Entscheidungsdatum: 05.07.2018
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. Februar 2018 wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
I. Der Kläger wendet sich in der Hauptsache gegen die Herabsetzung seines Grades der Behinderung (GdB) von 50 auf 30. Das LSG hat diese Herabsetzung gemäß § 48 Abs 2 S 1 SGB X für rechtmäßig erachtet (Urteil vom 7.2.2018). Beim Kläger lägen zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids des Beklagten am 28.11.2012 folgende Teilbehinderungen vor: 1. Morbus Crohn, chronische Darmstörung nach Teilverlust des Darmes, Bauchfellverwachsung, Fettleber (Funktionssystem Verdauung); 2. psychische Störung (Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche); 3. Eisenmangelanämie (Funktionssystem Blut einschließlich blutbildendes Gewebe und Immunsystem). Für die Teilbehinderung Nr 1 sei ein GdB von 30 (statt wie zuvor mit 50) anzusetzen. Die diesbezüglichen Gesundheitsstörungen und das Ausmaß der darauf resultierenden Funktionsbeeinträchtigungen ergäben sich aus den insoweit im Wesentlichen übereinstimmenden internistisch-gastroenterologischen Gutachten von Privatdozent (PD) Dr. M. vom 19.12.2013 und Dr. B. vom 18.8.2014. Ergänzende Stellungnahmen der internistischen Sachverständigen zu der von deren Gutachten abweichenden Bemessung des Einzel-GdB für das Funktionssystem Verdauung seien nicht einzuholen, weil die Anwendung der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) durch Vergabe von Einzel-GdB-Werten auf die von den Sachverständigen übereinstimmend festgestellten Gesundheitsstörungen Aufgabe des Gerichts sei. Die psychische Störung sei nur leichtgradig. Diese Feststellung beruhe auf dem nervenärztlichen Gutachten des im Berufungsverfahren gehörten Sachverständigen Dr. W. vom 3.10.2016 nebst ergänzenden Stellungnahmen vom 19.11.2016 und 26.5.2017 in Verbindung mit dem vom SG eingeholten Gutachten des Neurologen und Psychiaters Dr. S. vom 23.10.2014 sowie den im gesamten Verfahrensverlauf eingeholten ärztlichen Unterlagen zum Gesundheitszustand des Klägers. Dem Gutachten der Ärztin für Psychiatrie und Neurologie Dr. G. vom 16.2.2014 nebst dem Zusatzgutachten des Diplompsychologen G. vom 11.2.2014 sei hingegen nicht zu folgen. Es mangele hiernach an belastbaren Tatsachen dafür, dass beim Kläger eine mehr als nur geringfügige psychische Störung vorliege. Für die Teilbehinderung Nr 3 sei ein weiterer Einzel-GdB von 10 anzusetzen. Ein Ausnahmefall, in dem eine Erhöhung des höchsten Einzel-GdB von 30 wegen der Einzel-GdB-Werte von 10 gerechtfertigt sei, liege nicht vor. Die Teilbehinderungen würden nicht isoliert und sich verstärkend nebeneinander stehen, sondern sich jedenfalls hinsichtlich der psychischen Belastungen des Klägers durch die Durchfallerkrankung überschneiden. Dieser Umstand sei als solcher hinreichend durch den fachlich hierzu berufenen nervenärztlichen Gutachter Dr. S. sachverständig aufgeklärt, sodass es keiner ergänzenden Anhörung des Internisten PD Dr. M. bedürfe. Außerdem sei die abschließende Bemessung des Gesamt-GdB Aufgabe des Gerichts, nicht der Sachverständigen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf Verfahrensmängel.
II. Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung vom 28.5.2018 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels nicht in der hierfür erforderlichen Weise bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 SGG).
1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel im Sinne von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Der Kläger rügt, das LSG sei ausgehend von seiner Rechtsauffassung zu Unrecht seinem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag nicht gefolgt, "den Sachverständigen PD Dr. M. ergänzend zu folgenden Fragen zu hören:
a) zur abweichenden Bewertung im Gutachten von Dr. B. und seinen eigenen Feststellungen,
b) zur negativen Wechselwirkung der Erkrankung des Klägers mit der psychischen Erkrankung."
Denn maßgeblich sei auch nach der Rechtsauffassung des LSG die vollständige Feststellung der einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die Bewertung der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB und ob - zumindest ausnahmsweise - dieser unter Berücksichtigung der anderen Behinderungen zu erhöhen sei.
a) Soweit der Kläger darin eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG, Art 103 Abs 1 GG) in Form des Fragerechts nach § 116 S 2, § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO geltend machen will, hat er einen solchen Verfahrensmangel nicht in gebotenem Maße dargetan (s hierzu allgemein Senatsbeschluss vom 15.5.2017 - B 9 SB 85/16 B - Juris RdNr 7 bis 8).
Der Kläger verkennt bereits, dass das Recht eines Beteiligten, Fragen an einen Sachverständigen zu stellen, grundsätzlich nur mit Blick auf solche Gutachten besteht, die im selben Rechtszug erstattet worden sind (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 12.10.2017 - B 9 V 32/17 B - Juris RdNr 16; Senatsbeschluss vom 24.4.2008 - B 9 SB 58/07 B - SozR 4-1500 § 116 Nr 2 RdNr 9). Er hat nicht dargelegt, warum dennoch vor dem LSG ein Recht auf Befragung des erstinstanzlich gehörten Sachverständigen PD Dr. M. bestanden haben könnte.
Unabhängig davon erfordert die Ausübung des Fragerechts stets eine hinreichend konkrete Bezeichnung der noch erläuterungsbedürftigen Punkte (Senatsbeschluss vom 15.5.2017 - B 9 SB 85/16 B - Juris RdNr 7; Senatsbeschluss vom 24.4.2008 - B 9 SB 58/07 B - SozR 4-1500 § 116 Nr 2 RdNr 5; BSG Beschluss vom 7.8.2014 - B 13 R 439/13 B - Juris RdNr 10; BSG Beschluss vom 9.12.2010 - B 13 R 170/10 B - Juris RdNr 11, jeweils mwN). Auch hieran fehlt es. Der Kläger hat - anders als notwendig - mit den in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebenen Fragestellungen gegenüber dem Berufungsgericht nicht in gebotenem Maße aufgezeigt, welche konkreten Punkte er noch für erläuterungsbedürftig gehalten habe. Es reicht nicht aus, entsprechende Ausführungen erst im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren "nachzuholen". Mit seinem in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht gestellten Antrag hat der Kläger lediglich pauschal Fragen an den PD Dr. M."zur abweichenden Bewertung im Gutachten von Dr. B. und seinen eigenen Feststellungen" und "zur negativen Wechselwirkung der Erkrankung des Klägers mit der psychischen Erkrankung" angekündigt. Dies genügt für die notwendige konkrete Bezeichnung von noch erläuterungsbedürftigen Punkten nicht. Der rechtskundig vertretene Kläger hat weder die in dem Verfahren auf Grundlage der aktenkundigen medizinischen Sachverständigengutachten und Berichte zu diesen Fragen bereits getroffenen oder in Zusammenhang mit diesen Fragen stehenden medizinischen Feststellungen auf internistisch-gastroenterologischem und - bezogen auf die zweite Fragestellung - neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet näher benannt, noch hat er auf dieser Grundlage auf insoweit bestehende Lücken, Widersprüche oder Unklarheiten hingewiesen und hiervon ausgehend die konkret - aus seiner Sicht - noch erläuterungsbedürftigen Punkte formuliert. Dies ist aber erforderlich. Denn nur dann kann überhaupt erst beurteilt werden, ob und inwieweit die (angekündigten) Fragen - wie zwingend notwendig - auch objektiv sachdienlich sind (vgl BSG Beschluss vom 7.8.2014 - B 13 R 439/13 B - Juris RdNr 10 mwN).
b) Soweit der Kläger darüber hinaus noch eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das LSG rügen will, erfüllt sein Vorbringen nicht die Darlegungsanforderungen an eine Sachaufklärungsrüge (s hierzu allgemein Senatsbeschluss vom 21.12.2017 - B 9 SB 70/17 B - Juris RdNr 3). Es fehlt bereits an der Bezeichnung eines prozessordnungsgemäßen Beweisantrags im Sinne des § 160 Abs 2 Nr 3 SGG iVm § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 403 ZPO. Merkmal eines Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache (Senatsbeschluss vom 29.1.2018 - B 9 V 39/17 B - Juris RdNr 11 mwN). Bei dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag fehlt die Angabe der zu begutachtenden Punkte im Sinne des § 403 ZPO. Um in der aktuellen Prozesssituation ein Beweisthema für das LSG hinreichend genau zu bezeichnen, hätte der Kläger substantiiert und präzise angeben müssen, welche konkreten (entscheidungserheblichen) Punkte - ausgehend von der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts - durch die beantragte ergänzende Anhörung von PD Dr. M. trotz der nachfolgend im Laufe des Verfahrens eingeholten medizinischen Berichte und Sachverständigengutachten noch hätten geklärt werden können (vgl Senatsbeschluss vom 28.9.2015 - B 9 SB 41/15 B - Juris RdNr 6 mwN). Dies ist jedoch nicht erfolgt.
c) Im Übrigen hat das LSG genau das getan, was seine Aufgabe ist, nämlich ausgehend von einem bestimmten Rechtsstandpunkt eine Beweiswürdigung anhand der festgestellten medizinischen Tatsachen vorzunehmen und die Einzel-GdB sowie den Gesamt-GdB anhand der VersMedV selbst zu beurteilen (vgl Senatsbeschluss vom 27.6.2016 - B 9 SB 18/16 B - Juris RdNr 6 mwN). Soweit der Kläger mit der Beweiswürdigung des LSG nicht einverstanden ist, kann er hiermit im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren von vornherein nicht gehört werden. Denn gemäß § 160 Abs 2 Nr 2 Halbs 2 SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 S 1 SGG (Grundsatz der freien Beweiswürdigung) gestützt werden.
3. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.