Entscheidungsdatum: 16.12.2015
1. Vertrauensschützende Normen des deutschen innerstaatlichen Rechts stehen einer Rückwirkung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur fehlenden Tariffähigkeit der "Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen" und der im Anschluss daran von Sozialversicherungsträgern auf equal pay-Basis mit Wirkung für die Vergangenheit geltend gemachten Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen grundsätzlich nicht entgegen.
2. Zu den rechtlichen Anforderungen an eine Schätzung von Arbeitsentgelten in personenbezogenen Betriebsprüfungsbescheiden.
3. Zu den Voraussetzungen für die Geltung der 30-jährigen Verjährungsfrist wegen vorsätzlicher Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen.
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. Juni 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 75 364,13 Euro festgesetzt.
Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen nach Feststellung der Tarifunfähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalservice-Agenturen (CGZP).
Die Klägerin - eine GmbH - betreibt behördlich erlaubte Arbeitnehmerüberlassung. Auf die Arbeitsverträge der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer wurden (jedenfalls seit Dezember 2005) die Tarifverträge zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und der CGZP angewandt. Die hierin vorgesehene Vergütung war Bemessungsgrundlage der von der Klägerin für ihre Arbeitnehmer zur Sozialversicherung und an die Bundesagentur für Arbeit (BA) abgeführten Beiträge. Nach einer (ersten) Betriebsprüfung am 16. und 17.3.2009 hatte die Beklagte für den Prüfungszeitraum 1.1.2005 bis 31.12.2008 von der Klägerin Beiträge in Höhe von 1889,19 Euro nachgefordert; zugleich waren überzahlte Beiträge in Höhe von 349,50 Euro erstattet worden (Bescheid vom 17.3.2009).
Das BAG bestätigte mit Beschluss vom 14.12.2010 (1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302 = AP Nr 6 zu § 2 TVG Tariffähigkeit; Verfassungsbeschwerde verworfen durch Beschluss des BVerfG
Vom 5. bis 7.3.2012 führte die Beklagte bei der Klägerin eine weitere Betriebsprüfung (Prüfungszeitraum 1.12.2005 bis 31.12.2011) durch. Daraufhin forderte sie die Entrichtung weiterer Sozialversicherungsbeiträge für die Zeit vor dem 31.12.2009 in Höhe von 75 364,13 Euro, da der bei der Klägerin angewandte Tarifvertrag unwirksam gewesen sei, woraus für den Prüfungszeitraum höhere Lohnansprüche der beschäftigten Leiharbeitnehmer gemäß § 10 Abs 4 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) resultierten (Bescheid vom 8.3.2012). Den Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 25.6.2012 zurück.
Die von der Klägerin hiergegen erhobene - vornehmlich auf Vertrauensschutzerwägungen gestützte - Klage hat das SG abgewiesen: Der Nachforderungsbescheid finde seine Rechtsgrundlage in den Regelungen des SGB IV über Betriebsprüfungen. Für die Höhe des Beitragsanspruchs komme es allein auf den bei den betroffenen Leiharbeitnehmern entstandenen (die tatsächlich gezahlten Entgelte übersteigenden) Entgeltanspruch an. Dieser Entgeltanspruch richte sich hier nach den für einen vergleichbaren Arbeitnehmer im Betrieb des Entleihers geltenden Bedingungen. Da nach dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 feststehe, dass die CGZP nicht tariffähig gewesen sei, kämen abweichende Vergütungsregelungen in mit der CGZP geschlossenen Tarifverträgen (die an sich geeignet seien, geringere Entgeltansprüche zu bewirken), nicht zur Anwendung. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen, weil die Tariffähigkeit der CGZP niemals arbeitsgerichtlich festgestellt worden sei. Schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin lasse sich nicht auf Regelungen gründen, die allein eine Abweichung von dem Gleichstellungsgebot des § 10 Abs 4 AÜG bezweckten. Die Beitragsansprüche seien auch nicht verjährt. Die Klägerin habe aufgrund des Schreibens der Beklagten vom 23.12.2010 zumindest eine Nacherhebung für möglich gehalten, weshalb dafür die 30-jährige Verjährungsfrist gelte. Entgegen der Rechtsprechung des Bayerischen LSG habe es einer Aufhebung des nach der vorhergehenden Betriebsprüfung ergangenen Nachforderungsbescheides vom 17.3.2009 nicht bedurft. Die Beklagte sei zur Schätzung der Arbeitsentgelte berechtigt gewesen, da die Klägerin Dokumentationspflichten nicht erfüllt habe. Sachgerecht habe die Beklagte die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Unterlagen ausgewertet und auf dieser Grundlage die Entgelte der Arbeitnehmer geschätzt, deren konkrete Vergütungsansprüche im Entleiherbetrieb in den Unterlagen nicht ausgewiesen gewesen seien (Urteil vom 25.6.2014).
Mit ihrer Sprungrevision rügt die Klägerin die Verletzung des Vertrauensschutzgebotes gemäß Art 20 Abs 3 iVm Art 2 Abs 1 GG, zugleich eine Verletzung des nach der Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG gebotenen Vertrauensschutzes, ferner des Verbots der Rückwirkung nach Art 20 Abs 3 iVm Art 2 Abs 1 GG, des § 25 SGB IV, der §§ 3, 9 AÜG sowie von § 28f Abs 1, Abs 2 S 1 und Abs 3 SGB IV: Das SG habe verkannt, dass die mit der CGZP geschlossenen Tarifverträge im Tarifregister eingetragen gewesen seien, und dass sogar die Bundesagentur für Arbeit als nach dem AÜG zuständige Behörde die Anwendung dieser Tarifverträge empfohlen habe. Zugleich hätten Entscheidungen des BAG und des BVerfG sowie Äußerungen der Bundesregierung und Äußerungen in Gesetzgebungsverfahren das Vertrauen in die Wirksamkeit dieser Tarifverträge gestärkt. Der Beschluss des BAG vom 14.12.2010 habe dagegen eine überraschende rückwirkende verschärfende Rechtsänderung bewirkt, die europarechtlichen Vorgaben sowie innerstaatlich anerkannten Rückwirkungsgrundsätzen widerspreche. Dem einen Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot verneinenden Beschluss des BVerfG vom 25.4.2015 (Kammerbeschluss - 1 BvR 2314/12 - NJW 2015, 1867 = NZA 2015, 757) könne nicht gefolgt werden, da er von falschen Annahmen ausgehe. Das SG habe § 25 SGB IV verletzt, weil sie (die Klägerin) weder aufgrund des ausdrücklich gegenwartsbezogenen Beschlusses des BAG vom 14.12.2010 noch wegen des Schreibens der Beklagten vom 23.12.2010 eine Nachzahlung von Beiträgen für zurückliegende Zeiträume habe für möglich halten müssen. Die Beiträge für Dezember 2005 bis Dezember 2006 seien daher - entsprechend einer erhobenen Einrede - verjährt. Ohnedies sei die Beitragsforderung zu hoch bemessen, da die Beklagte zur Ermittlung des Vergleichslohns allein auf eine bestimmte berufliche Qualifikation der Leiharbeitnehmer abstelle, ohne deren individuelle Handicaps zu berücksichtigen. Zu Unrecht habe die Beklagte ferner gewährte und verbeitragte Zulagen (zB für Verpflegungsaufwand und Fahrtkosten) nicht entgeltdifferenzmindernd berücksichtigt. Die Beklagte sei schließlich zur Entgeltschätzung nicht berechtigt gewesen, weil ihr (der Klägerin) eine Verletzung von Aufzeichnungspflichten nicht angelastet werden könne und es auch an der Kausalität der - vermeintlichen - Verletzung von Aufzeichnungspflichten für die unterbliebene Feststellung der konkreten Beitragshöhe fehle. Die Beklagte sei vielmehr verpflichtet gewesen, den jeweils zutreffenden Vergleichslohn durch Anfragen bei den Entleihern zu ermitteln, habe dies aber rechtswidrig unterlassen.
Die Klägerin beantragt, |
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das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. Juni 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Juni 2012 aufzuheben, |
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hilfsweise, |
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das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 25. Juni 2014 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen bzw das Sozialgericht Hannover zurückzuverweisen. |
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere könne sich die Klägerin angesichts der allein der Arbeitsgerichtsbarkeit zugewiesenen Kompetenz zur Feststellung fehlender Tariffähigkeit für einen Vertrauensschutz nicht auf Handlungen anderer Stellen - zB der Exekutive - berufen. Der Beschluss des BAG vom 14.12.2010 habe zu keiner einen vergangenheitsbezogenen Vertrauensschutz begründenden Rechtsprechungsänderung geführt, wie das BAG selbst und das BVerfG zwischenzeitlich bestätigt hätten. Zuvor ergangene Rechtsprechung habe nämlich durchweg nicht die Tariffähigkeit der CGZP betroffen. Die für Beitragsnachforderungen bei vorsätzlicher Vorenthaltung geltende 30-jährige Verjährungsfrist sei jedenfalls ab Zugang des Schreibens vom 23.12.2010 wegen der schon darin enthaltenen Geltendmachung von Ansprüchen anwendbar. Der von der Klägerin zur Entgeltermittlung für jeden Leiharbeitnehmer geforderte, individuelle Umstände berücksichtigende Gesamtvergleich sei ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand nicht möglich gewesen, weshalb die vorgenommene Schätzung der Beitragshöhe rechtlich nicht zu beanstanden sei.
Die vom SG zum Rechtsstreit beigeladenen 25 Kranken- und Pflegekassen haben weder Anträge gestellt noch Stellung genommen.
Die zulässige Sprungrevision (§ 161 Abs 1 SGG) der Klägerin ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen SG-Urteils und der Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Niedersachsen-Bremen begründet.
Das Urteil des SG vom 25.6.2014 weist revisionsrechtlich bedeutsame Fehler auf, sodass es aufgehoben werden muss. Der Senat selbst kann jedoch nicht abschließend entscheiden, ob und ggf in welchem Umfang das SG die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 8.3.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.6.2012 zu Recht vollständig abgewiesen hat sowie ob und ggf in welchem Umfang diese Bescheide rechtmäßig sind. Das führt zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG nach § 170 Abs 4 S 1 SGG. Die Zurückverweisung an das LSG (und nicht an das SG als Ausgangsgericht) dient der Vermeidung von Verfahrensverzögerungen und entspricht den in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Vorstellungen von Klägerin und Beklagter.
Unzutreffend hat das SG angenommen, dass es sich bei dem Bescheid vom 8.3.2012 um einen sog Summenbescheid iS von § 28f Abs 2 S 1 SGB IV handele, weshalb neben der erfolgten notwendigen Beiladungen von Versicherungsträgern noch weitere notwendige Beiladungen hätten vorgenommen werden müssen; dies hat das SG verfahrensfehlerhaft versäumt (hierzu 1.). Demgegenüber hat das SG zutreffend entschieden, dass der Prüfbescheid vom 17.3.2009 über die für den Zeitraum 1.1.2005 bis 31.12.2008 durchgeführte Betriebsprüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht entgegensteht (hierzu 2.). Auf die in den Bescheiden geltend gemachten Beitragsforderungen beruft sich die Beklagte auch nicht etwa schon deshalb zu Unrecht, weil die Feststellung des BAG zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP (zunächst) durch Beschluss vom 14.12.2010 nicht auf den streitigen Prüfzeitraum zurückwirken könnte bzw der Umsetzung der hierdurch festgestellten Rechtslage durch die Beklagte ein über die allgemeinen Verjährungsregeln hinausgehender Vertrauensschutz entgegenstünde (hierzu 3.). Gleichwohl ist die Revision im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung der Sache erfolgreich: Mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen des SG kann der Senat nicht abschließend selbst darüber entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beklagte berechtigt war, die der Beitragsbemessung zugrunde liegenden Entgelte zu schätzen und ob sie bei Durchführung der Entgeltschätzung die hieran zu stellenden Anforderungen eingehalten hat (hierzu 4.). Desgleichen vermag der Senat aufgrund fehlender Tatsachenfeststellungen nicht abschließend darüber zu befinden, ob die von der Beklagten festgesetzte Beitragsforderung bezüglich der Beiträge für Dezember 2005 bis Dezember 2006 bereits verjährt war (hierzu 5.).
Vorwegzuschicken ist bei alledem, dass der Senat an die vom SG getroffenen Tatsachenfeststellungen gebunden ist (§ 163 SGG); im Rahmen der vorliegenden Sprungrevision sind die mit der Revisionsbegründung zum Teil sinngemäß geltend gemachten Tatsachenrügen ebenso unzulässig (§ 161 Abs 4 SGG) wie in der Begründung des Rechtsmittels teilweise enthaltener neuer Tatsachenvortrag (vgl BSGE 89, 250, 252 = SozR 3-4100 § 119 Nr 24 S 123 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 163 RdNr 5).
1. Das SG hat - ausgehend von unzutreffenden materiell-rechtlichen Erwägungen - notwendige Beiladungen unterlassen. Insoweit handelt es sich um einen im Revisionsverfahren von Amts wegen zu beachtenden Verfahrensmangel (vgl zB BSG SozR 1500 § 75 Nr 10 S 11 und Nr 21 S 17; BSG Urteil vom 25.10.1990 - 12 RK 22/90 - Die Beiträge 1991, 98, 99 mwN).
Unzutreffend hat das SG angenommen, dass es sich bei dem angefochtenen und den Gegenstand des Rechtsstreits auch in der Revision bildenden Bescheid der Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides um einen Summenbescheid iS von § 28f Abs 2 S 1 SGB IV (Regelung idF der Neubekanntmachung vom 12.11.2009, BGBl I 3710) handelt. Welchen Inhalt ein Verwaltungsakt hat, hat das Revisionsgericht in eigener Zuständigkeit zu beantworten; es ist nicht an die Auslegung eines Bescheides durch das SG gebunden (stRspr - vgl zB BSGE 100, 1 = SozR 4-3250 § 33 Nr 1, RdNr 11 - unter Hinweis auf BSGE 67, 104, 110 = SozR 3-1300 § 32 Nr 2 S 11 und BFHE 214, 18, 23 mwN; BSG Urteil vom 29.2.2012 - B 12 KR 19/09 R - USK 2012-1, Juris RdNr 21).
Rechtsgrundlage des im Anschluss an eine Betriebsprüfung ergangenen Bescheides vom 8.3.2012 und der darin festgesetzten Beitragsnachforderung ist § 28p Abs 1 S 1 und S 5 SGB IV (ebenfalls idF der Neubekanntmachung vom 12.11.2009, aaO). Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit den Gesamtsozialversicherungsbeiträgen stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre (S 1). Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte (verkörpert im sog Prüfbescheid) zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs 2 sowie § 93 iVm § 89 Abs 5 SGB X nicht (S 5).
Die Feststellung der Versicherungspflicht und Beitragshöhe im Prüfbescheid hat grundsätzlich personenbezogen zu erfolgen (hierzu und zum Folgenden vgl zB BSGE 89, 158, 159 f = SozR 3-2400 § 28f Nr 3 S 4 ff mwN). Als Ausnahme von diesem Grundsatz kann der prüfende Träger der Rentenversicherung nach § 28f Abs 2 S 1 SGB IV den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen (sog Summenbescheid), wenn ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt hat und dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden können. Dieser Verzicht auf die grundsätzlich erforderliche Personenbezogenheit der Feststellungen ist charakteristisch für den Summenbescheid; erfolgt allein eine Schätzung der Entgelte einzelner Arbeitnehmer (§ 28f Abs 2 S 3 und S 4 SGB IV) bei fortbestehender personenbezogener Feststellung der Beitragshöhe, so liegt kein Summenbescheid iS des § 28f Abs 2 S 1 SGB IV vor.
Dies ist hier der Fall: Die Beklagte hat im Bescheid vom 8.3.2012 nicht nur die Höhe der insgesamt festgesetzten Nachforderung ausgewiesen, sondern in den Anlagen zum Bescheid die jeweiligen Teilbeträge getrennt nach Versicherungszweigen den einzelnen Arbeitnehmern und den für diese jeweils zuständigen Einzugsstellen zugeordnet. Auf diese Anlagen hat die Beklagte auf Seite 3 des Bescheides unter der Überschrift "Berechnungsanlagen" ausdrücklich hingewiesen und zugleich die Zahlung der nachgeforderten Beiträge an die für den jeweiligen Beschäftigten zuständige Einzugsstelle verlangt.
Wegen der erfolgten personenbezogenen Beitragsfestsetzung war - anders als bei Summenbescheiden - die notwendige Beiladung (§ 75 Abs 2 SGG) der betroffenen Beschäftigten geboten (vgl zB BSGE 89, 158, 159 = SozR 3-2400 § 28f Nr 3 S 4; BSGE 64, 289, 293 = SozR 1300 § 44 Nr 36 S 102; BSG Beschluss vom 15.6.1993 - 12 BK 74/91 - Juris; zuvor bereits aus der Rspr des BSG: SozR 1500 § 75 Nr 15 S 13 mwN und Nr 72 S 87; Urteil vom 16.12.1976 - 12/3/12 RK 23/74 - Breith 1977, 846 = USK 76212; Urteile vom 27.1.1977 - 12/3 RK 90/75 - USK 7733 und - 12 RK 8/76 - USK 7727; Urteile vom 23.2.1977 - 12/3 RK 30/75 - USK 7739 und - 12 RK 14/76 - USK 7736 = DAngVers 1977, 297; Urteil vom 28.4.1977 - 12 RK 30/76 - USK 7743 = SozSich 1977, 338; vgl auch zur Beteiligung betroffener Arbeitnehmer durch die Einzugsstelle bei Einleitung eines Verwaltungsverfahrens über das Bestehen von Versicherungspflicht BSGE 55, 160 = SozR 1300 § 12 Nr 1). Das hat das SG verfahrensfehlerhaft unterlassen.
Darüber hinaus sind nach der Rechtsprechung des Senats die von den Beitragsnachforderungen begünstigten, jeweils zuständigen (Fremd-)Sozialversicherungsträger und die BA zum Rechtsstreit notwendig beizuladen (vgl BSG SozR 4-2400 § 14 Nr 16 RdNr 10 mwN; BSG SozR 4-2400 § 23a Nr 6 RdNr 10 mwN; BSGE 89, 158, 159 = SozR 3-2400 § 28f Nr 3 S 4 mwN; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 75 RdNr 10f mwN). Dem ist das SG nur teilweise nachgekommen, nämlich allein in Bezug auf Krankenkassen und offenbar nur mit Blick auf ihre Funktion als Einzugsstellen.
Die vorbeschriebenen Beiladungen, die im Revisionsverfahren (vgl § 168 S 2 SGG) wegen notwendiger Zurückverweisung auch aus weiteren Gründen (BSGE 103, 39 = SozR 4-2800 § 10 Nr 1, RdNr 14; BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 17) sowie abgeschnittener Äußerungsmöglichkeiten der Betroffenen in der Tatsacheninstanz nicht sachdienlich war, wird nun das LSG vor der erneuten Verhandlung und Entscheidung nachzuholen haben. Dabei könnte es vorliegend (vor allem in Bezug auf die Beschäftigten) vom Verfahren nach § 75 Abs 2a SGG Gebrauch machen, da ausweislich der Anlagen zum angefochtenen Prüfbescheid mehr als 20 Personen beizuladen sind.
2. Zutreffend hat das SG angenommen, dass der Prüfbescheid vom 17.3.2009 über die im März 2009 für den Zeitraum 1.1.2005 bis 31.12.2008 durchgeführte Betriebsprüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide nicht entgegensteht, auch soweit diese denselben Zeitraum betreffen. Zu solchen Fallgestaltungen hat der Senat bereits entschieden, dass der entgegenstehenden Rechtsprechung insbesondere des Bayerischen LSG (zB Urteil vom 18.1.2011 - L 5 R 752/08 - Juris = ASR 2011, 250) nicht gefolgt werden kann. Dabei hat er auch die Argumente gegen die einen "Bestandsschutz" aufgrund vorangegangener Betriebsprüfungen ablehnende ständige Rechtsprechung des erkennenden 12. Senats des BSG berücksichtigt, welche die Klägerin unter Hinweis auf Äußerungen in der Literatur (vgl zB Rittweger, DB 2011, 2147 ff; Brand, NZS 2013, 641, 644) noch mit der Klage vorgetragen, jedoch mit der Revision nicht wiederholt hat (BSGE 115, 1 = SozR 4-2400 § 27 Nr 5, RdNr 23 ff; jüngst BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 R 7/14 R). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch vorliegend fest.
3. Die mit den angefochtenen Bescheiden geltend gemachten Beitragsforderungen sind auch - anders als die Klägerin meint - nicht etwa deshalb rechtswidrig, weil die durch Beschluss des BAG vom 14.12.2010 rechtskräftig gewordene Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP nicht auf den streitigen Prüfzeitraum zurückwirken könnte. Die Beitragsschuld der Klägerin richtet sich nach dem entstandenen Entgeltanspruch (hierzu a). Dieser entsprach während des Zeitraums der vorliegend bestrittenen Nachberechnungen dem im Betrieb eines Entleihers während der Zeit der Überlassung für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers üblichen Arbeitsentgelt (hierzu b). Auf ein etwaiges Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP kann sich die Klägerin demgegenüber nicht berufen (hierzu c).
a) In der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung liegt bei versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung für den vom Arbeitgeber zu zahlenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag gemäß §§ 28d, 28e SGB IV das Arbeitsentgelt zugrunde (§ 226 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB V, § 57 Abs 1 SGB XI, § 162 Nr 1 SGB VI, § 342 SGB III, jeweils in den für die streitige Zeit vom 1.12.2005 bis 31.12.2011 geltenden Fassungen). Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung gemäß § 7 Abs 1 SGB IV, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden (§ 14 Abs 1 S 1 SGB IV). Für die Bestimmung des Arbeitsentgelts gilt im Rahmen der Beitragsbemessung grundsätzlich das Entstehungsprinzip. Das für die Sozialversicherung zentrale Entstehungsprinzip hat zum Inhalt, dass Versicherungspflicht und Beitragshöhe bei dem Beschäftigten nach dem arbeitsrechtlich geschuldeten (etwa dem Betroffenen tariflich zustehenden) Arbeitsentgelt zu beurteilen sind - was sich etwa bei untertariflicher Bezahlung auswirkt - und nicht lediglich nach dem einkommensteuerrechtlich entscheidenden, dem Beschäftigten tatsächlich zugeflossenen Entgelt (stRspr; vgl zuletzt BSGE 115, 265 = SozR 4-2400 § 17 Nr 1, RdNr 30 mit zahlreichen Nachweisen). Zugleich ist es für die Beitragsbemessung unerheblich, ob der einmal entstandene Entgeltanspruch zB wegen tarifvertraglicher Verfallklauseln oder wegen Verjährung vom Arbeitnehmer (möglicherweise) nicht mehr realisiert werden kann. Der Zufluss von Arbeitsentgelt ist für das Beitragsrecht der Sozialversicherung nur entscheidend, soweit der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mehr leistet als ihm unter Beachtung der gesetzlichen, tariflichen oder einzelvertraglichen Regelungen zusteht, dh dann, wenn ihm also über das geschuldete Arbeitsentgelt hinaus überobligatorische Zahlungen zugewandt werden (vgl BSG SozR 3-2400 § 14 Nr 24 S 62 f). Für einen solchen Sachverhalt, der zur Anwendung des Zuflussprinzips führen würde, bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte.
b) Arbeitsrechtlich geschuldet im Sinne des Entstehungsprinzips und damit der Beitragsbemessung im Prüfzeitraum zugrunde zu legen ist das von der Klägerin ihren Leiharbeitnehmern für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher geschuldete, den im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen entsprechende Arbeitsentgelt (§ 10 Abs 4 AÜG idF durch Gesetz vom 23.12.2002, BGBl I 4607, bzw ab 30.4.2011 idF durch Gesetz vom 28.4.2011, BGBl I 642). Ein nach § 9 Nr 2 AÜG zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigender Tarifvertrag besteht - soweit es den oder die von der Klägerin nach den Feststellungen des SG auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Leiharbeitnehmer angewandten Tarifvertrag bzw Tarifverträge zwischen der AMP und CGZP betrifft - nicht. Dem steht das mit Bindungswirkung auch für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit festgestellte Fehlen der Tariffähigkeit der CGZP bei Abschluss dieser Tarifverträge entgegen, was die Unwirksamkeit der Tarifverträge von Anfang an (vgl BAG Urteil vom 13.3.2013 - 5 AZR 954/11 BAGE 144, 306 = AP Nr 31 zu § 10 AÜG, Juris RdNr 21 ff) zur Folge hat.
Unwirksam sind daher zumindest alle von der CGZP bis zum 14.12.2010 geschlossenen Tarifverträge, denn nach der Rechtsprechung der Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit steht rechtskräftig fest, dass die CGZP vom Zeitpunkt ihrer Gründung am 11.12.2002 bis jedenfalls zum 14.12.2010 nicht tariffähig war (für die Zeit vor dem 8.10.2009 vgl BAG Beschluss vom 23.5.2012 - 1 AZB 58/11 - BAGE 141, 382 = AP Nr 18 zu § 97 ArbGG 1979; hierzu BVerfG
An diese Feststellungen zur mangelnden Tariffähigkeit der CGZP ist der Senat - wie alle Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit - gebunden. In subjektiver Hinsicht erfasst die Rechtskraft einer Entscheidung über die Tariffähigkeit oder die Tarifzuständigkeit nicht nur die Personen und Stellen, die im jeweiligen Verfahren nach § 97 Abs 2 iVm § 83 Abs 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) angehört worden sind, sondern die Entscheidung entfaltet Wirkung gegenüber jedermann. Insbesondere sind alle Gerichte an einen in einem Verfahren nach § 97 ArbGG ergangenen Ausspruch über die Tariffähigkeit oder die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung gebunden, wenn diese Eigenschaften als Vorfrage in einem späteren Verfahren zu beurteilen sind, sofern nicht aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Rechtskraft endet (so bereits BAG Beschluss vom 23.5.2012, aaO, mwN; vgl nunmehr auch § 97 Abs 3 S 1 ArbGG, mit Wirkung ab 16.8.2014 eingefügt durch Art 2 Nr 4 Buchst d des Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie vom 11.8.2014, BGBl I 1348).
Es kann vorliegend offenbleiben, ob die Rechtskraftwirkung der das Fehlen der Tariffähigkeit der CGZP feststellenden Entscheidungen des BAG durch die zum 30.4.2011 erfolgte Einfügung von § 3a AÜG durch Art 1 Nr 6 des Ersten Gesetzes zur Änderung des AÜG - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28.4.2011 (BGBl I 642) wieder entfallen ist (dafür etwa: Lützeler/Bissels, DB 2011, 1636; Lembke, NZA 2011, 1062). Zwar betreffen die streitbefangenen Bescheide der Beklagten einen Prüfzeitraum bis 31.12.2011. Zugleich hat es das SG versäumt im Einzelnen festzustellen, wann die bei der Klägerin im Prüfzeitraum zur Anwendung kommenden Tarifverträge der CGZP geschlossen wurden bzw für welche Zeiträume sie angewandt wurden. Jedoch lässt sich den angefochtenen Bescheiden und den darin in Bezug genommenen Anlagen entnehmen, dass Beitragsnachberechnungen nur für Zeiträume bis 31.12.2009 vorgenommen worden sind. Damit kann es auf die genannte Frage nicht ankommen, denn § 9 Nr 2, § 10 Abs 4 S 2 AÜG setzen einen zum Zeitpunkt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wirksamen Tarifvertrag voraus (vgl nur BAG Urteil vom 13.3.2013, aaO, Juris RdNr 20 mwN), was auch auf Grundlage der genannten Rechtsauffassung, die ein Entfallen der Rechtskraft der die fehlende Tariffähigkeit der CGZP feststellenden Beschlüsse des BAG zum 30.4.2011 vertritt, jedenfalls bis dahin nicht der Fall war.
c) Ein etwaiges Vertrauen der Arbeitnehmerüberlassung betreibenden Personen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des BAG (hierzu aa) und des BVerfG (hierzu bb) an. Die von der Klägerin hiergegen vorgetragenen Argumente vermögen nicht zu überzeugen (hierzu cc). Schließlich kann die Klägerin Vertrauensschutz gegenüber den streitigen Beitragsnachforderungen auch nicht aus der älteren Rechtsprechung des BSG herleiten (hierzu dd). Vermeintliche europarechtliche Bezüge rechtfertigen - jedenfalls gegenwärtig - keine Vorlage durch den Senat an den EuGH (hierzu ee).
aa) Das BAG hat einen Schutz des Vertrauens der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP verneint und hierzu Folgendes ausgeführt (BAG Urteil vom 13.3.2013 - 5 AZR 954/11 - BAGE 144, 306 = AP Nr 31 zu § 10 AÜG, Juris RdNr 24 f; BAG Urteil vom 28.5.2014 - 5 AZR 422/12 - AP Nr 37 zu § 10 AÜG = NZA 2014, 1264, Juris RdNr 18 ff): Der aus Art 20 Abs 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, zwar gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen (BVerfGE 122, 248, 277 f; vgl dazu auch BAG Urteil vom 19.6.2012 - 9 AZR 652/10 - Juris RdNr 27 mwN; zur diesbezüglichen Rspr des BSG vgl zB BSGE 51, 31 = SozR 2200 § 1399 Nr 13; BSGE 95, 141 RdNr 41 = SozR 4-2500 § 83 Nr 2 RdNr 49). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren aber nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das BAG noch Instanzgerichte hatten in dem dafür nach § 2a Abs 1 Nr 4 iVm § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren zuvor jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. In der von der Revision - im Fall des BAG aber auch im vorliegend vom BSG zu entscheidenden Verfahren - herangezogenen Entscheidung (BAG Urteil vom 24.3.2004 - 5 AZR 303/03 - BAGE 110, 79, 87 f) hatte der - beim BAG zuständige - Senat bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit der Vergütung eines Leiharbeitnehmers zwar auch einen von der CGZP abgeschlossenen Entgelttarifvertrag herangezogen, eine Feststellung von deren Tariffähigkeit war damit aber nicht verbunden. Die bloße Erwartung, das BAG werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen (Koch, SR 2012, 159, 161 mwN). Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der BA oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist - so das BAG weiter - nicht geschützt. Die Tariffähigkeit der CGZP wurde bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert (Hinweis auf Schüren in Schüren/Hamann, AÜG, 4. Aufl 2010, § 9 RdNr 107 ff mwN; Ulber, NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen, DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch, RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbarte, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ging er ein Risiko ein, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisierte.
bb) Das BVerfG hat eine gegen die Erstreckung der Feststellung, dass die CGZP nicht tariffähig ist und damit keine wirksamen Tarifverträge abschließen kann, auf Zeiträume vor dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 gerichtete und im Hinblick auf einen vermeintlichen Vertrauensschutz - im Wesentlichen mit denselben Argumenten wie die vorliegende Revision - begründete Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, da sie offensichtlich unbegründet war (BVerfG
Hierzu hat das BVerfG (aaO) ua ausgeführt, dass die besonderen Voraussetzungen, unter denen ausnahmsweise auch eine Änderung der Rechtsprechung den im Rechtsstaatsprinzip des Art 20 Abs 3 GG verankerten Vertrauensschutz verletzen kann, in Bezug auf die Rechtsprechung zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP nicht vorlagen. Es fehlte an einem ausreichenden Anknüpfungspunkt für das von den (dortigen) Beschwerdeführerinnen geltend gemachte Vertrauen. Diese konnten nicht auf höchstrichterliche Rechtsprechung vertrauen, denn eine solche lag zum Zeitpunkt der angegriffenen Entscheidungen nicht vor. Das BAG habe in dem Beschluss vom 14.12.2010 nämlich erstmals ausgeführt, dass Gewerkschaften einer Spitzenorganisation iS des § 2 Abs 2 und 3 Tarifvertragsgesetz (TVG) ihre Tariffähigkeit vollständig vermitteln müssen. Das entsprach nicht demjenigen, was die Beschwerdeführerinnen für richtig hielten. Die bloße Erwartung aber, ein oberstes Bundesgericht werde eine ungeklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne beantworten, begründet jedoch kein verfassungsrechtlich in Art 20 Abs 3 GG geschütztes Vertrauen. Die Beschwerdeführerinnen mussten damit rechnen, dass der CGZP die Tariffähigkeit fehlte, denn an deren Tariffähigkeit bestanden von Anfang an erhebliche Zweifel (Hinweis auf Böhm, NZA 2003, 828, 829; Reipen, NZS 2005, 407, 408 f; Schüren in Schüren/Hamann, AÜG, 3. Aufl 2007, § 9 AÜG RdNr 115). Mit den angegriffenen Entscheidungen der Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit realisierte sich das "erkennbare Risiko", dass später in einem Verfahren nach § 2a Abs 1 Nr 4 iVm § 97 ArbGG die Tarifunfähigkeit der CGZP festgestellt werden könnte. Allein der Umstand, dass die genaue Begründung des BAG nicht ohne Weiteres vorhersehbar war, begründete - so das BVerfG weiter - keinen verfassungsrechtlich zu berücksichtigenden Vertrauensschutz. Ein schutzwürdiges Vertrauen der Beschwerdeführerinnen in die Wirksamkeit der CGZP-Tarifverträge lässt sich nicht mit dem Verhalten der Sozialversicherungsträger und der BA sowie der Heranziehung dieser Tarifverträge durch das BAG bei der Ermittlung der branchenüblichen Vergütung begründen. Die Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung obliegt nämlich allein den Gerichten für Arbeitssachen in dem in § 2a Abs 1 Nr 4 iVm § 97 ArbGG geregelten Beschlussverfahren. Das Handeln anderer Stellen sowie die Bezugnahme auf diese Tarifverträge in einem gänzlich anders gelagerten Rechtsstreit waren auch vor dem Hintergrund der bereits damals umstrittenen Tariffähigkeit der CGZP nicht geeignet, ein schutzwürdiges Vertrauen zu begründen (BVerfG
cc) Dieser Rechtsprechung des BAG und BVerfG schließt sich der Senat nach eigener Prüfung uneingeschränkt an. Die zuletzt von der Klägerin hiergegen vorgetragenen Argumente vermögen demgegenüber nicht zu überzeugen.
So möchte die Klägerin unterscheiden zwischen (einerseits) rechtsstaatlichem Vertrauensschutz, der durch eine rückwirkende arbeitsgerichtliche Feststellung der fehlenden Tariffähigkeit der CGZP nach Auffassung der Klägerin verletzt sein könnte - nach den zitierten Entscheidungen des BAG und BVerfG jedoch nicht verletzt ist - und (andererseits) einem weiterreichenden, vom Beschluss des BVerfG vermeintlich nicht betroffenen Vertrauensschutz, den der Einzelne in das staatliche Handeln von Exekutive und Legislative sowie der Rechtsprechung setzen könne. Aber auch unter diesem Blickwinkel fehlt es bereits an einem Tatbestand, an den das geltend gemachte Vertrauen in schützenswerter Weise anknüpfen könnte. Dem steht, wenn es wie hier um Vertrauen in die Tariffähigkeit einer Vereinigung und die hieran geknüpften Rechtsfolgen geht, die bereits von BAG und BVerfG in den vorstehend zitierten Entscheidungen hervorgehobene ausschließliche Zuweisung der Entscheidung hierüber an die Gerichte für Arbeitssachen entgegen, die darüber in dem besonderen Beschlussverfahren nach § 2a Abs 1 Nr 4 iVm § 97 ArbGG zu befinden haben.
Andere - insbesondere nach Art 20 Abs 3 GG an das Gesetz gebundene staatliche - Stellen, denen gerade keine eigene Kompetenz zur verbindlichen Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung oder die Wirksamkeit eines Tarifvertrags zugewiesen ist, haben - jedenfalls soweit es hierauf rechtlich ankommt - bis zur Rechtskraft eines Beschlusses im genannten Verfahren von der Tariffähigkeit einer Vereinigung und der Wirksamkeit der von ihr geschlossenen Tarifverträge auszugehen. Ein Vertrauen darauf, dass diese Stellen im Anschluss an einen auch sie bindenden, die Tarifunfähigkeit einer Vereinigung feststellenden Beschluss der Arbeitsgerichtsbarkeit nicht die hiermit rechtlich zwingend verbundenen Folgen umsetzen, wäre daher von vornherein nicht gerechtfertigt und ist nicht schutzwürdig.
Zu einem anderen Ergebnis führt weder die Behauptung der Klägerin, die Annahme des BVerfG, die Beschwerdeführerinnen in dem zum Beschluss vom 25.4.2015 führenden Verfahren hätten Kenntnis von der Diskussion um Zweifel an der Tariffähigkeit der CGZP gehabt, sei unzutreffend, noch die Behauptung, auch die Annahme des BVerfG, durch die Anwendung der Tarifverträge der CGZP seien die Unternehmen in den Genuss besonders niedriger Vergütungssätze gekommen, entspreche nicht den wahren Verhältnissen. Insoweit verkennt die Klägerin, dass beide Gesichtspunkte die Begründung des BVerfG für seine Ablehnung des geltend gemachten, aus Art 20 Abs 3 GG hergeleiteten Vertrauensschutzes in der Ausprägung eines Rückwirkungsverbots nur ergänzen. In erster Linie fehlt es bereits am notwendigen Anknüpfungspunkt für ein nach Art 20 Abs 3 GG zu schützendes Vertrauen, nämlich einer die Tariffähigkeit der CGZP bestätigenden ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl BVerfG
dd) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die von ihr in diesem Zusammenhang in Bezug genommene Rechtsprechung des BSG berufen.
Zwar hat das BSG entschieden, dass aus Gründen des Vertrauensschutzes die zum Nachteil eines Arbeitgebers geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung grundsätzlich nicht rückwirkend zu dessen Lasten anzuwenden ist, wenn dieser aufgrund der "neuen" Rechtsprechung nunmehr Beiträge auf bestimmte Arbeitnehmerbezüge abzuführen hat, die noch nach der zuvor maßgebend gewesenen Rechtsprechung beitragsfrei waren (zu diesem Grundsatz: BSGE 51, 31, 36 ff und Leitsatz = SozR 2200 § 1399 Nr 13; wie die Klägerin: Giesen, SGb 2015, 544, 545 f mwN; Rieble, BB 2012, 2945, 2948 mwN). Für das Eingreifen dieses Grundsatzes fehlt es (wiederum) bereits an einer "bisherigen Rechtsprechung", auf die sich ein nach Art 20 Abs 3 GG oder - wie vom BSG damals angenommen - einfachrechtlich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) zu schützendes Vertrauen der Klägerin gründen könnte.
Soweit es die Rechtsprechung des BSG betrifft, gibt es keine Entscheidungen, wonach die Nachforderung von Beiträgen für die Vergangenheit generell oder speziell von Beiträgen aus dem Differenzentgelt im Falle nachträglich festgestellter Unwirksamkeit von Tarifverträgen und dadurch bedingter höherer Entgeltansprüche der Arbeitnehmer unzulässig wäre.
In Bezug auf die Rechtsprechung des BAG ist der Klägerin (wiederum) entgegenzuhalten, dass dieses Gericht niemals zuvor im Beschlussverfahren nach § 2a Abs 1 Nr 4 iVm § 97 ArbGG positiv die Tariffähigkeit der CGZP und die Wirksamkeit der von dieser geschlossenen Tarifverträge während des Nacherhebungszeitraums festgestellt hatte. Vielmehr ist eine bis dahin ungeklärte Rechtsfrage erstmals durch den Beschluss des BAG vom 14.12.2010 geklärt worden, wenn auch das Ergebnis nicht den Vorstellungen der Klägerin entsprach. Dies gilt auch, soweit sich die Klägerin auf eine vermeintlich überraschende Verschärfung der Anforderungen an die Tariffähigkeit eines Spitzenverbandes durch die Rechtsprechung des BAG beruft (vgl zB auch Rieble, BB 2012, 2945; Giesen, SGb 2015, 544 f mwN). Auch insoweit fehlt es an einer vorangegangenen ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, die dann durch den Beschluss des BAG vom 14.12.2010 aufgegeben worden wäre und durch die zuvor allein zu schützendes Vertrauen begründet worden sein könnte; weder war die Frage der Ableitung der Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation von der Tariffähigkeit ihrer Mitgliedsverbände bis zu diesem Zeitpunkt Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen (vgl LArbG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 9.1.2012 - 24 TaBV 1285/11 ua - BB 2012, 1733 = DB 2012, 693) noch gab es eine ständige höchstrichterliche Rechtsprechung, derzufolge die vom BAG in seinem Beschluss vom 14.12.2010 als entscheidungserheblich angesehenen Gesichtspunkte bis dahin für die Frage der Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation ausdrücklich ohne Bedeutung gewesen wären. Deshalb - sowie mit Blick auf die allein der Arbeitsgerichtsbarkeit zugewiesene Kompetenz zur Feststellung des Fehlens der Tariffähigkeit einer Vereinigung - liegt auch keine rückwirkende Korrektur einer bereits zuvor fragwürdigen Verwaltungspraxis vor, wie sie dem Urteil des BSG vom 27.9.1983 (BSGE 55, 297 = SozR 5375 § 2 Nr 1) zugrunde lag, auf das sich die Klägerin ebenfalls beruft.
ee) Entgegen der Auffassung der Klägerin bedarf es vorliegend auch keiner Vorlage an den EuGH zur Klärung der Frage, ob die Beitragsnacherhebung wegen "equal pay"-Ansprüchen bei Unanwendbarkeit von der CGZP geschlossener Tarifverträge auch für Zeiträume vor dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 (aaO) vermittelt über die Leiharbeitsrichtlinie 2008/104/EG gegen das Transparenzgebot bei der Richtlinienumsetzung und die Unternehmerfreiheit nach Art 16 Grundrechtecharta verstößt (vgl Rieble, BB 2012, 2945, 2949 ff).
Ein nationales letztinstanzliches Gericht - wie vorliegend das BSG - ist zur Vorlage an den EuGH (nur) verpflichtet, wenn sich in einem Verfahren eine Frage des Unionsrechts stellt, die nicht bereits Gegenstand einer Auslegung durch den EuGH war (acte éclairé) und wenn die richtige Anwendung des Unionsrechts nicht derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (acte clair). Die Vorlagepflicht steht ua unter dem Vorbehalt, dass die gestellte Frage entscheidungserheblich ist (vgl BVerfG
An der Entscheidungserheblichkeit einer - in der Revisionsbegründung allenfalls grob angedeuteten - europarechtlichen Frage fehlt es vorliegend bereits deshalb, weil der Senat unabhängig von deren Beantwortung wegen unzureichender Tatsachenfeststellungen des SG an einer abschließenden Entscheidung gehindert ist. Auf diese - noch zu präzisierende - Frage könnte es erst dann ankommen, wenn das LSG (an welches die Sache vorliegend zurückverwiesen wird) nach Feststellung und auf Grundlage aller für eine abschließende Entscheidung nach dem nationalen Recht notwendigen Tatsachen zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass die angegriffenen Bescheide der Beklagten jedenfalls teilweise rechtmäßig sind. Zudem erscheint es zur Wahrung rechtlichen Gehörs aller Beteiligten geboten, zunächst die notwendigen Beiladungen der betroffenen Arbeitnehmer und der weiteren Versicherungsträger vorzunehmen, um diesen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Gelegenheit zur Stellungnahme zu allen sich im Zusammenhang mit diesem Rechtsstreit stellenden entscheidungserheblichen Fragen zu geben.
4. Mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen des SG kann der Senat nicht abschließend darüber befinden, in welcher Höhe die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden geltend gemachte Beitragsnachforderung rechtmäßig ist. Das SG hat bereits nicht festgestellt, in welcher Höhe die Beitragsforderung auf konkret nachgewiesenen Entgeltansprüchen und in welcher Höhe sie auf Schätzungen beruhte (hierzu a). Insbesondere kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beklagte berechtigt war, die der Beitragsbemessung zugrunde liegenden Entgelte zu schätzen (hierzu b), und ob sie hierbei die an die Durchführung einer Entgeltschätzung zu stellenden Anforderungen eingehalten hat (hierzu c). Die Feststellungen zu den vorgenannten Punkten muss das LSG nachholen (vgl § 170 Abs 5 SGG).
a) Anhand der Feststellungen des angegriffenen SG-Urteils ist für den Senat schon nicht nachvollziehbar, inwieweit die von der Beklagten festgesetzte Beitragsforderung auf konkret festgestellten Entgelten oder auf Entgeltschätzungen beruht.
Wie dargelegt ist der Bemessung der von der Klägerin für den Prüfzeitraum abzuführenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge das von ihr ihren Leiharbeitnehmern für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher geschuldete, den im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen entsprechende Arbeitsentgelt iS von § 10 Abs 4 AÜG zugrunde zu legen (vgl oben II.3.a und b). Vertrauensschutzgesichtspunkte stehen dem nicht entgegen (vgl oben II.3.c). Nach den nicht mit zulässigen Revisionsrügen angegriffenen und daher den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des SG stellte die Klägerin anlässlich der Betriebsprüfung im März 2012 einen Aktenordner mit Auskünften der Entleiherunternehmen über Bezüge der Stammarbeitnehmer in den Betrieben zur Verfügung, in welchem - nach Auffassung der Beklagten - die überwiegende Anzahl der "Beschäftigungsverhältnisse" dokumentiert war. Diesen Ordner wertete die Beklagte aus und nahm Schätzungen nur für diejenigen Arbeitnehmer vor, "die in diesen Unterlagen nicht mit konkreten Vergütungsansprüchen im Entleiherbetrieb ausgewiesen waren".
Ausgehend davon dürfte ein wesentlicher Teil der Beitragsforderung der Höhe nach nicht zu beanstanden sein. Denn für die in diesem Ordner nachgewiesenen Arbeitnehmerüberlassungen nahm die Beklagte offenkundig keine Schätzung vor; dass die in den von ihr vorgelegten Unterlagen enthaltenen konkreten Vergütungsansprüche nicht zuträfen, hat die Klägerin bisher nicht geltend gemacht. Für eine derartige Unrichtigkeit bestehen auch keine sonstigen Anhaltspunkte. Jedoch hat das SG diesen Teil der Beitragsforderung weder betragsmäßig festgestellt noch ist der Teil aufgrund der festgestellten Tatsachen bestimmbar; schon deshalb ist der Senat auch bezogen auf diesen Teil der Beitragsforderung an einer abschließenden Entscheidung gehindert.
Zudem kann der Senat aufgrund fehlender Tatsachenfeststellungen des SG auch nicht entscheiden, ob - wie im Revisionsverfahren gerügt - bestimmte von der Klägerin ihren Leiharbeitnehmern gewährte Zulagen bei der Ermittlung der Differenz zwischen dem von der Klägerin der Beitragsabführung zugrunde gelegten Entgelt und den in Höhe des Vergleichslohns entstandenen konkreten Vergütungsansprüchen differenzmindernd zu berücksichtigen sind. So richtet sich nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 13.3.2013 - 5 AZR 294/12 - AP Nr 25 zu § 10 AÜG = NZA 2013, 1226, Juris RdNr 34 ff) die Berücksichtigung von Aufwendungsersatz beim Gesamtvergleich zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt gemäß § 10 Abs 4 AÜG danach, ob damit - wenn auch in pauschalierter Form - ein dem Arbeitnehmer tatsächlich entstandener Aufwand, zB für Fahrt-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten, erstattet werden soll (echter Aufwendungsersatz) oder ob die Leistung Entgeltcharakter hat. Echter Aufwendungsersatz ist im Sinne des Arbeitsrechts kein Arbeitsentgelt (BAG, aaO, Juris RdNr 35). Ob solche Zulagen überhaupt gewährt wurden und ggf welchen rechtlichen Charakter sie hatten, hat das SG nicht festgestellt. Das ist vom LSG nachzuholen.
b) Ebenso lassen die vom SG getroffenen Feststellungen für eine abschließende Entscheidung des Senats nicht ausreichend erkennen, ob bzw inwieweit die Beklagte die der Beitragsbemessung zugrunde liegenden Entgelte schätzen durfte.
Die Beklagte war zwar grundsätzlich zur Schätzung der von der Klägerin ihren Leiharbeitnehmern während der jeweiligen Überlassung an einen Entleiherbetrieb geschuldeten Entgelte berechtigt, soweit die Klägerin keine Unterlagen über die konkreten Vergütungsansprüche vorlegen konnte (hierzu aa). Auf ein Verschulden der Klägerin bei der Verletzung ihrer Aufzeichnungspflichten kommt es dafür ebenso wenig an, wie auf deren Kenntnis vom konkreten Inhalt dieser Pflichten (hierzu bb). Jedoch ist im Einzelfall zu prüfen, ob die konkreten Vergütungsansprüche nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand zu ermitteln sind (hierzu cc). Auch hierzu bedarf es im Rahmen der Befassung der Sache durch das LSG weiterer Feststellungen.
aa) Grundsätzlich ist ein Rentenversicherungsträger - vorliegend mithin die Beklagte - im Rahmen der Betriebsprüfung auch zur Schätzung der Entgelte einzelner Beschäftigter berechtigt. Rechtsgrundlage hierfür ist § 28f Abs 2 S 3 und 4 SGB IV (Werner in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 28f RdNr 67 f). Zwar sollte es diese Vorschrift den Gesetzesmaterialien zufolge in erster Linie ermöglichen, die Lohnsumme für den Erlass eines Summenbescheides iS des § 28f Abs 2 S 1 SGB IV zu schätzen, wenn aufgrund unzureichender oder fehlender Buchhaltung nicht einmal diese ermittelt werden kann (Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Einordnung der Vorschriften über die Meldepflichten des Arbeitgebers in der Kranken- und Rentenversicherung sowie im Arbeitsförderungsrecht und über den Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrags in das Vierte Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung -
Bestätigt wird diese Auslegung des § 28f Abs 2 S 4 SGB IV durch die spätere Übernahme der Schätzungsbefugnis in § 28h Abs 2 S 2 und 3 SGB IV durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Sozialgesetzbuchs (vom 30.6.1995, BGBl I 890), durch die ausdrücklich nach dem Vorbild der bis dahin in der Praxis analog angewandten Vorschrift des § 28f Abs 2 S 3 und 4 SGB IV (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 13/1559 S 13 zu Art 1 Nr 2 Buchst b) eine vom Erlass eines Summenbescheides unabhängige Schätzungsbefugnis der Einzugsstellen geschaffen wurde.
bb) Auch eine solche - mithin grundsätzlich zulässige - Entgeltschätzung bei personenbezogenen Beitragsfestsetzungen erfordert indessen eine "Verletzung der Aufzeichnungspflichten" des Arbeitgebers. Eine solche Verletzung kann hier nicht ohne Weiteres bejaht werden.
Dazu ist vielmehr in den Blick zu nehmen, dass es eines Verschuldens des Arbeitgebers insoweit ebenso wenig bedarf (BSGE 89, 158, 161 = SozR 3-2400 § 28f Nr 3 S 6) wie überhaupt einer Kenntnis des Arbeitgebers vom konkreten Inhalt der ihn treffenden sozialversicherungsrechtlichen Pflicht. Grund dafür ist, dass die ausnahmslose Aufzeichnungspflicht gerade dazu dient, Fragen der Versicherungs- und Beitragspflicht rückwirkend prüfen zu können (vgl Regierungsentwurf SGB IV, aaO, BT-Drucks 11/2221 S 23 zu § 28f). Diese Prüfungen haben unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung sicherzustellen (vgl BSGE 115, 1 = SozR 4-2400 § 27 Nr 5, RdNr 24 mwN; jüngst BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 R 7/14 R). Zur Gewährleistung einer vollständigen Beitragsentrichtung ist es aber erforderlich, die Erhebung der vom Arbeitgeber objektiv geschuldeten Beiträge auch dann zu ermöglichen, wenn die Feststellung der genauen Beitragshöhe oder - im hier nicht betroffenen Fall des Summenbescheides - die Zuordnung der Entgelte zu einzelnen Arbeitnehmern wegen - gleich aus welchem Grunde - fehlender oder unvollständiger Aufzeichnungen nicht möglich ist. Der erforderliche Ausgleich (einerseits) der Interessen der Versicherten und Versicherungsträger an einer vollständigen Beitragsfeststellung und -erhebung sowie (andererseits) dem Interesse der Arbeitgeber, nicht im Nachhinein mit unerwarteten Beitragsforderungen belastet zu werden, die sie mit Rücksicht auf § 28g S 3 SGB IV häufig auch hinsichtlich des Versichertenanteils im Ergebnis wirtschaftlich zu tragen haben, erfolgt nach der gesetzlichen Konzeption dabei vorrangig über die Verjährungsregelungen. Diese Regelungen schützen gutgläubige Arbeitgeber vor Nachforderungen von Beiträgen, die nicht innerhalb der vier zurückliegenden Kalenderjahre fällig geworden sind.
cc) Näher geprüft werden muss zudem, ob sich die für die Beitragsbemessung den Ausgangspunkt bildenden maßgebenden konkreten Vergütungsansprüche der Leiharbeitnehmer "nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln" lassen.
Eine Schätzung von Entgelten ist jedoch nicht in jedem Fall fehlender oder fehlerhafter Arbeitgeberaufzeichnungen zulässig, worauf die Klägerin zutreffend hinweist. Eine Befugnis zur Schätzung von Entgelten besteht nur dann, wenn aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Aufzeichnungen des Arbeitgebers - soweit vorliegend relevant - die Beitragshöhe nicht konkret festgestellt werden kann. Die Feststellung der Beitragshöhe muss dabei nicht gänzlich objektiv unmöglich sein; ausdrücklich ordnet § 28f Abs 2 S 3 SGB IV eine Entgeltschätzung vielmehr bereits für den Fall an, dass der prüfende Träger Arbeitsentgelte "nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand" ermitteln kann. Damit suspendiert § 28f Abs 2 SGB IV indessen weder die Amtsermittlungspflicht des prüfenden Trägers, noch die Mitwirkungspflichten des zu prüfenden Arbeitgebers (zB nach § 28f Abs 1 und 3, § 28p Abs 5 SGB IV). Dementsprechend haben sich die Träger im Rahmen ihrer Amtsermittlung nach Maßgabe der §§ 20 ff SGB X grundsätzlich sämtlicher in Betracht kommender Beweismittel zu bedienen; insbesondere können sie beim Versicherten selbst, beim Entleiherunternehmen oder bei anderen Stellen und Behörden Auskünfte über die beim Entleiher für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Beschäftigungsbedingungen einholen. Die Verhältnismäßigkeit des Unterlassens weiterer Feststellungen durch den Rentenversicherungsträger unterliegt voller gerichtlicher Überprüfung, wofür auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides abzustellen ist (BSGE 89, 158, 162 f = SozR 3-2400 § 28f Nr 3 S 8).
Prüfungsmaßstab ist im Falle einer personenbezogenen Entgeltschätzung - wie sie Gegenstand dieses Rechtsstreits ist - vorrangig eine Abwägung zwischen dem im Einzelfall zu erwartenden Verwaltungsaufwand und den Interessen des Versicherten wie auch des Arbeitgebers (zu den Anforderungen beim Verzicht auf personenbezogene Feststellungen vgl BSGE 89, 158, 161 f = SozR 3-2400 § 28f Nr 3 S 7 f; vgl auch Werner in jurisPK-SGB IV, aaO, § 28f RdNr 59 f) an einer exakten Feststellung der Entgelte im Hinblick auf spätere Leistungsansprüche bzw im Hinblick auf die Vermeidung überobligatorischer Beitragslasten. Deshalb wird es wesentlich auch auf die zu erwartende Genauigkeit einer möglichen Schätzung ankommen: Je genauer die Schätzung, desto geringer sind die für den Versicherten und Arbeitgeber zu befürchtenden Nachteile und desto geringer der Ermittlungsaufwand, der noch als verhältnismäßig gelten kann (vgl Berchtold, SozSich 2012, 70, 75). Allein der Umstand, dass bei einem Arbeitgeber Entgelte einer großen Anzahl von Arbeitnehmern zu ermitteln sind, begründet für sich genommen jedoch noch keinen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand; insoweit kann es keine Rolle spielen, ob ein bestimmter Verwaltungsaufwand mehrfach bei einem Arbeitgeber oder jeweils in wenigen Fällen bei mehreren Arbeitgebern anfällt.
c) Stellt sich ausgehend von Vorstehendem im Fall heraus, dass eine Schätzung grundsätzlich zulässig ist, so sind auch für deren Durchführung bestimmte rechtliche Anforderungen einzuhalten.
Die Schätzung ist so exakt vorzunehmen, wie dies unter Wahrung eines nach den genannten Maßstäben noch verhältnismäßigen Verwaltungsaufwands möglich ist. Sie ist nicht zu beanstanden und - bis zum Nachweis der tatsächlichen Höhe des Arbeitsentgelts (§ 28f Abs 2 S 5 SGB IV) - verbindlich, wenn sie auf sorgfältig ermittelten Tatsachen gründet und nachvollziehbar ist, weil sie insbesondere nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (so zur Einkommensprognose nach dem BErzGG vgl BSG SozR 4-7833 § 6 Nr 4 mwN). Innerhalb dieses Rahmens sind die an eine Schätzung zu stellenden Anforderungen wiederum abhängig von einer Abwägung zwischen der Bedeutung einer größeren Genauigkeit der Schätzung für Versicherte und Arbeitgeber und dem mit einem bestimmten Vorgehen verbundenen Verwaltungsaufwand. Dabei sind die Anforderungen an eine Schätzung umso höher, je größer die für die Versicherten und Arbeitgeber zu befürchtenden Nachteile sind (vgl Berchtold, SozSich 2012, 70, 75).
Diese Notwendigkeit der Abwägung im Einzelfall schließt es aus, eine verallgemeinerungsfähige Antwort auf die von der Klägerin im Revisionsverfahren aufgeworfene Frage zu geben, ob für die Ermittlung des Vergleichslohns allein auf die berufliche Qualifikation des Leiharbeitnehmers abgestellt werden darf, oder ob hierfür auch dessen "individuelle Handicaps" zu berücksichtigen sind (vgl hierzu etwa Thüsing/Stiebert, Equal Pay in der Arbeitnehmerüberlassung - unter Berücksichtigung des CGZP-Beschlusses in Brand/Lembke, Der CGZP-Beschluss des Bundesarbeitsgerichts, 2012, S 67 mwN). Sollte Letzteres - was der Senat hier nicht beantworten muss - arbeitsrechtlich geboten sein, so wären solche "Handicaps" nur dann im Rahmen der Entgeltschätzung zu berücksichtigen, wenn sich deren Vorliegen und deren Auswirkungen auf den Vergleichslohn im Einzelfall mit noch verhältnismäßigem Verwaltungsaufwand abschätzen ließen.
Schließlich sind Schätzungsgrundlagen und Berechnungsmethode vom Versicherungsträger in der Begründung seines Bescheides im Einzelnen darzulegen (so bereits BSG SozR 3-8570 § 8 Nr 3 S 17). Das Fehlen dieser Angaben führt vorliegend allerdings nicht schon ohne Weiteres zur - auch nicht teilweisen - Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen einer fehlenden Begründung des Verwaltungsaktes (§ 35 Abs 1 S 1 und 2 SGB X), sondern lediglich zur Aufhebung des SG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an die Tatsacheninstanzen, da der Senat mangels ausreichender Feststellungen des SG zu dem auf Schätzungen beruhenden Teil der Beitragsforderung (vgl oben II.4.a) auch insoweit an einer abschließenden Entscheidung gehindert ist. Im Rahmen der erneuten Verhandlung wird das LSG - an das der Senat die Sache hier zurückverweist - auch § 41 Abs 2 SGB X zu beachten haben.
5. Schließlich kann der Senat wegen fehlender Tatsachenfeststellungen des SG ebenfalls nicht abschließend entscheiden, ob die von der Klägerin hinsichtlich der Beiträge für den Zeitraum 1.12.2005 bis 31.12.2006 erhobene Verjährungseinrede dem insoweit möglicherweise bestehenden Anspruch der Beklagten auf weitere Beiträge für diesen Zeitraum entgegensteht. Insoweit kommt es darauf an, ob Beiträge vorsätzlich vorenthalten worden sind und ob Vorsatz aufgrund positiver Kenntnis von der Pflicht zur Beitragsentrichtung unterstellt werden kann (hierzu a). Eine solche Kenntnis wird jedoch weder durch den Inhalt des Beschlusses des BAG vom 14.12.2010 (hierzu b) noch durch den Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 23.12.2010 vermittelt (hierzu c), das auch keine Hemmung des Fristlaufs bewirkte (hierzu d). Daher sind ua weitere tatrichterliche Feststellungen zur Frage eines möglichen Vorsatzes auf Seiten der Klägerin erforderlich (hierzu e).
a) Nach § 25 Abs 1 S 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Hingegen verjähren solche Ansprüche erst in 30 Jahren (§ 25 Abs 1 S 2 SGB IV), wenn die Beiträge vorsätzlich vorenthalten worden sind. Der Begriff "vorsätzlich" schließt den bedingten Vorsatz ein (BSG SozR 3-2400 § 25 Nr 7 S 35 mwN). Hierfür ist ausreichend, dass der Beitragsschuldner seine Beitragspflicht nur für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (BSG SozR 3-2400 § 25 Nr 7 S 35). Die 30-jährige Verjährungsfrist ist auch anzuwenden, wenn ein anfänglich gutgläubiger Beitragsschuldner vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist bösgläubig geworden ist (BSG, aaO, S 34). Der subjektive Tatbestand ist dabei bezogen auf die konkreten Umstände des Einzelfalls und den betreffenden Beitragsschuldner individuell zu ermitteln; die Feststellungslast für den subjektiven Tatbestand trifft im Zweifel den Versicherungsträger, der sich auf die für ihn günstige lange Verjährungsfrist beruft (BSG, aaO, S 35 f). Ist - wie im Idealfall, von dem § 25 SGB IV ausgeht - eine natürliche Person Beitragsschuldner, wird im Regelfall die Feststellung ihrer Kenntnis von der Beitragspflicht und der Umstand, dass die Beiträge nicht (rechtzeitig) gezahlt wurden, genügen, um gleichermaßen feststellen zu können, dass dieser Beitragsschuldner die Beiträge (zumindest bedingt) vorsätzlich vorenthalten hat. Denn die Rechtspflicht zur Beitragszahlung hat zur Folge, dass das Unterlassen der Zahlung einem aktiven Handeln gleichzustellen ist. Aus einem aktiven Handeln im Bewusstsein, so vorzugehen, folgt aber in aller Regel auch das entsprechende Wollen (im Einzelnen vgl BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 29 ff).
"Kenntnis" im vorstehend beschriebenen Sinne ist das sichere Wissen darum, rechtlich und tatsächlich zur Zahlung der Beiträge verpflichtet zu sein. Solche den Vorsatz indizierende Kenntnis von der Beitragspflicht kann nach der Rechtsprechung des Senats regelmäßig angenommen werden, wenn für das gesamte typische Arbeitsentgelt (zB bei "Schwarzarbeit") überhaupt keine Beiträge entrichtet werden; sie liegt auch noch nahe, wenn Beiträge für verbreitete "Nebenleistungen" zum Arbeitsentgelt nicht gezahlt werden und zwischen steuerrechtlicher und beitragsrechtlicher Behandlung eine bekannte oder ohne Weiteres erkennbare Übereinstimmung besteht. Demgegenüber muss der Vorsatz bei wenig verbreiteten Nebenleistungen, bei denen die Steuer- und die Beitragspflicht in komplizierten Vorschriften geregelt sind und inhaltlich nicht voll deckungsgleich sind, eingehend geprüft und festgestellt werden. Fehler bei der Beitragsentrichtung dürften in diesen Fällen nicht selten nur auf fahrlässiger Rechtsunkenntnis beruhen. Bloße Fahrlässigkeit schließt jedoch die Anwendung der 30-jährigen Verjährungsfrist aus. Dies gilt auch für die Form der "bewussten Fahrlässigkeit", bei welcher der Handelnde die Möglichkeit der Pflichtverletzung zwar erkennt, jedoch - im Gegensatz zum bedingt vorsätzlich Handelnden, der den Erfolg billigend in Kauf nimmt - darauf vertraut, die Pflichtverletzung werde nicht eintreten (vgl zum Ganzen BSG SozR 3-2400 § 25 Nr 7 S 33, 35 f; jüngst BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 R 7/14 R).
Im vorliegenden Fall, in dem es sich bei der Beitragsschuldnerin um eine juristische Person des Privatrechts handelt, kommt es zunächst auf die Kenntnis zumindest eines Mitglieds eines Organs der Klägerin von der Beitragspflicht an. Das Wissen eines vertretungsberechtigten Organmitglieds ist als Wissen des Organs anzusehen und damit auch der juristischen Person zuzurechnen (BGHZ 109, 327, 331; BGH Urteil vom 15.12.2005 - IX ZR 227/04 - WM 2006, 194, 195). Darüber hinaus kann jedoch auch die Kenntnis weiterer im Rahmen einer betrieblichen Hierarchie verantwortlicher Personen der betroffenen juristischen Person zuzurechnen sein, nämlich dann, wenn keine Organisationsstrukturen geschaffen wurden, um entsprechende Informationen aufzunehmen und intern weiterzugeben (vgl BGH Urteil vom 15.12.2005 - IX ZR 227/04 - WM 2006, 195 ff; BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 19).
b) Nach diesen Grundsätzen kann dem SG nicht gefolgt werden, soweit es einen Vorsatz der Klägerin bezüglich der unterlassenen Beitragsentrichtung schon deshalb bejaht hat, weil mit dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 die naheliegende Möglichkeit bestanden habe, dass auf die Differenz zwischen den gezahlten Arbeitsentgelten und den nach § 10 Abs 4 S 1 AÜG geschuldeten Arbeitsentgelten Beiträge nachzuzahlen waren. Aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist allerdings die Aussage des SG, die Vorlage von Unterlagen über die Löhne in Entleiherbetrieben belege, dass die Klägerin zumindest die Nacherhebung von Beiträgen für möglich gehalten habe. Gleiches gilt auch für die damit verbundene, unausgesprochene Annahme, die Vorstellung von der Möglichkeit einer Beitragserhebung habe (wenn auch nicht unbedingt vor dem 1.1.2011) bei zumindest einer deren Zurechnung zur Klägerin ermöglichenden Person vorgelegen.
Das Wissen um die (bloße) Möglichkeit einer Beitragserhebung steht jedoch dem vorsatzindizierenden sicheren Wissen um die rechtliche und tatsächliche Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge nicht gleich. Insbesondere kann selbst nach der Veröffentlichung der Entscheidungsgründe des BAG-Beschlusses vom 14.12.2010 zu Anfang des Jahres 2011 ein solches sichereres Wissen nicht ohne Weiteres unterstellt werden, weil - umgangssprachlich ausgedrückt - jeder informierte Mensch nunmehr genau gewusst hätte, dass Beiträge auch für diese Jahre nachzuzahlen waren. Eine solche Unterstellung scheidet schon wegen der seinerzeit auch arbeitsrechtlich noch nicht abschließend geklärten Frage nach der zeitlichen Wirkung eines im Verfahren nach § 2a Abs 1 Nr 4, § 97 Abs 1 ArbGG ergangenen Beschlusses aus. Das Bestehen einer unsicheren Rechtslage wird bereits durch die erhebliche Zahl von Aussetzungsbeschlüssen verschiedener ArbGe und LArbGe nach § 97 Abs 5 ArbGG zur Klärung der Frage der Tariffähigkeit der CGZP zu verschiedenen Zeitpunkten vor Ergehen des Beschlusses des BAG vom 14.12.2010 belegt, ebenso durch die hiermit zusammenhängende Diskussion (vgl zB LArbG Hamm Beschluss vom 28.9.2011 - 1 TA 500/11 - Juris RdNr 17 ff mit zahlreichen Nachweisen zu Rechtsprechung und Schrifttum; nachgehend BAG Beschluss vom 23.5.2012 - 1 AZB 58/11 - BAGE 141, 382 = AP Nr 18 zu § 97 ArbGG 1979 und BVerfG
Vor diesem Hintergrund kann zwar davon ausgegangen werden, dass die Arbeitnehmerüberlassung beruflich betreibende Personen allgemein die Möglichkeit einer Pflicht zur Beitragszahlung auch für zurückliegende Zeiträume erkannten. Es kann aber jedenfalls für die hier entscheidungserhebliche Zeit bis einschließlich 31.12.2010 nicht im Sinne eines vorsatzindizierenden Wissens schlechthin unterstellt werden, dass solche Personen nicht auf eine Klärung der Rechtslage zu ihren Gunsten vertrauten und deshalb mit der nicht nachgeholten Zahlung dieser Beiträge eine Verletzung ihrer Beitragsabführungspflichten billigend in Kauf nahmen.
c) Etwas anderes folgt zum Nachteil der Klägerin auch nicht aus dem Schreiben der Beklagten vom 23.12.2010.
In diesem - nach gleichem Muster bundesweit an zahlreiche Unternehmen der Arbeitnehmerüberlassung versandten - Schreiben erläuterte die Beklagte unter Hinweis auf eine beigefügte Presseerklärung des BAG, dass die CGZP nach dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 nicht tariffähig sei und deshalb keine Tarifverträge habe abschließen können, welche geeignet gewesen seien, in der Zeitarbeitsbranche vom "equal pay"-Prinzip abzuweichen. Weiter führte die Beklagte wörtlich aus: |
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"Da eine schriftliche Entscheidungsbegründung noch nicht vorliegt, lässt sich derzeit nicht mit letzter Sicherheit sagen, wie die Frage der Rückwirkung dieser Entscheidung auf Beitragsansprüche, die seit Januar 2006 fällig geworden sind, zu beantworten ist. Um Schaden von den Sozialversicherungen abzuwenden, sehen wir uns deshalb verpflichtet, hiermit fristwahrend die Ansprüche auf entgangene Sozialversicherungsbeiträge noch im Jahr 2010 geltend zu machen." |
Soweit es die Frage eines die Anwendbarkeit der 30-jährigen Verjährungsfrist auslösenden Bösgläubigkeit angeht, war dieses Schreiben der Beklagten lediglich geeignet, dem Empfänger das Wissen um die (bloße) Möglichkeit einer Beitragsabführungspflicht für "equal pay"-Ansprüche auch für Zeiträume vor dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 zu verschaffen. Die gewählten Formulierungen vermitteln selbst schon nicht einmal das eigene sichere Wissen der Beklagten um die rückwirkenden Folgen des BAG-Beschlusses, sondern die Äußerung einer - seriösem ordnungsgemäßem Verwaltungshandeln auch entsprechenden - eher abwartenden und zurückhaltenden Tendenz, die den Gesichtspunkt der Wahrung eigener Rechte in den Vordergrund rückt. Schließlich wird in dem Schreiben auch des Weiteren nur auf die Pflicht der Adressaten zur "Prüfung" ihrer Beitrags- und Meldepflichten hingewiesen. Ein vorsatzindizierendes "sicheres" Wissen um die Verpflichtung, diese Beiträge abführen zu müssen, konnte damit bei verständiger Würdigung nicht vermittelt werden, was schon aus den in diesem Schreiben enthaltenen - zutreffenden - Hinweisen auf die fehlende Entscheidungsbegründung des BAG und - nicht nur deshalb - die fortbestehende Unsicherheit bezüglich dieser Frage folgt (hierüber hinausgehend - auch im Hinblick auf eine Pressemitteilung der Beklagten vom 21.12.2010 - Schlegel, NZA 2011, 380, 383). All dies schließt gleichwohl im Einzelfall die Annahme zumindest bedingten Vorsatzes aufgrund konkreter tatrichterlicher Feststellung anderer, ein individuelles Vertrauen der Klägerin auf einen aus ihrer Sicht "guten Ausgang" widerlegender Tatsachen nicht von vornherein aus.
d) Das Schreiben der Beklagten vom 23.12.2010 war auch nicht geeignet, die drohende Verjährung von im Jahre 2006 fälligen Beitragsansprüchen mit Ablauf des 31.12.2010 zu hemmen. Hierzu hätte es nämlich des Erlasses eines Beitragsbescheides oder jedenfalls der tatsächlichen Vornahme einer Arbeitgeberprüfung (§ 25 Abs 2 S 2 SGB IV) bzw bezüglich der Rentenversicherungsbeiträge der Einleitung eines Beitragsverfahrens (§ 198 SGB VI) bedurft. Letzteres erfordert die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass insbesondere eines Verwaltungsaktes gerichtet ist (§ 8 SGB X). Das genannte Schreiben der Beklagten erfüllt keinen dieser Hemmungstatbestände. Insbesondere wurde hierdurch weder bereits ein Prüf- noch ein Beitragsverfahren eingeleitet. Vielmehr wurde lediglich erst die spätere Durchführung einer Arbeitgeberprüfung im Jahr 2011 angekündigt.
e) Ob der Klägerin in Bezug auf eine vorsätzliche Beitragsvorenthaltung das Verschulden von Personen zugerechnet werden kann, die in der Zeit vor dem 1.1.2011 nicht nur um die Möglichkeit einer (Nach-)Zahlungspflicht von weiteren Beiträgen für die Zeit vom 1.12.2005 bis 31.12.2006 wussten, sondern eine Verletzung dieser Pflicht zumindest billigend in Kauf genommen hatten, hat das SG - von seinem Standpunkt aus konsequent - nicht festgestellt. Tatrichterlich sind insoweit die konkreten Umstände zur inneren (subjektiven) Seite beim Beitragsschuldner festzustellen und zu würdigen. Dies führt auch bezüglich des möglicherweise verjährten Teils der Beitragsforderung zur Zurückverweisung der Sache an das LSG zwecks Ermittlung eines möglichen, eine 30-jährige Verjährungsfrist auslösenden Vorsatzes ( vgl bereits BSG SozR 3-2400 § 25 Nr 7; BSG SozR 4-2400 § 14 Nr 7; jüngst BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 R 7/14 R ).
Sollte das LSG zu dem Ergebnis gelangen, dass die bis 31.12.2006 fälligen Beitragsansprüche verjährt sind, wird es weiter auch zu prüfen haben, ob dies die Beitragsansprüche für den Monat Dezember 2006 vollständig mitumfasst oder ob ein Teil dieser Ansprüche nach § 23 Abs 1 S 2 Halbs 2 SGB IV (idF der Bekanntmachung vom 23.1.2006, BGBl I 86) erst im Januar 2007 fällig wurde.
6. Die Kostenentscheidung bleibt der Entscheidung des LSG vorbehalten.
7. Der Streitwert für das Revisionsverfahren war gemäß § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 GKG in Höhe des Betrags der streitigen Beitragsforderung festzusetzen.