Entscheidungsdatum: 03.11.2014
Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 2 des Landgerichts Stendal vom 8. Mai 2014 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.
Die Parteien erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen
vier Wochen.
Der Streitwert wird auf 882,35 € festgesetzt.
I. Die Klägerin, ein liechtensteinischer Lebensversicherer, fordert von dem Beklagten Zahlung aus einer Kostenausgleichsvereinbarung. Am 3. Dezember 2010 stellte der Beklagte einen "Antrag auf Fondsgebundene Rentenversicherung/Antrag auf Kostenausgleichsvereinbarung". Als monatlicher Beitrag für die Rentenversicherung waren 100 € vorgesehen. In Abschnitt B ist hierzu unter der Rubrik "Vertragsdaten/Beitrag" vermerkt:
"In den ersten 48 Monaten wird der Monatsbeitrag um die Teilzahlungen für die Kostenausgleichsvereinbarung reduziert, ..."
In dem die Kostenausgleichsvereinbarung betreffenden Abschnitt C findet sich folgender fettgedruckter Hinweis:
"Die Auflösung des Versicherungsvertrages führt grundsätzlich nicht zur Beendigung dieser Kostenausgleichsvereinbarung."
Weiter ist geregelt, dass die Tilgung der Abschluss- und Einrichtungskosten separat vom Versicherungsvertrag und nicht in Form einer Verrechnung der Kosten mit den Versicherungsbeiträgen erfolgt. Die Abschluss- und Einrichtungskosten sind mit einem Gesamtpreis von 2.699,42 € angegeben, zahlbar in 48 monatlichen Raten von 56,29 €. Als nominaler und effektiver Jahreszins ist 0% angegeben.
In Abschnitt E zur Beratungsdokumentation heißt es ferner:
"Ich habe verstanden, dass die Abschluss- und Einrichtungskosten separat vom Versicherungsvertrag getilgt werden. Diese Kosten sind auch im Falle einer Beitragsfreistellung oder Kündigung des Versicherungsvertrages zu tilgen."
Unmittelbar über dem Unterschriftsfeld für die Kostenausgleichsvereinbarung findet sich die vorformulierte Erklärung:
"Ich beantrage die unkündbare Kostenausgleichsvereinbarung gemäß dieses Antrages. ...
Mir ist ebenfalls bekannt, dass ich die Kostenausgleichsvereinbarung nicht kündigen kann."
(letzter Satz im Original fettgedruckt)
Der Beklagte zahlte von Februar 2011 bis Juli 2012 monatlich je 100 € an die Klägerin. Hiervon entfallen auf die Kostenausgleichsvereinbarung 1.013,22 € (18 x 56,29 €). Ab August 2012 stellte er die Zahlungen ein. Nachdem die Klägerin ihn mit Schreiben vom 5. November 2012 vergeblich zur Zahlung des Rückstandes aufgefordert hatte, stellte sie am 10. Dezember 2012 den Restbetrag fällig. Unter Berücksichtigung des Rückkaufswerts der Versicherung von 458,52 € hat die Klägerin mit der Klage Zahlung von 1.058,47 € nebst Zinsen und außergerichtlichen Kosten begehrt. Der Beklagte ließ mit seiner Klageerwiderung vom 22. August 2013, der Klägerin zugegangen am 29. August 2013, seine "Vertragserklärungen zum Vertrag" widerrufen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht das erstinstanzliche Urteil teilweise abgeändert und den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 176,12 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10. Januar 2013 sowie weitere 46,41 € zu zahlen. Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, die ihr Zahlungsbegehren in vollem Umfang weiterverfolgt.
II. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision i.S. von § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO liegen nicht mehr vor und das Rechtsmittel hat auch keine Aussicht auf Erfolg (§ 552a Satz 1 ZPO).
1. Wie der Senat bereits in seinen - vergleichbare Sachverhalte betreffenden - Urteilen vom 12. März 2014 entschieden und im Einzelnen begründet hat, verstößt die Kostenausgleichsvereinbarung nicht gegen § 169 Abs. 5 Satz 2, § 171 Satz 1 VVG (IV ZR 295/13, VersR 2014, 567 Rn. 14-22; IV ZR 255/13, juris Rn. 12-20). Auch eine Unwirksamkeit wegen fehlender Transparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt nicht in Betracht. Dem Versicherungsnehmer wird unmissverständlich vor Augen geführt, dass er die Kostenausgleichsvereinbarung nicht kündigen kann und nur der Widerruf seiner Vertragserklärung zu deren Beendigung führt, nicht dagegen eine Kündigung des Versicherungsvertrages oder der Kostenausgleichsvereinbarung selbst (vgl. Senatsurteil vom 12. März 2014 - IV ZR 295/13, VersR 2014, 567 Rn. 23-25).
2. Dem Beklagten stand allerdings das Recht zu, die Kostenausgleichsvereinbarung zu kündigen, da die vertraglich festgelegte Unabhängigkeit der Kostenausgleichsvereinbarung von einer Auflösung oder Aufhebung des Versicherungsvertrages sowie der ausdrückliche Ausschluss des Kündigungsrechts in der vorgedruckten Formulierung im Antragsformular wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam sind (Senatsurteile vom 12. März 2014 - IV ZR 295/13, VersR 2014, 567 Rn. 26-35; IV ZR 255/13, juris Rn. 21-30). Hieran hat der Senat auch in Anbetracht des weiteren Vorbringens der Klägerin in seinen späteren Entscheidungen festgehalten (vgl. Urteile vom 15. Oktober 2014 - IV ZR 79/14, Rn. 7; vom 8. Oktober 2014 - IV ZR 100/14, Rn. 12; vom 24. September 2014 - IV ZR 1/14, juris Rn. 16).
a) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, das Berufungsgericht habe rechtsfehlerhaft eine Umdeutung des mit Schriftsatz vom 22. August 2013 erklärten Widerrufs in eine Kündigung vorgenommen. Sinn und Zweck des § 140 BGB ist es, die Absicht der handelnden Person, einen bestimmten wirtschaftlichen Erfolg zu erreichen, auch dann zu verwirklichen, wenn das von ihr gewählte rechtliche Mittel unzulässig ist, ein anderes zulässiges Mittel jedoch, das ihrem hypothetischen Willen entspricht, den angestrebten wirtschaftlichen Erfolg herbeizuführen vermag (BGH, Urteil vom 10. Dezember 1997 - XII ZR 119/96, NJW 1998, 896 unter 3). Soweit das Berufungsgericht auf dieser Grundlage die Widerrufserklärung in eine Kündigung umgedeutet hat, ist das revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 140 BGB vorliegen, ist ebenso wie die Auslegung rechtsgeschäftlicher Willenserklärungen in erster Linie Sache des Tatrichters. Seine Auslegung kann mit der Revision nur erfolgreich angegriffen werden, wenn gesetzliche Auslegungsregeln, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt, wesentlicher Auslegungsstoff außer Acht gelassen oder in Betracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nicht in Erwägung gezogen werden (BGH, Urteil vom 27. Juni 2014 - V ZR 51/13, juris Rn. 29 zu § 140; ferner Senatsurteile vom 23. Juli 2014 - IV ZR 330/13, VersR 2014, 1189 Rn. 14; vom 10. Juli 2013 - IV ZR 224/12, BGHZ 198, 32 Rn. 12; vom 24. Februar 1993 - IV ZR 239/91, BGHZ 121, 357, 363; Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2013 - IV ZR 207/13, ZEV 2014, 311 Rn. 12).
Derartige Rechtsfehler liegen hier nicht vor. Das Berufungsgericht hat sich im Einzelnen mit der Frage befasst, ob der Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 22. August 2013 in eine Kündigungserklärung umgedeutet werden kann und dies bejaht. Hierbei hat es rechtsfehlerfrei darauf abgestellt, dass es erkennbares Ziel des Beklagten ist, nicht weiter an die Kostenausgleichsvereinbarung gebunden zu bleiben. Wenn dies schon nicht rückwirkend durch einen Widerruf in Betracht kommt, so ist es naheliegend, dass der Beklagte jedenfalls eine Beendigung der Kostenausgleichsvereinbarung ex nunc erstrebte (vgl. zur Umdeutung einer fristlosen Kündigung in eine ordentliche Kündigung BGH, Urteil vom 24. Juli 2013 - XII ZR 104/12, NJW 2013, 3361 Rn. 17 f.; zur Umdeutung einer Anfechtung in einen Rücktritt BGH, Urteil vom 7. Juni 2006 - VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 27). Einer Umdeutung steht ferner nicht entgegen, dass die umzudeutende Willenserklärung von einem Rechtsanwalt der betroffenen Partei abgegeben wurde (BGH, Urteil vom 9. Oktober 1980 - VII ZR 332/79, BGHZ 78, 216, 221).
b) Der Beklagte hat daher mit dem Schriftsatz vom 22. August 2013 wirksam die Kündigung der Kostenausgleichsvereinbarung erklärt. Weitere Ansprüche für die Zeit nach Zugang der Kündigungserklärung am 29. August 2013 stehen der Klägerin nicht zu. Entgegen der Auffassung der Revision führen die Zahlungseinstellung und die spätere wirksame Kündigung der Kostenausgleichsvereinbarung durch den Versicherungsnehmer auch nicht dazu, dass hierdurch die gesamten Abschluss-und Einrichtungskosten wegen einer zuvor gewährten Stundung in voller Höhe sofort fällig würden. Wie der Senat mittlerweile entschieden hat, führt die wirksame Kündigung der Kostenausgleichsvereinbarung zu ihrem Erlöschen für die Zukunft mit der Folge, dass die Klägerin hieraus keine weiteren Ansprüche geltend machen kann (vgl. Senatsurteile vom 8. Oktober 2014 - IV ZR 100/14, Rn. 14; vom 24. September 2014 - IV ZR 1/14, juris Rn. 16). Hieran vermag auch die Regelung in § 2 Abs. 2 der Bedingungen für die Kostenausgleichsvereinbarung nichts zu ändern. Anderenfalls würde das Recht des Versicherungsnehmers zur fristlosen Kündigung der Kostenausgleichsvereinbarung unterlaufen und von dem zufälligen Umstand abhängig gemacht, ob sich der Versicherungsnehmer im Zeitpunkt der Kündigung mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden Teilzahlungen in Verzug befand. Die Klägerin kann, worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist, keine Zahlungen über den nächstmöglichen Kündigungstermin des Beklagten hinaus verlangen (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2010 - Xa ZR 48/09, NJW 2011, 1438 Rn. 32; Palandt/Grüneberg, BGB 73. Aufl. § 314 Rn. 11).
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.