Entscheidungsdatum: 17.03.2016
1. Wenn ein Bewerber um die Aufnahme in eine Vorauswahlliste eine Vielzahl von Verfahren beanstandungsfrei geführt hat, kann ihm die generelle fachliche Eignung nicht allein deswegen abgesprochen werden, weil der Insolvenzrichter ihm zwei Fehler nachweisen kann.
2. Die von einem Insolvenzrichter persönlich erstellte Vorauswahlliste wird gegenstandslos, wenn der Richter aus dem Insolvenzgericht ausscheidet und sein Nachfolger sich die Liste und die ihr zugrundeliegenden Auswahlkriterien nicht zu Eigen macht.
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 22. April 2015, berichtigt am 3. August 2015, aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Der Geschäftswert wird auf 5.000 € festgesetzt.
I.
Die Antragstellerin ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Insolvenzrecht mit Kanzleisitz in Hamburg. Seit dem Jahr 2006 wird sie regelmäßig an mehreren Gerichten in Norddeutschland als Insolvenzverwalterin und Treuhänderin bestellt, seit dem Jahr 2007 auch beim Amtsgericht Hamburg. Dies handhabten die Amtsvorgänger des Antragsgegners ebenso. Nachdem der Antragsgegner die Abteilungen 67b und 68b des Amtsgerichts Hamburg als Insolvenzrichter übernommen hatte, beantragte die Antragstellerin im Dezember 2013 ihre Aufnahme auch in seine Vorauswahlliste zur Bestellung als Insolvenzverwalter. Mit Bescheid vom 12. Februar 2014 lehnte der Antragsgegner die Aufnahme der Antragstellerin in seine Vorauswahlliste ab. Zur Begründung führte er aus: Aus dem Verfahren 67b IN 518/08 ergebe sich die mangelnde Eignung der Antragstellerin in juristischer Hinsicht wie auch bei der praktischen Herangehensweise. Sie habe nicht erkannt, dass der vom Schuldner durch einen Erbfall während des Insolvenzverfahrens erworbene Pflichtteilsanspruch in Gänze zur Insolvenzmasse selbst dann gehöre, wenn er erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens anerkannt oder rechtshängig gemacht werde. In einem Ergänzungsbescheid vom 20. März 2014 begründete der Antragsgegner die Ablehnung der Aufnahme in die Vorauswahlliste mit einem fehlerhaften Gutachten im Insolvenzverfahren 67b IN 209/13. Gegen diesen Bescheid beantragte die Antragstellerin fristgerecht beim Oberlandesgericht die gerichtliche Entscheidung nach §§ 23 ff EGGVG.
Durch Beschluss vom 22. April 2015 hat das Oberlandesgericht den Bescheid vom 12. Februar 2014 aufgehoben und die Rechtsbeschwerde zugelassen. Mit seiner frist- und formgerecht eingelegten Rechtsbeschwerde möchte der Antragsgegner die Zurückweisung des Antrags erreichen.
II.
Das gemäß § 29 Abs. 1 EGGVG statthafte Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht. Die mögliche mangelnde Beteiligtenfähigkeit des Antragsgegners führt nicht zur Unzulässigkeit seiner Rechtsbeschwerde. Für den Streit über die Beteiligtenfähigkeit ist die davon betroffene Partei als beteiligtenfähig anzusehen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2010 - VI ZR 249/09, VersR 2011, 507 Rn. 3).
1. Das Oberlandesgericht hat den Antragsgegner als beteiligtenfähig und als materiell-rechtlich zutreffenden Antragsgegner angesehen. Es hat ausgeführt, an der Annahme, der Antragsgegner sei als Leiter einer Insolvenzabteilung des Amtsgerichts Hamburg nach § 23 EGGVG beteiligtenfähig, nicht durch die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 16. Mai 2007 (IV AR (VZ) 5/07, ZInsO 2007, 711) und vom 19. Dezember 2007 (IV AR (VZ) 6/07 ZInsO 2008, 207) gehindert zu sein, auch wenn dort als richtiger Antragsgegner der Träger der Landesjustizverwaltung nach den Vertretungsregeln der betroffenen Länder angesehen worden sei. Denn seit dem Inkrafttreten von § 8 Nr. 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (künftig FamFG) am 1. September 2009 seien Behörden beteiligtenfähig. § 8 FamFG sei auch auf das Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG anwendbar. Behörde im Sinne von § 23 EGGVG sei der einzelne Insolvenzrichter als Leiter der jeweiligen Insolvenzabteilung, denn allein diesem obliege nach § 56 Abs. 1 Satz 1 InsO die Entscheidung darüber, ob er einen Bewerber in die Insolvenzverwaltervorauswahlliste aufnehme.
Der Antrag habe auch Erfolg, weil der Antragsgegner sein Auswahlermessen fehlerhaft ausgeübt habe. Bei dem angegriffenen Justizverwaltungsakt handele es sich nicht um die Ablehnung einer Aufnahme in die Vorauswahlliste, sondern um eine Streichung aus der Vorauswahlliste, weil die Antragstellerin bei dem Amtsvorgänger des Antragsgegners gelistet gewesen sei. Der Antragsgegner habe seiner Beurteilung, unter welchen Voraussetzungen die Antragstellerin (weiter) als Insolvenzverwalterin bestellt werden könne, Maßstäbe zugrunde gelegt, die einer rechtlichen Überprüfung nicht standhielten, und sein Auswahlermessen überschritten. Der Antragstellerin sei in einem Verfahren nachweisbar ein Rechtsfehler unterlaufen und sie habe in einem anderen Verfahren ein nicht gänzlich beanstandungsfreies Gutachten erstattet. Demgegenüber habe sie unbeanstandet 1.400 Insolvenzverfahren geführt. Daher könne eine fehlende fachliche Eignung nicht angenommen werden. Ebenso wenig könne aus einer unzureichenden Examensnote auf die fehlende fachliche Eignung geschlossen werden.
2. Die Ausführungen des Oberlandesgerichts zur Beteiligtenfähigkeit des Antragsgegners halten rechtlicher Prüfung nicht stand.
a) Allerdings ist die Frage in der Rechtsprechung streitig, wie der Antragsgegner in den Verfahren vor dem Oberlandesgericht nach §§ 23 ff EGGVG in diesen zu bezeichnen und wer zu beteiligen ist. Die jüngere Spruchpraxis der Oberlandesgerichte sieht regelmäßig in dem einzelnen Insolvenzrichter oder in den Insolvenzrichtern in ihrer Gesamtheit, wenn sie gemeinsam die Vorauswahlliste führen, den nach § 23 EGGVG richtigen Antragsgegner (OLG Köln, NZI 2007, 105, 106; ZInsO 2015, 798 f; OLG Hamm, NZI 2007, 659 f; Beschluss vom 7. Januar 2013 - 27 VA 3/11, nv; OLG Düsseldorf, NZI 2009, 248, 249; ZIP 2011, 341, 342; OLG Brandenburg, NZI 2009, 647, 648). Andere meinen, Antragsgegner sei das Amtsgericht - Insolvenzgericht - (OLG Bamberg, NZI 2008, 309; OLG Celle, NZI 2015, 678) oder der Behördenleiter des Amtsgerichts (KG, NZI 2008, 187; früher auch OLG Düsseldorf, NZI 2008, 614, 615). Wieder andere sehen in dem Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, den richtigen Antragsgegner, sofern nicht im Landesrecht etwas anderes bestimmt ist (BGH, Beschluss vom 16. Mai 2007 - IV AR (VZ) 5/07, ZInsO 2007, 711 Rn. 14 f; vom 19. Dezember 2007 - IV AR (VZ) 6/07, ZInsO 2008, 207 Rn. 13 ff; vom 19. September 2013 - IX AR (VZ) 1/12, BGHZ 198, 225 Rn. 3; so auch OLG Frankfurt, NZI 2007, 524; Beschluss vom 25. Februar 2010 - 20 VA 14/08, nv; vgl. auch OLG Hamburg, NZI 2008, 744, 745; NZI 2011, 762, 764; NZI 2012, 193). In der Literatur ist die Frage ebenso umstritten (vgl. einerseits Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 14. Aufl., § 56 Rn. 35; Nerlich/Römermann/Delhaes, InsO, 2015, § 56 Rn. 26; Lind in Ahrens/Gehrlein/Ringstmeier, InsO, 2. Aufl., § 56 Rn. 22; Pape/Uhländer/Bornheimer, InsO, § 56 Rn. 31; andererseits Schmidt/Ries, InsO, 19. Aufl., § 56 Rn. 73; HK-InsO/Riedel, 7. Aufl., § 56 Rn. 17; FK-InsO/Jahntz, 8. Aufl., § 56 Rn. 27).
b) Richtiger Antragsgegner nach § 23 EGGVG in Verbindung mit § 8 Nr. 3 FamFG in Verbindung mit I. Nr. 2 Buchst. e der Anordnung über die Vertretung der Freien und Hansestadt Hamburg im Geschäftsbereich der für die Justiz zuständigen Behörde vom 16. Februar 2012 (AV der Behörde für Justiz und Gleichstellung Nr. 2/2012, Az. 5002/1/1, HmbJVBl 2012, 11) ist nicht der jeweilige die Auswahlliste führende Insolvenzrichter als Leiter einer Insolvenzabteilung, sondern das Amtsgericht Hamburg, das nach § 9 Abs. 3 FamFG durch den Vorstand des Amtsgerichts vertreten wird, in Hamburg durch den Präsidenten.
aa) Nach der grundlegenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 3. August 2004 (NJW 2004, 2725; vgl. auch BVerfG, NZI 2006, 636; NZI 2009, 641) ist in Rechtsprechung (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2007 - IV AR (VZ) 5/07, ZInsO 2007, 711; vom 19. Dezember 2007 - IV AR (VZ) 6/07, ZInsO 2008, 207; vom 19. September 2013 - IX AR (VZ) 1/12, BGHZ 198, 225) und Literatur (vgl. Jaeger/Gerhardt, InsO, 2007, § 56 Rn. 62; MünchKomm-InsO/Graeber, 3. Aufl., § 56 Rn. 104; Nerlich/Römermann/Delhaes, InsO, 2015, § 56 Rn. 26; Lüke in Kübler/Prütting/Bork, InsO, 2009, § 56 Rn. 25; MünchKomm-ZPO/Pabst, 4. Aufl., § 23 EGGVG Rn. 60; Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., § 23 EGGVG Rn. 133) allgemein anerkannt, dass es sich bei der Entscheidung über die Aufnahme eines Bewerbers in die bei den Insolvenzgerichten geführte Vorauswahlliste um einen Justizverwaltungsakt handelt, der nach §§ 23 ff EGGVG anfechtbar ist. Entsprechendes gilt als actus contrarius für die Streichung des Bewerbers von der Vorauswahlliste (MünchKomm-InsO/Graeber, aaO § 56 Rn. 114; Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 14. Aufl., § 56 Rn. 37; Schmidt/Ries, InsO, 19. Aufl., § 56 Rn. 72). Die Entscheidung im Vorauswahlverfahren ist kein Rechtsprechungsakt. Sie ist deswegen weder Rechtsprechung im materiellen Sinne noch unterfällt sie dem funktionellen Rechtsprechungsbegriff, weil der Richter zwar in richterlicher Unabhängigkeit tätig wird, aber nicht in seiner Funktion als Instanz der unbeteiligten Streitbeilegung. Die Vorauswahl hat jedoch einen erheblichen Einfluss auf die Berufsausübung der Bewerber (Art. 12 Abs. 1 GG). Bei der Bewerbung um eine Tätigkeit im Rahmen von Insolvenzverfahren, die nur von hoheitlich tätigen Richtern vergeben wird, muss jedenfalls jeder Bewerber eine faire Chance erhalten, entsprechend seiner in § 56 Abs. 1 InsO vorausgesetzten Eignung berücksichtigt zu werden. Eine Chance auf eine Einbeziehung in ein konkret anstehendes Auswahlverfahren und damit auf Ausübung des Berufs hat ein potentieller Insolvenzverwalter nur bei willkürfreier Einbeziehung in das Vorauswahlverfahren (Art. 3 Abs. 1 GG). Die Chancengleichheit der Bewerber ist daher gerichtlicher Überprüfung zugänglich. Allein sie gewährleistet insoweit die Beachtung subjektiver Rechte (BVerfG, NJW 2004, 2725, 2727).
bb) Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG entscheiden über die Rechtmäßigkeit von Anordnungen, Verfügungen oder sonstigen Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet des Zivilprozesses - dessen Regeln das Insolvenzverfahren folgt (§ 4 InsO) - getroffen werden (Justizverwaltungsakte), auf Antrag die ordentlichen Gerichte. Dieser besonderen Rechtswegregelung liegt die Annahme zugrunde, dass die ordentlichen Gerichte den Verwaltungsmaßnahmen in den aufgeführten Gebieten sachlich näher stehen als die Gerichte der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit und über die zur Nachprüfung justizmäßiger Verwaltungsakte erforderlichen zivilrechtlichen Erkenntnisse und Erfahrungen verfügen. Die Bestimmung ist als Ausnahme zu § 40 Abs. 1 VwGO eng auszulegen (BGH, Beschluss vom 16. Mai 2007 - IV AR (VZ) 5/07, ZInsO 2007, 711 Rn. 11).
Es entspricht einhelliger Auffassung, dass der Begriff der Justizbehörde im funktionellen Sinne zu verstehen ist, wenn es darum geht, ob die jeweils in Rede stehende Amtshandlung in Wahrnehmung einer Aufgabe vorgenommen worden ist, die der jeweiligen Behörde als ihre spezifische Aufgabe auf einem der in § 23 EGGVG genannten Rechtsgebiete zugewiesen ist. Von diesen Grundsätzen ist das Oberlandesgericht ausgegangen. Es hat zutreffend die Insolvenzrichter ihrer Funktion nach als Justizbehörde angesehen. Soweit sie in dieser Eigenschaft tätig geworden sind, unterliegt ihr Handeln der vom Bundesverfassungsgericht geforderten Kontrolle (BGH, Beschluss vom 16. Mai 2007, aaO Rn. 12). Daraus ist jedoch nicht ohne Weiteres zu folgern, dass der einzelne Insolvenzrichter selbst Antragsgegner in dem Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG ist. Richtiger Antragsgegner ist nach diesen Regeln die für die Rechtsverletzung durch einen Justizverwaltungsakt verantwortliche staatliche Stelle, also vorliegend die Stelle, die für die Entscheidung, einen Interessenten für das Amt des Insolvenzverwalters in die Vorauswahlliste nicht aufzunehmen oder ihn aus dieser Liste zu streichen, verantwortlich ist. Aus den Regeln der §§ 23 ff EGGVG ergibt sich nicht unmittelbar, wer die in diesem Sinne für den angegriffenen Justizverwaltungsakt verantwortliche staatliche Stelle ist.
cc) Im Verwaltungsprozess kommt einzelnen Behörden neben natürlichen und juristischen Personen nur dann die Fähigkeit zu, am Verfahren beteiligt zu sein, wenn das Landesrecht dies bestimmt (§ 61 Nr. 1, 3 VwGO, § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Gibt es eine solche Regelung nicht, ist gegen den Rechtsträger zu klagen, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat. Im Zivilprozess gilt zu § 50 ZPO eine vergleichbare Regelung. Behörden sind auch hier nur kraft besonderer gesetzlicher Bestimmungen Partei und allein insoweit parteifähig. Bis zum 31. August 2009 ordnete § 29 Abs. 2 Halbs. 1 EGGVG aF für das Verfahren vor dem Oberlandesgericht nach §§ 23 ff EGGVG die entsprechende Anwendung des Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit (FGG) an. Auch in Verfahren, die nach den Regeln dieses Gesetzes geführt wurden, konnten grundsätzlich nur rechtsfähige Rechtsträger am Verfahren beteiligt sein. Behörden, die keine eigene Rechtspersönlichkeit besaßen, waren lediglich parteifähig, wenn ihnen die Fähigkeit zugesprochen war, sich an einem Verfahren zu beteiligen. Dies setzte eine entsprechende gesetzliche Regelung voraus, durch welche die fehlende Parteifähigkeit ersetzt wurde (BGH, Beschluss vom 16. Mai 2007, aaO Rn. 14 f). Deswegen nahm der Bundesgerichtshof bis zum Inkrafttreten des § 8 Nr. 3 FamFG am 1. September 2009 auch an, dass Antragsgegner des abgelehnten Bewerbers auf Aufnahme in die Vorauswahlliste in den Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG der Rechtsträger war, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hatte, sofern nicht die Behörde selbst nach Landesrecht verklagt werden konnte (BGH, Beschluss vom 16. Mai 2007, aaO; vom 19. Dezember 2007 - IV AR (VZ) 6/07, ZInsO 2008, 207 Rn. 12 ff). Das Oberlandesgericht Hamburg hat daher bislang unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung und der einschlägigen Landesregelungen als richtige Antragsgegnerin die Freie und Hansestadt Hamburg, vertreten durch die Behörde für Justiz und Gleichstellung, angesehen (vgl. OLG Hamburg, ZInsO 2012, 175).
dd) Seit dem 1. September 2009 gilt für das Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG vor dem Zivilsenat des Oberlandesgerichts die Vorschrift des § 8 Nr. 3 FamFG. Nach dieser Regelung sind Behörden allgemein beteiligtenfähig.
(1) Richtig hat das Oberlandesgericht erkannt, dass § 8 Nr. 3 FamFG auf das Verfahren nach §§ 23 ff EGGVG Anwendung findet, auch wenn in § 29 Abs. 3 EGGVG nur auf § 17 FamFG und auf §§ 71 bis 74a FamFG, also die Regelungen über die Wiedereinsetzung und für das Verfahren der Rechtsbeschwerde, verwiesen wird. Die Verweisung in § 29 Abs. 2 EGGVG aF auf das FGG für das Verfahren vor dem Oberlandesgericht hat der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2586) ersatzlos gestrichen. Weiter hat der Gesetzgeber § 29 EGGVG aF dadurch grundlegend geändert, dass die Entscheidung des Oberlandesgerichts nicht mehr endgültig ist, die Pflicht einer Divergenzvorlage an den Bundesgerichtshof abgeschafft und dafür die Rechtsbeschwerde eingeführt wurde. Der Reformgesetzgeber hat dabei die Bedeutung des § 29 Abs. 2 EGGVG aF zu eng nur auf das Verfahren der Divergenzvorlage bezogen und nicht seine darüber hinaus bestehende Bedeutung für das Verfahren vor dem Oberlandesgericht bedacht. Die Materialien machen deutlich, dass nur beabsichtigt war, den Rechtsmittelzug neu zu ordnen, ohne das Verfahren im Übrigen zu ändern (vgl. BT-Drucks. 16/6308, S. 318 zu Art. 21 zu Nr. 2). Deswegen müssen auf das Verfahren vor dem Zivilsenat des Oberlandesgerichts die Regelungen des FamFG weiterhin auch ohne ausdrücklichen Verweis ergänzend herangezogen werden (MünchKomm-ZPO/Pabst, 4. Aufl., Vorbemerkung zu den §§ 23 ff EGGVG Rn. 5; Kissel/Meyer, GVG, 8. Aufl., § 29 EGGVG Rn. 2; vgl. Dauster/Lutz, FS von Heintschel-Heinegg, 2015, 93, 94 ff).
(2) Daraus ergibt sich jedoch noch nicht, dass dem einzelnen Insolvenzrichter Behördenqualität im Sinne dieser Vorschrift zukommt. Behörden im Sinne von § 8 Nr. 3 FamFG sind wie in § 61 Nr. 3 VwGO solche Stellen, die durch organisationsrechtliche Rechtssätze gebildet, vom Wechsel des Amtsinhabers unabhängig und nach der einschlägigen Zuständigkeitsregelung berufen sind, unter eigenem Namen für den Staat oder einen anderen Träger öffentlicher Verwaltung Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Sie sind unselbständige Teile ihres jeweiligen Rechtsträgers und daher nur nach Maßgabe des Landesrechts beteiligtenfähig. Demgegenüber sind im Anwendungsbereich des § 8 Nr. 3 FamFG sämtliche Stellen, die dem Behördenbegriff entsprechen, beteiligtenfähig (Haußleiter/Gomille, FamFG, 2011, § 8 Rn. 10; zu § 61 Nr. 3 VwGO: OVG Münster, NVwZ 1986, 761, NVwZ-RR 1989, 576, NJW 1991, 2586, 2587; BeckOK-VwGO/Kintz, 2016, § 61 Rn. 18; Bier in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 2015, § 61 Rn. 8).
(3) Der einzelne Insolvenzrichter bildet entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts keine solche Stelle. Denn er ist, soweit er - wenn auch in richterlicher Unabhängigkeit - Verwaltungsaufgaben wahrnimmt, lediglich unselbständiger Teil der Gesamtbehörde Amtsgericht Hamburg. Nur das Amtsgericht selbst ist durch organisatorische Rechtssätze gebildet, nicht aber die einzelnen Untergliederungen und Abteilungen. Diesen fehlt die für die Annahme der Behördeneigenschaft unabdingbare organisatorische Verselbständigung gegenüber dem Amtsgericht im Übrigen (vgl. OVG Münster, NVwZ 1986, 761; vgl. Kissel/Meyer, GVG, 8. Aufl., § 23 EGGVG Rn. 133, § 29 Rn. 4 aE). Nach der Anordnung über die Vertretung der Freien und Hansestadt Hamburg im Geschäftsbereich der für die Justiz zuständigen Behörde vom 16. Februar 2012 (Az. 5002/1/1; HmbJVBl 2012, 11) ist unter I. Nr. 2 Buchst. e angeordnet, dass die Freie und Hansestadt Hamburg im Geschäftsbereich der für die Justiz zuständigen Behörde, soweit durch Gesetz, Rechtsverordnung oder Verwaltungsanordnung nichts anderes bestimmt ist, in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch die Dienststelle vertreten wird, zu deren Geschäftsbereich die dem Verfahren zugrunde liegende Angelegenheit gehört.
(4) Aus der Stellung des Insolvenzrichters und den Besonderheiten der Insolvenzordnung ergibt sich nichts Anderes. Allerdings entscheidet der einzelne Insolvenzrichter selbst und weisungsfrei über die Aufnahme eines Bewerbers auf die von ihm geführte Vorauswahlliste und über die Streichung in richterlicher Unabhängigkeit. Denn mit der Erstellung der Vorauswahlliste bereitet er die allein ihm obliegende Auswahl und Bestellung des Insolvenzverwalters im konkreten Insolvenzverfahren vor. Allein die Vorauswahlliste gewährleistet eine zügige Eignungsprüfung für das konkrete Verfahren und verschafft dem Insolvenzrichter hinreichende Informationen für eine pflichtgemäße Ausübung des Auswahlermessens (BVerfGE 116, 1, 16 f; BVerfG, ZInsO 2009, 1641 Rn. 12). In die jeweilige Vorauswahlliste ist jeder Bewerber einzutragen, der die grundsätzlich zu stellenden Anforderungen an eine generelle, von der Typizität des einzelnen Insolvenzverfahrens gelöste Eignung für das erstrebte Amt erfüllt (BVerfG, aaO Rn. 11).
Daraus ist jedoch nicht zu folgern, dass nur der Insolvenzrichter selbst verklagt werden kann, weil weder der Leiter des Amtsgerichts noch der Träger der Landesjustizverwaltung Weisungen in Bezug auf die Listenführung erteilen dürften und deswegen eine gegen das Land oder das Amtsgericht ergehende Entscheidung nicht durchgesetzt werden könne (vgl. Schmidt/Ries, InsO, 19. Aufl., § 56 Rn. 73). Die Besonderheiten seiner Stellung als Insolvenzrichter haben weder zur Folge, dass seine Entscheidungen nicht justiziabel wären, noch machen sie ihn zur Behörde im Sinne von § 8 Nr. 3 FamFG. Eine gegen das Amtsgericht nach § 28 EGGVG ergehende Entscheidung des Oberlandesgerichts zur Führung der Vorauswahlliste ist von ihm zu beachten, ohne dass es einer Weisung des Behördenleiters bedarf.
III.
Da das Oberlandesgericht bislang das Amtsgericht Hamburg als den richtigen Antragsgegner nicht beteiligt hat (§ 7 Abs. 2 Nr. 2, § 9 Abs. 3 FamFG), war die Sache an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
1. Dadurch dass die Antragstellerin in ihrer Antragschrift als Antragsgegner nicht das Amtsgericht Hamburg, sondern den einzelnen Insolvenzrichter genannt hat, ist ihr Antrag nicht gemäß § 26 Abs. 1 EGGVG verfristet. Allerdings muss nach dieser Regelung der Antrag auf gerichtliche Entscheidung innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids gestellt werden. In dem Antrag muss der Antragsgegner bezeichnet werden, um dem Oberlandesgericht die Prüfung zu ermöglichen, ob eine Rechtsverletzung durch die Maßnahme einer Justiz- oder Vollzugsbehörde geltend gemacht wird (Kissel/Meyer, GVG, 8. Aufl., § 23 EGGVG Rn. 50). Richtet sich ein zulässiger Antrag gegen den materiell-rechtlich unrichtigen Antragsgegner, ist er unbegründet. Ein solcher Antrag wahrt gegenüber dem richtigen Antragsgegner die Frist nicht.
Die Antragstellerin hat ihren Antrag jedoch nicht gegen den unrichtigen Antragsgegner gerichtet, indem sie den Insolvenzrichter als Gegner bezeichnet hat. Insoweit handelt es sich um eine bloße Falschbezeichnung. Dem Antrag war deutlich zu entnehmen, dass die Antragstellerin eine Rechtsverletzung durch die Maßnahme einer Justizbehörde geltend machte und wer die Verletzungshandlung vorgenommen haben soll.
2. Vorliegend geht es entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts nicht um die Streichung aus der Vorauswahlliste, sondern um die Aufnahme in diese Liste. Jeder einzelne Insolvenzrichter entscheidet selbst über die Aufnahme eines Interessenten auf die von ihm geführte Vorauswahlliste und über die Streichung in richterlicher Unabhängigkeit. Er bereitet mit der Erstellung der Vorauswahlliste die allein ihm obliegende Auswahl und Bestellung des Insolvenzverwalters im konkreten Verfahren vor (vgl. BVerfGE 116, 1, 16 f). Die Listenführung darf er jedenfalls dann nicht einem anderen Insolvenzrichter oder Stellen der Gerichtsverwaltung überlassen, wenn nicht sichergestellt ist, dass die Liste entsprechend der von ihm selbst für maßgeblich befundenen Kriterien geführt wird (BVerfG, ZInsO 2009, 1641 Rn. 12). Die von einem Insolvenzrichter persönlich erstellte Vorauswahlliste wird deswegen gegenstandslos, wenn der Richter aus dem Insolvenzgericht ausscheidet und sein Nachfolger sich die Liste und die ihr zugrundeliegenden Auswahlkriterien nicht zu Eigen macht (vgl. Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 14. Aufl., § 56 Rn. 8). Dass der Antragsgegner sich die Vorauswahlliste des Vorgängers zu Eigen gemacht hat, hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt. Nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten ist das Gegenteil der Fall: Der Antragsgegner führt eine eigene Vorauswahlliste, auf welche die Antragstellerin aufgenommen werden will.
3. Für das Vorauswahlverfahren steht die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der persönlichen und fachlichen Eignung im Vordergrund. Für diese generelle Eignung ist ein bestimmtes Anforderungsprofil zu erstellen, nach dem sich die Qualifikation des jeweiligen Bewerbers richtet (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - IV AR (VZ) 6/07, ZInsO 2008, 207 Rn. 19; BVerfG, ZInsO 2009, 1641 Rn. 14). Der Insolvenzrichter hat die Auswahlkriterien transparent zu machen, etwa durch Veröffentlichung im Internet oder durch Fragebögen (Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 14. Aufl., § 56 Rn. 9). Dabei ist es ihm verwehrt, das Verfahren oder die Kriterien der Vergabe willkürlich zu bestimmen; darüber hinaus kann die tatsächliche Vergabepraxis zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen (Art. 3 Abs. 1 GG; BVerfGE 116, 135, 153 f). Damit die Vorauswahlliste die ihr zukommende Funktion erfüllen kann, darf sich das Vorauswahlverfahren nicht nur auf das Erstellen einer Liste mit Namen und Anschriften interessierter Bewerber beschränken, vielmehr müssen die Daten über die Bewerber erhoben, verifiziert und strukturiert werden, die der jeweilige Insolvenzrichter nach der eigenen Einschätzung für eine sachgerechte Ermessensausübung bei der Auswahlentscheidung benötigt (BVerfGE 116, 1,17). Erfüllt ein Bewerber die persönlichen und fachlichen Anforderungen für das Amt des Insolvenzverwalters im Allgemeinen, kann ihm die Aufnahme in die Liste nicht versagt werden. Ein Ermessen für den die Vorauswahlliste führenden Insolvenzrichter besteht nicht (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - IV AR (VZ) 6/07, ZInsO 2008, 207 Rn. 20). Ihm ist allerdings ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen, wenn er den Bewerber an den allgemeinen Kriterien für die fachliche und persönliche Eignung misst. Denn seiner Beurteilung, ob der Bewerber dem Anforderungsprofil genügt, ist ein prognostisches Element immanent (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 2007, aaO Rn. 21; vgl. Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 14. Aufl., § 56 Rn. 34).
4. Bei der Antragstellerin geht es allein um die Frage ihrer fachlichen Eignung.
a) Sie ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Insolvenzrecht. Sie ist seit 2006 als Insolvenzverwalterin tätig und hat beanstandungsfrei 1.400 Verfahren geführt. Diese Zahl war zwischen den Parteien im Verfahren vor dem Oberlandesgericht unstreitig. Deswegen hatte das Oberlandesgericht keinen Anlass, hierzu eigene Ermittlungen anzustellen, nachdem der Insolvenzrichter selbst zur Berufserfahrung der Antragstellerin keine anderslautenden Feststellungen getroffen hatte. Angesichts dieser Berufserfahrung durfte der Antragsgegner die fachliche Ungeeignetheit der Antragstellerin nicht aus Unkenntnis einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs und einem fehlerhaften Gutachten schließen.
Negative Erfahrungen aus früheren Verfahren auch vor anderen Insolvenzrichtern können einen Grund zur Ablehnung der Aufnahme eines Bewerbers auf und zu seiner Streichung von der Vorauswahlliste darstellen. Darunter kann fallen: Unzureichende Berichterstattung, fehlerhafte Insolvenzplanbearbeitung, umfassende Delegation oder vermeidbar verlustreiche Betriebsfortführungen, Notwendigkeit zur Verhängung von Ordnungsgeldern oder verlorene Haftpflichtprozesse (vgl. OLG Schleswig, ZIP 2007, 831, 832; OLG Hamburg, NJW 2006, 451, 452; AG Mannheim, ZInsO 2010, 2149 Rn. 14, 22, 24; vgl. Uhlenbruck/Zipperer, InsO, 14. Aufl., § 56 Rn. 16). Doch genügt bei einer langen, beanstandungsfreien Berufsausübung nicht jeder Fehler, um die Ablehnung der Aufnahme auf die Vorauswahlliste oder die Streichung von dieser zu begründen. Ein Fehler kann jedem Verwalter unterlaufen und berechtigt nicht den Schluss auf seine fachliche Ungeeignetheit. Vielmehr muss sich aufgrund mehrerer Insolvenzverfahren ergeben, dass der Bewerber immer wieder fehlerhaft gearbeitet hat und arbeitet (vgl. AG Mannheim, ZInsO 2010, 2149 Rn. 52).
Hierzu hat der Antragsgegner keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Insbesondere hat er nicht festgestellt, dass es zu einem schwerwiegenden Haftungsfall gekommen ist. Vielmehr ist nach den bisherigen Feststellungen davon auszugehen, dass die Antragstellerin ihren Fehler im Wesentlichen wieder berichtigt hat und kein gravierender Schaden für die von ihr betreute Masse entstanden ist.
b) Unerheblich ist, dass der Antragsgegner als Insolvenzrichter einer anderen Abteilung des Amtsgerichts die Aufnahme der Antragstellerin in seine damals geführte Vorauswahlliste im Jahr 2006 wegen unzureichender Examensergebnisse abgelehnt hat. Denn ein Bewerber, dessen Aufnahme in die Vorauswahlliste von dem Richter einer Abteilung des Insolvenzgerichts abgelehnt worden ist, ist nicht gehindert zu beantragen, in die Vorauswahlliste einer anderen Abteilung aufgenommen zu werden. An diesem Ergebnis ändert sich nicht deswegen etwas, weil zwischenzeitlich der Antragsgegner Leiter der neuen Abteilung geworden ist. Seit der Ablehnung im Jahr 2006 sind sieben Jahre vergangen, in denen die Antragstellerin als Insolvenzverwalterin beruflich tätig war und 1.400 Insolvenzverfahren beanstandungsfrei geführt hat. Im Übrigen erweist sich die Examensnote nicht als geeignetes Qualifizierungsmerkmal für die Aufnahme in die Vorauswahlliste, zumal der Beruf des Insolvenzverwalters kein juristisches Studium voraussetzt (vgl. OLG Hamburg, NZI 2008, 744, 746 f).
Kayser Vill Lohmann
Pape Möhring