Entscheidungsdatum: 15.09.2011
Die gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 TEHG 2004 (siehe jetzt § 9 Abs. 2 Satz 6 TEHG 2011) als Verifizierer tätige sachverständige Person oder Stelle ist Beamter im haftungsrechtlichen Sinn .
Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 2. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 7. Mai 2010 aufgehoben und das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bremen vom 17. April 2009 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin betreibt wie schon ihre Rechtsvorgängerin (im Folgenden werden die Klägerin und deren Rechtsvorgängerin zusammenfassend als Klägerin bezeichnet) in O. ein Werk zur Herstellung von Kartoffelprodukten, in dem zwei mit Gas und alternativ mit Öl befeuerte Kessel sowie eine Nachverbrennungsanlage eingesetzt werden.
Für die drei Einrichtungen existierte ein gemeinsamer geeichter Gasverbrauchszähler des Energieversorgungsunternehmens, der mit einem so genannten Mengenumwerter ausgestattet war. Ein solches Instrument ist erforderlich, um den Verbrauchswert zu ermitteln, der unter Berücksichtigung der Druck- und Temperaturverhältnisse tatsächlich erreicht wird und der für die Zuteilung von Emissionszertifikaten nach dem Treibhausgas-Emissionshandels-gesetz (TEHG) maßgeblich ist. In der Regel liegt der unter Einsatz eines Mengenumwerter abzulesende Wert höher als derjenige, der ohne eine solche Einrichtung angezeigt wird. An den Kesseln und der Nachverbrennungsanlage waren jeweils eigene Verbrauchszähler angebracht, die die Klägerin zur Eigenkontrolle installiert hatte. Diese waren nicht geeicht und verfügten nicht über einen Mengenumwerter.
Im Juli 2004 beauftragte die Klägerin die Beklagte, einen Zuteilungsantrag nach dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz zu verifizieren. In diesem Antrag, der sich auf den ersten Zuteilungszeitraum 2005 bis 2007 bezog, waren gemäß § 7 des Zuteilungsgesetzes 2007 die in der Vergangenheit von dem Betrieb entwickelten Kohlendioxidemissionen anzugeben. Bei einer Besichtigung des Werks der Klägerin registrierte die damit betraute Mitarbeiterin der Beklagten den geeichten Zähler des Energieversorgers und den Mengenumwerter. Da die Klägerin für alle drei Anlagen einen gemeinsamen Zuteilungsantrag stellen wollte, kam es für die Angestellte der Beklagten bei der Ortsbesichtigung nur auf diesen Zähler an.
Nachdem die Emissionshandelsstelle des Umweltbundesamts der Klägerin im September 2004 mitgeteilt hatte, dass die Nachverbrennungsanlage für die Zuteilung der Zertifikate in die Berechnungen nicht einbezogen werden dürfe, stellte die Klägerin ihren Zuteilungsantrag auf die beiden Kessel um. Mit der Verifizierung des neuen Antrags betraute die Klägerin ebenfalls die Beklagte. Die Parteien kamen dabei überein, auf eine neue Ortsbesichtigung zu verzichten. Die Klägerin übermittelte der Beklagten stattdessen die von den - nicht geeichten und nicht mit Mengenumwertern ausgestatteten - Zählern der beiden Kessel abgelesenen Werte. Die Beklagte prüfte deren Plausibilität und verifizierte die Angaben sodann in ihrem Prüfbericht. Auf der Grundlage dieses verifizierten zweiten Antrags wurden der Klägerin für die Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 35.766 Emissionsberechtigungen zugeteilt.
Zur Verifizierung des Emissionsberichts im ersten Jahr der Zuteilungsperiode beauftragte die Klägerin einen anderen Sachverständigen. Dieser gab an, die im Werk der Klägerin entwickelten Treibhausgasemissionen seien im zweiten Zuteilungsantrag um etwa 13 bis 18 % zu niedrig angegeben worden. Ursache hierfür sei, dass der Verbrauch anhand der nicht mit Mengenumwertern ausgestatteten Zähler an den beiden Kesseln ermittelt worden sei.
Da die Klägerin somit nicht über eine ausreichende Menge von Zertifikaten für die von ihrem Betrieb ausgehenden Kohlendioxidemissionen verfügte, erlegte ihr das Umweltbundesamt durch Bescheid vom 10. Dezember 2007 Zahlungen gemäß § 18 Abs. 1 TEHG (in der damals geltenden Fassung) auf und stellte fest, dass sie 2.289 zusätzliche Emissionsberechtigungen abzugeben habe. Über die von der Klägerin hiergegen erhobenen Rechtsmittel ist noch nicht abschließend entschieden worden.
Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte sei bei der Verifizierung der Angaben zu den ursprünglichen Kohlendioxidemissionen im zweiten Antrag fehlerhaft verfahren, und meint deshalb, die Beklagte sei ihr zum Ersatz des hieraus folgenden Schadens verpflichtet. Ihre auf Feststellung des Schadensersatzanspruchs gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen Erfolg gehabt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision.
Die zulässige Revision hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist unbegründet und deshalb unter Aufhebung des Berufungsurteils und Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung abzuweisen.
I.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagte hafte auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB wegen Verletzung von Pflichten, die ihr aus einem mit der Klägerin geschlossenen Werkvertrag erwachsen seien. Die Beklagte habe die Klägerin pflichtwidrig nicht darauf aufmerksam gemacht, dass die Verbrauchsmengen nach dem Normwert zu ermitteln waren, das heißt nach dem Verbrauchswert (Normvolumen in Nm³), wie er unter Berücksichtigung der Druck- und Temperaturverhältnisse tatsächlich erreicht werde und nur unter Einsatz eines Mengenumwerters abgelesen werden könne. Die Beklagte habe als Sachverständige die Ableseergebnisse der Klägerin nicht einfach übernehmen dürfen. Vielmehr hätte sie sich über deren Grundlagen ihre eigene Überzeugung verschaffen müssen, wie sich aus der maßgeblichen Prüfungsrichtlinie ergebe. Diese bestimme zudem, dass der Sachverständige grundsätzlich eine Inaugenscheinnahme der Anlage und der Tätigkeiten vor Ort vorzunehmen habe. Da die Beklagte nicht habe damit rechnen dürfen, dass die Klägerin als Betreiberin der Anlage über die einschlägigen Kenntnisse verfügt habe, habe sie sich nicht auf deren Angaben verlassen dürfen, sondern hätte eine erneute Ortsbesichtigung durchführen müssen. Es entlaste die Beklagte auch nicht, dass die Klägerin möglicherweise eine zweite Besichtigung abgelehnt habe. Es wäre Aufgabe der Beklagten gewesen, den betreffenden Mitarbeiter der Klägerin von der Notwendigkeit einer zweiten Inaugenscheinnahme zu überzeugen oder das Testat zu verweigern. Ein Mitverschulden der Klägerin scheide aus.
II.
Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Wenn die Beklagte, wie das Berufungsgericht angenommen hat, bei der Verifizierung der Verbrauchsangaben in dem zweiten Zuteilungsantrag gegen Pflichten verstieß, die ihr gegenüber der Klägerin oblagen, ist sie für etwaig hieraus folgende Schadensersatzansprüche nicht passiv legitimiert. Vielmehr trifft in diesem Fall die Haftung gemäß Art. 34 Satz 1 GG die Bundesrepublik Deutschland. Denn die Tätigkeit einer gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 des für den Streitfall noch maßgeblichen Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG) vom 8. Juli 2004 (BGBl. I S. 1578; fortan TEHG 2004) - siehe jetzt § 9 Abs. 2 Satz 6 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes vom 21. Juli 2011 (BGBl. I S. 1475; fortan TEHG 2011) - als Verifizierer tätigen sachverständigen Person oder Stelle ist als die Ausübung eines öffentlichen Amts für das nach § 20 Abs. 1 Satz 2 TEHG 2004 zuständige Umweltbundesamt zu qualifizieren.
1. In der Kommentarliteratur zum Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz ist umstritten, ob der Verifizierer lediglich privatrechtliche Beziehungen zum Anlagenbetreiber unterhält (so Frenz, Emissionshandelsrecht, 2. Aufl., § 10 TEHG Rn. 11; Körner in Körner/Vierhaus, TEHG, § 10 Rn. 15) oder ob die Tätigkeit des Sachverständigen als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren ist (so Schweer/v. Hammerstein, TEHG, § 10 Rn. 20 ff). Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung.
2. Ob sich das Handeln einer Person als Ausübung eines öffentlichen Amts darstellt, bestimmt sich nach der ständigen Rechtsprechung des Senats danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn der Betreffende tätig wird, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist und ob zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls als noch dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muss. Dabei ist nicht auf die Person des Handelnden, sondern auf seine Funktion, das heißt auf die Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall auszuübende Tätigkeit dient, abzustellen (z.B. Senatsurteile vom 4. Juni 1992 - III ZR 93/91, BGHZ 118, 304, 305; vom 22. März 2001 - III ZR 394/99, BGHZ 147, 169, 171; vom 22. Juni 2006 - III ZR 270/05, VersR 2006, 1684 Rn. 7; vom 14. Mai 2009 - III ZR 86/08, BGHZ 181, 65 Rn. 10; Senatsbeschluss vom 31. März 2011 - III ZR 339/09, NVwZ-RR 2011, 556 Rn. 7 jeweils mwN). Nach der Senatsrechtsprechung ist es dabei zur Einstufung der Tätigkeit eines Prüfers als Ausübung eines öffentlichen Amts nicht erforderlich, dass er selbst (zwangsweise durchsetzbare) Maßnahmen gegen die von seiner Prüftätigkeit betroffenen Personen ergreifen kann (z.B. Senatsurteil vom 22. März 2001 aaO S. 176). Es genügt vielmehr, dass seine Arbeit mit der Verwaltungstätigkeit einer Behörde auf das Engste zusammenhängt und er in diese so maßgeblich eingeschaltet ist, dass seine Prüfung geradezu einen Bestandteil der von der Behörde ausgeübten und sich in ihrem Handeln niederschlagenden hoheitlichen Tätigkeit bildet (z. B. Senatsurteil vom 14. Mai 2009 aaO Rn. 18 mwN und Senatsbeschluss vom 31. März 2011 aaO Rn. 9).
Als Ausübung eines öffentlichen Amts wurden demgemäß zum Beispiel Prüfungstätigkeiten der Kraftfahrzeugsachverständigen im Rahmen von § 21 StVZO (BGH, Urteil vom 30. November 1967 - VII ZR 34/65, BGHZ 49, 108, 110 ff; Senatsurteile vom 11. Januar 1973 - III ZR 32/71 - NJW 1973, 458; vom 25. März 1993 - III ZR 34/92, BGHZ 122, 85, 87 ff; vom 22. März 2001 - III ZR 394/99, BGHZ 147, 169, 171 ff), § 29 StVZO (Senatsurteil vom 22. März 2001 aaO) und § 47a StVZO (OLG Schleswig, NJW 1996, 1218 f; siehe auch den Hinweis des Senats im Urteil vom 22. März 2001 aaO, S. 178), ferner der Sachverständigen nach der Prüfordnung für Luftfahrtgerät (Senat aaO S. 174 ff), der Prüfingenieure für Baustatik (Senatsurteil vom 27. Mai 1963 - III ZR 48/62, BGHZ 39, 358) sowie der TÜV-Sachverständigen bei der Vorprüfung überwachungsbedürftiger Anlagen nach § 24 GewO a.F. i.V.m. §§ 9, 11 der mittlerweile außer Kraft getretenen Druckbehälterverordnung (Senatsurteil vom 25. März 1993 aaO, S. 89 ff; OLG Karlsruhe, VersR 2007, 498) eingestuft. Demgegenüber hat der Senat entschieden, dass die Tätigkeit des Sachkundigen, der mit der wiederkehrenden Prüfung nach § 26 Abs. 1 Satz 1 der berufsgenossenschaftlichen Unfallverhütungsvorschrift für Krane betraut ist, und diejenige eines Prüfers, der Bescheinigungen zur Zuerkennung des Zeichens "GS = geprüfte Sicherheit" erteilt, nicht die Ausübung eines öffentlichen Amts darstellen, weil die betreffenden Personen nicht im Pflichtenkreis der jeweiligen Behörde tätig werden (Senatsurteil vom 14. Mai 2009 - III ZR 86/08, BGHZ 181, 65 Rn. 11 ff und Senatsbeschluss vom 31. März 2011 - III ZR 339/09, NVwZ-RR 2011, 556 Rn. 10 ff).
3. Nach den vorstehenden Maßstäben nimmt der im Zuteilungsverfahren nach dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz tätige Verifizierer ein öffentliches Amt im Sinne von Art. 34 Satz 1 GG und § 839 Abs. 1 BGB wahr. Seine Aufgaben sind in wenigstens gleicher Weise eng mit dem hoheitlichen Handeln einer Behörde verbunden, wie diejenigen der Sachverständigen, deren Tätigkeiten der Senat bereits als Ausübung eines öffentlichen Amts qualifiziert hat.
a) Zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem so genannten Kyotoprotokoll hat die Europäische Gemeinschaft die Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie des Rates 96/61/EG (Emissionshandelsrichtlinie, ABl Nr. L 275 vom 25. Oktober 2003, S. 32) erlassen, die einen Handel mit Berechtigungen zur Emission von Treibhausgasen ab dem Jahr 2005 vorsieht. Ihrer Umsetzung dienen in Deutschland insbesondere das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz und - für den hier in Rede stehenden Zeitraum von 2005 bis 2007 - das Gesetz über den nationalen Zuteilungsplan für Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 (Zuteilungsgesetz 2007 - ZuG 2007) vom 26. August 2004 (BGBl. I S. 2211).
Nach diesen Bestimmungen (siehe hierzu BVerfG [3. Kammer des Ersten Senats], Beschluss vom 10. Dezember 2009 - 1 BvR 3151/07, juris Rn. 3 ff, insoweit nicht in NVwZ 2010, 435 abgedruckt) bedarf die Freisetzung von Kohlendioxid durch bestimmte unter den Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes fallende Tätigkeiten (§ 2 TEHG 2004 und 2011) einer Emissionsgenehmigung (§ 4 Abs. 1 TEHG 2004 und 2011). Der Verantwortliche ist verpflichtet, bis zum 30. April eines jeden Jahres eine Anzahl von Emissionsberechtigungen an das Umweltbundesamt als zuständige Behörde abzuliefern, die den durch seine Tätigkeit im vorangegangenen Kalenderjahr verursachten Emissionen entspricht (§ 6 Abs. 1 TEHG 2004., § 7 Abs. 1 TEHG 2011). Die Verantwortlichen haben allerdings nach § 9 Abs. 1 TEHG 2004 (§§ 9, 11 bis 13 TEHG 2011) für jede Tätigkeit im Sinne des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes einen Anspruch auf Zuteilung von Berechtigungen nach Maßgabe des jeweiligen Zuteilungsgesetzes. Um die Berechtigungen zu erhalten, muss der Anlagenbetreiber einen Antrag beim Umweltbundesamt stellen (§ 10 Abs. 1 TEHG 2004, § 9 Abs. 2 TEHG 2011). Die Angaben im Zuteilungsantrag müssen von einer von der zuständigen Behörde bekannt gegebenen sachverständigen Stelle verifiziert worden sein (§ 10 Abs. 1 Satz 2 und 3 TEHG 2004; jetzt § 9 Abs. 2 Satz 6 TEHG 2011). Die Berechtigungen werden dann aufgrund einer Entscheidung, die sich auf die jeweilige Zuteilungsperiode bezieht, dem Verantwortlichen zugeteilt und jährlich in Teilmengen an diesen ausgegeben (§ 9 Abs. 2 TEHG 2004; siehe nunmehr § 9 Abs. 4, § 14 TEHG 2011).
Die Anträge für die erste Zuteilungsperiode waren innerhalb von drei Wochen nach Inkrafttreten des Gesetzes über den nationalen Zuteilungsplan zu stellen (§ 10 Abs. 3 Satz 1 TEHG 2004). Dieses Gesetz trat am 31. August 2004 in Kraft (vgl. § 24 ZuG 2007). Die Zuteilungsentscheidungen für die Periode 2005 bis 2007 mussten spätestens sechs Wochen nach Ablauf der Antragsfrist ergehen (vgl. § 10 Abs. 4 Satz 2 TEHG 2004). Eine Zuteilung sollte nach § 17 ZuG 2007 nur erfolgen, wenn die Richtigkeit der Angaben des Betreibers ausreichend gesichert war. Für bestehende Anlagen erging die Zuteilung der - kostenlosen, vgl. § 18 Satz 1 ZuG 2007 - Berechtigungen grundsätzlich auf der Basis ihrer historischen Emissionen (§ 7 ZuG 2007).
b) Innerhalb dieser Verfahrensabläufe stellt sich die dem Verifizierer obliegende Überprüfung der Angaben des Antragstellers als eine mit dem Pflichtenkreis des Umweltbundesamts auf das Engste zusammenhängende Verrichtung dar, die geradezu einen Bestandteil der hoheitlichen Tätigkeit dieser Behörde ausmacht.
aa) Der Verifizierer hat nicht die Aufgabe, die für die Antragstellung erforderlichen Angaben über den Verbrauch von Kohlendioxid emittierenden Stoffen für den Betreiber zu ermitteln. Dies ist mittlerweile auch zwischen den Parteien nicht mehr streitig. Im Gegenteil schließt eine solche Tätigkeit des Sachverständigen seine Einschaltung als Verifizierer nach Abschnitt C 2.2 der Prüfungsrichtlinien des Umweltbundesamts zur Verifizierung von Zuteilungsanträge (im Internet abrufbar unter der Adresse http://www.dehst.de/SharedDocs/Downloads/Archiv/Sachverstaendige/SV§Pruefungsrichtlinie§Zuteilung.html) aus (siehe auch § 14 Abs. 6 Satz 1 der Verordnung über die Zuteilung von Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 vom 31. August 2004 [Zuteilungsverordnung 2007 - ZuV 2007, BGBl. I S. 2255]). Vielmehr obliegt es dem Verifizierer gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 ZuV 2007, die im Zuteilungsantrag bereits enthaltenen tatsachenbezogenen Angaben auf ihre Richtigkeit hin und "den Antrag als Ganzes sowie die ihm vorgelegten Nachweise jeweils auf ihre innere Schlüssigkeit und Glaubwürdigkeit zu überprüfen". Er ist hierbei zur Unparteilichkeit und Unabhängigkeit sowie zur objektiven Aufgabenerfüllung verpflichtet (Abschnitt C 2.1 der Prüfungsrichtlinien, vgl. auch § 14 Abs. 6 Satz 1 ZuV 2007).
Die unabhängige und objektive Beurteilung der Richtigkeit der Angaben des Antragstellers im Zuteilungsverfahren stellt jedoch eine originäre Aufgabe des Umweltbundesamts dar. Dieses hat nach § 17 Satz 1 ZuG 2007 die Richtigkeit der nach dem Gesetz erforderlichen Angaben zu überprüfen (siehe auch § 15 Satz 1 ZuG 2012). Nach Satz 2 (in der seit dem 28. Juli 2011 geltenden Fassung: Satz 3) dieser Bestimmung darf die Behörde die Berechtigungen zu dem in § 10 Abs. 4, 1. Halbsatz TEHG 2004 bestimmten Zeitpunkt nur erteilen, soweit die Richtigkeit der Angaben ausreichend gesichert ist. Die Letztentscheidung über den Zuteilungsantrag bleibt somit bei der Behörde, der insbesondere eine stichprobenartige Prüfung der verifizierten Anträge obliegt (Regierungsbegründung des Entwurfs des TEHG, BR-Drucks. 14/04 S. 26 f). Gleiches gilt für Bewertungen mit erheblichem Entscheidungsspielraum, bei denen der Verifizierer nur die tatsächlichen Grundlagen zu überprüfen hat (§ 14 Abs. 2 Satz 1 ZuV 2007; Abschnitt B der Prüfungsrichtlinien) und für Zweifelsfälle (Regierungsbegründung aaO). Weiterhin ist das Umweltbundesamt nach § 11 Abs. 1 Satz 1 TEHG 2004 berechtigt, die Richtigkeit der im Zuteilungsverfahren gemachten Angaben auch nachträglich zu überprüfen. Hierzu ist es nach Satz 2 dieser Vorschrift verpflichtet, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Zuteilungsentscheidung auf unrichtigen Angaben beruht.
Die Aufgaben des Verifizierers und des Umweltbundesamts im Zuteilungsverfahren nach dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz überschneiden sich demnach weitgehend. Der Verifizierer nimmt Pflichten wahr, die an sich dem Umweltbundesamt obliegen. Die Behörde ist infolge der Verifizierung von ihrer Pflicht, die Richtigkeit der Angaben in den Zuteilungsanträgen selbst zu prüfen, weitgehend entbunden. Der Sachverständige wird bei der Überprüfung der Richtigkeit der Angaben der Antragsteller anstelle der Behörde tätig und verschafft dieser durch die Verifizierung die für deren Zuteilungsentscheidung notwendigen tatsächlichen Grundlagen (Schweer/v. Hammerstein, TEHG, § 10 Rn. 17). Der Verifizierer ist auf diese Weise zur Unterstützung und Entlastung (vgl. Frenz, Emissionshandelsrecht, 2. Aufl., § 10 TEHG Rn. 11; Schweer/v. Hammerstein, aaO) des Amts in dessen behördliches Verfahren einbezogen. Die Verifizierung der Antragsangaben stellt sich damit als notwendiger - an sich originär von der Behörde zu leistender - Bestandteil deren Verwaltungshandelns dar. Dadurch, dass diese Aufgabe zur Entlastung des Umweltbundesamts auf Private verlagert wurde, büßt sie ihren öffentlich-rechtlichen Charakter nicht ein.
Dieser Befund wird durch die europarechtlichen Rahmenbedingungen gestützt, die dem Gesetzgebungsverfahren zugrunde lagen. Zwischen dem Ablauf der Frist für die Prüfung des Zuteilungsplans durch die Europäische Kommission und dem spätesten Zeitpunkt für die Zuteilungsentscheidung lagen nach den Vorgaben der Art. 9 Abs. 1 und 3 sowie Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2003/87/EG nur drei Monate. Innerhalb dieses kurzen Zeitraums waren die erforderlichen Rechtsverordnungen zu erlassen, die Anträge zu stellen und die Zuteilungsentscheidungen zu treffen (vgl. BR-Drucks. 14/04 S. 27). Die Behörde sollte dessen ungeachtet gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 ZuG 2007 nur berechtigt sein, die Emissionsberechtigungen zuzuteilen, wenn und soweit ausreichend gesichert war, dass die Angaben der Antragsteller zutrafen. Hieraus erklärt sich die Notwendigkeit, externe Verifizierer einzuschalten, um einerseits die engen zeitlichen Vorgaben einhalten zu können und andererseits gleichwohl die erforderliche Richtigkeit der Zuteilungsentscheidung zu gewährleisten. Dies entspricht auch dem der Richtlinie vorangegangenen Grünbuch der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zum Handel mit Treibhausgasemissionen in der Europäischen Union vom 8. März 2000 (KOM (2000) 87 endgültig). Danach sollten die Mitgliedstaaten über ihre nationalen Behörden für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des Emissionshandels verantwortlich sein. Um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren, sollte es ermöglicht werden, in den Mitgliedstaaten "Betriebsprüfer aus der Privatwirtschaft in den Prüfungsprozess" einzubeziehen (aaO S. 28). Auch hieraus ergibt sich, dass die sachverständigen Stellen im Aufgabenbereich der nationalen Behörden tätig werden sollten und lediglich zu deren Entlastung eingeschaltet werden.
Die Übertragung der Pflichten, die an sich der Behörde obliegen, auf private Verifizierer beruhte damit nicht auf inhaltlichen, sondern auf verfahrenstechnischen Gründen. Dies spricht ebenfalls gegen die Veränderung des öffentlich-rechtlichen Charakters der Prüfungstätigkeit.
Auch die Regierungsbegründung zum Entwurf des § 10 TEHG 2004 geht davon aus, dass die Tätigkeit der Verifizierer Bestandteil des behördlichen Zuteilungsverfahrens ist. Danach werden, wie zur Berichterstattung nach § 5 TEHG-E, private Verifizierer "zur Überprüfung der Zuteilungsanträge … eingeschaltet" (BR-Drucks. 14/04 S. 26). Die unmittelbar anschließenden Ausführungen der Begründung befassen sich mit den Aufgaben des zuständigen Amts. Hieraus folgt, dass mit dem "Einschalten" der Verifizierer deren Einbeziehung in die Wahrnehmung der behördlichen Prüfungspflichten gemeint ist.
Schließlich bedürfen die Verifizierer, um nach § 10 Abs. 1 Satz 3 TEHG 2004/§ 9 Abs. 2 Satz 6 TEHG 2011 tätig werden zu können, ebenso wie die Sachverständigen, deren Tätigkeit der Senat als die Wahrnehmung eines öffentlichen Amts qualifiziert hat (siehe Nachweise oben unter Nummer 2), der amtlichen Bestellung (§ 10 Abs. 1 Satz 4 TEHG 2004 i.V.m. §§ 9 ff UAG bzw. § 36 Abs. 1 GewO; siehe jetzt § 21 Abs. 2 TEHG 2011 i.V.m. §§ 9 ff UAG bzw. § 36 Abs. 1 GewO), ohne dass dies allerdings allein zur Anwendung des Art. 34 Satz 1 GG führt (vgl. Senatsurteil vom 22. März 2001 - III ZR 394/99, BGHZ 147, 169, 175).
bb) (1) Der Einordnung der Tätigkeit der Verifizierer nach § 10 Abs. 1 Satz 3 TEHG 2004 als Wahrnehmung eines öffentlichen Amts steht nicht entgegen, dass dem Umweltbundesamt eigene Prüfungskompetenzen und die Letztentscheidung verbleiben. Es genügt, wenn der Sachverständige maßgeblichen Einfluss auf den Ausgang der Behördenentscheidung hat (vgl. Senatsurteile vom 25. März 1993 - III ZR 34/92, BGHZ 122, 85, 88; vom 22. März 2001 - III ZR 394/99, BGHZ 147, 169, 172 und vom 14. Mai 2009 - III ZR 86/08, BGHZ 181, 65 Rn. 18; BGH, Urteil vom 30. November 1967 - VII ZR 34/65, BGHZ 49 108, 112). Dies ist bei den Verifizierern im Zuteilungsverfahren nach dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz der Fall. Verweigert der Sachverständige sein Testat, scheidet die Zuteilung von Emissionsberechtigungen durch das Umweltbundesamt grundsätzlich aus (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 3 TEHG 2004; § 9 Abs. 2 Satz 6 TEHG 2011; siehe auch Schweer/v. Hammerstein, TEHG, § 10 Rn. 17). Erteilt er hingegen die Bestätigung, wird die Richtigkeit der Angaben des Antragstellers von der Behörde in aller Regel nicht mehr in Zweifel gezogen und nur noch stichprobenmäßig (erneut) überprüft werden (vgl. BR-Drucks. 14/04 S. 26 f).
(2) Unbeachtlich ist weiter, dass der Sachkundige die Überprüfung nicht auf Ansuchen der Behörde, sondern auf Veranlassung des Antragstellers vornimmt. Ein auf den Einzelfall bezogener Auftrag durch die öffentliche Verwaltung ist jedenfalls dann entbehrlich, wenn Funktion und Aufgabenbereich des Sachverständigen durch öffentlich-rechtliche Normen hinreichend bestimmt sind (Senatsurteil vom 22. März 2001 - III ZR 394/99, BGHZ 147, 169, 175; vgl. auch BGH, Urteil vom 30. November 1967 - VII ZR 34/65, BGHZ 49, 108, 116 f). Diese Voraussetzung ist für den Verifizierer im Zuteilungsverfahren erfüllt. Seine Aufgaben und Funktionen ergeben sich dem Grunde nach aus § 10 Abs. 1 Satz 3 TEHG 2004 (§ 9 Abs. 2 Satz 6 TEHG 2011) und sind in § 14 ZuV 2007 (siehe auch § 20 ZuV 2012) im Detail geregelt. In der letztgenannten Bestimmung sind außer den Aufgaben des Sachverständigen auch Regelungen über seine Arbeitsweise und formale Erfordernisse des Testats enthalten. Darüber hinaus hat das Umweltbundesamt die Überprüfungsmethoden und -richtwerte im Einzelnen in seinen Prüfungsrichtlinien für die Verifizierung von Zuteilungsanträgen festgelegt.
Dass der Sachverständige vom Antragsteller und nicht von der Behörde vergütet wird, ist, nicht anders als bei den "TÜV-Sachverständigen", unbeachtlich. Ebenso ist es ohne Belang, dass eine Regressnorm zugunsten des Staates bei Pflichtverletzungen des Verifizierers fehlt (vgl. Senatsurteil vom 22. März 2001 - III ZR 394/99, BGHZ 147, 169,178).
4. Nach Art. 34 Satz 1 GG trifft die Verantwortlichkeit für in Ausübung eines öffentlichen Amts begangene Pflichtverletzungen grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst der Amtsträger steht. Diese Anknüpfung versagt allerdings, wenn, wie im vorliegenden Rechtsstreit, kein Dienstherr vorhanden ist. In einem solchen Fall ist darauf abzustellen, wer dem Amtsträger die konkrete Aufgabe, bei deren Erfüllung er gefehlt hat, anvertraut und ihn damit zur Mitwirkung bei der Erfüllung ihrer hoheitlichen Aufgabe berufen hat (z.B. Senatsurteile vom 15. Januar 1987 - III ZR 17/85, BGHZ 99, 326, 330 und vom 2. Februar 2006 - III ZR 131/05, VersR 2006, 698 Rn. 9; vgl. auch Senatsurteil vom 16. September 2004 - III ZR 346/03, BGHZ 160, 216, 228). Dies ist im Streitfall die Bundesrepublik Deutschland, da die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Verifizierer im Zuteilungsverfahren nach dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz bei der Wahrnehmung der hoheitlichen Aufgaben des Umweltbundesamts mitwirkt. Auf die Behörde, welche die Zulassung beziehungsweise Bestellung des Verifizierers nach §§ 9 ff UAG oder § 36 Abs. 1 GewO vorgenommen hat, kommt es nicht an. Die Zulassung oder Bestellung verschafft dem Sachverständigen nur die gemäß § 10 Abs. 1 Satz 4 TEHG 2004 erforderliche Befähigung als Verifizierer, nicht aber das öffentliche Amt, mit welchem er im Wirkungskreis des Umweltbundesamts tätig wird.
Schlick Dörr Herrmann
Hucke Tombrink