Entscheidungsdatum: 22.02.2012
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Juni 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Die 1976 geborene Klägerin war ab 15.9.2004 jeweils befristet, zuletzt vom 1.6.2007 bis 31.5.2008 als Altenpflegerin (in Vollzeit) beschäftigt. Anlässlich einer Untersuchung am 21.1.2008 wurde bei der Klägerin eine Schwangerschaft in der zehnten Schwangerschaftswoche festgestellt. Der mutmaßliche Tag der Entbindung wurde auf den 20.8.2008 festgesetzt und der letzte Arbeitstag vor Mutterschutzbeginn auf den 8.7.2008 (ärztliche Schwangerschaftsbescheinigung vom 21.1.2008). Am 13.3.2008 stellte die behandelnde Frauenärztin Dr. H. der Klägerin eine "Bescheinigung zur Vorlage beim Arbeitgeber" aus, wonach gemäß § 3 Abs 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) mit sofortiger Wirkung ein Beschäftigungsverbot bestehe, das voraussichtlich bis zum Geburtstermin gelte und sich auf "jede Tätigkeit" beziehe.
Am 8.5.2008 meldete sich die Klägerin mit Wirkung vom 1.6.2008 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. Die Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, die Klägerin sei nicht arbeitslos, denn sie könne wegen des Beschäftigungsverbots keine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung aufnehmen (Bescheid vom 10.6.2008, Widerspruchsbescheid vom 2.7.2008).
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht (SG) die zuständige Krankenkasse zu dem Verfahren beigeladen und - nach Beweiserhebung (Einholung einer Stellungnahme von Dr. H. vom 18.11.2008) - die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheids verurteilt, "der Klägerin ab 01.06.2008 Arbeitslosengeld in gesetzlichem Umfang zu gewähren".
Mit Urteil vom 22.6.2010 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin erfülle die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg ab 1.6.2008. Sie sei entgegen der Auffassung der Beklagten auch arbeitslos. Zwar schließe ein Beschäftigungsverbot gemäß § 3 Abs 1 MuSchG die objektive Verfügbarkeit aus, da hiernach werdende Mütter nicht beschäftigt werden dürften, soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet sei. Doch sei die Verfügbarkeit zu fingieren, da ansonsten eine verfassungswidrige Lücke entstünde. Die Klägerin habe mangels Arbeitsunfähigkeit (AU) keinen Anspruch auf Krankengeld. Die behandelnde Frauenärztin habe überzeugend dargelegt, dass das bei der Klägerin wiederholt aufkommende Ziehen im Bauch Anzeichen für eine Frühgeburt gewesen sein könne, aber nicht zur krankheitsbedingten AU geführt habe. Ein Ziehen im Bauch sei kein anormaler Verlauf der Schwangerschaft, sondern zähle zu den üblichen Beschwerden einer Schwangerschaft; die Arbeitsfähigkeit werde dadurch nicht eingeschränkt. Es habe allein aufgrund der durchgeführten künstlichen Befruchtung und der Zwillingsschwangerschaft bei der Klägerin die Gefahr einer Frühgeburt bestanden. Auf eine solche Sachverhaltsgestaltung sei die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 9.9.1999 (B 11 AL 77/98 R), wonach ein generelles Beschäftigungsverbot ohne die Verfügbarkeit ausschließende Arbeitsunfähigkeit regelmäßig nicht denkbar sein dürfte, nicht übertragbar.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung materiellen Rechts (§ 119 Abs 1 Nr 3 und Abs 5 Nr 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts vom 22. Juni 2010 sowie das Urteil des Sozialgerichts vom 27. August 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ein Korrelat zur Leistungspflicht des Arbeitgebers nach § 11 MuSchG existiere nicht, sodass bei arbeitslosen Schwangeren die Voraussetzungen der Verfügbarkeit nach § 119 SGB III fingiert werden müssten, um eine "Lückenschließung" zu erreichen.
Auch die Beigeladene, die keinen eigenen Sachantrag stellt, schließt sich den Ausführungen des Berufungsurteils an.
Die Revision der Beklagten ist iS der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG reichen für eine Entscheidung über den streitigen Anspruch auf Alg nicht aus. Insbesondere lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob die Klägerin ab 1.6. bis 30.7.2008 den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stand (§ 119 Abs 1 Nr 3 SGB III idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2848).
1. Nach § 117 Abs 1 Nr 1 SGB III in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 23.12.2003 (aaO) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Alg bei Arbeitslosigkeit. Der Anspruch setzt nach § 118 Abs 1 SGB III voraus, dass der Arbeitnehmer arbeitslos ist (Nr 1), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (Nr 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt hat (Nr 3).
Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG hat die Klägerin sich am 8.5.2008 zum 1.6.2008 (bei dem in den Entscheidungsgründen genannten Termin "10. Juni 2008" handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler) arbeitslos gemeldet (§ 118 Abs 1 Nr 2, § 122 Abs 1 SGB III) und die Anwartschaftszeit erfüllt (§§ 123, 124, 125 SGB III). Hingegen kann anhand der bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilt werden, ob die Klägerin auch arbeitslos war. Hierzu fehlt es an tatsächlichen Feststellungen, die das LSG - von seiner Rechtsauffassung her konsequent - nicht getroffen hat.
Arbeitslosigkeit setzt gemäß § 119 Abs 1 SGB III nicht nur voraus, dass der Arbeitnehmer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit), sondern erfordert auch, dass er den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung steht (Verfügbarkeit). Dies ist gemäß § 119 Abs 5 Nr 1 SGB III der Fall, wenn der Arbeitslose eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf. Zumutbar sind ihm gemäß § 121 Abs 1 SGB III alle seiner Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit nicht entgegenstehen. Mit dem Wort "darf" ist die rechtliche Zulässigkeit angesprochen, eine Beschäftigung überhaupt oder in dem gewünschten Umfang auszuüben. Es kommt deshalb darauf an, welche Beschäftigungen der Klägerin iS des § 121 Abs 1 SGB III objektiv zumutbar waren und welchen davon gesetzliche oder behördliche Verbote entgegenstanden. Denn ist ein Arbeitsloser durch ein solches Verbot rechtlich gehindert, eine bestimmte Beschäftigung auszuüben, ist er insoweit objektiv nicht verfügbar. Schließlich ist entscheidungserheblich, ob die Klägerin ab 1.6.2008 gesundheitlich in der Lage gewesen wäre, eine ihr objektiv zumutbare Beschäftigung auch tatsächlich auszuüben; insoweit kann dem ärztlich ausgesprochenen Beschäftigungsverbot allenfalls Indizwirkung zukommen. Dies hat der erkennende Senat zuletzt in seiner Entscheidung vom 30.11.2011 (B 11 AL 7/11 R, RdNr 19 - zur Veröffentlichung vorgesehen) klargestellt. An dieser Rechtsprechung hält er nach erneuter Überprüfung fest.
2. Der Rechtsstandpunkt des LSG, das wegen einer verfassungswidrigen Regelungslücke die Verfügbarkeit der Klägerin fingiert hat, ist unzutreffend. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 9.9.1999 (SozR 3-4100 § 103 Nr 19 S 74) ausgeführt und erneut in seiner Entscheidung vom 30.11.2011 (B 11 AL 7/11 R, RdNr 13 - zur Veröffentlichung vorgesehen) betont hat, kann eine Regelungslücke vielmehr erst dann in Betracht gezogen werden, wenn die für die sozialrechtliche Lage erheblichen Tatsachen geklärt sind. Maßgebend ist also, wie weit das am 21.1.2008 von der behandelnden Ärztin angesprochene Beschäftigungsverbot reichte, dh ob es sich nur auf die zuletzt von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Altenpflegerin erstreckte oder auf jegliche andere Art von Tätigkeit, die der Klägerin im Rahmen des § 121 SGB III zumutbar war (vgl auch BSGE 96, 182 = SozR 4-2500 § 44 Nr 9 - zu den Zumutbarkeitskriterien in § 121 SGB III).
3. Der Senat hat in seinen Entscheidungen vom 9.9.1999 und 30.11.2011 bereits ausgeführt, dass sich nach der Rechtsprechung des BSG und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) jedenfalls bei der Anwendung des § 11 MuSchG die Annahme eines mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs 1 MuSchG und die einer AU infolge Schwangerschaft gegenseitig ausschließen. Der gegen den Arbeitgeber gerichtete Anspruch auf Mutterschutzlohn nach § 11 MuSchG setzt also voraus, dass allein das mutterschutzrechtliche Beschäftigungsverbot einer Beschäftigung der Schwangeren entgegensteht, was nur bei einem normalen Schwangerschaftsverlauf zutrifft und die gesunde Schwangere während der Unterbrechung der Beschäftigung aus Gründen der Gefahrenvorsorge sichert.
4. Wie der Senat in seiner Entscheidung vom 30.11.2011 (B 11 AL 7/11 R, RdNr 17 - zur Veröffentlichung vorgesehen) ausgeführt hat, kann das Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 MuSchG nicht unmittelbar auf Arbeitslose übertragen werden. Denn § 3 Abs 1 MuSchG stellt darauf ab, dass die Gefährdung bei Fortdauer der Beschäftigung besteht. Es muss also ein Zusammenhang zwischen der Fortdauer der Beschäftigung und der Gefahr für Leib oder Leben von Mutter oder Kind bestehen. Dabei kann die Gefahr von einer Beschäftigung ausgehen, die Beschäftigung kann aber auch an sich ungefährlich sein und die Gefahr von der individuellen gesundheitlichen Konstitution der Frau ausgehen (vgl Dalheimer, MuSchG, § 3 RdNr 15, Stand Juni 2009 mwN). Ein Beschäftigungsverbot bewirkt lediglich, dass der Arbeitgeber die betreffende Arbeitnehmerin tatsächlich nicht beschäftigen darf. Nach Wortlaut und Systematik des MuSchG hat der Arzt bei einem individuellen Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 MuSchG nur die Gefährdungslage zu attestieren; das Beschäftigungsverbot tritt kraft Gesetzes ein, sobald das Attest über die Gefährdungslage beim Arbeitgeber eintrifft (vgl Zimmermann in Roos/Bieresborn, MuSchG, § 3 RdNr 31, Stand April 2011; ebenso Dalheimer, aaO, RdNr 19, wonach das ärztliche Zeugnis konstitutive Wirkung hat - unter Hinweis auf BAG-Rechtsprechung).
5. Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist zu beanstanden, dass das LSG nicht der Frage nachgegangen ist, ob und inwieweit das zum Zeitpunkt des noch laufenden Arbeitsverhältnisses ausgesprochene Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 MuSchG für die Beurteilung der Verfügbarkeit einer arbeitslosen Schwangeren von Bedeutung ist. Es hat aus der ärztlichen Bescheinigung nur das Wort "Beschäftigungsverbot" übernommen, ohne sich mit Wortlaut und Sinn der einschlägigen Rechtsgrundlage nach § 3 Abs 1 MuSchG auseinanderzusetzen. Denn § 3 Abs 1 MuSchG gilt nicht für arbeitslose Frauen; deshalb hätte Veranlassung bestanden, das Beschäftigungsverbot von dem Begriff der AU und dessen Anforderungen abzugrenzen. Insofern sind auch die Ausführungen des LSG unzureichend, die bei der Klägerin bestehenden Beschwerden und Gefährdungen hätten ab 1.6.2008 nicht zu einer krankheitsbedingten AU, sondern ausschließlich zu einem Beschäftigungsverbot aufgrund der Gefahr einer Frühgeburt geführt.
6. Selbst wenn das individuelle Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 MuSchG als ein im Rahmen des § 119 Abs 5 Nr 1 SGB III zu beachtendes gesetzliches Beschäftigungsverbot anzusehen wäre - wie dies die Beklagte (vgl deren Durchführungsanweisungen zu § 119 SGB III, S 50 f, Ziff 3.1.4 Beschäftigungsverbote <119.143 und 119.144>, Stand 4/2011) und teilweise auch die Literatur vertritt (so Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, § 119 RdNr 121, 123, Stand Einzelkommentierung 2006; Gutzler in Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe, SGB III, 3. Aufl 2001, § 118 RdNr 127) - könnte daraus nur gefolgert werden, dass arbeitslose Schwangere nicht beschäftigt werden dürfen, soweit nach ärztlichem Attest mit einer Beschäftigung Gesundheitsgefahren verbunden sind, wobei es näherer Prüfung der qualitativen und quantitativen Leistungseinschränkungen sowie des Kreises der nicht zulässigen Tätigkeiten bedarf (vgl Dalheimer, aaO, § 3 RdNr 22). Dazu enthält die ärztliche Bescheinigung vom 13.3.2008 nur eine an den Arbeitgeber gerichtete Aussage, wonach sich das Beschäftigungsverbot auf jede Tätigkeit aus dem damals noch bestehenden Beschäftigungsverhältnis beziehe. Die Erklärung des Beschäftigungsverbotes beschränkt sich auf die Wiedergabe des in § 3 Abs 1 MuSchG enthaltenen Gesetzeswortlauts. Auch die Nachfrage des SG und die Auskunft der behandelnden Ärztin Dr. H. vom 18.11.2008 haben nicht der Tatsache Rechnung getragen, dass die Klägerin seit 1.6.2008 nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis stand, sondern arbeitslos war. AU ist zwar weiterhin verneint worden, weil es bei der Klägerin abgesehen von ihrer Risikoschwangerschaft keine weiteren Beschwerden oder Erkrankungen gegeben habe. Die behandelnde Ärztin ist jedoch nicht danach gefragt worden, ob und ggf weshalb die Risikoschwangerschaft jede Art von Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - bezogen auf die Zeit bis zum Mutterschutzbeginn - ausgeschlossen hat.
Das LSG wird deshalb zu prüfen und insoweit eindeutige Feststellungen zu treffen haben, welche Beschäftigungsmöglichkeiten für die schwangere Klägerin in der Zeit ab 1.6.2008 tatsächlich noch in Betracht kamen und inwieweit ihre Leistungsfähigkeit durch das ärztlicherseits festgestellte Risikopotenzial beeinträchtigt war. Dabei wird das LSG auch zu berücksichtigen haben, dass die Klägerin - ausweislich der vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten der Beklagten - in ihrem Alg-Antrag entsprechende (formularmäßige) Fragen zu Inhalt und Umfang ihrer Leistungsbereitschaft unter Hinweis auf das Beschäftigungsverbot ab 13.3.2008 jeweils verneint hat. Sollten die weiteren Ermittlungen - etwa durch weitere Nachfrage bei der damals behandelnden Ärztin, durch Beauftragung eines ärztlichen Sachverständigen mit der Erstellung eines Gutachtens nach Aktenlage, Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Beklagen oder durch Vernehmung von Zeugen - zu dem Ergebnis führen, dass bei der Klägerin selbst leichte Arbeiten im zeitlichen Umfang von mindestens 15 Wochenstunden (vgl § 119 Abs 5 Nr 1 SGB III) mit Gesundheitsgefahren verbunden waren, fehlt es bereits an einer Verfügbarkeit im Sinne des "Könnens" einer Beschäftigung und ist - wie der Senat bereits in seinen Entscheidungen vom 9.9.1999 und 30.11.2011 ausgeführt hat - vom Vorliegen von AU auszugehen. Insoweit besteht keine Bindung an die Aussage in der fachärztlichen Stellungnahme vom 18.11.2008, AU sei zu verneinen (vgl zur Definition der AU bei Arbeitslosen - § 2 Abs 3 der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses idF vom 19.9.2006, BAnz 2006; Nr 241, S 7356). Dagegen wären bei nur auf bestimmte Beschäftigungen bezogenen Einschränkungen - wie der Senat ebenfalls in den genannten Entscheidungen vom 9.9.1999 und 30.11.2011 ausgeführt hat - AU und Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung miteinander vereinbar mit der Folge, dass die Klägerin - bezogen auf den für sie möglichen und zumutbaren Kreis in Betracht kommender Beschäftigungen - ab 1.6.2008 verfügbar iS der §§ 119, 121 SGB III wäre. In diesem Fall müssten vom LSG auch noch Feststellungen zu den weiteren Voraussetzungen der Arbeitslosigkeit iS des § 119 SGB III, insbesondere zur Arbeitsbereitschaft der Klägerin iS des § 119 Abs 5 Nr 3 SGB III, getroffen werden.
Bei seinen Ermittlungen wird das LSG außerdem zu berücksichtigen haben, dass die Klägerin - wie ihre Prozessbevollmächtigte im Termin am 22.2.2012 klargestellt hat - Alg bis 30.7.2008 (Tag vor der Entbindung) begehrt, da sie (bisher) kein Mutterschaftsgeld nach § 13 Abs 1 MuSchG für die Zeit der Schutzfrist des § 3 Abs 2 MuSchG erhalten hat. Damit könnte sich die bislang nicht erörterte Frage stellen, ob die Klägerin auch in der Zeit des Beschäftigungsverbots nach § 3 Abs 2 MuSchG verfügbar war. Nach § 3 Abs 2 MuSchG dürfen werdende Mütter in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung nicht beschäftigt werden, es sei denn, dass sie sich zur Arbeitsleistung ausdrücklich bereit erklären; die Erklärung kann jederzeit widerrufen werden. Es handelt sich also im Unterschied zu dem Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 1 MuSchG um ein - von gesundheitlichen Gefährdungsaspekten unabhängiges - generelles (allgemeines) Beschäftigungsverbot (vgl ua Zimmermann in Roos/Bieresborn, MuSchG, § 3 RdNr 21, 146 ff, 153, Stand April 2011). Auch wenn dieses vorgeburtliche Beschäftigungsverbot, das ausdrücklich nur schwangere Arbeitnehmerinnen und schwangere Heimarbeiterinnen betrifft (vgl § 1 MuSchG), als generelles Beschäftigungsverbot auch bei arbeitslosen Schwangeren zu beachten wäre, bleibt es ein relatives Verbot bei Bereiterklärung zur Weiterarbeit (vgl Zimmermann, aaO, § 3 RdNr 152). Es kann deshalb bei einem Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs 2 MuSchG - auch wenn dies naheliegend ist - nicht stets vom Wegfall des Alg-Anspruchs ausgegangen werden. In diesem Zusammenhang ist bei der Klägerin zusätzlich zu beachten, dass ihre tatsächliche Entbindung (am 31.7.2008) zeitlich weit vor dem mutmaßlichen Termin (20.8.2008) stattgefunden hat. Insoweit ist für die Beurteilung ihrer Verfügbarkeit ab 1.6.2008 von einer vorausschauenden Betrachtungsweise auszugehen, wie sich auch aus § 5 Abs 2 MuSchG ergibt, der das ärztliche Zeugnis für die Berechnung der in § 3 Abs 2 bezeichneten Zeiträume vor der Entbindung als maßgebend erklärt (vgl Dalheimer, MuSchG, § 3 RdNr 30, 31; Stand Juni 2009). Dementsprechend verkürzt sich die Schutzfrist (vgl Zimmermann, aaO, § 3 RdNr 150; Dalheimer, aaO, § 3 RdNr 31).
Sollte das LSG aufgrund seiner Ermittlungen zu dem Ergebnis kommen, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum ab 1.6.2008 die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Alg erfüllt hat, wäre vom LSG außerdem zu prüfen, ob der Anspruch wegen Eintritts einer Sperrzeit nach § 144 Abs 1 Satz 2 Nr 7 SGB III iVm § 37b SGB III in der hier maßgeblichen, bis 31.12.2008 gültigen Fassung (aF) geruht hat. Nach § 37b SGB III aF ist der Arbeitnehmer zu einer frühzeitigen Arbeitsuche verpflichtet. Wie vom LSG festgestellt, hat sich die Klägerin bei befristetem Arbeitsverhältnis erst am 8.5.2008 mit Wirkung zum 1.6.2008 arbeitslos gemeldet.
7. Sollte bei der Klägerin ein Anspruch auf Alg ganz oder zeitweise zu verneinen sein, kommt eine Leistungspflicht der Beigeladenen - ggf aus fortbestehender Mitgliedschaft (vgl § 192 Abs 1 Nr 2 bzw Abs 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch) - in Betracht. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist die Beigeladene nicht gehalten, bereits im laufenden Verfahren einen Bescheid über die Ablehnung eines Mutterschaftsgeld- bzw Krankengeldanspruchs der Klägerin zu erlassen. Denn nach § 75 Abs 5 SGG kann ein Versicherungsträger nach Beiladung verurteilt werden, wobei ein Vorverfahren nicht vorausgesetzt wird (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG, 9. Aufl 2008, § 75 RdNr 18b mwN).
8. Das LSG wird auch über die Kosten einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.