Entscheidungsdatum: 06.03.2014
1. § 839a BGB findet im Wege der Analogie im Allgemeinen auch auf die Haftung eines Sachverständigen Anwendung, der sein Gutachten in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft erstattet.
2. § 839 BGB ist gegenüber § 839a BGB die vorrangige Regelung.
3. Die von der Staatsanwaltschaft veranlasste Begutachtung durch den Leiter eines rechtsmedizinischen Instituts im Zusammenhang mit Todesfallermittlungen gemäß §§ 87 ff. StPO erfolgt in Ausübung eines öffentlichen Amtes im Sinne von Art. 34 Satz 1 GG.
Auf die Rechtsmittel des Beklagten werden das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 12. September 2012 teilweise aufgehoben und das Urteil der 18. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. Oktober 2011 teilweise abgeändert.
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Streithelfers des Beklagten hat der Kläger zu tragen.
Von Rechts wegen
Der Kläger nimmt den Beklagten unter dem Vorwurf der Erstellung eines fehlerhaften Gutachtens auf Schadensersatz und Geldentschädigung wegen der Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Anspruch.
Der Kläger ist Chefarzt für Innere Medizin am S. -Hospital in W. und dessen stellvertretender ärztlicher Direktor. Der Beklagte ist beamteter Professor für Rechtsmedizin und war Leiter des Instituts für Forensische Toxikologie am Zentrum der Rechtsmedizin des Klinikums der J. -Universität in F. .
Am 26. September 2007 wurde die damals 91 Jahre alte G. R. , die mit dem Kläger und seiner Ehefrau befreundet war und beide Eheleute testamentarisch zu ihren Erben eingesetzt hatte, wegen starker Luftnot und Übelkeit in das S. -Hospital W. gebracht und dort unter anderem auch vom Kläger untersucht und behandelt. Wenige Minuten vor Eintritt des Todes der Patientin veranlasste der Kläger unter anderem die Gabe von Morphin. In dem Leichenschauschein wurde als Todesursache akutes Herz-Kreislauf-Versagen angegeben.
Nachdem eine Nichte der Verstorbenen gegenüber der Staatsanwaltschaft W. den Verdacht eines nicht natürlichen Todes ihrer Tante geäußert hatte, ordnete die Staatsanwaltschaft am 5. Oktober 2007 die Beschlagnahme der Leiche und deren Obduktion durch das Zentrum der Rechtsmedizin der J. -Universität in F. an. Dabei wurde "vorbehaltlich des Ergebnisses der in Auftrag gegebenen chemisch-toxikologischen Untersuchungen" als wahrscheinliche Todesursache ein Herz-Kreislauf-Versagen festgestellt.
Am 14. Mai 2008 erstattete der Beklagte gemeinsam mit zwei Kollegen ein Gutachten über die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchung der asservierten Körperflüssigkeiten und -gewebe. Hiernach fanden sich bei der Untersuchung des Herzbluts unter anderem 0,471 mg/l Morphin und ein "Hinweis auf 6-Monoacetylmorphin" (im Folgenden: 6-MAM).
Am 13. August 2008 fand ein Gespräch zwischen dem Beklagten und einem Beamten der Kriminalpolizei statt, in welchem der Beklagte erklärte, dass es sich bei dem im Herzblut gefundenen 6-MAM um ein kurzlebiges Abbauprodukt von Heroin handele, welches sich danach zu Morphin zersetze. In der daraufhin vom ermittelnden Beamten erbetenen ergänzenden Stellungnahme vom 18. August 2008 wiederholte der Beklagte, dass 6-MAM "das sehr kurzlebige Abbauprodukt von Heroin ist und eine Heroinaufnahme beweist." Der Beklagte kündigte weitere Hirngewebeuntersuchungen an, die am 21. August 2008 durchgeführt wurden; der Nachweis von 6-MAM wurde dabei nicht erbracht.
Auf Antrag der Staatsanwaltschaft erließ das Amtsgericht W. am 7. November 2008 wegen des Verdachts des Mordes einen Haftbefehl gegen den Kläger und einen Durchsuchungsbeschluss. Am 13. November 2008 wurde der Kläger verhaftet, seine Dienst- und Büroräume wurden durchsucht und der Geschäftsführer sowie die Mitarbeiter des S. -Hospitals über den Tatverdacht informiert. Bei der Vernehmung durch den Ermittlungsrichter konnte der Kläger die gegen ihn erhobenen Vorwürfe entkräften, so dass der Haftbefehl aufgehoben wurde. Einige Tage danach wurde über die Verhaftung des Klägers in Zeitungsartikeln berichtet.
Im Juli 2009 wurde das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger durch Verfügung der Staatsanwaltschaft gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.
Der Kläger hat geltend gemacht, der Beklagte habe grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstellt, indem er in der Stellungnahme vom 18. August 2008 die Vergabe von Heroin festgestellt habe. Darüber hinaus habe der Beklagte die Ermittlungsbehörden von dem Ergebnis der Hirngewebeuntersuchung vom 21. August 2008 nicht (zeitnah) in Kenntnis gesetzt. Dieses Fehlverhalten sei ursächlich für die Verhaftung des Klägers sowie die Durchsuchung seiner Büroräume gewesen. Durch diese Zwangsmaßnahmen sowie die anschließende Presseberichterstattung sei der Ruf des Klägers dauerhaft und irreparabel geschädigt worden. Der Kläger hat eine angemessene Geldentschädigung von mindestens 150.000 € begehrt.
Das Landgericht hat den Beklagten zur Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 15.000 € sowie zum Ersatz aufgewendeter Gutachterkosten von 1.423,84 € verurteilt. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten und des weitergehenden Rechtsmittels des Klägers den Beklagten zur Zahlung einer weiteren Geldentschädigung von 10.000 € verurteilt.
Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Die Revision hat Erfolg und führt zur vollständigen Abweisung der Klage.
I.
Das Berufungsgericht hat eine Haftung des Beklagten gemäß § 839a BGB bejaht und hierzu im Wesentlichen ausgeführt:
§ 839a BGB sei auf die Sachverständigentätigkeit im Rahmen staatsanwaltlicher Ermittlungsverfahren anwendbar. Der Beklagte habe grob fahrlässig ein objektiv unrichtiges Gutachten erstattet und hierdurch die den Kläger belastenden Ermittlungsmaßnahmen (insbesondere den Erlass und Vollzug eines Durchsuchungsbeschlusses und eines Haftbefehls) sowie die damit einhergehende Rufschädigung (Presseberichterstattung) herbeigeführt.
Die Haftung des Beklagten beurteile sich nicht nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG, weil der Beklagte nicht in Ausübung eines öffentlichen Amtes gehandelt habe. Seine gutachterlichen Stellungnahmen stellten keine Behördengutachten dar. Einer solchen Einordnung stehe bereits entgegen, dass der Beklagte seine Tätigkeit selbst nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz liquidiert habe. Für eine dienstliche Gutachtertätigkeit hätte dem Beklagten kein eigener Entschädigungsanspruch zugestanden, sondern der Behörde, für die er tätig geworden sei. Zudem habe der Beklagte das Gutachten im eigenen Namen abgegeben.
Die Tätigkeit des Beklagten sei auch nicht deshalb als hoheitlich einzustufen, weil sie mit der Verwaltungstätigkeit der beauftragenden Behörde aufs engste zusammengehangen habe und er in diese so maßgeblich eingeschaltet gewesen sei, dass die Prüfung geradezu einen Bestandteil der von der Behörde ausgeübten und sich in ihrem Verwaltungsakt niederschlagenden hoheitlichen Tätigkeit gebildet habe. Die Gutachten des Beklagten seien nicht Bestandteil einer von der Staatsanwaltschaft zu treffenden Entscheidung gewesen. Der Beklagte habe lediglich - wie im Falle der Beauftragung durch ein Gericht - seine besondere Sachkunde der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt. Ob die vorgängige Obduktion als hoheitlich einzuordnen sei, sei unerheblich, denn die toxikologischen Untersuchungen des Beklagten seien erst im Anschluss hieran erfolgt.
Der Beklagte hafte letztlich auch nicht persönlich als Beamter nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, denn seine Gutachtertätigkeit sei nicht als Ausübung seiner ihm als Beamten gegenüber der Universität bestehenden Dienstpflichten (im fiskalischen Bereich) einzustufen, sondern als private Betätigung im Auftrage eines Dritten.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.
Das Berufungsgericht geht zwar zu Recht davon aus, dass § 839a BGB über seinen Wortlaut hinaus auch Gutachten von Sachverständigen umfasst, die in einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft erstattet werden. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts richtet sich die Haftung des Leiters des rechtsmedizinischen Instituts einer Universität wegen eines fehlerhaften toxikologischen Gutachtens im Rahmen eines Todesfallermittlungsverfahrens (§ 91 StPO) jedoch nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG mit der Folge der befreienden Haftungsübernahme durch den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst der Sachverständige steht. Eine persönliche Inanspruchnahme des Sachverständigen durch den Geschädigten ist insoweit ausgeschlossen.
1. § 839a BGB gilt - in analoger Anwendung - auch für die Gutachten, die ein Sachverständiger in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren erstattet.
a) Nach dem Wortlaut von § 839a BGB fällt nur der von einem (staatlichen) Gericht ernannte Sachverständige unter den Anwendungsbereich dieser Regelung. Hiernach sind von der Staatsanwaltschaft bestellte Sachverständige nicht erfasst.
b) In Übereinstimmung mit der überwiegenden Ansicht im Schrifttum (Erman/Hecker, BGB, 13. Aufl., § 839a Rn. 3; MüKoBGB/Wagner, 6. Aufl., § 839a Rn. 7; NK-BGB/Huber, 2. Aufl., § 839a Rn. 18; Palandt/Sprau, BGB, 73. Aufl., § 839a Rn. 2; Staudinger/Wöstmann, BGB [2013], § 839a Rn. 36; Bayerlein in Bayerlein, Praxishandbuch zum Sachverständigenrecht, 4. Aufl., § 11 Rn. 4 und § 34 Rn. 2; Kilian, ZGS 2004, 220, 222 f; Lesting, R&P 2002, 224, 227; Thole, Die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen nach § 839a BGB, S. 251 f; Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Aufl., Rn. 747; a.A. Soergel/Spickhoff, BGB, 13. Aufl., § 839a Rn. 16; Brückner/Neumann, MDR 2003, 906, 907; Zimmermann, BuW 2003, 154, 155) ist § 839a BGB jedoch analog auf die Gutachtenerstattung in einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren anzuwenden.
Bereits nach der vor Inkrafttreten des § 839a BGB herrschenden Auffassung war der von der Staatsanwaltschaft beauftragte Sachverständige dem gerichtlichen Sachverständigen gleichzustellen (Bayerlein in Bayerlein aaO 3. Aufl., § 11 Rn. 4; Wessel in Bayerlein aaO 3. Aufl., § 34 Rn. 2; Eickmeier, Die Haftung des gerichtlichen Sachverständigen für Vermögensschäden [1993], S. 9 f; Nieberding, Sachverständigenhaftung nach deutschem und englischem Recht [2002], S. 166, 192; Thole aaO S. 251 mwN).
Diese Gleichbehandlung rechtfertigt sich aus der organisatorischen und institutionellen Nähe der Staatsanwaltschaft zum Gericht (Thole aaO). Die Staatsanwaltschaft ist zwar in ihren amtlichen Verrichtungen von den Gerichten unabhängig (§ 150 GVG) und darf keine richterlichen Geschäfte wahrnehmen (§ 151 GVG). Sie ist aber den Gerichten zugeordnet (§§ 141, 144 GVG) und selbst ein Teil der Justiz. Die Staatsanwaltschaft nimmt als Institution sui generis (Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl., vor § 141 GVG Rn. 6) keine typische Behördenfunktion wahr, sondern gehört zum Funktionsbereich der Rechtsprechung. Sie erfüllt durch ihre vorbereitende Tätigkeit gemeinsam mit den Gerichten die Aufgabe der Justizgewährung auf dem Gebiet der Strafrechtspflege (Kilian aaO S. 223 mwN).
Diese organisatorische und institutionelle Nähe korrespondiert mit der engen verfahrensrechtlichen Verbindung zwischen (Straf-)Gericht und Staatsanwaltschaft. Die im Ermittlungsverfahren im Auftrag der Staatsanwaltschaft erstatteten Sachverständigengutachten wirken in aller Regel in ein daran anschließendes gerichtliches Hauptverfahren hinein. Wird das Ermittlungsverfahren mit der Anklageerhebung abgeschlossen, so mündet das Strafverfahren über das Zwischenverfahren bestimmungsgemäß in das gerichtliche Hauptverfahren. Dementsprechend ordnet § 161a Abs. 1 Satz 2 StPO für die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen durch die Staatsanwaltschaft die Anwendung der für das Gerichtsverfahren geltenden Vorschriften an (§§ 48 ff, 72 ff StPO); dies gilt insbesondere auch für die in § 75 StPO geregelte Pflicht des Sachverständigen, den Gutachtenauftrag zu übernehmen und auszuführen. Vor dem Hintergrund dieser Bestimmungen und der einheitlichen Regelung über die Vergütung im Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (s. § 1 JVEG) entspricht die Rechtsstellung des Sachverständigen im Ermittlungsverfahren im Wesentlichen derjenigen eines Sachverständigen im Gerichtsverfahren (s. hierzu Thole aaO; Bayerlein aaO, 4. Aufl., § 34 Rn. 2).
Die Gleichstellung von Sachverständigengutachten unabhängig davon, ob sie von der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht eingeholt worden sind, kommt auch in § 411a ZPO in der Fassung des 2. Justizmodernisierungsgesetzes vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3416) zum Ausdruck. Hiernach kann eine erneute schriftliche Begutachtung durch die Verwertung eines gerichtlich oder staatsanwaltschaftlich eingeholten Sachverständigengutachtens aus einem anderen Verfahren ersetzt werden.
Letztlich würde es sachlich nicht überzeugen, wenn der Haftungsmaßstab davon abhinge, ob der Sachverständige nur im Ermittlungsverfahren (im Auftrage der Staatsanwaltschaft) tätig geworden ist (dann: kein "gerichtlicher" Sachverständiger) oder auch (im Auftrage des Gerichts) in einem anschließenden Hauptverfahren (dann: "gerichtlicher" Sachverständiger).
2. Gleichwohl haftet der Beklagte hier nicht nach § 839a BGB. Seine persönliche Haftung gegenüber dem Kläger ist gemäß § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG ausgeschlossen.
a) In seinem Anwendungsbereich verdrängt § 839 BGB als vorrangige Spezialregelung konkurrierende Ansprüche aus §§ 823 ff BGB (BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1960 - GSZ 1/60, BGHZ 34, 99, 104; Senatsurteile vom 18. Dezember 1972 - III ZR 121/70, BGHZ 60, 54, 62 f und vom 5. April 1990 - III ZR 4/89, NJW-RR 1990, 1500, 1501; Senatsbeschluss vom 1. August 2002 - III ZR 277/01, NJW 2002, 3172, 3173 f) sowie aus § 839a BGB (Staudinger/Wöstmann aaO § 839a Rn. 39 f; vgl. auch Senatsurteil vom 9. März 2006 - III ZR 143/05, BGHZ 166, 313, 316 Rn. 8). Im Rahmen der Haftung nach § 839 BGB tritt gemäß Art. 34 Satz 1 GG - im Wege der befreienden Haftungsübernahme - der Staat beziehungsweise die jeweilige Anstellungskörperschaft als Anspruchsgegner des Geschädigten an die Stelle dessen, der in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt hat; in diesem Falle scheidet eine persönliche Haftung des Amtsträgers gegenüber dem Geschädigten aus (Senat, Urteil vom 6. Juli 1989 - III ZR 79/88, BGHZ 108, 230, 232; Beschluss vom 1. August 2002 aaO und Urteil vom 22. Juni 2006 - III ZR 270/05, NVwZ 2007, 487 Rn. 6).
b) Der Beklagte hat im vorliegenden Fall in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt.
aa) Ob sich das Handeln einer Person als Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes darstellt, bestimmt sich danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn der Betreffende tätig wird, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist und ob zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls als noch dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muss. Dabei ist nicht auf die Person des Handelnden, sondern auf seine Funktion, das heißt auf die Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall ausgeübte Tätigkeit dient, abzustellen (st. Rspr.; s. etwa Senat, Urteile vom 4. Juni 1992 - III ZR 93/91, BGHZ 118, 304, 305 und vom 22. März 2001 - III ZR 394/99, BGHZ 147, 169, 171; Beschluss vom 1. August 2002 aaO S. 3172 f; Urteile vom 22. Juni 2006 aaO S. 487 Rn. 7 und vom 14. Mai 2009 - III ZR 86/08, BGHZ 181, 65, 67 Rn. 10; Beschluss vom 31. März 2011 - III ZR 339/09, NVwZ-RR 2011, 556 Rn. 7; Urteil vom 15. September 2011 - III ZR 240/10, BGHZ 191, 71, 75 f Rn. 13). Darüber hinaus ist zu beachten, dass der gesamte Tätigkeitsbereich, der sich auf die Erfüllung einer bestimmten hoheitlichen Aufgabe bezieht, als Einheit beurteilt werden muss und es nicht angeht, die einheitliche Aufgabe in Einzelakte - teils hoheitlicher, teils bürgerlich-rechtlicher Art - aufzuspalten und einer gesonderten Beurteilung zu unterziehen (Senat, Beschluss vom 1. August 2002 aaO S. 3173 mwN; Urteile vom 9. Januar 2003 - III ZR 217/01, BGHZ 153, 268, 276 und vom 16. September 2004 - III ZR 346/03, BGHZ 160, 216, 224).
bb) Die Leichenöffnung sowie die nachfolgenden Untersuchungen durch den Leiter eines rechtsmedizinischen Instituts (oder einen von ihm beauftragten Arzt) stellen sich als Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe dar.
(1) Bei der Ermittlung der Todesursache im Verfahren gemäß §§ 159, 87 ff StPO handelt es sich um eine herausgehobene öffentliche Aufgabe. Wird im Rahmen der landesgesetzlich vorgesehenen allgemeinen Leichenschau ein Anhaltspunkt für einen nicht natürlichen Tod gefunden, ist die Staatsanwaltschaft zu informieren, die daraufhin ein Todesfallermittlungsverfahren einleitet (§ 159 StPO). Hierbei besteht eine Ermittlungspflicht der Staatsanwaltschaft, die sich ihrerseits aus der Verpflichtung des Staates ergibt, sich schützend und fördernd vor das Leben zu stellen (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG, Art. 2 EMRK; s. BVerfG, EuGRZ 2010, 145, 147 f Rn. 22; siehe zur Ermittlungspflicht der Staatsanwaltschaft auch Geerds, MedR 1984, 172, 173; Maiwald, NJW 1978, 561; Ermittlungspflicht voraussetzend ebenfalls: Löwe-Rosenberg/Erb, StPO, 26. Aufl., § 159 Rn. 11). Für die Todesfallermittlung sieht § 87 StPO die Leichenschau und die Leichenöffnung vor. Die Leichenöffnung ist gemäß § 87 Abs. 2 StPO durch zwei Ärzte vorzunehmen, von denen einer Gerichtsarzt oder Leiter eines öffentlichen gerichtsmedizinischen oder pathologischen Instituts oder ein von diesem beauftragter Arzt des Instituts mit gerichtsmedizinischen Fachkenntnissen sein muss. Ergeben sich hiernach Anhaltspunkte für eine Vergiftung, so sind die verdächtigen Stoffe gemäß § 91 StPO durch einen Chemiker oder durch eine für solche Untersuchungen bestehende Fachbehörde zu untersuchen.
(2) Die Obduktion gemäß § 87 Abs. 2 StPO und die toxikologische Untersuchung gemäß § 91 StPO fallen in das engere Feld der eigentlichen Eingriffsverwaltung und zählen wegen der Schwere des Eingriffs zum Kernbereich staatlich-hoheitlicher Aufgaben (Kilian, LKV 2007, 145, 150). Die Regelungen der §§ 87 ff StPO rechtfertigen die Störung der Totenruhe im Sinne von § 168 StGB (SK-StGB/Rudolphi/Rogall, 7. Aufl., § 168 Rn. 14; Welzel, Das Deutsche Strafrecht, 11. Aufl., S. 451) als öffentlich-rechtliche Erlaubnisnorm (Fischer, StGB, 61. Aufl., § 168 Rn. 12; LK-Dippel, StGB, 12. Aufl., § 168 Rn. 53; NK-StGB/Stübinger, 4. Aufl., § 168 Rn. 21).
Für die Einordnung der Gutachtenerstattung gemäß §§ 87, 91 StPO als hoheitliche Betätigung spricht auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes. Nach der bis zum 31. Dezember 1974 geltenden Fassung des § 87 StPO war die Leichenöffnung im Beisein zweier Ärzte, unter denen sich ein Gerichtsarzt befinden musste, vorzunehmen. Durch das Erste Gesetz zur Reform des Strafverfahrensrechts vom 9. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3393) wurde § 87 StPO dahin geändert, dass an Stelle des Gerichtsarztes auch der Leiter eines öffentlichen gerichtsmedizinischen oder pathologischen Instituts oder ein von diesem beauftragter Arzt des Instituts mit gerichtsmedizinischen Fachkenntnissen als Obduzent beteiligt werden kann. Dieser Änderung lag keine veränderte rechtliche Einordnung der Leichenöffnung zugrunde; vielmehr bezweckte sie die qualitative Verbesserung der Leichenuntersuchung und die Entlastung der Gesundheitsämter, denen aufgrund von § 3 Abs. 1 Nr. III des Gesetzes über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens vom 3. Juli 1934 (RGBl. I S. 531) in einigen Ländern die gerichtsärztliche Tätigkeit übertragen worden war (s. BR-Drucks. 117/1/73, S. 6 f).
Die im Rahmen der Todesursachenermittlung durchzuführenden Tätigkeiten der öffentlichen gerichtsmedizinischen Institute, einschließlich der toxikologischen Untersuchungen nach § 91 StPO, sind hiernach einheitlich dem hoheitlichen Aufgabenbereich zuzuordnen.
(3) Die Staatsanwaltschaft W. hat die Obduktion der Leiche durch "das Zentrum der Rechtsmedizin der Universität in F. " angeordnet (s. S. 8 des landgerichtlichen Urteils). Das toxikologische "Hauptgutachten" wurde nicht nur vom Beklagten, sondern auch von dem Direktor des Instituts für Forensische Medizin, Prof. Dr. B., (und einer weiteren Person) erstellt. Der Briefkopf des Gutachtens weist, ebenso wie der für die ergänzende Stellungnahme verwendete Briefkopf, den Beklagten als Leiter des Instituts für Forensische Toxikologie aus. Angesichts dieser unstreitigen beziehungsweise festgestellten Umstände kann es keinem Zweifel unterliegen, dass der Beklagte seine gutachterlichen Stellungnahmen und Äußerungen in seiner Eigenschaft als Institutsleiter und nicht als "Privatmann" abgegeben hat. Die von Vorinstanzen gegen das Vorliegen eines "Behördengutachtens" (vgl. § 256 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StPO) angeführten Argumente sind durchweg nicht tragfähig. Insbesondere ist die Art und Weise der - nach Erteilung und Durchführung des Gutachtenauftrags erfolgten - Liquidation keineswegs das von den Vorinstanzen herausgestellte entscheidende Kriterium bei der Beantwortung der Frage, ob der Beklagte als Institutsleiter oder "privat" tätig geworden ist (vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 2003 - III ZR 217/01, BGHZ 153, 268, 274). Weiterhin ist es bei der Beurteilung, ob der Beklagte sein Gutachten in seiner "amtlichen" Eigenschaft als Institutsleiter erstellt hat, ohne Belang, ob er als beamteter Hochschullehrer gegenüber seinem Dienstherrn zur Erstattung des Gutachtens verpflichtet war, also im Falle einer Ablehnung des Auftrags möglicherweise seine beamtenrechtlichen (Dienst-)Pflichten verletzt hätte.
3. Das Berufungsurteil ist mithin aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden, weil sie zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Klage unterliegt insgesamt der Abweisung, weil der Beklagte in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt hat und deshalb gegenüber dem Kläger nicht persönlich haftet (§ 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 GG).
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Remmert Reiter