Entscheidungsdatum: 18.11.2015
1. NV: Der auf § 16 Abs. 1 GrEStG beruhende Anspruch auf Aufhebung der gegen eine ungeteilte Erbengemeinschaft festgesetzten Grunderwerbsteuer steht dieser unabhängig davon zu, aus welchen Mitteln die Steuer getilgt wurde .
2. NV: Im Nachlassinsolvenzverfahren unterliegt der Anspruch der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters .
Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Finanzgerichts vom 26. Februar 2015 4 K 1323/12 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Die Beschwerde ist unbegründet. Soweit die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) das Vorliegen von Gründen für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt hat, liegen die geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision nicht vor.
1. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage zu Recht als unzulässig angesehen, soweit die Klägerin die Aufhebung des Bescheids vom 13. Juli 2011 und die Verpflichtung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) beantragt hat, den an die Erbengemeinschaft E gerichteten Grunderwerbsteuerbescheid vom 31. Januar 2000 aufzuheben und der Erbengemeinschaft die gezahlte Grunderwerbsteuer nebst gesetzlichen Erstattungszinsen zu erstatten.
a) Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, hat die Klägerin nicht wie erforderlich (§ 40 Abs. 2, § 44 Abs. 1 FGO; vgl. z.B. Steinhauff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 44 FGO Rz 184) selbst einen Antrag auf Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 31. Januar 2000 gestellt und Einspruch gegen die Ablehnung dieses Antrags eingelegt. Sie war auch nicht Adressatin des ablehnenden Bescheids vom 13. Juli 2011.
b) Eine vom Wortlaut abweichende Auslegung des Aufhebungsantrags vom 4. November 2010 und des Einspruchs vom 12. August 2011 dahingehend, dass sie nicht (nur) von der ungeteilten Erbengemeinschaft, sondern auch von deren einzelnen Mitgliedern gestellt bzw. eingelegt wurden, ist aus den vom FG zutreffend dargelegten Gründen ausgeschlossen. Die dem Wortlaut entsprechende Auslegung entspricht der materiellen Rechtslage.
aa) Die Grunderwerbsteuer war zutreffend gegen die Erbengemeinschaft, die das Grundstück verkauft hatte, und nicht gegen deren einzelne Mitglieder festgesetzt worden. Hat eine noch nicht auseinandergesetzte Erbengemeinschaft ein zum Nachlass gehörendes Grundstück verkauft, ist sie selbst gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 13 Nr. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) Steuerschuldnerin. Die Erbengemeinschaft ist selbständiger Rechtsträger im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. Februar 2014 II R 46/12, BFHE 244, 455, BStBl II 2014, 536, Rz 16, m.w.N.). Sie kann ein Grundstück aus dem Nachlass veräußern oder für den Nachlass erwerben. Dem steht nicht entgegen, dass die Erbengemeinschaft nicht auf Dauer angelegt, sondern auf Auseinandersetzung gerichtet ist (BFH-Urteile vom 9. Dezember 2009 II R 37/08, BFHE 228, 172, BStBl II 2010, 489, und in BFHE 244, 455, BStBl II 2014, 536, Rz 16). Unschädlich ist auch, dass sie über keine eigenen Organe verfügt, durch die sie im Rechtsverkehr handeln könnte, und kein eigenständiges, handlungsfähiges Rechtssubjekt ist. Die grunderwerbsteuerrechtliche Selbständigkeit der Erbengemeinschaft nach außen folgt aus deren bürgerlich-rechtlicher Selbständigkeit als Zurechnungssubjekt des gesamthänderisch gebundenen Sondervermögens (BFH-Urteil in BFHE 244, 455, BStBl II 2014, 536, Rz 16). Auch wenn jeder Miterbe jederzeit die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen kann (§ 2042 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB--), sind die Miterben während des Bestehens der Erbengemeinschaft zum gemeinsamen Handeln verpflichtet (§ 2038 Abs. 1 Satz 1 BGB; BFH-Urteil in BFHE 244, 455, BStBl II 2014, 536, Rz 16).
bb) Dem entspricht es, dass im Streitfall die Erbengemeinschaft als solche die Aufhebung der Steuerfestsetzung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG beantragt hat, der Ablehnungsbescheid vom 13. Juli 2011 gegenüber der Erbengemeinschaft ergangen ist und diese gegen den Bescheid Einspruch eingelegt hat.
Nach dieser Vorschrift wird auf Antrag die Steuer nicht festgesetzt oder die Steuerfestsetzung aufgehoben, wenn die Vertragsbedingungen nicht erfüllt werden und der Erwerbsvorgang deshalb aufgrund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird, bevor das Eigentum am Grundstück auf den Erwerber übergegangen ist. Es handelt sich dabei um eine am Besteuerungszweck orientierte gegenläufige Korrekturvorschrift zu § 1 GrEStG (BFH-Urteil vom 11. Juni 2013 II R 52/12, BFHE 241, 419, BStBl II 2013, 752, Rz 17, m.w.N.). Treten die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG ein, bevor über einen Einspruch gegen die ursprüngliche Steuerfestsetzung entschieden wurde, muss dies in der Einspruchsentscheidung berücksichtigt werden (BFH-Urteil vom 16. Februar 2005 II R 53/03, BFHE 209, 158, BStBl II 2005, 495).
Dieser Rechtsnatur des § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG entsprechend steht der Anspruch aus dieser Vorschrift dem Steuerpflichtigen zu, der den der Grunderwerbsteuer unterliegenden Tatbestand verwirklicht hat und dem gegenüber als Steuerschuldner die Grunderwerbsteuer nach § 13 GrEStG festgesetzt wurde oder festzusetzen wäre. Es spielt dabei keine Rolle, ob der Steuerpflichtige oder ein Dritter für ihn die Steuer entrichtet hat. Steuerrechtlich kommt es nicht darauf an, von wem und mit welchen Mitteln gezahlt worden ist, sondern nur darauf, wessen Steuerschuld nach dem Willen des Zahlenden, wie er im Zeitpunkt der Zahlung dem Finanzamt gegenüber erkennbar geworden ist, getilgt werden sollte. Den Finanzbehörden wird nicht zugemutet, im Einzelfall die zivilrechtlichen Beziehungen zwischen dem Steuerschuldner und einem zahlenden Dritten daraufhin zu überprüfen, wer von ihnen im Innenverhältnis materiell-rechtlich einen Anspruch auf die gemäß § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) zu erstattenden Beträge hat (BFH-Urteil vom 22. März 2011 VII R 42/10, BFHE 233, 10, BStBl II 2011, 607, Rz 21, m.w.N.).
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn aufgrund des Verkaufs eines Grundstücks durch eine Erbengemeinschaft die Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 13 Nr. 1 GrEStG gegen diese festgesetzt wurde. In diesem Fall steht der Anspruch aus § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG aufgrund der Gegenläufigkeit dieser Korrekturvorschrift zu § 1 GrEStG ebenfalls der nach wie vor ungeteilten Erbengemeinschaft und nicht deren einzelnen Mitgliedern zu, und zwar unabhängig davon, von wem und mit welchen Mitteln die Steuer gezahlt worden ist.
2. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt auch insoweit nicht vor, als das FG die auf Feststellung, dass der dem Insolvenzverwalter bekannt gegebene Bescheid vom 9. Mai 2011 über die Aufhebung der Festsetzung von Grunderwerbsteuer in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Februar 2014 nichtig ist, und hilfsweise auf Aufhebung dieses Bescheids gerichtete Klage als unbegründet abgewiesen hat. Es liegt weder eine entscheidungserhebliche Abweichung von anderer Rechtsprechung noch ein besonders schwerer, zur Zulassung der Revision führender Fehler vor. Das FA hat den Bescheid über die Aufhebung der Festsetzung der Grunderwerbsteuer zu Recht gegenüber dem Nachlassinsolvenzverwalter erlassen.
a) Nach § 80 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) geht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, auf den Insolvenzverwalter über. Bei einem Nachlassinsolvenzverfahren (§§ 1975 ff. BGB, §§ 315 ff. InsO) entspricht das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen dem Nachlass. Der Bestand des Nachlasses richtet sich dabei nicht nach dem Stand beim Eintritt des Erbfalls. Vielmehr kann der Nachlass zwischen diesem Zeitpunkt und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Änderungen unterliegen. Dies gilt insbesondere bei einer Mehrheit von Erben bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft (§§ 2042 ff. BGB; BFH-Beschluss vom 7. Mai 2014 II B 117/13, BFH/NV 2014, 1232, Rz 16; Roth in Roth/Pfeuffer, Praxishandbuch für Nachlassinsolvenzverfahren, 2009, S. 25 ff., m.w.N.).
b) Dem Verwaltungs- und Verfügungsrecht des Insolvenzverwalters unterlag im Streitfall ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auch der Anspruch der ungeteilten Erbengemeinschaft aus § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG.
aa) Wurde nach der wegen Nichtentrichtung des Kaufpreises durch den Käufer erfolgten Aufhebung eines von einer ungeteilten Erbengemeinschaft geschlossenen Grundstückskaufvertrags das Nachlassinsolvenzverfahren über den Nachlass eröffnet, unterliegt der der Erbengemeinschaft zustehende Anspruch aus § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Nachlassinsolvenzverwalters. Diese Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis besteht aufgrund § 80 Abs. 1 InsO kraft Gesetzes (vgl. MünchKommInsO/Ott/Vuia, § 80 Rz 6). Sie setzt nicht eine Abtretung des Anspruchs nach § 1978 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 667 BGB an den Insolvenzverwalter voraus. § 1978 Abs. 1 Satz 1 BGB betrifft nicht gegen Dritte gerichtete Ansprüche, die bei einer ungeteilten Erbengemeinschaft zum Nachlass gehören, sondern Ansprüche des Nachlasses (§ 1978 Abs. 2 BGB) gegen das Eigenvermögen des Erben (Marotzke in Staudinger --2010--, § 1978 BGB, Rz 35; MünchKommBGB/Küpper, 7. Aufl., § 1978 Rz 2). Die Erbengemeinschaft bleibt Inhaberin des Anspruchs (MünchKommInsO/Ott/Vuia, § 80 Rz 6).
Aus dem von der Klägerin angeführten BFH-Urteil vom 5. Juni 1991 XI R 26/89 (BFHE 164, 546, BStBl II 1991, 820) ergibt sich nichts anderes. Nach diesem Urteil sind im Fall der Nachlassverwaltung Einkommensteuerbescheide, denen mit Mitteln des Nachlasses erzielte Einkünfte zugrunde liegen, an die Erben zu richten und ihnen bekannt zu geben. Dies beruht darauf, dass gemäß § 1 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nur natürliche Personen einkommensteuerpflichtig sind und nach § 2 Abs. 1 EStG derjenige die erzielten Einkünfte zu versteuern hat, der den Tatbestand verwirklicht, an den das EStG die Steuer knüpft. Eine Erbengemeinschaft kann somit nicht Steuerpflichtige im einkommensteuerrechtlichen Sinn sein. Schließt eine ungeteilte Erbengemeinschaft einen Grundstückskaufvertrag ab, ist sie demgegenüber selbständiger Rechtsträger im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts. Diese selbständige Rechtsträgerschaft besteht nicht nur im Hinblick auf die Festsetzung von Grunderwerbsteuer, sondern auch im Hinblick auf einen Anspruch der Erbengemeinschaft auf Aufhebung der Steuerfestsetzung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG.
bb) Der Anspruch der Erbengemeinschaft aus § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG gehörte somit zu dem der Insolvenzverwaltung unterliegenden Nachlass und wurde demgemäß von der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters erfasst. Die Steuer war gegen die Erbengemeinschaft als Steuerschuldnerin festgesetzt worden. Das Nachlassinsolvenzverfahren war nach Stellung des Antrags aus § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG eröffnet worden.
Die Annahme, dass der Anspruch auf Aufhebung der Steuerfestsetzung und Erstattung der gezahlten Grunderwerbsteuer der Erbengemeinschaft und nicht ihren einzelnen Mitgliedern in Bruchteilsgemeinschaft (§ 741 BGB) zustand, liegt auch dem beim FG gestellten Klageantrag der Klägerin zugrunde. Sie hat nämlich beantragt, den an die Erbengemeinschaft E gerichteten Grunderwerbsteuerbescheid vom 31. Januar 2000 aufzuheben und der Erbengemeinschaft die gezahlte Grunderwerbsteuer nebst gesetzlichen Erstattungszinsen zu erstatten. Hätte sie die Rechtslage anders beurteilt, hätte sie die Erstattung an die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft beantragen müssen. Dies ist indes nicht geschehen.
Ob das aus der Rechtsnatur des Anspruchs aus § 16 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG folgende Ergebnis auch auf § 2041 Satz 1 BGB gestützt werden kann (so BFH-Beschluss in BFH/NV 2014, 1232, Rz 16), kann auf sich beruhen. Auf eine (etwaige) Abweichung der Begründung der Vorentscheidung von der Begründung des --ebenfalls klageabweisenden-- Urteils des FG vom 25. September 2013 2 K 935/13 kommt es ebenfalls nicht an.
3. Der Bescheid vom 13. Juli 2011 ist demgemäß ebenfalls nicht nichtig (§ 125 AO). Er gibt die Rechtslage vielmehr zutreffend wieder (vgl. oben 2.).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
5. Im Übrigen ergeht die Entscheidung gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Angabe weiterer Gründe, insbesondere ohne Darstellung des Tatbestands.