Entscheidungsdatum: 15.12.2016
1. Die im Zusammenhang mit der Überprüfung von im Ermittlungsverfahren getroffenen staatsanwaltschaftlichen beziehungsweise richterlichen Maßnahmen, bei denen ein Beurteilungsspielraum des Entscheidungsträgers besteht, entwickelten Grundsätze zur Vertretbarkeit der Maßnahme gelten auch für die Beurteilung von Ansprüchen aus enteignungsgleichem Eingriff. Ist eine solche Ermittlungshandlung vertretbar, entfällt die Rechtswidrigkeit des Eingriffs als Voraussetzung einer Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff (Bestätigung des Senatsurteils vom 15. Mai 1997, III ZR 46/96, VersR 1997, 1363)
2. Bei Geltendmachung eines Anspruchs aus enteignendem Eingriff ist das Vorliegen eines Sonderopfers der von der Beschlagnahme eines Presseerzeugnisses betroffenen Kapitalgesellschaft regelmäßig zu verneinen, wenn das Eingreifen der Strafverfolgungsbehörden durch ein bewusst riskantes Verhalten eines Gesellschaftsorgans veranlasst worden ist (Bestätigung und Fortführung der Senatsurteile vom 14. Februar 1952, III ZR 233/51, BGHZ 5, 144 und vom 14. März 2013, III ZR 253/12, BGHZ 197, 43).
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Oberlandesgerichts München - 1. Zivilsenat - vom 27. November 2014 insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist, und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Grundurteil des Landgerichts München I - 15. Zivilkammer - vom 23. Januar 2013 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits aller Instanzen zu tragen.
Von Rechts wegen
Der Kläger, der geschäftsführender Gesellschafter der in London ansässigen A. Ltd. ist, macht gegen den beklagten Freistaat aus eigenem und abgetretenem Recht Ersatzansprüche in Höhe von 2.634.677,52 € im Zusammenhang mit der Beschlagnahme von Presseerzeugnissen geltend.
Die A. Ltd. vertrieb in Deutschland ab Januar 2009 das wöchentlich erscheinende Journal "Zeitungszeugen", dessen Herausgeber der Kläger ist und das sich mit der Zeit des Nationalsozialismus und der damaligen Presselandschaft befasste. Den einzelnen Ausgaben waren jeweils zwei bis drei Faksimilenachdrucke von Zeitungen eines ausgewählten Tages beigelegt. Diese Nachdrucke waren in einen vierseitigen Zeitungsmantel eingelegt, der (kurze) historische Abhandlungen zu den jeweiligen Zeitungsausgaben enthielt. Zum Teil wurden auch großformatige NS-Propaganda-Plakate beigefügt.
Auf Grund einer Strafanzeige des Beklagten leitete die Staatsanwaltschaft M. am 23. Januar 2009 ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB) und Verstößen gegen das Urheberrecht (§§ 106, 109 UrhG) ein und beantragte beim Amtsgericht M. den Erlass eines Beschlagnahmebeschlusses. Dieser wurde noch am selben Tag erlassen, wobei die Beschlagnahme auf die Beilagen "Völkischer Beobachter" vom 1. März 1933 und das NS-Propagandaplakat "Der Reichstag in Flammen" beschränkt wurde. In der Folgezeit wurden bundesweit circa 12.000 vollständige Exemplare der Ausgabe 2/2009 des Journals beschlagnahmt.
Auf die Beschwerde des Klägers hob das Landgericht M. - Staatsschutzkammer - mit Beschluss vom 17. April 2009 die Beschlagnahmeanordnung auf, da die durchgeführten Ermittlungen keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte im Sinne eines Anfangsverdachts für ein strafbares Verhalten des Klägers ergeben hätten. Ein etwaiges Urheberrecht des Beklagten sei längstens nach 70 Jahren ab dem Erscheinen der Ausgabe des "Völkischen Beobachters" vom 1. März 1933 abgelaufen. Es bestehe auch kein Verdacht, dass Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (Hakenkreuze) in strafbarer Weise verwendet oder verbreitet worden seien. Jedenfalls könne sich der Kläger auf die Sozialadäquanzklausel des § 86 Abs. 3 StGB berufen, da er nach den bisherigen Erkenntnissen mit der Publikation das Ziel staatsbürgerlicher Aufklärung verfolge.
Das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wurde in der Folgezeit gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Sodann stellte das Amtsgericht M. fest, dass der Kläger für den durch die Beschlagnahme in dem Zeitraum vom 23. Januar 2009 bis zum 17. April 2009 erlittenen Vermögensschaden dem Grunde nach aus der Staatskasse zu entschädigen sei. Die Generalstaatsanwaltschaft M. sprach dem Kläger eine Entschädigung von 28.744,97 € zu. Nach Aufhebung dieses Bescheids ein knappes Jahr später forderte die Generalstaatsanwaltschaft den bereits gezahlten Entschädigungsbetrag (erfolglos) zurück. Die Rückforderung wurde später auf 27.290,19 € beschränkt.
Das Landgericht hat dem Kläger - gestützt auf einen an ihn abgetretenen Anspruch der A. Ltd. aus enteignendem Eingriff - eine Entschädigung dem Grunde nach zugesprochen. Die dagegen gerichteten Berufungen des Klägers und des Beklagten waren erfolglos. Das Oberlandesgericht hat lediglich den Tenor des erstinstanzlichen Urteils dahingehend abgeändert, dass die dem Kläger dem Grunde nach zugesprochene Entschädigung auf enteignungsgleichem Eingriff aus abgetretenem Recht der A. Ltd. beruhe. Im Übrigen hat es die Klage hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) sowie aus Amtspflichtverletzung, Aufopferung und enteignendem Eingriff abgewiesen. Mit seiner vom erkennenden Senat zugelassenen Revision möchte der Beklagte die vollständige Abweisung der Klage erreichen. Die gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil gerichtete Beschwerde des Klägers hat der Senat zurückgewiesen.
Die zulässige Revision des Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist, und auf seine Berufung zur Abweisung der Entschädigungsklage.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, Ansprüche des Klägers nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen bestünden nicht, da er nicht Eigentümer der beschlagnahmten Zeitschriften gewesen sei und die Voraussetzungen für die Zurechnung eines etwaigen Schadens der A. Ltd. nicht vorlägen. Insofern seien auch keine Ansprüche aus abgetretenem Recht gegeben, da die A. Ltd. als juristische Person und Nicht-Begünstigte der Grundentscheidung keine Ansprüche nach dem StrEG geltend machen könne. Ansprüche aus Amtshaftung scheiterten daran, dass weder die Staatsanwaltschaft noch der Ermittlungsrichter amtspflichtwidrig gehandelt hätten. Die Beantragung und der Erlass des Beschlagnahmebeschlusses seien - bezogen auf den damaligen Ermittlungsstand - vertretbar gewesen. Auf Grund der äußerst komplexen Sach- und Rechtslage hätten die Staatsanwaltschaft und der Ermittlungsrichter zum Zeitpunkt der Beantragung und des Erlasses der Beschlagnahmeanordnung von der Verletzung eines dem Beklagten zustehenden Urheberrechts an den mit den Beilagen veröffentlichten Zeitungen ausgehen dürfen. Vor dem Hintergrund des bestehenden Beurteilungsspielraums sei der den Beschlagnahmebeschluss tragende Tatverdacht im Sinne des § 86a StGB, die Zeitschrift "Zeitungszeugen" werde (auch) als Sprachrohr der NS-Ideologie eingesetzt, um gezielt Kunden aus dem rechtsextremen politischen Spektrum anzusprechen, weder unverständlich noch unvertretbar. Ansprüche aus Aufopferung seien zu verneinen, weil das Grundrecht auf Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) mit den Schutzgütern des Art. 2 GG (Leben, Freiheit, körperliche Unversehrtheit), auf die sich der allgemeine Aufopferungsanspruch beziehe, nicht vergleichbar sei.
Das Berufungsgericht hat jedoch einen an den Kläger abgetretenen Entschädigungsanspruch der A. Ltd. aus enteignungsgleichem Eingriff bejaht. Der Beschlagnahmebeschluss vom 23. Januar 2009 stelle eine rechtswidrige Maßnahme im Sinne des enteignungsgleichen Eingriffs dar; hierin liege kein Widerspruch dazu, dass die Vertretbarkeit der Maßnahme bejaht und damit die Rechtswidrigkeit derselben im Rahmen der Prüfung der Amtspflichtverletzung verneint worden sei. Die Fragen der Vertretbarkeit im Rahmen des § 839 BGB und der Rechtswidrigkeit im Rahmen des enteignungsgleichen Eingriffs seien nicht zwangsläufig gleich zu bewerten, da sich die Rechtsinstitute an unterschiedlichen Prüfungsmaßstäben orientierten. Im Rahmen der Vertretbarkeit komme ein dem Amtsträger zum Entscheidungszeitpunkt zustehender Beurteilungsspielraum stärker zum Tragen. Die Frage der eventuell später festgestellten Rechtswidrigkeit bemesse sich dagegen vorrangig nach objektiven Kriterien, die - wie im konkreten Fall - gegebenenfalls auch erst aufgrund nachträglicher Klärung schwieriger Rechtsfragen Eingang in die später zu treffende Entscheidung des Rechtsmittelgerichts fänden. Auch die weiteren Voraussetzungen des enteignungsgleichen Eingriffs seien erfüllt. Der Beschlagnahmebeschluss stelle einen Eingriff in den nach Art. 14 GG geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der A. Ltd. dar. Des Weiteren sei das Vorliegen eines Sonderopfers, das die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren überschreite, zu bejahen. Insbesondere schließe die bei der Prüfung der Amtshaftung bejahte Vertretbarkeit der Maßnahme die Annahme eines entschädigungsfähigen Sonderopfers - jedenfalls außerhalb des Spruchrichterprivilegs nach § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB - nicht generell aus.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
Der Kläger hat weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht der A. Ltd. einen Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung. Die gegenüber dem Kläger erklärte Zession ging ins Leere.
1. Zutreffend allerdings ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass Entschädigungsansprüche des Klägers oder der A. Ltd. nach § 2 Abs. 1, 2 Nr. 4 i.V.m. §§ 10, 13 StrEG nicht bestehen. Gleiches gilt für Ansprüche aus Aufopferung. Die hiergegen im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren erhobenen Rügen des Klägers hat der Senat für unbegründet befunden.
2. Dem Berufungsgericht ist auch darin zuzustimmen, dass weder die Staatsanwaltschaft noch der Ermittlungsrichter sich bei Beantragung beziehungsweise Erlass der Beschlagnahmeanordnung amtspflichtwidrig (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG) verhalten haben.
a) Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass staatsanwaltschaftliche Handlungen, bei denen ein Beurteilungsspielraum des Entscheidungsträgers besteht (z.B. Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, Erhebung der öffentlichen Klage, Beantragung eines Haftbefehls oder einer Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung) im Amtshaftungsprozess nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit zu überprüfen sind. Diese Grundsätze sind auch auf den Richter anwendbar, der - außerhalb des Richterspruchprivilegs (§ 839 Abs. 2 Satz 1 BGB) - über entsprechende Maßnahmen zu entscheiden hat. Der der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht zustehende Beurteilungsspielraum, der sich daraus ergibt, dass Erfahrungssätze zu verwerten und unter Einbeziehung wertender Gesichtspunkte bestimmte tatsächliche Umstände zu würdigen sind, ist dadurch gekennzeichnet, dass es bei der Subsumtion eines Sachverhalts unter den Tatbestand einer Norm keine eindeutige Antwort gibt. Vielmehr kann es mehr als nur eine richtige Entscheidung geben, das heißt verschiedene Betrachter können, ohne pflichtwidrig zu handeln, zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen. Die Vertretbarkeit darf deshalb nur dann verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege die betreffende Entscheidung nicht mehr verständlich ist (vgl. nur Senatsurteile vom 21. April 1988 - III 255/86, NJW 1989, 96, 97; vom 29. April 1993 - III ZR 3/92, BGHZ 122, 268, 270 f; vom 15. Mai 1997 - III ZR 46/96, VersR 1997, 1363, 1364; vom 16. Oktober 1997 - III ZR 23/96, NJW 1998, 751, 752; vom 18. Mai 2000 - III ZR 180/99, WM 2000, 1588, 1589 und vom 4. November 2010 - III ZR 32/10, BGHZ 187, 286 Rn. 14; BeckOGK/Dörr, BGB, § 839 Rn. 158, 160, 668 [Stand: 1. Juli 2016]; jeweils mwN). Dabei ist die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Vertretbarkeit Aufgabe des Tatrichters und kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob er diesen Rechtsbegriff verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt hat (s. nur Senatsurteile vom 16. Oktober 1997 und 18. Mai 2000 jeweils aaO). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein staatsanwaltschaftliches oder richterliches Handeln unvertretbar und insoweit amtspflichtwidrig war, trägt grundsätzlich derjenige, der einen Amtshaftungsanspruch geltend macht (Senatsurteil vom 4. November 2010 aaO Rn. 15). Allerdings können dem Anspruchsteller Erleichterungen in Form der sekundären Darlegungslast zugute kommen (BVerfG, NJW 2013, 3630 Rn. 40).
b) Nach diesen Maßgaben hat das Berufungsgericht die Vertretbarkeit der Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft und des Ermittlungsrichters - auch unter dem Blickwinkel der Verhältnismäßigkeit der Beschlagnahmeanordnung - zu Recht bejaht. Bei der Prüfung des nach § 111m StPO erforderlichen Tatverdachts durfte das Berufungsgericht insbesondere auf die leichte Trennbarkeit der Beilagen (NS-Presseerzeugnisse) von dem so genannten Zeitungsmantel (mit Erläuterungstexten) sowie den Umstand abstellen, dass die inhaltliche Distanzierung des Klägers von dem in den Beilagen abgedruckten nationalsozialistischen Gedankengut unscheinbar platziert war, während Hakenkreuze (mit einem Durchmesser von bis zu 7,5 cm) und das beigefügte NS-Propagandaplakat (Breite 40 cm und Höhe 60 cm) markant in Erscheinung traten (Anfangsverdacht einer Straftat nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB). Ebenso wenig ist die tatrichterliche Würdigung zu beanstanden, angesichts der äußerst komplexen und komplizierten Sach- und Rechtslage und der Notwendigkeit einer Eilentscheidung sei es vertretbar gewesen, hinsichtlich der Ausgabe des "Völkischen Beobachters" vom 1. März 1933 den (starken) Anfangsverdacht einer Verletzung des dem Beklagten zustehenden Urheberrechts zu bejahen (Strafbarkeit nach § 106 Abs. 1 UrhG).
Bei der Beurteilung etwaiger Ersatzansprüche des Klägers beziehungsweise der A. Ltd. hat die über den Beschluss vom 23. Januar 2009 hinausgehende Beschlagnahme auch der Zeitungsmäntel außer Betracht zu bleiben. Nach den fehlerfrei getroffenen Feststellungen der Vorinstanzen ist durch den überschießenden Vollzug der Beschlagnahmeanordnung kein (zusätzlicher) Schaden verursacht worden. Auf die zutreffenden Erwägungen des Landgerichts und des Berufungsgerichts wird Bezug genommen.
c) Erweist sich eine Maßnahme, Entscheidung oder Entschließung der Staatsanwaltschaft beziehungsweise des Ermittlungsrichters - wie hier - unter Berücksichtigung eines zuzubilligenden Beurteilungsspielraums als vertretbar, wirkt sich dies bereits auf der Tatbestandsebene und nicht erst auf der Verschuldensebene des Amtshaftungsanspruchs aus. Denn die Haftungseinschränkung begrenzt den objektiven Umfang der wahrzunehmenden Pflichten. Dementsprechend ist bereits eine Amtspflichtverletzung zu verneinen (BeckOGK/Dörr aaO Rn. 161; Stein/Itzel/Schwall, Praxishandbuch des Amts- und Staatshaftungsrechts, 2. Aufl., Rn. 635). Es ist dann aber nur konsequent, in einem solchen Fall auch von der Rechtmäßigkeit der Maßnahme oder Entscheidung auszugehen. Es wäre widersprüchlich, einerseits die Vertretbarkeit einer bestimmten Ermittlungshandlung zu bejahen und andererseits eine andere Vorgehensweise als die "einzig richtige Lösung" anzusehen (BeckOGK/Dörr aaO).
d) Nur dann, wenn das Zivilgericht im Amtshaftungsprozess an eine (verwaltungs-)gerichtliche Entscheidung gebunden ist, die die Rechtswidrigkeit der in Rede stehenden Maßnahme festgestellt hat, soll sich auf der Tatbestandsebene die Frage der Vertretbarkeit nicht stellen und es bei der Prüfung verbleiben, ob die fehlerhafte Rechtsanwendung dem Amtsträger als Verschulden vorwerfbar ist (BeckOGK/Dörr aaO). So liegt der Fall hier aber nicht. Zwar hat die Staatsschutzkammer des Landgerichts den Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts vom 23. Januar 2009 auf die Beschwerde des Klägers durch Beschluss vom 17. April 2009 aufgehoben. Damit wurde jedoch - worauf der Beklagte zu Recht hinweist und wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist - nicht verbindlich festgestellt, der Ermittlungsrichter habe eine rechtswidrige Beschlagnahmeanordnung erlassen. Vielmehr hat das Gericht die Anordnungsvoraussetzungen auf der Grundlage des im Entscheidungszeitpunkt gegebenen Ermittlungsstands überprüft und gemäß § 309 StPO eine eigene Sachentscheidung (dazu Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 309 Rn. 4) getroffen. Dass die Staatsschutzkammer nunmehr - auf Grund des Fortschreitens der Ermittlungen - die Verdachtsintensität anders bewertet hat als der Ermittlungsrichter, vermag die Vertretbarkeit der ursprünglich getroffenen Entscheidung nicht in Zweifel zu ziehen, zumal die Beschlagnahme wegen Fristablaufs (§ 111n Abs. 2 StPO) bereits aus formalen Gründen aufzuheben war.
3. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht allerdings einen Entschädigungsanspruch der A. Ltd. aus enteignungsgleichem Eingriff bejaht, indem es davon ausgegangen ist, dass die Vertretbarkeit der Beschlagnahmeanordnung ohne Einfluss auf die Bejahung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme sei, die sich allein nach objektiven Kriterien beurteile.
a) Ein Entschädigungsanspruch aus enteignungsgleichem Eingriff setzt voraus, dass rechtswidrig in eine durch Art. 14 GG geschützte Rechtsposition von hoher Hand unmittelbar eingegriffen wird, die hoheitliche Maßnahme also unmittelbar eine Beeinträchtigung des Eigentums herbeiführt, und dem Berechtigten dadurch ein besonderes, anderen nicht zugemutetes Opfer für die Allgemeinheit auferlegt wird (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 10. März 1994 - III ZR 9/93, BGHZ 125, 258, 264 und vom 11. Januar 2007 - III ZR 302/05, BGHZ 170, 260 Rn. 33; jeweils mwN). Dabei bedarf die Annahme eines entschädigungspflichtigen Sonderopfers regelmäßig keiner besonderen Begründung, da es sich aus dem Umstand ergibt, dass in die Rechtsposition des Betroffenen rechtswidrig eingegriffen wird (Senatsurteil vom 14. März 2013 - III ZR 253/12, BGHZ 197, 43 Rn. 8; BeckOGK/Dörr aaO Rn. 1148 mwN).
b) Die vom Berufungsgericht vorgenommene Unterscheidung zwischen der Vertretbarkeit der Maßnahme im Rahmen des Amtshaftungsanspruchs und ihrer objektiven Unrichtigkeit/Rechtswidrigkeit im Rahmen des Anspruchs aus enteignungsgleichem Eingriff lässt rechtsfehlerhaft außer Betracht, dass die oben (unter 2 a und c) dargestellte Einschränkung der Haftung im Amtshaftungsprozess auch Konsequenzen für den verschuldensunabhängigen Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff hat. Denn die im Zusammenhang mit der Überprüfung von staatsanwaltschaftlichen und richterlichen Maßnahmen im Ermittlungsverfahren entwickelten Grundsätze zur Vertretbarkeit der Maßnahme gelten auch für die Beurteilung von Ansprüchen aus enteignungsgleichem Eingriff. Ebenso wie im Amtshaftungsprozess sind die Beschlagnahme und deren Aufrechterhaltung im Rahmen eines Anspruchs wegen enteignungsgleichen Eingriffs nicht auf ihre Richtigkeit, sondern allein darauf zu überprüfen, ob sie vertretbar sind. Danach ist die Vertretbarkeit nur dann zu verneinen, wenn die Entscheidung auch bei voller Würdigung der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege nicht mehr verständlich ist. Dies bedeutet, dass die Bejahung einer vertretbaren Maßnahme nicht nur dazu führt, dass eine Amtspflichtverletzung (bereits auf der Tatbestandsebene) entfällt, sondern auch dazu, dass die Rechtswidrigkeit des Eingriffs als Voraussetzung einer Haftung aus enteignungsgleichem Eingriff zu verneinen ist (Senatsurteil vom 15. Mai 1997 - III ZR 46/96, VersR 1997, 1363, 1364; BeckOGK/Dörr aaO Rn. 1120). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ergibt sich aus dem Senatsurteil vom 19. Januar 2006 (III ZR 82/05, BGHZ 166, 22 Rn. 9 ff) nichts Abweichendes. Diese Entscheidung betrifft den Rechtswidrigkeitsbegriff im Sinne des § 39 Abs. 1 Buchst. b des nordrhein-westfälischen Ordnungsbehördengesetzes. In diesem Bereich spielen die vom Senat entwickelten Grundsätze für die Überprüfung staatsanwaltschaftlicher beziehungsweise richterlicher Maßnahmen ersichtlich keine Rolle.
4. Die Entscheidung des Berufungsgerichts erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Ein Anspruch aus enteignendem Eingriff, wie ihn das Landgericht angenommen hat, scheidet ebenfalls aus, da die A. Ltd. durch den Vollzug der Beschlagnahmeanordnung kein unzumutbares Sonderopfer erlitten hat.
a) Der Umstand, dass das Berufungsgericht aus abgetretenem Recht eine Entschädigung unter dem Gesichtspunkt des enteignungsgleichen Eingriffs dem Grunde nach zugesprochen und die Klage hinsichtlich eines etwaigen Anspruchs der A. Ltd. aus enteignendem Eingriff abgewiesen hat, steht einer Prüfung dieser (alternativen) Anspruchsgrundlage in dem vom Beklagten betriebenen Rechtsmittelverfahren nicht entgegen. Das eine von mehreren Anspruchsgrundlagen verneinende Grundurteil, führt zwar - ohne insoweit schon der Rechtskraft fähig zu sein - zu einer innerprozessualen Bindungswirkung, die im Betrags- und im Rechtsmittelverfahren gemäß §§ 318, 512, 557 Abs. 2 ZPO grundsätzlich zu berücksichtigen ist (BGH, Urteil vom 10. Juli 1959 - VI ZR 160/58, NJW 1959, 1918, 1919; Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 304 Rn. 11). Für den Rechtsmittelzug gilt diese Bindungswirkung allerdings nur eingeschränkt. Reichen die beiden Klagegründe - wie im vorliegenden Fall - quantitativ gleich weit, erkennt das Gericht aber nur einen als begründet an (hier: enteignungsgleicher Eingriff), so ist das auf ihn gestützte Grundurteil ein voller Sieg des Klägers mit der Folge, dass er gegen die Aberkennung des anderen Klagegrunds seiner Forderung mangels Beschwer kein Rechtsmittel einlegen kann (Zöller/Vollkommer aaO). Aus diesem Grund ist das Rechtsmittelgericht gehalten, den weiteren (abgelehnten) Klagegrund von Amts wegen zu prüfen (Senatsurteil vom 10. Januar 1972 - III ZR 139/70, WM 1972, 371, 372). Wenn der verneinte Klagegrund dagegen dem Umfang nach weiter reicht als der zuerkannte, ist der dann beschwerte Kläger darauf zu verweisen, das einschränkende Grundurteil mit einem Rechtsmittel anzugreifen (vgl. Zöller/Vollkommer aaO).
Über die Anschlussrevision des Klägers, die nur für den Fall eingelegt worden ist, dass der Senat sich ansonsten an einer Prüfung des Klagebegehrens unter dem Gesichtspunkt des enteignenden Eingriffs gehindert sehen sollte, ist daher mangels Bedingungseintritts nicht zu entscheiden.
b) Ein Anspruch aus enteignendem Eingriff setzt voraus, dass eine an sich rechtmäßige hoheitliche Maßnahme bei einem Betroffenen unmittelbar zu Nachteilen führt, die er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen hinnehmen muss, die aber die Schwelle des enteignungsrechtlich Zumutbaren übersteigen (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 11. März 2004 - III ZR 274/03, BGHZ 158, 263, 267; vom 10. Februar 2005 - III ZR 330/04, NJW 2005, 1363 und vom 14. März 2013 - III ZR 253/12, BGHZ 197, 43 Rn. 7; jeweils mwN). Da das Sonderopfer nicht - wie beim enteignungsgleichen Eingriff - mit der Rechtswidrigkeit der hoheitlichen Maßnahme begründet werden kann, muss geprüft werden, ob die Einwirkungen auf die Rechtsposition des Betroffenen die Sozialbindungsschwelle überschreiten, also im Verhältnis zu anderen ebenfalls betroffenen Personen eine besondere Schwere aufweisen oder im Verhältnis zu anderen nicht betroffenen Personen einen Gleichheitsverstoß bewirken (Senatsurteil vom 14. März 2013 aaO Rn. 8; BeckOGK/Dörr aaO Rn. 1233; Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl., S. 344; jeweils mwN). Ob in diesem Sinn eine hoheitliche Maßnahme die Sozialbindungsschwelle überschreitet oder sich noch als Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums begreifen lässt, kann nur aufgrund einer umfassenden Beurteilung der Umstände des Einzelfalles entschieden werden (Senatsurteil vom 14. März 2013 aaO; BeckOGK/Dörr aaO). Das "Abverlangen" eines Sonderopfers im öffentlichen Interesse ist regelmäßig zu verneinen, wenn sich der nachteilig Betroffene freiwillig in eine gefährliche Situation begeben hat, deren Folgen dann letztlich von ihm herbeigeführt und deshalb grundsätzlich von ihm selbst zu tragen sind (vgl. Senatsurteile vom 2. Mai 1955 - III ZR 271/53, BGHZ 17, 172, 175; vom 18. September 1959 - III ZR 68/58, BGHZ 31, 1, 4 und vom 14. März 2013 aaO Rn. 11; BeckOGK/Dörr aaO Rn. 1236 mwN). Wer daher schuldhaft den Anschein einer polizeilichen Gefahr hervorruft, hat keinen Anspruch aus enteignendem Eingriff auf Ersatz eines Vermögensnachteils, der ihm aus einer hierauf zurückzuführenden polizeilichen Maßnahme entstanden ist (BeckOGK/Dörr aaO). Denn in einem solchen Fall wird nicht in die Rechtssphäre eines unbeteiligten Dritten eingegriffen. Vielmehr ist der Betroffene für eine Sachlage verantwortlich, die eine Pflicht der Polizei zum Handeln begründet hat (Senatsurteile vom 14. Februar 1952 - III ZR 233/51, BGHZ 5, 144, 152 und vom 14. März 2013 aaO). Entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung des Klägervertreters gilt dieser Gedanke nicht nur im präventiv-polizeilichen Bereich, sondern auch bei Maßnahmen der Strafverfolgung. So ist eine Entschädigung nach § 5 Abs. 2 Satz 1 StrEG ausgeschlossen, wenn und soweit der Beschuldigte die Strafverfolgungsmaßnahme vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Auch die leicht fahrlässige Verursachung kann gemäß § 4, § 5 Abs. 3 oder § 6 Abs. 1 Nr. 1 StrEG zur Versagung einer Entschädigung führen (Meyer-Goßner/Schmitt aaO § 5 StrEG Rn. 13). Verallgemeinernd ist festzustellen, dass derjenige, der durch privates - auch erlaubtes - Verhalten, welches im Hinblick auf etwaige nachteilige Einwirkungen nicht geschützt ist, einen Konflikt zwischen den privaten und öffentlichen Interessen hervorruft, hinnehmen muss, dass die Folgen regelmäßig seiner Sphäre zugeordnet werden und kein gleichheitswidriges Sonderopfer darstellen (Senatsurteil vom 13. März 2013; BeckOGK/Dörr jeweils aaO).
c) In Anwendung dieser Grundsätze sind hier die Voraussetzungen eines entschädigungspflichtigen Sonderopfers der A. Ltd. zu verneinen. Da zu dieser Frage weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen, kann der Senat selbst entscheiden. Maßgebend ist dabei, dass die A. Ltd. nicht als unbeteiligte Dritte anzusehen ist, in deren Rechtssphäre durch die Beschlagnahme (zufällig) eingegriffen worden ist. Vielmehr ist das Eingreifen der Strafverfolgungsbehörden durch das riskante Verhalten des Klägers veranlasst worden. Dieser hat sich als geschäftsführender Gesellschafter der A. Ltd. und Verantwortlicher im Sinne des § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB bewusst für eine "grenzwertige" Veröffentlichung des Journals "Zeitungszeugen" entschieden (mit markanter Wiedergabe des Hakenkreuzes und Beifügung großformatiger NS-Propagandaplakate bei gleichzeitiger unauffälliger inhaltlicher Distanzierung). Wie bereits ausgeführt, begründete diese Vorgehensweise - vertretbar - den Anfangsverdacht für Straftaten nach §§ 86, 86a StGB und § 106 Abs. 1 UrhG. Da die A. Ltd. sich das Verhalten ihres Organs zurechnen lassen muss, kann sie sich nicht darauf berufen, ihr sei ein unzumutbares Sonderopfer für die Allgemeinheit abverlangt worden.
Nach alledem kann dahinstehen, ob die Annahme des Berufungsgerichts zutrifft, die richterliche Beschlagnahmeanordnung habe zu einem Eingriff in die nach Art. 14 GG geschützten Rechte der A. Ltd. geführt.
5. Die unter Nummer 2 bis 4 ausgeführten Gründe treffen nicht nur auf die (abgetretenen) Ansprüche der A. Ltd., sondern auch auf die aus eigenem Recht geltend gemachten Forderungen des Klägers zu, so dass die von ihm aufgeworfene Frage des "Entwertungsschadens" seiner Gesellschaftsanteile nicht entscheidungserheblich ist.
III.
Das angefochtene Urteil ist demnach aufzuheben, soweit zum Nachteil des Beklagten entschieden worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO).
Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat auf die Berufung des Beklagten die Klage insgesamt abweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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