Entscheidungsdatum: 13.03.2013
1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 25. Januar 2012 - 3 Sa 1544/11 - wird zurückgewiesen.
2. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 25. Januar 2012 - 3 Sa 1544/11 - insoweit aufgehoben, als es die Klage abgewiesen hat.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Die Parteien streiten über Differenzvergütung unter dem Gesichtspunkt des equal pay.
Der 1967 geborene Kläger ist seit 2002 bei der Beklagten, die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und seitdem einem Unternehmen des RWE-Konzerns als Mitarbeiter im sog. Kombi-Außendienst überlassen. Bei einer regelmäßigen tatsächlichen Arbeitszeit von 165 Monatsstunden erhielt der Kläger im Jahr 2007 einen Bruttostundenlohn von 8,88 Euro, ab Januar 2008 von 9,13 Euro, ab November 2008 von 9,48 Euro, ab Januar 2009 von 9,85 Euro, ab Januar 2010 von 10,07 Euro und ab November 2010 von 10,41 Euro. Außerdem zahlte die Beklagte dem Kläger für die Benutzung seines Privat-PKWs ab April 2010 eine Fahrtkostenerstattung iHv. 0,20 Euro pro im Einsatz gefahrenen Kilometer.
Dem Arbeitsverhältnis lag zuletzt ein Formulararbeitsvertrag vom 18. Februar/17. Mai 2005 zugrunde, in dem es ua. heißt:
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„1. Gegenstand und Bezugnahme auf Tarifvertrag |
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Der Mitarbeiter ist eingestellt als |
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Außendienstmitarbeiter. |
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Der Mitarbeiter wird aufgrund der notwendigen Qualifikation für die im Kundeneinsatz ausgeübte Tätigkeit entsprechend des nachfolgend genannten Entgeltrahmentarifvertrages wie folgt eingruppiert: |
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Entgeltgruppe AWE5+ |
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Die Rechte und Pflichten der Parteien dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den nachstehenden Regelungen sowie nach den zwischen der Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen e. V. (INZ) und der Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP) geschlossenen Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung, derzeit bestehend aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV). |
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Der Arbeitgeber ist berechtigt, durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Mitarbeiter die vorgenannten Tarifverträge jeweils für die Zukunft durch solche zu ersetzen, die von einem anderen für den Arbeitgeber zuständigen Arbeitgeberverband geschlossen wurden (Tarifwechsel kraft Inbezugnahme). Dies gilt insbesondere bei einer Fusion der Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen e. V. (INZ). In diesem Fall treten die von diesem anderen Arbeitgeberverband geschlossenen Tarifverträge hinsichtlich sämtlicher Regelungen dieses Arbeitsvertrages an die Stelle der vorgenannten Tarifverträge. |
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… |
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14. Ausschluss von Ansprüchen |
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Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten. |
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Unberührt hiervon bleiben Ansprüche aus unerlaubter Handlung. |
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Lehnt die Gegenpartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von einem Monat nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird; dies gilt nicht, wenn die in 1. genannten Tarifverträge eine abweichende Regelung enthalten.“ |
Eine von der Beklagten im April 2010 angetragene vorformulierte Änderung der Bezugnahmeklausel lehnte der Kläger ab. Daraufhin wandte sich die Beklagte mit Schreiben vom 29. Juni 2010 an den Kläger:
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„Sehr geehrter Herr B, |
hiermit teilen wir Ihnen mit, dass ab dem 01.01.2010 auf das bestehende Arbeitsverhältnis die Tarifverträge zwischen dem Arbeitgeberverband mittelständischer Personaldienstleister (AMP) und den Einzelgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbundes (CGB) in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Diese bestehen derzeit aus Manteltarifvertrag (MTV), Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), Entgelttarifvertrag (ETV) und Beschäftigungssicherungstarifvertrag (BeschSiTV). Der Tarifpartner CGB tritt somit an die Stelle der unter Ziffer 1. des geschlossenen Arbeitsvertrages genannten Tarifvertragspartei Tarifgemeinschaft Christliche Gewerkschaften Zeitarbeit und PSA (CGZP).“ |
Die Entleiherin erteilte dem Kläger unter dem 17. Juni 2011 folgende Auskunft:
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„Herr B ist im Wege der Arbeitnehmerüberlassung als Kombi-Außendienstmonteur eingesetzt. |
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Wenn wir die Aufgabe hätten, Herrn B einzugruppieren, entspräche seine aktuelle Tätigkeit der Eingruppierung B 2 / Basis nach MTV. |
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Tarifgruppe |
Grundvergütung |
Sonderzahlung |
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B 2 / Basis |
2.831,00 € |
353,00 € |
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Die Grundvergütung wird 13-mal je Jahr gezahlt, zudem gibt es die Sonderzahlung einmalig je Jahr. |
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Die Spesen und Fahrtkosten werden entsprechend der individuellen Aufwendungen nach der gültigen Reisekostenregelung der RWE vergütet. |
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Zur Einsicht haben wir eine Abschrift des MTV der Tarifgruppe RWE vom 27. März 2006 sowie den aktuellen Vergütungstarifvertrag und die Reisekostenordnung der RWE als Anlage beigefügt.“ |
Mit der am 27. Dezember 2010 eingereichten Klage hat der Kläger zuletzt für den Zeitraum Januar 2007 bis Juli 2011 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 AÜG die Differenz zwischen der von der Beklagten erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll, verlangt und geltend gemacht, er habe eine Ausschlussfrist nicht einhalten müssen. Zur Höhe des Anspruchs hat sich der Kläger auf die Auskunft der Entleiherin berufen und vorgetragen, vergleichbare Stammarbeitnehmer mit entsprechender Betriebszugehörigkeit würden nach der Tarifgruppe B 2 Erfahrungsstufe 3 des Manteltarifvertrags der Tarifgruppe RWE vom 27. März 2006 (fortan: MTV RWE) nebst 13. Monatsgehalt und jährlicher Sonderzuwendung vergütet. Sie erhielten Spesen in Form eines Tagegeldes von 6,90 Euro bei einer Abwesenheitszeit von mehr als sechs und bis zu acht Stunden täglich und eine Fahrtkostenerstattung iHv. 0,33 Euro je Kilometer.
Der Kläger hat zuletzt sinngemäß beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 83.200,84 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter betragsmäßiger und zeitlicher Staffelung zu zahlen. |
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die fehlende Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung führe nur zur Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc, zumindest habe sie auf die Wirksamkeit der von der CGZP geschlossenen Tarifverträge vertrauen dürfen. Ab dem 1. Januar 2010 habe sie aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und Einzelgewerkschaften des Christlichen Gewerkschaftsbunds vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Zudem seien Ansprüche des Klägers wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen. Zur Höhe des Anspruchs hat die Beklagte geltend gemacht, die Auskunft der Entleiherin verhalte sich nicht über vergleichbare Stammarbeitnehmer und deren Vergütung. Aufwendungsersatz sei weder Arbeitsentgelt noch eine wesentliche Arbeitsbedingung. Schließlich sei der Kläger ab Juli 2011 im Rahmen eines Werkvertrags eingesetzt worden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage bis auf einen Betrag von 7.010,61 Euro brutto nebst Zinsen abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehren die Beklagte die vollständige Klageabweisung, der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Die Revision der Beklagten ist unbegründet, die des Klägers begründet. Die Beklagte ist nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet, dem Kläger für die streitgegenständliche Zeit der Überlassung an ein Unternehmen des RWE-Konzerns das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt (I.). Der Kläger war nicht gehalten, Ausschlussfristen einzuhalten (II.). In welcher Höhe dem Kläger Differenzvergütung über den vom Landesarbeitsgericht ausgeurteilten Betrag hinaus zusteht, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden. Das führt zur teilweisen Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht, soweit dieses die Klage abgewiesen hat, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO (III.).
I. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das AÜG ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr. 2 AÜG) mit der Folge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG). Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Nr. 1 Arbeitsvertrag verweist auf unwirksame Tarifverträge. Die CGZP konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen. Andere tarifliche Regelungen sind nicht wirksam in Bezug genommen.
1. Nach den Entscheidungen des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 14. Dezember 2010 (- 1 ABR 19/10 - BAGE 136, 302), dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 TaBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die CGZP seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. BAG 23. Mai 2012 - 1 AZB 58/11 - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 AZB 67/11 - Rn. 7).
2. Fehlt einer Tarifvertragspartei die Tariffähigkeit, kann sie allenfalls eine Kollektivvereinbarung ohne normative Wirkung, aber keinen Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 TVG abschließen (zur fehlenden Tarifzuständigkeit: BAG 17. April 2012 - 1 ABR 5/11 - Rn. 69). Trotz fehlender Tariffähigkeit abgeschlossene „Tarifverträge“ sind deshalb von Anfang an unwirksam (BAG 15. November 2006 - 10 AZR 665/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 120, 182; 27. November 1964 - 1 ABR 13/63 - zu B I der Gründe, BAGE 16, 329; ErfK/Franzen 13. Aufl. § 2 TVG Rn. 5; Schaub/Treber Arbeitsrechts-Handbuch 14. Aufl. § 198 Rn. 4). Davon geht auch § 97 Abs. 5 ArbGG aus. Die gesetzliche Anordnung, einen Rechtsstreit, der davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder deren Tarifzuständigkeit gegeben ist, bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wäre sinnlos, wenn die fehlende Tariffähigkeit oder die fehlende Tarifzuständigkeit lediglich zu einer Unwirksamkeit des Tarifvertrags ex nunc führen würde. Dementsprechend wird in dem als besonderes Beschlussverfahren ausgestalteten Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nicht eine ursprünglich bestehende Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit „abgesprochen“, sondern lediglich das Fehlen der Fähigkeit oder der Zuständigkeit zum Abschluss eines Tarifvertrags festgestellt.
3. Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag (HWK/Henssler 5. Aufl. § 1 TVG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 AÜG ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 AÜG einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 AÜG dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein.
4. Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt.
Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen (BVerfG 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, BVerfGE 122, 248; vgl. dazu auch BAG 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10 - Rn. 27 mwN). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das Bundesarbeitsgericht noch Instanzgerichte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der CGZP festgestellt. Die bloße Erwartung, das Bundesarbeitsgericht werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen (Koch SR 2012, 159, 161 mwN).
Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der Bundesagentur für Arbeit oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der CGZP ist nicht geschützt. Die Tariffähigkeit der CGZP wurde bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert (vgl. Schüren in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. mwN; Ulber NZA 2008, 438; Rolfs/Witschen DB 2010, 1180; Lunk/Rodenbusch RdA 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der CGZP abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der CGZP realisiert hat.
5. Die von der Beklagten angetragene Änderung der Bezugnahmeklausel hat der Kläger abgelehnt. Nr. 1 Arbeitsvertrag erfasst nicht die Geltung der vom Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. (AMP) und - neben der CGZP - einer Reihe von christlichen Arbeitnehmervereinigungen geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (im Folgenden: AMP-TV 2010). Unbeschadet der Frage, ob ein einseitiger „Austausch“ der für das Leiharbeitsverhältnis maßgeblich sein sollenden Tarifwerke eine Vereinbarung tariflicher Regelungen iSv. § 9 Nr. 2 AÜG sein kann, berechtigt die Klausel allenfalls zu einem Tarifwechsel bei Wechsel des Arbeitgeberverbands. Sie ermöglicht es aber der Beklagten nicht, von anderen Arbeitnehmervereinigungen abgeschlossene Tarifverträge einseitig zur Anwendung zu bringen (zur Funktion der Tarifwechselklausel, vgl. BAG 22. Oktober 2008 - 4 AZR 784/07 - Rn. 21 ff., BAGE 128, 165). Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Im Übrigen wäre die Klausel mit dem von der Beklagten gewollten Inhalt intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam (vgl. dazu BAG 13. März 2013 - 5 AZR 954/11 - Rn. 26 ff.).
II. Der Anspruch des Klägers auf gleiches Arbeitsentgelt ist nicht verfallen.
1. Der Kläger war nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der CGZP oder aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen AMP-TV 2010 einzuhalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Regelungen zu Ausschlussfristen in Tarifverträgen der Arbeitnehmerüberlassungsbranche überhaupt den Anspruch auf gleiches Entgelt erfassen (vgl. dazu LAG Düsseldorf 29. August 2012 - 12 Sa 576/12 - Rn. 132, rkr.).
Eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen CGZP-Tarifvertrag ist auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (aA Löwisch SAE 2013, 11). Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen (BAG 14. Dezember 2011 - 4 AZR 26/10 - Rn. 43). Das ist vorliegend der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Beklagte als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 AÜG - erreichen.
2. Ob Nr. 14 Arbeitsvertrag eine eigenständige, bei Unwirksamkeit der in Bezug genommenen „Tarifverträge“ zum Tragen kommende vertragliche Ausschlussfristenregelung enthält, kann dahingestellt bleiben. Als solche würde sie einer AGB-Kontrolle nicht standhalten. Die Kürze der Fristen auf beiden Stufen benachteiligte den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. dazu BAG 28. September 2005 - 5 AZR 52/05 - BAGE 116, 66; 25. Mai 2005 - 5 AZR 572/04 - BAGE 115, 19).
III. Dem Kläger steht als Differenzvergütung zumindest der vom Landesarbeitsgericht ausgeurteilte Betrag zu. In welcher Höhe darüber hinaus die Klage begründet ist, kann der Senat aufgrund der bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht entscheiden.
1. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die vertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit jeder Überlassung entsteht und jeweils für die Dauer der Überlassung besteht. Er richtet sich nach dem im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden Arbeitsentgelt. Der Anspruch setzt dabei nicht stets voraus, dass während der Überlassung auch tatsächlich vergleichbare Stammarbeitnehmer beschäftigt sind. Wendet der Entleiher in seinem Betrieb ein allgemeines Entgeltschema an, kann auf die fiktive Eingruppierung des Leiharbeitnehmers in dieses Entgeltschema abgestellt werden. Maßstab ist in diesem Falle das Arbeitsentgelt, das der Leiharbeitnehmer erhalten hätte, wenn er für die gleiche Tätigkeit beim Entleiher eingestellt worden wäre. Das gebietet schon die unionsrechtskonforme Auslegung des § 10 Abs. 4 AÜG im Lichte des Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: RL). Es fehlt zudem jeglicher Anhaltspunkt, dass nach nationalem Recht der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt entfallen soll, wenn der Entleiher für eine bestimmte Tätigkeit nur noch Leih-, aber keine Stammarbeitnehmer mehr beschäftigt (im Ergebnis hM, vgl. ErfK/Wank 13. Aufl. § 3 AÜG Rn. 15 f. mwN; Pelzner/Kock in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 3 Rn. 79 mwN; Schüren in Hamann/Schüren AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 121 ff. mwN; J. Ulber in Ulber AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 66 ff. mwN).
Deshalb kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf an, ob die Entleiherin im Streitzeitraum eigene Arbeitnehmer im Kombi-Außendienst eingesetzt hatte. Nach nicht angegriffener Feststellung des Landesarbeitsgerichts wendet die Entleiherin - entsprechend ihrer Auskunft - ein allgemeines Entgeltschema, nämlich die Tarifverträge der Tarifgruppe RWE, an. Maßgeblich ist damit das Entgelt, das der Kläger nach den einschlägigen tariflichen Bestimmungen erhalten hätte, wenn er als Mitarbeiter im Kombi-Außendienst bei der Entleiherin angestellt gewesen wäre.
2. Zur Ermittlung der Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum anzustellen (BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 35 f., BAGE 137, 249).
a) Der Begriff des Arbeitsentgelts in § 10 Abs. 4 AÜG ist national zu bestimmen (Art. 3 Abs. 2 RL) und, wie die beispielhafte Aufzählung in der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/25 S. 38) belegt, weit auszulegen. Zu ihm zählt nicht nur das laufende Arbeitsentgelt, sondern jede Vergütung, die aus Anlass des Arbeitsverhältnisses gewährt wird bzw. aufgrund gesetzlicher Entgeltfortzahlungstatbestände gewährt werden muss (im Ergebnis ganz hM, vgl. etwa ErfK/Wank 13. Aufl. § 10 AÜG Rn. 13 f. mwN; Pelzner/Kock in Thüsing AÜG 3. Aufl. § 3 Rn. 70 ff. mwN; J. Ulber in Ulber AÜG 4. Aufl. § 9 Rn. 46 ff. mwN). Zutreffend hat deshalb das Landesarbeitsgericht in den von ihm angestellten Gesamtvergleich Leistungen wie ein 13. Monatsgehalt und eine tarifliche Sonderzahlung berücksichtigt und die Ansprüche auf Urlaubsvergütung sowie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle und an Feiertagen in den Gesamtvergleich einbezogen.
Den Einwand der Beklagten, der Kläger sei seit Juli 2011 im Rahmen eines Werkvertrags bei der Entleiherin tätig gewesen, hat das Landesarbeitsgericht zu Recht als unsubstanttiert erachtet. Der Übergang von der Arbeitnehmerüberlassung zu einem Fremdfirmeneinsatz im Rahmen eines Werkvertrags setzt regelmäßig eine Änderung des Arbeitsvertrags oder - sofern der Arbeitsvertrag beide Einsatzmöglichkeiten eröffnet - eine Neuausübung des Direktionsrechts und dessen ständige Wahrnehmung voraus. Dazu hat die Beklagte nichts vorgetragen.
b) Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht dem Gesamtvergleich - abweichend von der Auskunft der Entleiherin - eine fiktive Eingruppierung des Klägers nur in die - tariflich niedrigste - Vergütungsgruppe A 1 MTV RWE zugrunde gelegt.
aa) Der Leiharbeitnehmer genügt zunächst der ihm obliegenden Darlegungslast für die Höhe des Anspruchs auf gleiches Arbeitsentgelt, wenn er sich auf eine ihm nach § 13 AÜG erteilte Auskunft beruft und diese in den Prozess einführt. Denn die - ordnungsgemäße - Auskunft des Entleihers über das einem vergleichbaren Stammarbeitnehmer gewährte Arbeitsentgelt ist das gesetzlich vorgesehene Mittel, das dem Leiharbeitnehmer ermöglichen soll, die Einhaltung des Gebots der Gleichbehandlung zu überprüfen und die Höhe des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG zu berechnen (vgl. BT-Drucks. 15/25 S. 39; Brors in Schüren/Hamann AÜG 4. Aufl. § 13 Rn. 1 mwN). Es obliegt sodann im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast dem Verleiher, die maßgeblichen Umstände der Auskunft in erheblicher Art und im Einzelnen zu bestreiten. Trägt er nichts vor oder lässt er sich nicht substantiiert ein, gilt der Inhalt der vom Leiharbeitnehmer vorgetragenen Auskunft als zugestanden.
bb) Nach der Auskunft der Entleiherin hätte diese den Kläger nach der von ihm ausgeübten Tätigkeit in die Vergütungsgruppe B 2 MTV RWE eingruppiert. Der Auskunft beigefügt war das entsprechende allgemeine Entgeltschema - die Eingruppierungssystematik nach dem MTV RWE - und ein Aufgabenprofil der Tätigkeit des Klägers.
Die Beklagte hat diese Auskunft der Entleiherin nicht erschüttert. Sie hat keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich ergeben würde, das der Auskunft zugrunde gelegte Aufgabenprofil sei fehlerhaft und entspräche nicht der vom Kläger im Streitzeitraum ausgeübten Tätigkeit. Ebenso wenig hat die Beklagte substantiiert dargelegt, dass und aus welchen Gründen die im Aufgabenprofil festgehaltenen Tätigkeiten eine Eingruppierung des Klägers in die Vergütungsgruppe B 2 MTV RWE nicht rechtfertigen können. Der Einwand der Revision, der Kläger verfüge über keine abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf in einer einschlägigen Fachrichtung, ist unerheblich. Die Protokollnotiz zu § 16 Nr. 1 MTV RWE erläutert, dass die in den Voraussetzungen aufgeführten Berufs- und Ausbildungsabschlüsse keine unabdingbaren Voraussetzungen für die Eingruppierung sind und die entsprechenden Qualifikationen auch auf anderen Wegen - wie zB externen oder betrieblichen Qualifizierungsmaßnahmen, einschlägigen Berufserfahrungen - erworben werden können. Dass es dem Kläger daran mangelte, hat die Beklagte nicht behauptet. Sie hat vielmehr selbst im Arbeitsvertrag den Kläger einer Entgeltgruppe zugeordnet, die eine einschlägige Berufsausbildung mit Berufserfahrung oder eine spezielle Berufsfortbildung mit mehrjähriger Berufserfahrung verlangt.
cc) Bei der fiktiven Eingruppierung des Klägers in die Vergütungsgruppe B 2 MTV RWE sind die Absenkung nach § 16 Nr. 2 MTV RWE und die jeweilige Verweildauer in der Starteingruppierung, der Basisvergütung und den Erfahrungsstufen, § 16 Nr. 1 bis Nr. 3 MTV RWE, zu beachten. Danach hätte der Kläger, ausgehend von einer fiktiven Betriebszugehörigkeit seit Beginn der Überlassung, im Streitzeitraum ab dem 1. November 2007 die Erfahrungsstufe 1 und ab dem 1. November 2010 die Erfahrungsstufe 2 erreicht. Dagegen hat der Kläger keine Tatsachen vorgetragen, die die Annahme rechtfertigen könnten, die Entleiherin würde bei ihren eigenen Mitarbeitern nach einem generalisierenden Prinzip von der in § 16 Nr. 4 MTV RWE eröffneten Möglichkeit der Verkürzung der Verweildauer Gebrauch machen.
3. Die Berücksichtigung von Aufwendungsersatz beim Gesamtvergleich bemisst sich danach, ob damit - wenn auch in pauschalierter Form - ein dem Arbeitnehmer tatsächlich entstandener Aufwand, zB für Fahrt-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten, erstattet werden soll (echter Aufwendungsersatz) oder die Leistung Entgeltcharakter hat.
a) Echter Aufwendungsersatz ist kein Arbeitsentgelt. Er ist auch keine wesentliche Arbeitsbedingung iSv. § 10 Abs. 4 AÜG. Solche sind ausschließlich die in Art. 3 Abs. 1 Buchst. f, i, ii RL genannten Regelungsgegenstände (BAG 23. März 2011 - 5 AZR 7/10 - Rn. 29, BAGE 127, 249). Dazu gehört Aufwendungsersatz nicht.
Ob der Leiharbeitnehmer in entsprechender Anwendung des § 670 BGB gegen den Entleiher aufgrund der zwischen ihnen bestehenden Sonderbeziehung mit arbeitsrechtlichem Charakter (vgl. BAG 15. März 2011 - 10 AZB 49/10 - Rn. 9, BAGE 137, 215) einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen hat, die ihm infolge von Arbeitsanweisungen des Entleihers entstehen, ist nicht Streitgegenstand.
b) Soweit sich Aufwendungsersatz als „verschleiertes“ und damit steuerpflichtiges Arbeitsentgelt darstellt, ist er beim Gesamtvergleich der Entgelte zu berücksichtigen. Das Landesarbeitsgericht wird deshalb im erneuten Berufungsverfahren - ggf. nach ergänzendem Sachvortrag der Parteien - feststellen müssen, ob die vom Kläger in die Berechnung der Klageforderung einbezogenen Spesen und Fahrtkosten von der Entleiherin ihren Beschäftigten im Streitzeitraum steuerlich privilegiert gewährt wurden und, sollte dies der Fall gewesen sein, dabei Steuerrecht nicht verletzt wurde.
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Müller-Glöge |
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Laux |
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Biebl |
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A. Christen |
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Busch |