Entscheidungsdatum: 08.03.2017
1. Hängt die Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers von einem erst künftig entstehenden finanziellen Bedarf des Leistungsberechtigten und von seiner jeweiligen Bedürftigkeit ab, kann ein berechtigtes Interesse an der Feststellung bestehen, ob er wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf die Nutzung eines noch zu beschaffenden Kfz angewiesen ist.
2. Der Anspruch auf Kraftfahrzeughilfe nach der Eingliederungshilfe-Verordnung (juris: BSHG§47V) setzt nicht voraus, dass der behinderte Mensch "in der Regel täglich" auf das Kraftfahrzeug angewiesen sein muss.
Auf die Revision des Klägers werden der Beschluss des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 4. Dezember 2014 und der Bescheid des Beklagten vom 20. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Februar 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen, soweit der Kläger die Feststellung gegenüber der Beigeladenen begehrt, dass er wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf die Nutzung eines noch zu beschaffenden Kfz mit Automatikgetriebe angewiesen ist.
Im Streit ist (nur noch) die "Übernahme" von (teilweisen) Kosten für die Anschaffung eines behindertengerechten Kraftfahrzeugs (Kfz) als Leistung der Eingliederungshilfe nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII).
Der 1962 geborene Kläger lebt allein im Stadtgebiet der Beigeladenen. Er ist schwerbehindert (GdB von 100; Merkzeichen "G") und bezieht von der Beigeladenen Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Eine bis zum 1.7.2014 daneben gewährte monatliche Pflegebeihilfe (in Höhe von 175,85 Euro) stellte die Beigeladene ein, weil lediglich ein pflegerischer Bedarf von rund 13 Minuten pro Tag bestehe.
Am 6.10.2012 beantragte der Kläger bei der Beigeladenen eine "Kfz-Beihilfe" und gab an, sein Kfz (Opel Corsa-B mit Schaltgetriebe ohne Lenkhilfe, Erstzulassung 1997) habe einen Totalschaden; er sei bei Einkäufen und für die Wege zu seinem Heilpraktiker wegen seiner Behinderungen aber auf ein Kfz der Mittelklasse mit Automatik-Getriebe angewiesen. Den von der Beigeladenen am 8.11.2012 an den Beklagten weitergeleiteten Antrag lehnte dieser ab (Bescheid vom 20.11.2012; Widerspruchsbescheid unter Beteiligung sozial erfahrener Dritter vom 13.2.2013).
Die Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg (Urteil des Sozialgerichts <SG> Köln vom 7.3.2014; Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen vom 4.12.2014). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, unabhängig davon, ob der Beklagte oder die Beigeladene für die Gewährung von Rehabilitationsleistungen ausschließlich zuständig (geworden) sei, unterliege der angefochtene Bescheid nicht der Aufhebung, weil er in seinem Verfügungssatz zutreffend bleibe, gleich, ob die Ablehnung aus materiell-rechtlichen oder (wegen möglicher Unzuständigkeit des Beklagten) aus formellen Gründen hätte erfolgen müssen. Die Gewährung einer Beihilfe für die begehrte Anschaffung eines Kfz mit Automatikgetriebe scheide jedenfalls aus, weil die Voraussetzungen des § 19 Abs 3 iVm § 53 Abs 1 Satz 1 und § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII, § 55 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX) sowie § 8 Eingliederungshilfe-Verordnung (Eingliederungshilfe-VO) nicht vorlägen. Selbst wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausgehe, dass er durch eine Behinderung iS von § 53 Abs 1 Satz 1 SGB XII wesentlich in seiner Fähigkeit, am Leben in der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt sei, sei ein Kfz zur Verwirklichung der Ziele der Eingliederungshilfe nicht erforderlich. Der Kläger verfolge mit der begehrten Leistung im Wesentlichen das Ziel, seinen Heilpraktiker und weitere Hilfskräfte abzuholen und wieder nach Hause bringen zu können, einzukaufen sowie soziale Kontakte zu pflegen. Mit Blick auf die Fahrten wegen des Heilpraktikers und der sonstigen Hilfskräfte stünden ihm ausreichend Leistungen der Krankenbehandlung nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) zur Verfügung; die Notwendigkeit einer Inanspruchnahme von Leistungen der Krankenbehandlung außerhalb dieses Systems sei nicht nachvollziehbar. Wegen der behaupteten Heranziehung von Hilfs- und Pflegekräften gelte dies umso mehr, weil er nach dem derzeitigen Sachstand keine Pflegebeihilfe von der Beigeladenen mehr erhalte. Eine Unzumutbarkeit, wegen der übrigen Teilhabewünsche (selbständige Erledigung von Einkäufen; Pflege sozialer Beziehungen) im Nahbereich solche Wege zu Fuß durchzuführen, habe der Kläger nicht plausibel gemacht. In städtischer Lage könne er auf den öffentlichen Nahverkehr und auf den Behindertenfahrdienst zurückgreifen; die notwendigen Mittel dafür könne er aus dem behinderungsbedingten Mehrbedarf (§ 30 Abs 1 Nr 2 SGB XII) bestreiten, den er erhalte. Zudem verfüge er weiterhin über ein Kfz; es sei nicht aktenkundig, dass er dieses nicht auch nutzen könne.
Der Kläger rügt die Verletzung von § 19 Abs 3 iVm §§ 53 Abs 1 Satz 1, 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm § 55 SGB IX und § 8 Eingliederungshilfe-VO. Er erfülle die persönlichen Voraussetzungen einer wesentlichen Behinderung; sein Ziel sei es, sich möglichst unabhängig von Pflege zu machen. Die Leistungen, die er hierfür für notwendig halte, würden von der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht erbracht. Das LSG verstoße gegen die genannten Vorschriften, weil es diese Wünsche von vornherein nicht beachte. Zudem habe das LSG nicht durch Beschluss nach § 153 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden dürfen; der Sachverhalt sei sowohl tatsächlich wie rechtlich schwierig gelagert gewesen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beschluss des LSG und das Urteil des SG sowie den Bescheid des Beklagten vom 20.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.2.2013 aufzuheben und festzustellen, dass er wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf die Nutzung eines noch zu beschaffenden Kfz mit Automatikgetriebe angewiesen ist.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladene beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Auf die zulässige Revision des Klägers ist der Beschluss des LSG aufzuheben. Seine Revision ist in der Sache begründet, soweit er den Bescheid des Beklagten vom 20.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.2.2013 angefochten hat; denn der Bescheid, für dessen Erlass der Beklagte sachlich nicht zuständig war, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl § 170 Abs 2 Satz 1 SGG). Im Übrigen ist die Revision (nur) iS der Zurückverweisung der Sache an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Ob der Kläger im Verhältnis zu der für die ggf zu erbringende Kraftfahrzeughilfe sachlich zuständigen Beigeladenen zu Recht die Feststellung verlangt, dass er wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf die Nutzung eines noch zu beschaffenden Kfz mit Automatikgetriebe angewiesen ist, lässt sich auf Grundlage der Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) nicht abschließend entscheiden.
Gegenstand des Verfahrens ist formal der Bescheid des Beklagten vom 20.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.2.2013, mit dem der Beklagte eine Übernahme von Kosten für ein "Kfz mit Automatik-Getriebe" abgelehnt hat. Hiergegen richtet sich der Kläger zutreffend zunächst mit seiner Anfechtungsklage, die im Ergebnis auch Erfolg hat (dazu später). Soweit er die Anfechtungsklage ursprünglich mit einer Leistungsklage verbunden hatte (vgl § 54 Abs 4 SGG), hat er daran im Revisionsverfahren nicht festgehalten, sondern stellt nunmehr einen Feststellungsantrag (vgl § 55 Abs 1 Nr 1 SGG). Mit dieser Umstellung hat er den möglichen Erfolgsaussichten in der Sache auf Grundlage seines an die Verwaltung herangetragenen Begehrens Rechnung getragen (dazu sogleich). Da die Umstellung des Klageantrags nicht als eine Klageänderung anzusehen ist (vgl § 99 Abs 3 Nr 2 SGG; dazu nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 99 RdNr 4 mwN) und mit der Umstellung keine neuen Tatsachen in das Verfahren einzuführen sind, war dies ohne Verstoß gegen § 168 Satz 1 SGG auch noch in der Revisionsinstanz zulässig; die Feststellungsklage ist auch im Übrigen zulässig (dazu später).
Zwar war die ursprünglich erhobene Leistungsklage zulässig. Kraftfahrzeughilfe (iS des § 19 Abs 3 Satz 1 iVm §§ 53, 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII und § 55 Abs 2 Nr 1 SGB IX sowie § 8 Eingliederungshilfe-VO) ist als Geld- und nicht als Sachleistung zu erbringen, und es kann grundsätzlich auch durch Grundurteil (§ 130 Abs 1 Satz 1 SGG) über den Anspruch entschieden werden (BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 20). Ein Erfolg in der Sache war aber von vornherein ausgeschlossen; denn der Kläger hatte der Beigeladenen lediglich mitgeteilt, er benötige einen Mittelklassewagen mit Automatikgetriebe. Ein solches Begehren ist aber weder hinreichend bestimmt noch hinreichend bestimmbar; erst auf eine Festlegung hin, welches Fahrzeug zu welchem Preis er konkret anschaffen möchte, hätte der geltend gemachte Anspruch dem Grunde nach darauf überprüft werden können, ob das gewählte Kfz nach Größe und Ausstattung den Anforderungen entspricht, die es im Einzelfall als Leistung der Eingliederungshilfe geeignet und erforderlich erscheinen lassen (dazu später). Auch ein Anspruch auf Erteilung einer Zusicherung als ein der eigentlichen Leistungsbewilligung vorgeschalteter Verwaltungsakt (vgl § 34 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - <SGB X>), der diese Konkretisierungen ebenfalls bereits enthalten müsste (vgl zuletzt: BSG, Urteil vom 17.12.2014 - B 8 SO 15/13 R - RdNr 10 mwN), schied damit in der Sache aus.
Dieser Situation trägt der in der Revisionsinstanz gestellte Antrag Rechnung, festzustellen, dass er, der Kläger, wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf die Nutzung eines noch zu beschaffenden Kfz mit Automatikgetriebe angewiesen ist. Die Feststellungsklage ist auch zulässig. Nach § 55 Abs 1 Nr 1 SGG kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Hängt die Leistungspflicht des Beklagten einerseits erst von einem künftig entstehenden finanziellen Bedarf, also davon ab, dass der Leistungsberechtigte vertragliche Verpflichtungen eingeht, und andererseits von seiner jeweiligen Bedürftigkeit, ist die Feststellung, ob eine Leistungspflicht dem Grunde nach besteht, nicht ausgeschlossen. Ansonsten trüge der Hilfebedürftige das Risiko, dass er ggf zu verauslagende Kosten nicht erstattet erhält. Im Übrigen kann auch der Aufwand nicht abverlangt werden, Kostenvoranschläge für ein bestimmtes Kfz (als Voraussetzung zumindest für einen Anspruch auf Zusicherung) im Streitfall beständig zu aktualisieren. In solchen Fällen ist die Frage nach einem zukünftigen relevanten Bedarf und den daraus folgenden Leistungsansprüchen ein ausreichend konkretisiertes (künftiges) Rechtsverhältnis (vgl: BSG SozR 4-3300 § 40 Nr 2 RdNr 12
Das für eine Feststellungsklage erforderliche berechtigte Interesse für das Rechtsschutzziel des Klägers, vorab Klarheit darüber zu erhalten, ob er wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf die Nutzung eines noch zu beschaffenden Kfz angewiesen ist, ist zu bejahen. Zwar könnte auch nach Klärung dieser Frage streitig bleiben, für welches Kfz und in welcher Höhe sich der zuständige Träger an den Kosten zu beteiligen hat, sodass durch die Klärung insoweit der (zukünftige) Streit der Beteiligten nicht notwendigerweise insgesamt bereinigt wird (dazu: BSGE 31, 235, 240 = SozR Nr 14 zu § 141 SGG, Blatt Da 8; BSGE 43, 134, 137 = SozR 4100 § 34 Nr 6 S 8; BSGE 105, 1 ff RdNr 36 = SozR 4-2500 § 125 Nr 5; BSG SozR 3-2500 § 124 Nr 9 S 58; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 9a mwN). Das steht aber dem berechtigten Interesse hier nicht entgegen, weil sich der Kläger vor dem Einsatz erheblicher eigener Geldmittel Klarheit über eine mögliche Beteiligung des Sozialhilfeträgers an den Kosten verschaffen können muss. Im Ergebnis wird ihm im Falle seines Obsiegens die Möglichkeit an die Hand gegeben, aufbauend auf den Feststellungen eine Auswahlentscheidung selbständig und in Ausübung seines Wunsch- und Wahlrechts (§ 9 Abs 2 SGB XII) zu treffen. Mit der Anerkennung einer Feststellungsklage in solchen Fällen wird damit auch die Selbstbestimmung des Betroffenen gestärkt, die der Gesetzgeber gerade im Recht der Eingliederungshilfe als Zielbestimmung verfolgt. Dies entspricht zudem neueren gesetzgeberischen Entwicklungen, wonach von einer Behörde - etwa bei Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung - lediglich noch das Vorliegen der Förderungsvoraussetzungen festgestellt und im Übrigen zur Stärkung der Wahlfreiheit des Leistungsempfängers auf die Erteilung von Gutscheinen zurückgegriffen wird (vgl wegen eines sog Aktivierungsgutscheins § 45 Abs 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung -
Die Möglichkeit einer Verurteilung des Beigeladenen nach § 75 Abs 5 SGG erstreckt sich auch auf Feststellungsklagen (vgl zuletzt BSGE 99, 1 ff RdNr 17 = SozR 4-3200 § 81 Nr 3 mwN auch zu abweichenden Konstellationen); die Feststellungsklage bleibt dabei auch nach Aufhebung des vom sachlich unzuständigen Träger erlassenen Verwaltungsakts (dazu sogleich) zulässig (zum grundsätzlichen Erfordernis der Verbindung einer Feststellungsklage mit einer Anfechtungsklage nach zuvor durchlaufenem Verwaltungsverfahren vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 55 RdNr 3b mwN). Die Zielsetzung des § 14 SGB IX (dazu gleich), eine möglichst schnelle Leistungserbringung durch die zügige Befassung mit dem Anliegen in der Sache zu gewährleisten, würde konterkariert, wenn im Klageverfahren gegen einen (wegen verspäteter Weiterleitung) unzuständigen Träger nicht zugleich eine Klärung von Ansprüchen in der Sache gegenüber dem (nunmehr) zuständigen Träger - sei es im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage, sei es im Wege einer Feststellungsklage - möglich wäre. Entscheidet entgegen der gesetzlich vorgesehenen Regelungen der zuerst angegangene Träger nicht, obwohl er den Antrag nicht rechtzeitig weitergeleitet hat, und unterliegt der dann vom unzuständigen Träger erlassene Bescheid schon deshalb der Aufhebung, ist dem Kläger ein weiteres Abwarten auf ein (erneutes) Tätigwerden des erstangegangenen Trägers nicht zuzumuten.
In der Sache kommen auf Grundlage der Feststellungen des LSG Ansprüche auf Leistungen der Kraftfahrzeughilfe wegen des geltend gemachten Rehabilitationsbedarfs nur gegenüber der Beigeladenen, einer kreisfreien Stadt, in Betracht. Die Beigeladene, die als örtlicher Träger der Sozialhilfe (vgl § 97 Abs 1 SGB XII iVm § 1 Ausführungsgesetz-SGB XII Nordrhein-Westfalen vom 16.12.2004 - Gesetz- und Verordnungsblatt NRW 816) Rehabilitationsträger iS des § 6 Abs 1 Nr 7 SGB IX ist, ist danach der zuerst angegangene Rehabilitationsträger iS des § 14 SGB IX, der wegen nicht rechtzeitiger Weiterleitung des Antrags innerhalb von zwei Wochen nach Antragstellung für die Leistungserbringung nach § 14 Abs 2 Satz 1 SGB IX zuständig geworden ist (dazu grundlegend BSGE 93, 283 ff RdNr 8 mwN = SozR 4-3250 § 14 Nr 1). Dieser Antrag vom 6.10.2012 bleibt für die Bestimmung der Zuständigkeit für die begehrte Kraftfahrzeughilfe in Abgrenzung von erstangegangenem und zweitangegangenem Träger für den gesamten Leistungsfall erheblich (vgl BSGE 117, 53 ff RdNr 22 = SozR 4-3500 § 54 Nr 13).
Die Klage ist damit begründet, soweit der Kläger den Bescheid des sachlich unzuständigen Beklagten vom 20.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.2.2013 angefochten hat. Dies gilt unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nach Zurückverweisung im Übrigen. Wie sich im Umkehrschluss aus § 42 SGB X entnehmen lässt, wonach die Aufhebung eines Verwaltungsaktes nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften ua über die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, unterliegen Verwaltungsakte, die unter Verstoß gegen die sachliche Zuständigkeit ergangen sind, grundsätzlich der Aufhebbarkeit (vgl nur BSG SozR 3-3300 § 20 Nr 5 S 22).
Ob der Feststellungsantrag gegen die Beigeladene Erfolg hat und der Kläger wegen Art und Schwere seiner Behinderung auf die Nutzung eines noch zu beschaffenden Kfz mit Automatikgetriebe angewiesen ist, lässt sich aber auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht abschließend entscheiden. Nach § 19 Abs 3 SGB XII (idF, die die Norm durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch <Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz> vom 24.3.2011 - BGBl I 453 - erhalten hat) iVm § 53 Abs 1 Satz 1 und § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII (idF, die die Normen durch das Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch vom 27.12.2003 - BGBl I 3022 - erhalten haben), § 55 SGB IX (idF des Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen vom 23.4.2004 - BGBl I 606) und § 8 Eingliederungshilfe-VO (idF des Gesetzes vom 27.12.2003) erhalten Personen Leistungen der Eingliederungshilfe, die durch eine Behinderung iS von § 2 Abs 1 Satz 1 SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, am Leben in der Gemeinschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Die Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges gilt als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft iS des § 54 Abs 1 Satz 1 SGB XII iVm §§ 33 und 55 SGB IX (§ 8 Abs 1 Satz 1 Eingliederungshilfe-VO). Sie wird in angemessenem Umfang gewährt, wenn der behinderte Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung eines Kraftfahrzeuges angewiesen ist (§ 8 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 Eingliederungshilfe-VO). In welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, ist abhängig von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche (§ 9 Abs 2 SGB XII). Es gilt mithin ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegensteht (zuletzt BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R - RdNr 15 mwN).
Das LSG hat schon offen gelassen, ob der Kläger wesentlich behindert ist (vgl § 2 Abs 1 SGB IX, §§ 1, 3 Eingliederungshilfe-VO) und also Leistungen der Eingliederungshilfe - als gebundene Leistung (BSG SozR 4-5910 § 39 Nr 1 RdNr 25) - überhaupt an ihn zu erbringen wären. Die notwendigen Feststellungen hierzu (zur Wesentlichkeit vgl nur BSGE 112, 196 ff RdNr 14 mwN = SozR 4-3500 § 54 Nr 10) wird es nachzuholen haben, schon um beurteilen zu können, wie sich mögliche körperliche und/oder geistige Funktionsbeeinträchtigungen konkret auf die Teilhabemöglichkeiten auswirken.
Die weiteren Ausführungen des LSG reichen jedenfalls nicht aus, um die Frage zu entscheiden, ob der Kläger wegen Art oder Schwere seiner Behinderung insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben auf die Benutzung des Kfz angewiesen ist (vgl § 8 Abs 1 Satz 1 Eingliederungshilfe-VO). Im Hinblick auf das bei jeder Eingliederungsmaßnahme zu prüfende Merkmal der Notwendigkeit (§ 4 Abs 1 SGB IX) ist dies nur zu bejahen, wenn das Kfz als grundsätzlich geeignete Eingliederungsmaßnahme unentbehrlich zum Erreichen der Eingliederungsziele ist (BSGE 112, 67 ff RdNr 14 = SozR 4-3500 § 92 Nr 1), die darin liegen (vgl § 53 Abs 3 Satz 1 SGB XII), eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und den behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Die Notwendigkeit von Kraftfahrzeughilfe würde allerdings von vornherein entfallen, wenn der Kläger nach wie vor ein Kfz noch besäße, dieses verkehrstauglich wäre und er es trotz seiner Behinderungen führen könnte. Zur Verkehrstauglichkeit des im Jahr 2014 noch vorhandenen Kfz hat das LSG nur ausgeführt, es sei nach den Angaben des Klägers im Schriftsatz vom 25.8.2014 aktuell "zumindest grundsätzlich nutzbar". Was dies für den Entscheidungszeitpunkt des LSG im Dezember 2014 bedeuten soll, bleibt unklar; im August 2014 hatte der Kläger lediglich ausgeführt, sein Kfz müsse im November 2014 dem TÜV vorgestellt werden und ein Ersatzfahrzeug sei sehr von Nöten. Im Übrigen hat das LSG ausgeführt, aus den vorliegenden Unterlagen ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger sein Kfz aus gesundheitlichen Gründen nicht nutzen könne; der Kläger habe die Möglichkeit, ein Kfz ohne Automatikschaltung führen zu können, zuletzt auch eingeräumt. Dies genügt als Feststellung für die Entscheidung, ob der Kläger ein Kfz überhaupt noch führen kann, nicht. Diese Entscheidung kann nur in Kenntnis von Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen im Einzelnen getroffen werden; die aus einem Pflegegutachten übernommene Aussage, die Beweglichkeit der oberen Extremitäten sei "offenbar" nicht eingeschränkt, ist insoweit nicht ausreichend.
Im Übrigen wäre der Kläger dann nicht auf ein Kfz angewiesen, wenn die Teilhabeziele (zu diesen sogleich) zu Fuß, mit dem öffentlichen Personennahverkehr und ggf unter ergänzender Inanspruchnahme des Behindertenfahrdienstes zumutbar verwirklicht werden könnten. Davon geht das LSG zwar aus; es hat jedoch auch insoweit keine eigenen Feststellungen getroffen, die diesen Schluss tragen. Die Notwendigkeit zu weiteren Ermittlungen und anschließenden Tatsachenfeststellungen von Amts wegen wird dabei nicht - wie das LSG meint - von (hinreichend konkretem) Vortrag des Klägers gesteuert. Das LSG hat sich insoweit aber zunächst ausschließlich mit den Einwänden des Klägers gegen die Feststellungen des SG auseinandergesetzt, ohne eigene Feststellungen zu treffen. Soweit es sich weiter auf das vorliegende Pflegegutachten gestützt hat, hat es zwar ausgeführt, dass dort "Einschränkungen des Klägers im Bereich der Mobilität (…) angesprochen" würden; weshalb sich daraus "eine Unzumutbarkeit, etwa Einkäufe im Nahbereich zu Fuß durchzuführen", nicht "plausibilisieren" lasse, führt es aber nicht weiter aus. Auch psychische oder seelische Einschränkungen (etwa soziale Phobien, Panikzustände und Anpassungsstörungen, die nach den Feststellungen des LSG beim Kläger vorliegen), könnten sich auf das Gehvermögen auswirken und zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr (vgl §§ 145 Abs 1 Satz 1, 146 Abs 1 Satz 1 iVm § 69 Abs 1 und 4 SGB IX) führen (zuletzt BSG SozR 4-3250 § 69 Nr 21 RdNr 18 ff mwN); dies könnte das Angewiesensein auf ein Kfz gleichermaßen begründen. Zutreffend weist der Kläger schließlich darauf hin, dass das LSG zur Ausräumung von Unklarheiten und soweit es sich - wie das SG - auf einen persönlichen Eindruck hätte stützen wollen, gehalten gewesen wäre, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
Wegen der vom Kläger geäußerten Wünsche zur Verwirklichung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft hat das LSG (lediglich) die selbständige Erledigung von Einkäufen sowie die Pflege sozialer Beziehungen und Freundschaften als anerkennenswerte Ziele der Eingliederungshilfe angesehen; dies hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Der Wunsch des Klägers, mittels eines (noch anzuschaffenden) Kfz seinen Heilpraktiker zu Behandlungen abzuholen, ist nicht von vornherein deshalb unerheblich, weil die Inanspruchnahme solcher Behandlungsleistungen dem Leistungskatalog der GKV nicht unterfällt, wie das LSG meint. Ziel der Eingliederungshilfe ist, dem Kläger die in seiner Altersgruppe üblichen gesellschaftlichen Kontakte mit Menschen zu ermöglichen. Insoweit geht es nicht darum, ob die (existenzsichernde) medizinische Behandlung durch andere Systeme der sozialen Sicherung ausreichend abgedeckt ist, sondern um die Frage, ob mit dem Besuch des Heilpraktikers nachvollziehbare soziale Teilhabebedürfnisse erfüllt werden, die nicht über die Bedürfnisse eines nicht behinderten, nicht sozialhilfebedürftigen Erwachsenen hinausgehen (der üblicherweise ebenfalls über eine Absicherung gegen Krankheit verfügen wird). Schließlich muss sich der Kläger auch nicht darauf verweisen lassen, dass mit der Heranziehung von Hilfs- und Pflegekräften deshalb kein Eingliederungsziel verwirklicht werde, weil er keine Pflegebeihilfe von der Beigeladenen mehr erhalte; der Wunsch nach entsprechender Unterstützung zur eigenständigen Lebensführung ist auch bei nur geringem Pflegebedarf nicht per se unbeachtlich.
Wege, die der Kläger mit dem Kfz zurücklegen will, sind damit nur dann für die Beurteilung der Notwendigkeit der Nutzung eines Kfz unbeachtlich, wenn es sich um Wünsche handelt, deren Verwirklichung in der Vergleichsgruppe der nicht behinderten, nicht sozialhilfebedürftigen Erwachsenen in der gleichen Altersgruppe als unangemessen gelten (etwa wegen der damit regelmäßig verbundenen Kosten) und die damit der Teilhabe nicht dienen können; insoweit bestimmen nicht die Vorstellungen des Beklagten und der Beigeladenen oder des Gerichts die Reichweite und Häufigkeit der Teilhabe des behinderten Menschen (vgl bereits BSG, Urteil vom 12.12.2013 - B 8 SO 18/12 R - RdNr 16). Dem Regelbeispiel des Angewiesenseins auf ein Kfz insbesondere zur Teilhabe am Arbeitsleben (vgl § 8 Abs 1 Satz 2 Halbsatz 1 Eingliederungshilfe-VO) lässt sich schließlich keine Begrenzung des Anspruchs dahin entnehmen, dass der behinderte Mensch vor dem Hintergrund seiner Wünsche "in der Regel täglich" auf das Kraftfahrzeug angewiesen sein müsse (so aber LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.9.2011 - L 9 SO 40/09 - RdNr 45 ff; Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 27.11.2013 - L 9 SO 16/11 - ZFSH/SGB 2014, 298 ff; Schmeller in Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, § 54 SGB XII RdNr 47 f, Stand März 2016; Exner/Dillmann, br 2013, 1). Schon die Teilhabe am Arbeitsleben setzt nicht zwingend eine tägliche Fahrt zum Arbeitsplatz voraus; Kraftfahrzeughilfe wäre ggf auch zu gewähren, wenn der behinderte Mensch überwiegend von zu Hause arbeiten kann, nur an wenigen Tagen im Beschäftigungsbetrieb anwesend sein muss und ein Kfz hierfür aber notwendig würde. Vor allem widerspricht aber jede starre zeitliche Vorgabe der dargestellten Systematik, wonach maßgeblich zur weitmöglichsten Eingliederung in die Gesellschaft ein personenzentrierter Maßstab unter Berücksichtigung der individuellen Lebensverhältnisse ist.
Ob daneben auch der gerügte Verfahrensverstoß vorlag, brauchte nicht entschieden zu werden.
Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.