Entscheidungsdatum: 16.05.2019
1. In einem Strafverfahren beschlagnahmte Gegenstände sind auch gegenüber nicht beschuldigten (unbeteiligten) Dritten in entsprechender Anwendung von § 697 BGB an dem Ort zurückzugeben, an welchem sie aufzubewahren waren. Die verwahrende Justizbehörde ist nicht verpflichtet, die Sachen an den Beschlagnahmeort oder den Wohnsitz des Berechtigten zurückzubringen (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom 3. Februar 2005 - III ZR 271/04, NJW 2005, 988).
2. Der von der Beschlagnahme betroffene Dritte ist für Fahrtkosten und sonstige notwendige Aufwendungen, die ihm im Zusammenhang mit der Abholung der Gegenstände entstehen, nach Maßgabe von § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG zu entschädigen.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 11. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 21. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszugs zu tragen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin nimmt das beklagte Land auf Schadensersatz im Zusammenhang mit der Herausgabe beschlagnahmter Gegenstände in Anspruch.
Im Rahmen eines strafprozessualen Ermittlungsverfahrens, das die Staatsanwaltschaft K. seit 2013 gegen den Ehemann der Klägerin führte, wurden der Klägerin gehörende Sachen (zwei Aktenordner, eine Armbanduhr, ein Feuerzeug) bei einem Lagerunternehmen und in einem Bankschließfach auf der Insel S. beschlagnahmt und zur Polizeidirektion F. verbracht. Nach Freigabe der beschlagnahmten Gegenstände durch die Staatsanwaltschaft holte die auf S. wohnhafte Klägerin die beschlagnahmten Gegenstände im April/Mai 2016 bei der Polizeidirektion F. ab. Zuvor hatte sie die Staatsanwaltschaft vergeblich zur Verbringung der Gegenstände nach S. aufgefordert.
Mit der Klage begehrt die Klägerin die Erstattung von Fahrtkosten in Höhe von 152,40 € nebst vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Zinsen. Sie macht geltend, das beklagte Land habe die Pflicht gehabt, die Gegenstände nach S. zurückzubringen, da sie, die Klägerin, nicht Beschuldigte des Strafverfahrens gewesen sei. Von ihr die Abholung der Gegenstände in F. zu verlangen, habe gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Die Polizei transportiere regelmäßig dienstlich Gegenstände nach S. .
Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und das beklagte Land zur Zahlung von 142 € nebst vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Zinsen verurteilt. Auf die vom Landgericht zugelassene Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in NStZ-RR 2018, 96 veröffentlicht ist, hat im Wesentlichen ausgeführt:
Der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch weder in entsprechender Anwendung von § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit §§ 688, 697 BGB noch aus Amtshaftung (§ 839 BGB, Art. 34 GG) zu. Indem die Staatsanwaltschaft den Rücktransport der beschlagnahmten Gegenstände zum Wohnort der Klägerin abgelehnt habe, habe sie keine Pflichtverletzung begangen.
Zwar habe auf Grund der strafprozessualen Beschlagnahme ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis zwischen den Parteien bestanden, auf das die zivilrechtlichen Vorschriften über die Verwahrung entsprechend anwendbar seien. Danach sei das beklagte Land nach Freigabe der Gegenstände zu deren Rückgabe verpflichtet gewesen. Dieser Pflicht sei es durch Herausgabe der Gegenstände in F. jedoch nachgekommen. Eine Verpflichtung, diese nach S. zu bringen, habe nicht bestanden. Denn § 697 BGB bestimme ausdrücklich, dass hinterlegte Sachen an dem Aufbewahrungsort herauszugeben seien. Der Verwahrer sei nicht verpflichtet, die Sache dem Hinterleger zu bringen. Dies gelte auch für beschlagnahmte Gegenstände (Hinweis auf Senat, Urteil vom 3. Februar 2005 - III ZR 271/04, NJW 2005, 988, 989).
Etwas Anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Klägerin selbst nicht Beschuldigte des Strafverfahrens gewesen sei. Dadurch habe sich die Holschuld nicht zur Bringschuld gewandelt. § 697 BGB sei nach seinem Wortlaut eindeutig und würde durch eine Einzelfallabwägung obsolet. Die Vorschrift verstoße auch gegenüber unverdächtigen Dritten nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, zumal bei Annahme eines vom Aufbewahrungsort abweichenden Rückgabeorts erhebliche praktische Probleme aufträten.
Auch wenn nicht beschuldigte Dritte keine Ansprüche nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) geltend machen könnten, bedeute dies nicht, dass sie die Folgen einer Beschlagnahme grundsätzlich entschädigungslos hinnehmen müssten. Denn § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) sehe vor, in Anspruch genommene Dritte insbesondere für Fahrtkosten gemäß §§ 5, 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG zu entschädigen. Die Vorschrift setze zwar nach ihrem Wortlaut die Herausgabe von zu verwahrenden Gegenständen, also eine aktive Übergabe, voraus. Sie sei aber jedenfalls dann entsprechend anwendbar, wenn - wie im vorliegenden Fall - Duldungspflichten im Rahmen einer strafprozessualen Beschlagnahme bestünden (Hinweis auf OLG Celle, Beschluss vom 19. April 1995 - OJs 58/91, juris Rn. 10). Über einen solchen Anspruch sei allerdings in einem gesonderten Festsetzungsverfahren nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 JVEG zu entscheiden.
Da die Staatsanwaltschaft keine Pflichtverletzung begangen habe, scheide auch ein Anspruch aus Amtshaftung aus. Ansprüche aus enteignungsgleichem oder enteignendem Eingriff scheiterten daran, dass es an einem Sonderopfer der Klägerin für die Allgemeinheit fehle und darüber hinaus gesetzliche Entschädigungsregeln vorhanden seien.
II.
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, dass in einem Strafverfahren beschlagnahmte Gegenstände auch gegenüber nicht beschuldigten Dritten in entsprechender Anwendung von § 697 BGB an dem Ort zurückzugeben sind, an welchem sie aufzubewahren waren. Die verwahrende Justizbehörde ist nicht verpflichtet, die Sachen an den Beschlagnahmeort oder den Wohnsitz des Berechtigten zurückzubringen. Es fehlt somit an einer Pflichtverletzung des Beklagten gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB beziehungsweise einer Amtspflichtverletzung im Sinne von § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG.
a) Durch die gemäß § 94 Abs. 2 StPO vollzogene Beschlagnahme der der Klägerin gehörenden Gegenstände ist daran amtlicher Gewahrsam der Staatsanwaltschaft begründet worden (vgl. MüKoStPO/Hauschild, § 94 Rn. 47). Dies hatte zur Folge, dass zwischen den Parteien ein öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis entstand. Dabei handelt es sich um ein verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis, das dadurch zustande kommt, dass ein Verwaltungsträger (hier: die Staatsanwaltschaft) bei Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben fremde bewegliche Sachen in Besitz nimmt und den Berechtigten (hier: die Klägerin) von Einwirkungen ausschließt, insbesondere an eigenen Sicherungs- und Obhutsmaßnahmen hindert. Anders als im Privatrecht entsteht das Rechtsverhältnis bei Eintritt dieses Tatbestands, ohne dass es eines Vertrags bedarf. An die Stelle der Willenseinigung Privater treten öffentlich-rechtliche Maßnahmen. Auf das öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis sind die bürgerlich-rechtlichen Verwahrungsvorschriften der §§ 688 ff BGB sowie die für Leistungsstörungen bestehenden Bestimmungen (§§ 280 ff BGB) entsprechend anzuwenden. Der Verwaltungsträger hat daher für schuldhafte Pflichtverletzungen - auch seiner Erfüllungsgehilfen - gemäß § 280 Abs. 1 in Verbindung mit §§ 276, 278 BGB einzustehen, wobei ihm im Gegensatz zur Amtshaftung die Beweislast für fehlendes Verschulden (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB) obliegt (st.Rspr.; vgl. nur Senat, Urteile vom 13. März 1952 - III ZR 61/50, NJW 1952, 931; vom 21. November 1974 - III ZR 128/72, MDR 1975, 213 und vom 5. Oktober 1989 - III ZR 126/88, NJW 1990, 1230 f; BGH, Urteil vom 18. Februar 2014 - VI ZR 383/12, BGHZ 200, 188 Rn. 13 f; siehe auch BeckOGK/Schlinker, BGB, § 688 Rn. 87, 88 [Stand: 1. Februar 2019]; MüKoBGB/Henssler, 7. Aufl., § 688 Rn. 59 ff, 63; Palandt/Sprau, BGB, 78. Aufl., § 688 Rn. 12; jeweils mwN).
b) Die Aufhebung der Beschlagnahme ist geboten, sobald die beschlagnahmten Gegenstände - wie das hier der Fall war - nicht mehr für Zwecke des Strafverfahrens benötigt werden (Senat, Urteil vom 9. November 1978 - III ZR 116/77, BGHZ 72, 302, 304; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 98 Rn. 30; Menges in Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 98 Rn. 57). Nach Aufhebung der Beschlagnahme sind die Gegenstände grundsätzlich an den letzten Gewahrsamsinhaber herauszugeben, wenn eine Herausgabe an den Verletzten, dem sie durch die Straftat entzogen worden sind, nicht in Betracht kommt und Ansprüche Dritter nicht entgegenstehen (vgl. Nr. 75 Abs. 1 bis 3 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren [RiStBV]; § 111k StPO in der bis zum 30. Juni 2017 geltenden Fassung; § 111n StPO in der seit dem 1. Juli 2017 geltenden Fassung). Die regelmäßige Rückgabe an den letzten Gewahrsamsinhaber nach dem Ende einer förmlichen Beschlagnahme zu Beweiszwecken stellt eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Strafverfolgungsbehörden dar, die aus dem Restitutionsgedanken folgt. Denn die Aufhebung der Beschlagnahme und die Herausgabe der betroffenen Gegenstände sind dazu bestimmt, den ursprünglichen oder rechtmäßigen Zustand, in den durch die Beschlagnahme eingegriffen wurde, wiederherzustellen (Senat, Urteil vom 9. November 1978 aaO; BGH, Urteil vom 14. November 2014 - V ZR 90/13, NJW 2015, 1238 Rn. 8).
c) Nach der Rechtsprechung des Senats ist die "Rückabwicklung" der in einem Strafverfahren erfolgten Beschlagnahme dergestalt vorzunehmen, dass die beschlagnahmte Sache in entsprechender Anwendung von § 697 BGB an dem Ort zurückzugeben ist, an welchem sie aufzubewahren war. Die zuständigen Justizbehörden sind nicht verpflichtet, die Sache dem Berechtigten an dessen Wohnsitz zu bringen. Die Rückgabepflicht ist Holschuld und nicht Bringschuld (Senat, Urteil vom 3. Februar 2005 - III ZR 271/04, NJW 2005, 988). Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass die Sache nicht auf Grund eines vertraglichen Einverständnisses des Hinterlegers, sondern - oftmals gegen dessen Willen - durch den hoheitlichen Zugriff der Strafverfolgungsbehörden in die öffentlich-rechtliche Verwahrung überführt worden ist (so insbesondere Hoffmann/Knierim, NStZ 2000, 461, 462 f; ähnlich Damrau, NStZ 2003, 408, 410). Dieser Gesichtspunkt ist für die Festlegung des Leistungsorts hinsichtlich der Herausgabe nach Beendigung des Verwahrungsverhältnisses ohne wesentliche Bedeutung. Denn die Rechtmäßigkeit des hoheitlichen Zugriffs begründet eine sachliche Rechtfertigung für das öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis, die in ihrem Gewicht dem vertraglichen Konsens bei einem privatrechtlichen Verwahrungsvertrag mindestens gleichkommt (Senat aaO S. 989 = juris Rn. 9). Der ursprünglich rechtmäßige Zustand wird auch nicht dadurch nachträglich rechtswidrig, dass die Beschlagnahme endet und die Staatsanwaltschaft die Sache zur Abholung bereitstellt (Senat aaO Rn. 10). Rechtmäßiges behördliches Handeln löst aber weder einen Folgenbeseitigungsanspruch aus (Senat aaO), noch begründet es eine anderweitige Verpflichtung der Behörde, das rechtmäßig Beschlagnahmte auf Kosten des öffentlichen Haushalts zum Berechtigten zu transportieren (BeckOGK/Schlinker aaO § 697 Rn. 5). Es ist deshalb gerechtfertigt, die gesetzlichen Regelungen für die Abwicklung eines beendeten Verwahrungsverhältnisses, zu denen § 697 BGB gehört, bei der Beendigung einer Beschlagnahme nach § 94 Abs. 2 StPO entsprechend heranzuziehen (Senat aaO Rn. 9).
Dem ist das Schrifttum überwiegend gefolgt (vgl. nur BeckOGK/Dörr, BGB, § 839 Rn. 1066 [Stand: 1. März 2019]; BeckOGK/Schlinker aaO § 697 Rn. 5 [Stand: 1. Februar 2019]; Erman/Zetzsche, BGB, 15. Aufl., § 697 Rn. 4; Jülich in Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 8. Aufl., § 697 Rn. 6; KK-StPO/Spilleke, 7. Aufl., § 111k Rn. 1; Köhler in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 111n Rn. 4; NK-BGB/Klingelhöfer, 3. Aufl., § 697 Rn. 1; PWW/Fehrenbacher, BGB, 13. Aufl., § 697 Rn. 1; Burghart in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StPO, 3. Aufl., § 111n Rn. 7; Soergel/Schur, BGB, 13. Aufl., § 697 Rn. 2; Staudinger/Reuter, BGB, Neubearbeitung 2015, § 697 Rn. 5; bereits zuvor im Sinne der Senatsrechtsprechung Schäfer, wistra 1984, 136, 137 und Flore/Schwedtmann, PStR 2000, 28, 31; differenzierend gegenüber Nichtbeschuldigten Johann in Löwe-Rosenberg aaO § 111k Rn. 17; MüKoBGB/Henssler aaO § 697 Rn. 3; Kemper, NJW 2005, 3679, 3681 f; ablehnend Menges in Löwe-Rosenberg aaO § 98 Rn. 64; SK-StPO/Wohlers/Greco, 5. Aufl., § 98 Rn. 60 jeweils unter Bezugnahme auf Damrau, NStZ 2003, 408, 410 und Hoffmann/Knierim, NStZ 2000, 461, 462).
d) Die Senatsrechtsprechung bedarf - insbesondere im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. Nr. 73a Satz 1 RiStBV) - keiner Einschränkung in den Fällen, in denen Sachen eines nicht beschuldigten Dritten beschlagnahmt wurden. Es trifft zwar zu, dass das Urteil vom 3. Februar 2005 die Beschlagnahme von Gegenständen des Beschuldigten zum Gegenstand hatte, gegen den das Verfahren später gemäß § 153a Abs. 2 StPO endgültig eingestellt wurde. Die Regelung des § 697 BGB ist jedoch auch dann entsprechend anzuwenden, wenn - wie im vorliegenden Fall - im Gewahrsam eines nicht beschuldigten (unbeteiligten) Dritten befindliche Gegenstände rechtmäßig beschlagnahmt wurden, wobei der Betroffene gegebenenfalls in entsprechender Anwendung von § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG für Fahrtkosten und sonstige notwendige Aufwendungen, die ihm im Zusammenhang mit der Abholung der Gegenstände entstehen, zu entschädigen ist.
aa) Nach den unter c) dargestellten Grundsätzen endete der hoheitliche Gewahrsam an den beschlagnahmten Sachen der Klägerin nicht mit der Aufhebung der Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft. Durch die Freigabe der Gegenstände entstand auch kein rechtswidriger Zustand. Vielmehr dauerte das öffentlich-rechtliche Verwahrungsverhältnis bis zur Herausgabe fort (vgl. Hanseatisches OLG, MDR 1974, 510). Die Staatsanwaltschaft war deshalb auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Folgenbeseitigung verpflichtet, die freigegebenen Sachen der Klägerin an deren Wohnsitz zu verbringen. Denn die Entstehung eines Folgenbeseitigungsanspruchs setzt voraus, dass durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein rechtswidriger Zustand geschaffen worden ist, der noch andauert (Senat, Urteil vom 3. Februar 2005 aaO S. 989 = juris Rn. 10; BVerwGE 140, 34, 37 Rn. 18 mwN).
Wurde aber durch eine auf § 94 Abs. 2 StPO gestützte Beschlagnahme ein rechtmäßiges öffentlich-rechtliches Verwahrungsverhältnis begründet, auf das die §§ 688 ff BGB entsprechend anwendbar sind, ist es nicht gerechtfertigt, die Behörde abweichend von § 697 BGB zu verpflichten, die beschlagnahmte Sache auf Staatskosten zum Berechtigten zu transportieren. Gegenüber einem nicht beschuldigten Dritten stellt die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme ebenfalls eine hinreichende sachliche Rechtfertigung für die Anwendung der Rückgaberegelung des § 697 BGB dar (vgl. BeckOGK/Schlinker aaO Rn. 5).
bb) Etwas Anderes folgt auch nicht aus den von der Revision zu Art. 14 Abs. 1 GG angestellten verfassungsrechtlichen Erwägungen.
(1) Der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Anspruch des betroffenen Grundstückseigentümers auf Rückübereignung des enteigneten Objekts lässt sich zu den Modalitäten der Rückgabe beschlagnahmter Gegenstände nichts entnehmen. Daraus ergibt sich lediglich, dass der Enteignete auf Grund der Garantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG die Rückübereignung des Grundstücks fordern kann, wenn die öffentliche Aufgabe, der die Enteignung dienen soll, nicht ausgeführt oder das enteignete Grundstück hierzu nicht benötigt wird und somit die aus Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG herzuleitende Legitimation für den Zugriff auf das Privateigentum und der Rechtsgrund für den Eigentumserwerb durch die öffentliche Hand entfallen (BVerfGE 38, 175, 181; 97, 89, 97). Dass die Klägerin im vorliegenden Fall einen Anspruch auf Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände hatte, nachdem diese zu Beweiszwecken im Strafverfahren nicht mehr benötigt wurden, ist indes nicht streitig.
(2) Auch der von der Revision angeführte, aus der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) abgeleitete Restitutionsgedanke zwingt nicht dazu, eine Bringschuld der Behörde anzunehmen. Danach ist der Zustand wiederherzustellen, der vor der Beschlagnahme bestanden hat (vgl. Senat, Urteil vom 9. November 1978 - III ZR 116/77, BGHZ 72, 302, 304; BGH, Urteil vom 14. November 2014 - V ZR 90/13, NJW 2015, 1238 Rn. 8). Dies besagt aber nur, dass die beschlagnahmte Sache regelmäßig an den letzten Gewahrsamsinhaber "herauszugeben" ist (vgl. Nr. 75 Abs. 2 RiStBV, § 111n Abs. 1 StPO nF). Eine Aussage darüber, an welchem Ort dies zu geschehen hat, ist damit nicht verbunden. Soweit die Revision meint, dass sich der Rückgabeort jedenfalls bei Beschlagnahme von Sachen Nichtbeschuldigter nach dem zu § 269 Abs. 1 BGB entwickelten Grundsatz bestimme, dass eine Verpflichtung zur Naturalrestitution nach der Natur des Schuldverhältnisses grundsätzlich am Ort des (schädigenden) Eingriffs zu erfüllen sei, berücksichtigt sie nicht, dass es sich hierbei um Fälle handelt, in denen auf Grund eines Schadensersatzanspruchs eine Verpflichtung zur Naturalrestitution am Ort der Schädigung nach § 249 Abs. 1 BGB besteht (vgl. Senat, Urteil vom 14. Februar 1952 - III ZR 126/51, BGHZ 5, 138, 143; Palandt/Grüneberg aaO § 269 Rn. 12). Demgegenüber stellt der Vollzug einer rechtmäßigen Beschlagnahmeanordnung kein zum Schadensersatz verpflichtendes Ereignis dar, das die Anknüpfung an den Beschlagnahmeort oder den Wohnsitz des Betroffenen als maßgeblichen Leistungsort rechtfertigt.
(3) Schließlich macht es auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht erforderlich, gegenüber nicht beschuldigten Dritten, die keinen Anlass zur Beschlagnahme gegeben haben, abweichend von den zivilrechtlichen Grundsätzen eine Rückgabeverpflichtung der Strafverfolgungsbehörden am Beschlagnahmeort beziehungsweise am Wohnsitz des Betroffenen zu bejahen (so aber Kemper aaO und ihm folgend MüKoBGB/Henssler aaO und Johann in Löwe-Rosenberg aaO).
(a) Es trifft zwar zu, dass die Duldungspflichten Dritter, die nur zufällig von einer strafprozessualen Maßnahme betroffen werden, geringer sind als die des Verdächtigen oder Beschuldigten (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt aaO § 103 Rn. 1). Auch stellt die mit der Beschlagnahme von Gegenständen verbundene fortdauernde Besitzentziehung einen Eingriff in das Eigentumsrecht des Betroffenen aus Art. 14 Abs. 1 GG dar, dem durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Grenzen gesetzt werden (vgl. BVerfG, NJW 2009, 281, 282; siehe auch Nr. 73a Satz 1 RiStBV). Der Gesetzgeber hat dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei der Inanspruchnahme Dritter jedoch dadurch Rechnung getragen, dass diese, wenn sie auf Grund eines Beweiszwecken dienenden Ersuchens der Strafverfolgungsbehörden Gegenstände herausgeben, gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG wie Zeugen zu entschädigen sind. Danach kommt vor allem der Ersatz von Fahrtkosten und sonstigen notwendigen Aufwendungen in Betracht (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 i.V.m. §§ 5, 7 JVEG). Bei § 23 JVEG handelt sich um eine Sonderregelung, die denjenigen in den Kreis der nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz Entschädigungsberechtigen einbezieht, der zwar weder Zeuge noch Sachverständiger ist, jedoch freiwillig oder zwangsweise durch die Herausgabe von Gegenständen oder die Erteilung von Auskünften Leistungen für ein Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren erbringt. Bezweckt werden eine Vereinheitlichung und Vereinfachung der Entschädigung für Leistungen, die der Staatsbürger grundsätzlich unentgeltlich erbringen muss, die aber nach Art und Umfang im Einzelfall zu unzumutbaren finanziellen Belastungen führen können (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl., § 23 JVEG Rn. 1 f; siehe auch OLG Celle, Beschluss vom 19. April 1995 - OJs 58/91, juris Rn. 10 zu der Ersuchen der Strafverfolgungsbehörde betreffenden inhaltsgleichen Vorgängerbestimmung des § 17a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen - ZSEG).
(b) Die Entschädigungspflicht nach § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG erfasst zwar unmittelbar nur die freiwillige Herausgabe von Gegenständen (§ 95 Abs. 1 StPO). Der Senat teilt jedoch die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die Entschädigungsregelung entsprechend anzuwenden ist, wenn Nichtbeteiligte, die von Maßnahmen der Durchsuchung und Beschlagnahme betroffen werden, die Gegenstände nicht freiwillig herausgeben und es deshalb der Beschlagnahme nach § 94 Abs. 2 StPO bedarf. Denn die Sach- und Interessenlage entspricht auch in einem solchen Fall dem Normzweck des § 23 Abs. 2 JVEG. Auch wenn der gesetzlichen Regelung ein eng auszulegender Ausnahmecharakter zukommt, drängt sich ihre entsprechende Anwendung bei der Inanspruchnahme Nichtbeteiligter für strafprozessuale Beweiszwecke auf (OLG Celle aaO Rn. 9 ff; Menges in Löwe-Rosenberg aaO § 95 Rn. 31). Es begegnet deshalb auch unter Verhältnismäßigkeitserwägungen keinen rechtlichen Bedenken, dem nicht beschuldigten Dritten zuzumuten, die beschlagnahmten Gegenstände nach deren Freigabe am Aufbewahrungsort abzuholen oder abholen zu lassen und die dabei anfallenden Fahrtkosten und sonstigen notwendigen Aufwendungen im Verfahren nach § 4 Abs. 1 in Verbindung mit § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG geltend zu machen.
So liegt es auch hier. Die Klägerin war in dem gegen ihren Ehemann geführten Ermittlungsverfahren Unbeteiligte. Sie musste die Beschlagnahme ihrer Sachen dulden, um der Staatsanwaltschaft die Suche nach Beweismitteln zu ermöglichen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie die ihr zur Wiedererlangung der beschlagnahmten Gegenstände entstandenen Kosten entschädigungslos hinzunehmen hatte, auch wenn nicht beschuldigte Dritte Ansprüche nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen nicht geltend machen können (Meyer-Goßner/Schmitt aaO Vorbem. zu § 1 StrEG Rn. 2). Vielmehr konnte sie die Aufwendungen, die zur Wiedererlangung der Gegenstände erforderlich waren, im Verfahren nach § 4 Abs. 1 JVEG auf direktem Weg, das heißt ohne einen Schadensersatz- oder Amtshaftungsprozess führen zu müssen, erstattet verlangen. Über die dabei zu beachtende Drei-Monatsfrist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 JVEG) und den Fristbeginn (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG) war sie gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 JVEG zu belehren. Dazu, ob dies ordnungsgemäß geschehen ist, musste das Berufungsgericht keine Feststellungen treffen. Denn die Klägerin stützt ihre Klageforderung allein auf die unterbliebene Verbringung der von der Staatsanwaltschaft freigegebenen Gegenstände an ihren Wohnsitz. Insoweit liegt jedoch - wie ausgeführt - kein pflichtwidriges Verhalten der Strafverfolgungsbehörden vor.
2. Zutreffend und von der Revision nicht angegriffen hat das Berufungsgericht auch einen Anspruch aus enteignendem Eingriff verneint. Ein die Klägerin aus dem Kreis der Allgemeinheit signifikant heraushebendes, anderen nicht zugemutetes Sonderopfer wurde ihr nicht abverlangt (vgl. hierzu z.B. Senat, Urteile vom 14. März 2013 - III ZR 253/12, BGHZ 197, 43 Rn. 8 und vom 15. Dezember 2016 - III ZR 387/14, BGHZ 213, 200 Rn. 25; BeckOGK/Dörr aaO § 839 Rn. 1238 ff; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl., S. 344 f). Den Aufwand, den sie hatte, um die Gegenstände nach Aufhebung der Beschlagnahme bei der Polizeibehörde abzuholen, musste sie gemäß § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit §§ 5, 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG nicht entschädigungslos hinnehmen. Ein Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff scheidet schon deshalb aus, weil die Staatsanwaltschaft rechtmäßig gehandelt hat.
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