übt der Schuldner während der Laufzeit der Abtretungserklärung hingegen keine abhängige Beschäftigung aus und erzielt er auch keine an die Stelle von Arbeitseinkommen tretenden Bezüge im Sinne des § 287 Abs. 2 Satz 1 InsO, so läuft die Abtretungserklärung regelmäßig leer, weil Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit von der Abtretung grundsätzlich nicht erfasst werden (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2009 - IX ZR 234/08, WM 2010, 127 Rn. 11 ff; Beschluss vom 22. September 2011 - IX ZB 133/08, ZInsO 2011, 2101 Rn. 9). Dem selbständig berufstätigen Schuldner obliegt demgegenüber nach der Regelung des § 295 Abs. 2 InsO, die Insolvenzgläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder so zu stellen, wie wenn er ein angemessenes Dienstverhältnis eingegangen wäre.

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b) Der Senat hat bislang offen gelassen, zu welchem Zeitpunkt der selbständig tätige Schuldner die ihm obliegenden Zahlungen zu leisten hat (BGH, Beschluss vom 7. April 2011 - IX ZB 40/10, WM 2011, 948 Rn. 6). Die Frage ist dahingehend zu beantworten, dass der selbständige Schuldner seine Obliegenheiten regelmäßig nicht erfüllt, indem er erst zum Ende der Wohlverhaltensperiode eine einmalige Zahlung leistet.

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aa) Die Rechtsbeschwerde meint im Anschluss an eine in Rechtsprechung und Schrifttum vertretene Auffassung (LG Bayreuth, ZInsO 2009, 1555, 1556; LG Potsdam, ZInsO 2010, 252, 254; AG Charlottenburg, ZInsO 2009, 1219 f; AG Göttingen, ZVI 2011, 466, 467; MünchKomm-InsO/Ehricke, 2. Aufl., § 295 Rn. 112; Uhlenbruck/Vallender, InsO, 13. Aufl., § 295 Rn. 71; Nerlich/Römermann, InsO, 2011, § 295 Rn. 45; HmbKomm-InsO/Streck, 4. Aufl., § 295 Rn. 27; Henning in Wimmer/Dauernheim/Wagner/Gietl, Handbuch des Fachanwalts Insolvenzrecht, 5. Aufl., Kap. 17 Rn. 106; Trendelenburg, ZInsO 2000, 437, 438; Schmerbach, ZVI 2003, 256, 262; vgl. auch FK-InsO/Ahrens, 6. Aufl., § 295 Rn. 79), der selbständig berufstätige Schuldner genüge seiner Obliegenheit, indem er die ihm abverlangte Zahlung insgesamt am Ende der Wohlverhaltensperiode leiste. Auf der Grundlage dieser Auffassung wäre ein während der Laufzeit der Abtretungserklärung gestellter Versagungsantrag (§ 296 Abs. 1 InsO), der auf das Unterlassen der Zahlungen gemäß § 295 Abs. 2 InsO gestützt wird, unzulässig, weil eine Obliegenheitsverletzung zu diesem Zeitpunkt schon im Ausgangspunkt nicht in Betracht kommt.

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bb) Die von der Rechtsbeschwerde vertretene Auffassung trifft nicht zu. Sie trägt dem Umstand nicht Rechnung, dass die Versagung der Restschuldbefreiung eine Sanktion für schuldhaftes Fehlverhalten des Schuldners darstellt.

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(1) Wie in dem Verschuldenserfordernis des § 296 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 InsO zum Ausdruck kommt, setzt die Versagung der Restschuldbefreiung voraus, dass der Schuldner bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt das von ihm verlangte Verhalten erkennen und sich nach dieser Erkenntnis richten konnte. Muss die Verletzung einer Obliegenheit, welche die Versagung der Restschuldbefreiung rechtfertigt, zum Zeitpunkt der gebotenen Handlung für den Schuldner erkennbar sein, so kann die Restschuldbefreiung nicht allein deshalb versagt werden, weil es dem Schuldner am Ende der Wohlverhaltensperiode misslingt, an den Treuhänder die gebotene Zahlung für die gesamte Laufzeit der Abtretungserklärung zu leisten, ohne die Gründe für die mangelnde Leistungsfähigkeit des Schuldners zu beachten.

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Durfte der Schuldner während der Laufzeit der Abtretungserklärung annehmen, er komme durch die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit seinen Obliegenheiten nach, so kann die Restschuldbefreiung nicht allein deshalb versagt werden, weil sich die Einkommenssituation aufgrund vom Schuldner nicht vorhersehbarer und nicht zu vertretender Umstände in der Folgezeit verschlechtert und der Schuldner deshalb nicht mehr in der Lage ist, Zahlungen an den Treuhänder zu leisten. Mit dem gesetzlichen Verschuldenserfordernis ist daher die im Schrifttum vertretene Auffassung (MünchKomm-InsO/Ehricke, aaO § 295 Rn. 108; Uhlenbruck/Vallender, aaO § 295 Rn. 72; Nerlich/Römermann, aaO § 295 Rn. 46; HmbKomm-InsO/Streck, aaO § 295 Rn. 23; Trendelenburg, ZInsO 2000, 437, 438 Fn. 23) nicht vereinbar, der Schuldner könne zwar seinen Obliegenheiten während der Wohlverhaltensperiode nachkommen, indem er an Stelle einer abhängigen Beschäftigung eine selbständige Tätigkeit ausübe, er trage aber das Risiko des Erfolgs seiner selbständigen Tätigkeit, so dass auch dem redlichen Schuldner Restschuldbefreiung zu versagen sei, wenn er am Ende der Wohlverhaltensperiode die gemäß § 295 Abs. 2 InsO gebotenen Zahlungen nicht zu erbringen vermöge.

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(2) Der Schuldner, der eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, kommt seinen Obliegenheiten während der Wohlverhaltensperiode gemäß § 295 Abs. 2 InsO nach, wenn er annehmen durfte, auf diese Weise die Gläubiger durch Zahlungen an den Treuhänder ebenso stellen zu können wie bei Ausübung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Erwirtschaftet der Schuldner Gewinne in Höhe des Einkommens, das er als abhängig Beschäftigter verdienen könnte, so schuldet er grundsätzlich laufende Zahlungen und darf die Abführung des pfändbaren Teils nach Maßgabe des § 295 Abs. 2 InsO nicht bis zum Ende der Wohlverhaltensperiode zurückstellen (vgl. HK-InsO/Landfermann, 6. Aufl., § 295 Rn. 12).

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Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann aus dem Umstand, dass die gesetzliche Regelung keine festen Zahlungstermine vorsieht, nicht geschlossen werden, der Schuldner müsse unabhängig von seinen wirtschaftlichen Verhältnissen während der Wohlverhaltensperiode keinerlei Zahlungen leisten. Vielmehr soll der selbständige Schuldner die Insolvenzgläubiger gemäß § 295 Abs. 2 InsO gerade so stellen, wie wenn er ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis ausübte. In diesem Fall erhielten die Gläubiger gemäß § 292 Abs. 1 Satz 2 InsO jährliche Ausschüttungen, sofern der Schuldner pfändbares Arbeitseinkommen erzielt hat. Würde demgegenüber die Abführung von Zahlungen während der Wohlverhaltensperiode bei einem selbständigen Schuldner in dessen Ermessen gestellt, obwohl dieser wirtschaftlich leistungsfähig ist, so stünden die Gläubiger schlechter als bei der Ausübung einer abhängigen Beschäftigung, weil sie in diesem Fall jährliche Ausschüttungen aus den Erträgen der Abtretungserklärung erhielten. Zudem trügen die Gläubiger für die gesamte Wohlverhaltensperiode das Risiko, dass der Schuldner den Überschuss aus seiner selbständigen Tätigkeit verbraucht und dieser am Ende dieses Verfahrensabschnitts nicht mehr vorhanden ist. Im Regelfall ist vom selbständigen Schuldner daher zumindest eine jährliche Zahlung zu verlangen (Wenzel in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2008, § 295 Rn. 17b; Pape in Mohrbutter/Ringstmeier, Handbuch der Insolvenzverwaltung, 8. Aufl., § 17 Rn. 152; Weinland in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, § 295 Rn. 17; Grote, ZInsO 2004, 1105, 1107).

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(3) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung nicht, der Schuldner könne seinen Zahlungspflichten durch eine einmalige Zahlung am Ende der Wohlverhaltensperiode nachkommen. Nach der Begründung des Regierungsentwurfs zur Insolvenzordnung muss der Schuldner selbst beurteilen, welche Mittel er jeweils an den Treuhänder abführen kann, ohne den Fortbestand des Gewerbebetriebs zu gefährden. Wenn die wirtschaftliche Lage den Schuldner dazu zwingt, darf er zeitweilig keine Leistungen an den Treuhänder erbringen, muss dies später jedoch durch höhere Leistungen ausgleichen (BT-Drucks. 12/2443 S. 192 f zu § 244 RegE-InsO). Demnach liegt auch dem Gesetzentwurf die Vorstellung zu Grunde, dass der selbständige Schuldner während der Wohlverhaltensperiode nicht unabhängig von seinen wirtschaftlichen Verhältnissen auf jegliche Zahlungen verzichten kann, sondern im Grundsatz laufende Zahlungen zu leisten hat, sofern seine selbständige Tätigkeit ausreichende Erträge hervorbringt.

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(4) Bleibt der Ertrag aus der selbständigen Tätigkeit des Schuldners hinter demjenigen zurück, was dem Treuhänder bei einer angemessenen abhängigen Beschäftigung aus der Abtretungserklärung zufließen würde, so muss sich der Schuldner um ein Anstellungsverhältnis bemühen (BGH, Beschluss vom 7. Mai 2009 - IX ZB 133/07, WM 2009, 1291 Rn. 5; vom 14. Januar 2010 - IX ZB 242/06, WM 2010, 426 Rn. 5; vom 19. Mai 2011 - IX ZB 224/09, WM 2011, 1138 Rn. 7). Der Schuldner, der sich trotz mangelnden Erfolgs seiner selbständigen Tätigkeit nicht bemüht hat, eine nach seiner Qualifikation und den Verhältnissen des Arbeitsmarkts mögliche Beschäftigung zu erlangen, kann sich nicht darauf berufen, aufgrund fehlender Einnahmen hätten ihm keine Zahlungen an den Treuhänder oblegen. Vermag der Schuldner hingegen - etwa aufgrund seines Alters oder seines gesundheitlichen Zustandes - nicht, durch ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis pfändbare Bezüge zu erwirtschaften, so obliegen ihm jedenfalls dann keine Zahlungen an den Treuhänder gemäß § 295 Abs. 2 InsO, wenn die ausgeübte selbständige Beschäftigung ebenfalls keine solchen Erträge hervorbringt (BGH, Beschluss vom 5. April 2006 - IX ZB 50/05, WM 2006, 1158 Rn. 12 f; vom 19. Mai 2011, aaO Rn. 8).

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3. Das Beschwerdegericht hat den Versagungsantrag der weiteren Beteiligten zu 1 auch im Übrigen mit Recht als zulässig und begründet erachtet.

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a) Ein Gläubiger, der beantragt, einem selbständigen Schuldner in der Wohlverhaltensperiode die Restschuldbefreiung zu versagen, macht eine Obliegenheitsverletzung und die Beeinträchtigung der Befriedigung der Insolvenzgläubiger (§ 300 Abs. 2, § 296 Abs. 1 InsO) hinreichend glaubhaft, indem er darlegt, dass der Schuldner an den Treuhänder nicht den Betrag abgeführt hat, der bei Ausübung einer unselbständigen Tätigkeit von der Abtretungserklärung erfasst worden wäre (BGH, Beschluss vom 7. Mai 2009, aaO). Diesem Erfordernis hat die weitere Beteiligte zu 1 genügt, indem sie unter Bezug auf den Vergütungstarifvertrag für Beschäftigte in der Wohnungswirtschaft das bei einer abhängigen Beschäftigung durch den Schuldner erzielbare Einkommen dargelegt und hieraus einen pfändbaren Betrag in Höhe von über 900 € monatlich errechnet hat.

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b) Der Schuldner hat den Vorwurf einer schuldhaften Obliegenheitsverletzung nicht entkräftet.

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aa) Leistet ein selbständig tätiger Schuldner an den Treuhänder nicht die Zahlungen, welche dem Treuhänder bei der Ausübung einer angemessenen abhängigen Beschäftigung durch die Abtretungserklärung zuflössen, so muss sich der Schuldner von dem Vorwurf entlasten, seine Obliegenheiten schuldhaft verletzt zu haben (BGH, Beschluss vom 7. Mai 2009, aaO Rn. 5; vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. Januar 2010, aaO). Der Schuldner hat vorgebracht, er habe nach seiner vorläufigen Einnahmen-Überschussrechnung durch seine selbständige Tätigkeit im Jahr 2008 zwar einen Jahresüberschuss in Höhe von 169.096,18 € erwirtschaftet, aufgrund betrieblicher Investitionen in erheblicher Höhe verfüge er jedoch nicht über Geldmittel, die er zu Befriedigung der Gläubiger einsetzen könnte. Nähere Angaben zu den von ihm behaupteten Investitionen hat der Schuldner nicht gemacht.

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bb) Die Darlegungen des Schuldners entkräften den Vorwurf einer schuldhaften Obliegenheitsverletzung nicht.

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(1) Wie auch der Schuldner selbst nicht in Frage stellt, überstieg der von ihm erwirtschaftete Jahresüberschuss im Jahr 2008 den Pfändungsfreibetrag erheblich. Soweit der Schuldner meint, er habe diese Mittel für Investitionen in das Betriebsvermögen verwenden dürfen und keine Beträge an den Treuhänder abführen müssen, fehlt es schon an jeglicher Darlegung, welche Investitionen in welcher Höhe erfolgt sind und aus welchen Gründen diese zu diesem Zeitpunkt erforderlich gewesen sein sollen. Es kann daher offen bleiben, ob dem selbständigen Schuldner überhaupt gestattet sein kann, den erwirtschafteten Überschuss vollumfänglich für Investitionen zu verwenden und die ansonsten möglichen Zahlungen an den Treuhänder aus diesem Grunde vollständig auszusetzen.

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Auch die Umstände, dass es sich bei dem Jahresüberschuss in Höhe von 169.096,18 € für das Jahr 2008 um eine vorläufige Berechnung gehandelt hat und der Schuldner im Jahr 2007 lediglich einen Überschuss in Höhe von 9.111,52 € erzielt hat, entlasten den Schuldner nicht. Der Schuldner war vielmehr gehalten, die aufgrund fehlender Leistungsfähigkeit im Jahr 2007 unterlassenen Zahlungen aus dem hohen Jahresüberschuss für das Jahr 2008 auszugleichen. Sollte der Schuldner angenommen haben, aufgrund seiner ungewissen Einkommensverhältnisse wirtschaftlich nicht zu Zahlungen an den Treuhänder in der Lage zu sein, so hätte er sich um eine besser bezahlte abhängige Beschäftigung bemühen müssen. Dass der Schuldner Anstrengungen unternommen hätte, eine abhängige Beschäftigung zu finden, behauptet er selbst nicht.

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(2) Das Beschwerdegericht hat zutreffend angenommen, dass der Schuldner nicht durch sein Vorbringen entlastet wird, der Treuhänder habe ihm eine Entscheidung des Amtsgerichts Göttingen vom 2. März 2009 (NZI 2009, 334) zur Verfügung gestellt, wonach der selbständig tätige Schuldner berechtigt sei, die geschuldeten Zahlungen erst zum Ende der Wohlverhaltensperiode zu erbringen. Dieses Vorbringen entlastet den Schuldner nicht, weil ihm bereits vor dem Erlass dieser Entscheidung Zahlungen an den Treuhänder oblagen, die Gegenstand des Versagungsantrags vom 31. März 2009 sind. Dabei ist der Schuldner nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts durch den Treuhänder mehrfach auf seine Pflicht hingewiesen worden, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben.

Kayser                                                    Vill                                                     Lohmann

                             Fischer                                                    Pape