Entscheidungsdatum: 22.11.2018
1. Den Formwechsel eines Einzelunternehmens in eine Ein-Mann-GmbH sieht § 191 Abs. 1 UmwG nicht vor. Durch die Beurkundung eines solchen Formwechsels eines grundbesitzenden Einzelunternehmens kann die Entstehung von Grunderwerbsteuer nicht vermieden werden.
2. Auf nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Erwerbsvorgänge findet die Steuervergünstigung des § 6a Satz 1 GrEStG keine Anwendung.
3. Die Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 12 GrEStG, der die rückwirkende Geltung des § 6a Satz 1 GrEStG n.F. für nach dem 6. Juni 2013 verwirklichte Erwerbsvorgänge anordnet, ist nicht ernstlich zweifelhaft.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 12. Dezember 2017 12 V 12223/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
I.
A betrieb unter der Firma AT e.K. ein Einzelunternehmen, zu dem Grundbesitz gehörte. Mit notariell beurkundetem "Umwandlungsbeschluss" vom 20. August 2013 erklärte er, das Einzelunternehmen werde gemäß den §§ 190 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG) formwechselnd in die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin), eine GmbH, umgewandelt. In dem mitbeurkundeten Gesellschaftsvertrag ist bestimmt, dass A sämtliche Geschäftsanteile der GmbH "gegen Einbringung des Einzelunternehmens gemäß Sachgründungsbericht" übernimmt. Nach dem Sachgründungsbericht wird das Stammkapital gemäß § 5 Abs. 4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) durch Sacheinlagen erbracht. Aus dem Sachgründungsbericht geht hervor, dass "durch die Einbringung der Grundstücke" das gezeichnete Stammkapital weit übertroffen wird und der Sachgründung ein Sachverständigengutachten zum Grundbesitz zugrunde liegt. Im September 2013 wurde die Antragstellerin mit der Bemerkung "... entstanden durch formwechselnde Umwandlung der AT e.K. ..." in das Handelsregister eingetragen.
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 8. August 2017 Grunderwerbsteuer mit der Begründung fest, die Antragstellerin habe am 20. August 2013 Grundbesitz durch Einbringung erworben. Der Erwerbsvorgang unterliege gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) der Grunderwerbsteuer.
Mit dem Einspruch machte die Antragstellerin geltend, sie sei, wie sich auch dem Handelsregister entnehmen lasse, durch identitätswahrenden Formwechsel entstanden. Eine grunderwerbsteuerbare Vermögensübertragung habe nicht stattgefunden. Der Umwandlungsbeschluss enthalte keine Verpflichtung zur Übertragung eines Grundstücks; ein Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG liege daher nicht vor. Über den Einspruch ist bislang nicht entschieden worden.
Die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Grunderwerbsteuerbescheids lehnte das FA ab. Der beim Finanzgericht (FG) gestellte AdV-Antrag wurde gleichermaßen abgelehnt. Das FG folgte dem FA darin, dass ein Formwechsel ausscheide, weil ein Einzelkaufmann nicht zu den in § 191 Abs. 1 UmwG genannten Rechtsträgern gehöre. Die Regelung des § 202 Abs. 3 UmwG bewirke zwar, dass das Unternehmen des A in der Rechtsform der GmbH fortbestehe. Sie gestatte aber nicht, vom Vorliegen eines Formwechsels mit der Folge der Nichtsteuerbarkeit auszugehen. Auch könne --im Wege der Auslegung oder Umdeutung-- keine nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG steuerbare Ausgliederung (§ 152 UmwG) angenommen werden. Der streitgegenständliche Vorgang sei vielmehr als Einbringung des Einzelunternehmens des A in die Antragstellerin zu beurteilen. Angesichts dessen habe das FA zu Recht einen gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbaren Erwerb, der nicht von § 6a Satz 1 GrEStG erfasst werde, bejaht.
Mit ihrer vom FG zugelassenen Beschwerde, der das FG nicht abgeholfen hat, verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts. Grunderwerbsteuer sei nicht entstanden, da der Formwechsel durch Eintragung der Antragstellerin in das Handelsregister tatsächlich vollzogen worden sei. Wenn das FG eine Übertragung von Grundbesitz auf einen anderen Rechtsträger annehme, gehe es von "stärkeren" Rechtswirkungen aus, als sie ein Formwechsel zeitige. Nur ein solcher sei aber beurkundet worden. Zudem habe das Gericht den Sinn und Zweck der Steuervergünstigung nach § 6a GrEStG verkannt.
Die Antragstellerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Vollziehung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 8. August 2017 bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache auszusetzen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
II.
Die nach § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthafte Beschwerde ist unbegründet und war daher zurückzuweisen. Eine AdV des Grunderwerbsteuerbescheids ist nicht zu gewähren.
1. An der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheids bestehen keine ernstlichen Zweifel.
a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ganz oder teilweise aussetzen. Die AdV soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Bescheids neben den für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung entscheidungserheblicher Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Februar 2018 II B 75/16, BFH/NV 2018, 706, Rz 31, und vom 5. Juli 2018 II B 122/17, BFH/NV 2018, 1124, Rz 10).
b) Das FA hat zutreffend einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbaren Erwerbsvorgang angenommen.
aa) Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, soweit sich diese Rechtsvorgänge auf inländische Grundstücke beziehen. Ein Vertrag, durch den die Verpflichtung begründet wird, Grundstücke auf eine Gesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten zu übertragen, ist im Sinne dieser Vorschrift ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet (BFH-Beschluss vom 4. Mai 2011 II B 151/10, BFH/NV 2011, 1395, Rz 8).
bb) Mit dem "Umwandlungsbeschluss" vom 20. August 2013 und dem mitbeurkundeten Gesellschaftsvertrag hat sich A zur Übereignung des zu seinem Einzelunternehmen gehörenden Grundbesitzes auf die Antragstellerin verpflichtet.
(1) Willenserklärungen sind grundsätzlich Gegenstand der tatsächlichen Feststellungen. Das Tatsachengericht hat insbesondere zu ermitteln, was die Erklärenden geäußert haben und was sie bei der Erklärungshandlung subjektiv gewollt haben (z.B. BFH-Urteil vom 18. Oktober 2006 XI R 42/04, BFH/NV 2007, 1283, unter II.2.a aa). Im Beschwerdeverfahren über die Ablehnung eines Antrags auf AdV durch das FG hat der BFH als Tatsachengericht grundsätzlich selbst die Befugnis und Pflicht zur Tatsachenfeststellung (z.B. BFH-Beschlüsse vom 3. März 2009 X B 197/08, BFH/NV 2009, 961, unter II.1.b, und vom 10. Januar 2013 XI B 33/12, BFH/NV 2013, 783, Rz 19). Der BFH ist daher auch zur Auslegung von Willenserklärungen und Verträgen berechtigt.
Nach § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist bei der Auslegung von Willenserklärungen der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Außerdem sind nach § 157 BGB Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Zu berücksichtigen sind der sprachliche Zusammenhang der abgegebenen Willenserklärungen, die Stellung der auslegungsbedürftigen Formulierung im Gesamtzusammenhang des Textes und sämtliche Begleitumstände (z.B. BFH-Urteile in BFH/NV 2007, 1283, unter II.2.a aa; vom 2. April 2008 X R 61/06, BFH/NV 2008, 1491, unter II.2.d aa). Im Zweifel ist eine Erklärung so auszulegen, dass dasjenige gewollt ist, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und der recht verstandenen Interessenlage des Erklärenden entspricht (BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1283, unter II.2.a aa).
(2) Unter Beachtung dieser Grundsätze sind die Erklärungen des A bei summarischer Prüfung dahin zu verstehen, dass er sich zur Übertragung u.a. des streitgegenständlichen Grundbesitzes auf die Antragstellerin gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten verpflichtet hat.
Das ergibt sich aus dem Gesellschaftsvertrag der Antragstellerin, der Bestandteil des notariell beurkundeten Umwandlungsbeschlusses ist. Darin verpflichtet sich A, die Geschäftsanteile der Antragstellerin "gegen Einbringung des Einzelunternehmens gemäß Sachgründungsbericht" zu übernehmen. Mit dem Terminus der "Einbringung" ist im Streitfall die Übertragung der betrieblichen Aktiva und Passiva auf die Antragstellerin im Wege der Einzelrechtsnachfolge gemeint. Dafür spricht der Inhalt des Sachgründungsberichts, in dem es heißt, das Stammkapital werde gemäß § 5 Abs. 4 GmbHG durch Sacheinlagen erbracht. Zudem ist im Sachgründungsbericht ausgeführt, dass durch die "Einbringung der Grundstücke" das gezeichnete Stammkapital weit übertroffen wird.
Der Auslegung der von A abgegebenen Erklärungen als Einbringung steht nicht entgegen, dass laut Umwandlungsbeschluss vom 20. August 2013 die Einzelfirma formwechselnd nach §§ 190 ff. UmwG in die Antragstellerin, eine GmbH, umgewandelt werden sollte. Ein Formwechsel (§ 1 Abs. 1 Nr. 4, § 190 Abs. 1 UmwG) zeichnet sich dadurch aus, dass an ihm nur ein Rechtsträger beteiligt ist und demgemäß keine Übertragung von Vermögensgegenständen auf einen anderen Rechtsträger stattfindet (Prinzipien der Identität des Rechtsträgers, der Kontinuität seines Vermögens und der Diskontinuität seiner Verfassung; vgl. BFH-Beschluss vom 4. Dezember 1996 II B 116/96, BFHE 181, 349, BStBl II 1997, 661). Den von A erklärten Formwechsel sieht die Rechtsordnung indes nicht vor. Weder ein Einzelunternehmen noch der Einzelunternehmer als natürliche Person gehören zu den in § 191 Abs. 1 UmwG aufgeführten formwechselnden Rechtsträgern. Das mit dem "Umwandlungsbeschluss" verfolgte Ziel, das Einzelunternehmen als Ein-Mann-GmbH fortzuführen, konnte A nur auf andere Weise erreichen. Möglich waren eine Ausgliederung als Unterart der Spaltung (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 123 Abs. 3 Nr. 2, § 152 Satz 1 UmwG) oder eine Übertragung sämtlicher Vermögensgegenstände und Schulden des Einzelunternehmens im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf eine neu gegründete GmbH. Für eine Ausgliederung sind keine hinreichend deutlichen Anhaltspunkte erkennbar. Lediglich in den Hinweisen des Notars zum Umwandlungsbeschluss wurde als letzter Punkt aufgenommen, dass die Ausgliederung erst mit der Eintragung im Handelsregister entsteht. Die beurkundeten Erklärungen und der von A erstellte Sachgründungsbericht lassen aber nicht auf eine Ausgliederung, sondern auf die Einbringung der Gegenstände des Einzelunternehmens schließen. Die rechtswirksame Errichtung der GmbH ist deshalb auf die Einbringung des Einzelunternehmens des A zurückzuführen.
Der zu übertragende Grundbesitz ist auch i.S. des § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB hinreichend individualisiert worden. Er lässt sich dem im Sachgründungsbericht erwähnten Sachverständigengutachten entnehmen; auf den Sachgründungsbericht wird im notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag Bezug genommen.
(3) Ohne Bedeutung für die Besteuerung ist der Umstand, dass die Antragstellerin mit der Bemerkung "... entstanden durch formwechselnde Umwandlung der AT e.K. ..." in das Handelsregister eingetragen wurde. Maßgeblich ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG allein das schuldrechtliche Rechtsgeschäft, das im Streitfall gerade nicht zu einem wirksamen Formwechsel führen konnte.
c) Ebenfalls zutreffend hat das FA angenommen, dass die Voraussetzungen für eine Steuervergünstigung nach § 6a Satz 1 GrEStG nicht vorliegen.
aa) Im Beschwerdeverfahren über die Ablehnung eines AdV-Antrags durch das FG hat der BFH seiner Prüfung die Rechtslage im Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung zugrunde zu legen (z.B. BFH-Beschlüsse vom 15. Mai 2009 IV B 24/09, BFH/NV 2009, 1402, unter II.1., und vom 12. September 2011 VIII B 70/09, BFH/NV 2012, 229, unter II.2.). Es gilt mithin § 6a Satz 1 GrEStG i.d.F. des Gesetzes zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (KroatienAnpG vom 25. Juli 2014, BGBl I 2014, 1266) --GrEStG n.F.--. Die Vorschrift ist gemäß § 23 Abs. 12 GrEStG n.F. auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die --wie der Vorgang im Streitfall-- nach dem 6. Juni 2013 verwirklicht werden.
bb) Nach § 6a Satz 1 GrEStG n.F. wird die Steuer für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG, einer Einbringung oder eines anderen Erwerbsvorgangs auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage nicht erhoben. Gemäß ihrem --in dieser Fassung eindeutigen-- Wortlaut ist der sachliche Anwendungsbereich der Vergünstigungsnorm auf nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbare Rechtsvorgänge beschränkt. Ergibt sich die Steuerbarkeit aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG, scheidet eine Steuervergünstigung aus. Dieses Verständnis entspricht der Ansicht der Finanzverwaltung (gleichlautende Ländererlasse vom 9. Oktober 2013, BStBl I 2013, 1375) und der Auffassung in der Literatur (z.B. Viskorf in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz, 18. Aufl., § 6a Rz 61; Lieber in Behrens/Wachter, GrEStG, § 6a Rz 3, 17).
cc) Im Streitfall ist die Einbringung des Einzelunternehmens in die Antragstellerin nicht nach § 6a Satz 1 GrEStG n.F. steuerbegünstigt. Die Einbringung ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbar und wird damit nicht vom Anwendungsbereich des § 6a Satz 1 GrEStG n.F. erfasst.
dd) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Grunderwerb-steuerbescheids ergeben sich auch nicht daraus, dass § 23 Abs. 12 GrEStG n.F. die Anwendung des § 6a Satz 1 GrEStG n.F. rückwirkend auf Erwerbsvorgänge anordnet, die nach dem 6. Juni 2013 verwirklicht werden. Die Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 12 GrEStG n.F. ist nicht ernstlich zweifelhaft.
(1) Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) unterscheidet bei rückwirkenden Gesetzen zwischen Gesetzen mit echter Rückwirkung, die grundsätzlich nicht mit der Verfassung vereinbar sind, und solchen mit unechter Rückwirkung, die grundsätzlich zulässig sind. Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ändernd eingreift. Dies ist insbesondere der Fall, wenn ihre Rechtsfolge mit belastender Wirkung schon vor dem Zeitpunkt ihrer Verkündung für bereits abgeschlossene Tatbestände gelten soll ("Rückbewirkung von Rechtsfolgen"). Im Steuerrecht liegt eine echte Rückwirkung nur vor, wenn der Gesetzgeber eine bereits entstandene Steuerschuld nachträglich abändert (BVerfG-Beschlüsse vom 17. Dezember 2013 1 BvL 5/08, BVerfGE 135, 1, Rz 39 ff., und vom 12. November 2015 1 BvR 2961/14, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2016, 300, Rz 40 ff.).
(2) § 23 Abs. 12 GrEStG n.F. entfaltet in formaler Hinsicht Rückwirkung, soweit er die Geltung des § 6a Satz 1 GrEStG n.F. für Erwerbsvorgänge anordnet, die in der Zeit nach dem 6. Juni 2013 bis zum Inkrafttreten des KroatienAnpG am 31. Juli 2014 (vgl. Art. 28 KroatienAnpG) verwirklicht worden sind. Insoweit greift die Regelung nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt ein. Von der Rückwirkung ist auch der streitgegenständliche Erwerb betroffen, denn dieser hat am 20. August 2013 und damit im Rückwirkungszeitraum stattgefunden; die Steuer wäre mit Beurkundung der Übertragungsverpflichtung am 20. August 2013 entstanden (vgl. § 38 AO).
(3) In materiell-rechtlicher Hinsicht liegt bei summarischer Prüfung aber keine Rückwirkung vor. § 6a Satz 1 GrEStG n.F. bewirkt keine Änderung der geltenden Rechtslage. § 6a Satz 1 GrEStG n.F. stellt rückwirkend lediglich das klar, was ohnehin bereits geregelt war. Das Vertrauen in das geltende Recht ist von vornherein nicht berührt, weil das geltende Recht nachträglich keine materielle Änderung erfahren hat (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 135, 1, Rz 45). § 6a Satz 1 GrEStG i.d.F. des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 26. Juni 2013 (BGBl I 2013, 1809) --GrEStG a.F.-- war auch vor der Klarstellung in § 6a Satz 1 GrEStG n.F. nicht in vertretbarer Weise dahin auszulegen, dass nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbare Erwerbsvorgänge von der Steuervergünstigung erfasst werden.
(a) Nach § 6a Satz 1 GrEStG a.F. wird die Steuer für einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2, 2a, 3 oder Abs. 3a GrEStG steuerbaren Rechtsvorgang aufgrund einer Umwandlung i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG, bei Einbringungen sowie bei anderen Erwerbsvorgängen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage nicht erhoben. Die Formulierung kann dahingehend verstanden werden, dass sich die einleitende Beschränkung der Steuervergünstigung auf bestimmte grunderwerbsteuerbare Rechtsvorgänge lediglich auf Umwandlungen, nicht aber auf Einbringungen und andere Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage bezieht. Durch die Verwendung der Präposition "bei" und des Plurals der folgenden Substantive wird der Eindruck erweckt, es handele sich bei "Einbringungen" und "anderen Erwerbsvorgängen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage" um jeweils eigenständige und --hinsichtlich ihrer Voraussetzungen-- abschließende Befreiungstatbestände (Stangl/ Aichberger, Der Betrieb 2013, 2762, 2763; Behrens, Deutsches Steuerrecht 2013, 2726, 2731, 2733; Gottwald/Behrens, Grunderwerbsteuer, 5. Aufl., Rz 583.2; Heine in Wilms/Jochum, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, § 6a GrEStG Rz 18.1 und 21.1; Arnold, Umstrukturierung inländischer Konzerne unter Beachtung des § 6a GrEStG, S. 221).
(b) Die einleitende Beschränkung der Steuervergünstigung auf bestimmte steuerbare Rechtsvorgänge umfasst aber --obwohl sprachlich verunglückt-- vom Wortsinn her ebenso Fälle der Einbringung und anderer Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage (so auch Viskorf in Borrutau, a.a.O., § 6a Rz 36; Pahlke, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 6. Aufl., § 6a Rz 31; Adrian/Franz, Betriebs-Berater --BB-- 2013, 1879, 1888; Wischott/Keller/Graessner, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- 2013, 3460). Gesetzeshistorie, -systematik und -zweck rechtfertigen die restriktive Auslegung der Vorschrift, nach der steuerbare Erwerbsvorgänge i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG von der Steuervergünstigung ausgenommen sind.
§ 6a Satz 1 GrEStG a.F. geht auf eine Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses zurück (BTDrucks 17/13722, S. 33). Dieser hat die bereits in § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG enthaltene Formulierung "bei Einbringungen sowie bei anderen Erwerbsvorgängen auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage" in den § 6a Satz 1 GrEStG a.F. übernommen. Dass der Gesetzgeber mit § 6a Satz 1 GrEStG a.F. die Steuervergünstigung für Einbringungen und andere Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage --im Gegensatz zu den Rechtsvorgängen aufgrund einer Umwandlung-- ohne jede Einschränkung gewähren wollte, kann indes nicht angenommen werden (Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 6a Rz 36). Für eine Geltung der Beschränkung selbst für Einbringungen und andere Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage spricht auch die Regelung der Steuervergünstigung in einem Satz des § 6a GrEStG a.F. und der Beginn des § 6a Satz 1 GrEStG a.F. mit den Rechtsvorgängen, die offensichtlich begünstigt werden sollten. Deshalb ist davon auszugehen, dass die nicht ganz eindeutige Gesetzesfassung auf einem bloßen redaktionellen Versehen beruht (vgl. Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 11. Aufl., § 6a Rz 4, 31; Wischott/Keller/Graessner, NWB 2013, 3460). Dies hat zur Folge, dass es sich bei § 6a Satz 1 GrEStG n.F. lediglich um eine Klarstellung einer bereits bestehenden Rechtslage handelt (so auch Viskorf in Boruttau, a.a.O., § 6a Rz 1, 37, 61; Lieber in Behrens/Wachter, a.a.O., § 6a Rz 16; anders Gottwald/Behrens, a.a.O., Rz 583.2; Heine in Wilms/Jochum, a.a.O., § 6a GrEStG Rz 19, 21.1; offen Adrian/Franz, BB 2013, 1879, 1888 f.).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.