Entscheidungsdatum: 24.09.2014
Auf die Rechtsmittel des Beklagten wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 17. Dezember 2013 aufgehoben, das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 14. August 2013 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise geändert und insgesamt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen. Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an den Beklagten 1.125,85 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 19. Juni 2013 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz tragen die Klägerin 79% und der Beklagte 21%. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen
Die Klägerin, ein liechtensteinischer Lebensversicherer, fordert von dem Beklagten Zahlung aus zwei Kostenausgleichsvereinbarungen. Dieser hat widerklagend Rückzahlung der von ihm auf diese geleisteten Teilzahlungen sowie Auszahlung des Rückkaufswerts der Versicherung geltend gemacht.
Der Beklagte stellte am 28. Juni 2011 einen "Antrag auf Fondsgebundene Rentenversicherung" sowie einen gesonderten "Antrag auf Kostenausgleichsvereinbarung". Zu letzterem heißt es im Abschnitt "Tilgungsplan":
"Die Tilgung der Abschluss- und Einrichtungskosten erfolgt separat vom Versicherungsvertrag und nicht in Form einer Verrechnung der Kosten mit den Versicherungsbeiträgen. Die Fälligkeit der Teilzahlungen richtet sich nach § 2 der Bedingungen für die Kostenausgleichsvereinbarung."
sowie
"Wichtig: Die Auflösung des Versicherungsvertrages führt grundsätzlich nicht zur Beendigung dieser Kostenausgleichsvereinbarung. Die Kosten sind auch im Falle einer Beitragsfreistellung oder Kündigung des Versicherungsvertrages zu bezahlen."
Unmittelbar über der Unterschrift zur Kostenausgleichsvereinbarung findet sich der fettgedruckte Hinweis:
"Mir ist ebenfalls bekannt, dass ich die Kostenausgleichsvereinbarung nicht kündigen kann."
Die Höhe der Abschluss- und Einrichtungskosten bei 60 monatlichen Raten zu je 52,50 € ist mit insgesamt 3.150 € angegeben. Eine Verzinsung ist nicht vorgesehen. Die monatliche Prämie für die Versicherung in Höhe von 150 € wurde für die Dauer von 60 Monaten um den monatlich auf die Kostenausgleichsvereinbarung zu zahlenden Betrag reduziert.
Am 18. November 2011 beantragte der Beklagte, die Beiträge zu erhöhen, und schloss mit der Klägerin eine weitere Kostenausgleichsvereinbarung, die mit der ersten identische Regelungen zur separaten Zahlung und fehlenden Kündbarkeit enthält. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung hatte der Beklagte weitere Abschluss- und Einrichtungskosten von 2.797,20 € in 60 monatlichen Teilraten von 46,62 € - ebenfalls ohne Verzinsung - zu zahlen.
Die dem Vertrag zugrunde liegenden "Bedingungen für die Kostenausgleichsvereinbarung (KAV)" der Klägerin bestimmen unter anderem:
"§ 1 Gegenstand der Kostenausgleichsvereinbarung (...)
(2) Das Zustandekommen des vorliegenden Vertrages zur Kostenausgleichsvereinbarung ist abhängig vom Zustandekommen des genannten Versicherungsvertrages.
(3) Die Auflösung des einmal zustande gekommenen Versicherungsvertrages führt dagegen - ausser bei einem Widerruf - nicht zur Beendigung der Kostenausgleichsvereinbarung. .
§ 5 Vertragsbeendigung
...
(2) Eine Kündigung der Kostenausgleichsvereinbarung ist nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich und führt dazu, dass die Gesamtsumme der noch nicht getilgten Abschluss- und Einrichtungskosten sofort fällig wird.
(3) Die Auflösung des einmal zustande gekommenen Versicherungsvertrages führt dagegen - ausser bei einem Widerruf - nicht zur Beendigung der Kostenausgleichsvereinbarung. ..."
Der Beklagte zahlte in der Zeit von August 2011 bis Juli 2012 die monatliche Rate von 52,50 € auf die erste Kostenausgleichsvereinbarung sowie von Dezember 2011 bis Juli 2012 die monatliche Rate von 46,62 € auf die zweite Kostenausgleichsvereinbarung. Ab August 2012 stellte er die Zahlungen ein. Insgesamt leistete er Zahlungen von 1.002,96 € (12 x 52,50 € sowie 8 x 46,62 €). Mit Schreiben vom 29. August 2012 kündigte der Beklagte seine Rentenversicherung mit der Kostenausgleichsvereinbarung mit sofortiger Wirkung. Die Klägerin bestätigte den Eingang der Kündigung zum 4. September 2012. Sie berechnet ihre Ansprüche wie folgt:
Abschluss- und Einrichtungskosten |
3.150,00 € |
zuzügl. Abschluss- und Einrichtungskosten |
2.797,20 € |
abzügl. Rückkaufswert |
1.324,09 € |
abzügl. Teilzahlungen |
1.002,96 € |
gesamt |
3.620,15 € |
Gerichtlich geltend gemacht hat sie einen Betrag von 3.284,55 € nebst Zinsen. Der Beklagte hat Widerklage in Höhe von 2.327,05 € erhoben. Diese Forderung setzt sich aus den gezahlten Beträgen auf die Kostenausgleichsvereinbarungen von 1.002,96 € sowie aus dem Rückkaufswert von 1.324,09 € zusammen.
Das Amtsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 3.284,55 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins seit dem 28. Dezember 2012 sowie vorprozessuale Anwaltskosten von 302,10 € zu zahlen. Die Widerklage hat es abgewiesen. Die Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision beantragt er, das Urteil des Landgerichts teilweise aufzuheben, das Urteil des Amtsgerichts teilweise abzuändern, die Klage abzuweisen sowie die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 1.324,09 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Revision ist überwiegend begründet.
I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist eine gesonderte Kostenausgleichsvereinbarung zulässig und wirksam. Insbesondere verstoße sie nicht gegen § 169 Abs. 5 Satz 2 VVG und stelle keine unzulässige Umgehung dar. Ferner genügten die geschlossenen Vereinbarungen den Anforderungen an das Vorliegen eines gesonderten Vertragsschlusses sowie hinreichender Transparenz. Die Kostenausgleichsvereinbarungen verstießen ferner nicht gegen §§ 307 ff. BGB. Insbesondere stelle der Ausschluss der Kündigungsmöglichkeit des Versicherungsnehmers keine unangemessene Benachteiligung dar. Der Beklagte habe die Kostenausgleichsvereinbarungen auch nicht wirksam widerrufen können. Sowohl der Widerruf in der Klageerwiderung als auch die möglicherweise als Widerruf auszulegende Kündigung mit Schreiben vom 29. August 2012 sei nicht fristgerecht erfolgt. Die Widerrufsbelehrungen genügten den Anforderungen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 VVG. Daher sei die Widerklage unbegründet.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand.
1. Wie der Senat bereits in seinen - vergleichbare Sachverhalte betreffenden - Urteilen vom 12. März 2014 entschieden und im Einzelnen begründet hat, verstoßen die Kostenausgleichsvereinbarungen nicht gegen § 169 Abs. 5 Satz 2, § 171 Satz 1 VVG (IV ZR 295/13, VersR 2014, 567 Rn. 14-22; IV ZR 255/13, juris Rn. 12-20). Auch eine Unwirksamkeit wegen fehlender Transparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kommt nicht in Betracht. Dem Versicherungsnehmer wird unmissverständlich vor Augen geführt, dass er die Kostenausgleichsvereinbarungen nicht kündigen kann und nur der Widerruf seiner Vertragserklärungen zu deren Beendigung führt, nicht dagegen eine Kündigung des Versicherungsvertrages oder der Kostenausgleichsvereinbarungen selbst (vgl. Senatsurteil vom 12. März 2014 - IV ZR 295/13 aaO Rn. 23-25).
2. Dem Beklagten stand allerdings das Recht zu, die Kostenausgleichsvereinbarungen zu kündigen, da die vertraglich festgelegte Unabhängigkeit der Kostenausgleichsvereinbarung von einer Auflösung oder Aufhebung des Versicherungsvertrages sowie der ausdrückliche Ausschluss des Kündigungsrechts in der vorgedruckten Formulierung im Antragsformular wegen unangemessener Benachteiligung des Versicherungsnehmers gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB unwirksam sind (Senatsurteil vom 12. März 2014 - IV ZR 295/13, VersR 2014, 567 Rn. 26-35; IV ZR 255/14, juris Rn. 21-30).
Hieran hält der Senat auch in Anbetracht des weiteren Vorbringens der Klägerin fest. Die unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers liegt gerade darin begründet, dass sein Kündigungsrecht für die Kostenausgleichsvereinbarung für den Fall der Auflösung oder Aufhebung des Versicherungsvertrages ausgeschlossen werden soll. Wie im Fall eines Versicherungsnehmers zu entscheiden wäre, der - anders als in sämtlichen bisher dem Senat vorliegenden Fallgestaltungen - nicht ratierlich, sondern in einem Betrag sofort bei Vertragsschluss zahlt, muss hier nicht entschieden werden. Die Unwirksamkeit des Kündigungsausschlusses führt dazu, dass dem Versicherer nach erklärter Kündigung keine Zahlungsansprüche aus der Kostenausgleichsvereinbarung für die Zukunft mehr zustehen, nicht dagegen zur sofortigen Fälligkeit sämtlicher Abschluss- und Einrichtungskosten.
Hieraus folgt, dass der Beklagte die Kostenausgleichsvereinbarungen mit Schreiben vom 29. August 2012, der Klägerin zugegangen am 4. September 2012, wirksam gekündigt hat. Die Klägerin kann daher nur Zahlung bis einschließlich September 2012 verlangen. Da der Beklagte Zahlungen bis Juli 2012 geleistet hat, steht ihr lediglich ein Anspruch auf restliche Zahlung von 198,24 € zu. Infolge der von der Klägerin durchgeführten Verrechnung mit dem Rückkaufswert der Versicherung in Höhe von 1.324,09 € folgt hieraus, dass die Klage abzuweisen und die Klägerin auf die Widerklage unter Abweisung des weitergehenden Klagantrags zu verurteilen ist, an den Beklagten 1.125,85 € nebst Zinsen zu zahlen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
Mayen Harsdorf-Gebhardt Dr. Karczewski
Lehmann Dr. Brockmöller