Entscheidungsdatum: 10.03.2015
Der Zuständigkeitsbereich für die Aufsicht über eine geöffnete Innungskrankenkasse ergibt sich aus der räumlichen Verteilung der festen Arbeitsstätten der von der Handwerksrolle erfassten Innungsbetriebe, die der IKK angehören.
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27. Juni 2013 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 100 000 Euro festgesetzt.
Die Beteiligten streiten darüber, welche Aufsichtsbehörde für die klagende Innungskrankenkasse (IKK) zuständig ist.
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin zweier zum 1.1.2006 fusionierter Krankenkassen (KKn). Die eine Vorgänger-KK - IKK Mecklenburg-Vorpommern - öffnete sich 2001. Sie erstreckte sich nach ihrer Satzung auf die Region der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Mecklenburg-Vorpommern. Die andere Vorgänger-KK - IKK Schleswig-Holstein - öffnete sich 2003. Sie erstreckte sich nach ihrer Satzung auf die Region der AOK Schleswig-Holstein. Die Satzung der Klägerin (idF des 7. Nachtrags vom 22.3.2007, im Folgenden: Satzung) sieht in ihrem § 1 Abs 4 S 2 vor, dass die Öffnung für die Gebiete der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Bremen gilt. Die Aufsichtsbehörde des beigeladenen Landes Schleswig-Holstein ermittelte zu Innungsbetriebsstätten in weiteren Bundesländern und kündigte eine Entscheidung der beklagten Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesversicherungsamt (BVA) an. Die Beklagte erklärte in Abstimmung mit dem Beigeladenen, sie übernehme mit sofortiger Wirkung die Aufsicht über die Klägerin. Die Beklagte forderte die Klägerin zugleich auf, ihr Auskünfte zu erteilen über die Bekanntmachung der Wahlergebnisse zu den Selbstverwaltungsorganen, die vorausgegangenen aufsichtsrechtlichen Prüfungen, den Haushaltsplan für das Geschäftsjahr 2011, die Kontaktdaten des Vorstandsvorsitzenden und des stellvertretenden Vorstands sowie über Ausbilder und Auszubildende. Sie forderte zudem, ihr zwei Exemplare der geltenden Satzung nebst Nachträgen und ein Exemplar der Kassenordnung vorzulegen, und erteilte der Klägerin Hinweise (1.2.2011). Das LSG hat die hiergegen erhobene Anfechtungsklage abgewiesen: Die Klägerin unterliege als bundesunmittelbare KK der aufsichtsbehördlichen Zuständigkeit der Beklagten. Sie erstrecke sich unter Berücksichtigung auch der unselbstständigen Betriebsteile von Innungsbetrieben inzwischen über mehr als drei Bundesländer hinaus. So habe die Innungsbäckerei A auch Verkaufsstellen in Hamburg und Niedersachsen (Urteil vom 27.6.2013).
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung von Art 87 Abs 2 S 2 GG, § 90 Abs 3, § 90a Abs 2 SGB IV und § 173 Abs 2 S 2 SGB V. Ihre Satzung habe konstitutive Wirkung. Zudem komme es für die Aufsichtszuständigkeit unveränderlich darauf an, in wie vielen Ländern im Zeitpunkt der Öffnung Trägerinnungsbetriebe bestanden hätten, für die sie gemäß ihrer Satzung zuständig gewesen sei. Unselbstständige Betriebsteile eines im Zuständigkeitsbereich ansässigen Innungsbetriebs in einem anderen Land erweiterten den Zuständigkeitsbereich einer IKK nicht. Ferner rügt die Klägerin eine mangelhafte Sachaufklärung. Das LSG habe nicht festgestellt, dass die vom ihm zum Nachweis der Erstreckung der Klägerin auch auf die Länder Hamburg und Niedersachsen angeführte Innungsbäckerei A GmbH (im Folgenden: A GmbH) einer Trägerinnung der Klägerin angehöre und die Verkaufsstellen in Hamburg und Niedersachsen von der Innungsbäckerei A GmbH selbst und nicht von Franchiseunternehmern betrieben würden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27. Juni 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2011 aufzuheben,
hilfsweise,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27. Juni 2013 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin eine landesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts ist,
ganz hilfsweise,
das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 27. Juni 2013 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Der Beigeladene stellt keinen Antrag, hält aber ebenfalls die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das LSG hat zu Recht die Klage abgewiesen. Die Beklagte ist die für die Klägerin zuständige Aufsichtsbehörde mit den sich daraus ergebenden gesetzlichen Prüfaufgaben, die die Beklagte zu den angegriffenen Regelungen und aufsichtsrechtlichen Maßnahmen vom 1.2.2011 berechtigt haben.
Die Klage ist teilweise zulässig (dazu 1.), soweit sie die Zuständigkeitserklärung der Beklagten (dazu a) und deren Aufforderung angreift, Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen (dazu b). Sie ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Beratung der Beklagten richtet, § 1 Abs 4 Satzung durch Mitaufnahme der Länder Niedersachsen und Hamburg zu ändern sowie in einer Anlage zur Satzung gegebenenfalls die Trägerinnungen und die Erstreckung auf die einzelnen Länder aufzulisten (dazu c). Gleiches gilt, soweit die Klage sich gegen die Hinweise auf ein in der Zukunft liegendes Verhalten richtet (dazu d). Soweit die Klage zulässig ist, ist sie unbegründet (dazu 2. und 3.).
1. a) Die Klägerin greift zulässig die Erklärung der Beklagten an, sie übernehme mit sofortiger Wirkung die Aufsicht über die Klägerin (1.2.2011). Der erkennende Senat kann offenlassen, ob es sich um eine Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 SGG) oder eine Aufsichtsklage (§ 54 Abs 3 SGG) handelt. Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann auch mit der Aufsichtsklage die Aufhebung einer "Anordnung der Aufsichtsbehörde" begehren. So liegt es hier.
Die Zuständigkeitserklärung der Beklagten ist ein feststellender Verwaltungsakt (§ 31 S 1 SGB X) und zugleich eine aufsichtsbehördliche Anordnung. Das folgt aus einer Auslegung aus dem Empfängerhorizont. Die Beklagte stellte ankündigungsgemäß in Abstimmung mit dem Beigeladenen klar, mit sofortiger Wirkung die Aufsicht über die Klägerin zu übernehmen, obwohl die Klägerin sich hiergegen gewandt hatte. Der Regelungsgehalt entfällt nicht etwa deshalb, weil Versicherungsträger der Aufsichtsbehörde - hier der Beklagten - durch das Gesetz zugewiesen werden, ohne dass es eines Umsetzungsaktes bedarf (vgl BSGE 24, 171, 172 = SozR Nr 3 zu GG Art 87). So hat das BVA - wie der Beigeladene - die ihm durch Gesetz oder sonstiges Recht übertragenen Aufgaben wahrzunehmen (§ 94 Abs 2 S 1 SGB IV idF der Bekanntmachung der Neufassung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch vom 12.11.2009, BGBl I 3710; auch alle weiteren Vorschriften des SGB IV in dieser Fassung, soweit nicht abweichend angegeben). Die Aufsicht über die Versicherungsträger gehört hierzu (vgl § 90 Abs 1 bis 3 SGB IV).
Die aufsichtsrechtlichen Zuständigkeitsregelungen des SGB IV stehen einer deklaratorischen Feststellung der Zuständigkeit nicht entgegen. Die Feststellung schafft Klarheit, wenn - wie hier - zwischen dem Versicherungsträger auf der einen Seite und den überhaupt als zuständig in Betracht kommenden Aufsichtsbehörden auf der anderen Seite Streit über die Zuständigkeit besteht und darüber hinaus diese Aufsichtsbehörden untereinander sich über die Zuständigkeit einig sind. Die sich für zuständig haltende Aufsichtsbehörde kann durch die Zuständigkeitserklärung eine der Rechtssicherheit dienende Klärung in den Fällen eines streitigen Zuständigkeitswechsels herbeiführen. Nur ergänzend weist der erkennende Senat darauf hin, dass - anders als vom LSG angenommen - die Anfechtungs- oder Aufsichtsklage keine aufschiebende Wirkung hat im Hinblick auf die kraft Gesetzes eingetretene Rechtsfolge. Denn die Regelung des Verwaltungsakts stellt die Rechtslage nur deklaratorisch fest (vgl hierzu Meßling in Hennig, Hrsg Hauck/Behrend, SGG, Stand Dezember 2014, § 86a RdNr 15 mwN).
b) Die Klägerin greift in gleicher zulässiger Weise mit der Anfechtungs- oder Aufsichtsklage die Aufforderung an, Auskünfte zu erteilen über die Bekanntmachung der Wahlergebnisse zu den Selbstverwaltungsorganen, die vorausgegangenen aufsichtsrechtlichen Prüfungen, den Haushaltsplan für das Geschäftsjahr 2011, die Kontaktdaten des Vorstandsvorsitzenden und des stellvertretenden Vorstands sowie über Ausbilder und Auszubildende und der Beklagten zwei Exemplare der geltenden Satzung nebst Nachträgen und ein Exemplar der Kassenordnung vorzulegen (1.2.2011). Es handelt sich um weitere Verfügungssätze des angegriffenen Bescheides (§ 31 S 1 SGB X). Sie begründen eine unbedingte rechtliche Verpflichtung der Klägerin zu einem Tun.
c) Unzulässig ist hingegen die Anfechtungs- oder Aufsichtsklage gegen die nach § 89 Abs 1 S 1 SGB IV erteilten Hinweise der Beklagten, § 1 Abs 4 Satzung durch Mitaufnahme der Länder Niedersachsen und Hamburg zu ändern sowie gegebenenfalls in einer Anlage zur Satzung die Trägerinnungen und die Erstreckung auf die einzelnen Länder aufzulisten. Die Klägerin hat kein Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtliche Überprüfung dieser Akte aufsichtsbehördlichen Handelns. Ein Eingriff in die Rechtssphäre des Selbstverwaltungsträgers ist zwingende Voraussetzung für die rechtliche Qualifizierung einer Maßnahme der Aufsichtsbehörde als "Anordnung" iS des § 54 Abs 3 SGG. Erschöpft sich die Maßnahme - wie hier - in bloßen Hinweisen, Anregungen oder Empfehlungen für ein bestimmtes Verhalten des Sozialleistungsträgers, ohne dieses selbst schon zwingend vorzuschreiben, so ist darin weder ein mit der Anfechtungsklage angreifbarer Verwaltungsakt noch eine mit der Aufsichtsklage anfechtbare Anordnung enthalten und diese Klagen sind mithin mangels Beschwer nicht zulässig (BSGE 61, 254, 257 = SozR 7223 Art 8 § 2 Nr 3 S 4). Erst eine Verpflichtungsanordnung mangels rechtzeitiger Abhilfe (§ 89 Abs 1 S 2 SGB IV) wäre ein belastender Verwaltungsakt, der mit der Aufsichtsklage angefochten werden könnte (vgl BSGE 61, 254, 257 f = SozR 7223 Art 8 § 2 Nr 3 S 4 f; implizit auch BSGE 102, 281 = SozR 4-2500 § 222 Nr 1, RdNr 12; zustimmend: Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, Stand Oktober 2014, § 89 RdNr 8; Engelhard in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 89 RdNr 133 f).
d) Unzulässig ist aus den gleichen Gründen auch die Anfechtungs- oder Aufsichtsklage gegen die "allgemeinen" Hinweise und Empfehlungen, die die Beklagte der Klägerin erteilte unter "I. Allgemeines" (Hinweis auf § 70 Abs 5 SGB IV), unter "II. Rechnungslegung und Statistik" und unter "III. Satzung" (mit Ausnahme des die Beratung nach § 89 Abs 1 S 1 SGB IV betreffenden letzten Absatzes).
2. Die Beklagte stellte zu Recht fest, dass sie die für die Klägerin zuständige Aufsichtsbehörde ist (Bescheid vom 1.2.2011). Die Klägerin unterliegt der Aufsicht der Beklagten, denn sie ist ein bundesunmittelbarer Versicherungsträger. Maßgeblich für die Bestimmung des aufsichtsrechtlichen Zuständigkeitsbereichs einer geöffneten IKK ist allein die räumliche Verteilung der festen Arbeitsstätten (vgl § 9 SGB IV) der Innungsbetriebe, die den Trägerinnungen der IKK angehören (dazu a). Hierbei ist nicht von einem statischen, zu einem bestimmten Zeitpunkt fixierten Gebietszustand auszugehen, sondern die jeweils aktuelle Gebietserstreckung maßgeblich (dazu b). Die dagegen von der Klägerin erhobenen Einwendungen greifen nicht durch (dazu c). Der maßgebliche Zuständigkeitsbereich der Klägerin erstreckt sich nach den Feststellungen des LSG über mehr als drei Länder hinaus (dazu d). Die dagegen erhobenen Verfahrensrügen greifen nicht durch (dazu e).
a) Die Zuständigkeit der Aufsicht über einen sozialen Versicherungsträger bemisst sich nach dessen territorialem Zuständigkeitsbereich. Grundsätzlich führt das BVA die Aufsicht über die Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt (bundesunmittelbare Versicherungsträger; § 90 Abs 1 S 1 Fall 1 SGB IV). Die Aufsicht über die Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich nicht über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt (landesunmittelbare Versicherungsträger), führen ua - wie im Falle des Beigeladenen - die für die Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörden der Länder (§ 90 Abs 2 Teils 1 SGB IV). Diese Verwaltungsbehörden führen auch die Aufsicht über Versicherungsträger, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes, aber nicht über mehr als drei Länder hinaus erstreckt und für die das aufsichtsführende Land durch die beteiligten Länder bestimmt ist (vgl § 90 Abs 3 SGB IV). Diese Bestimmung trifft der Staatsvertrag über die Bestimmung aufsichtsführender Länder nach Art 87 Abs 2 S 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.5.1997 (maßgeblich für die Aufsichtsbehörde des Beigeladenen durch Gesetz zu dem Staatsvertrag vom 23.5.1997, GVOBl für Schleswig-Holstein 1997, 304).
Für geöffnete IKKn wie die Klägerin wird der Zuständigkeitsbereich bestimmt durch die Region (§ 173 Abs 2 S 2 SGB V), für die sie ihrer Satzung nach zuständig sind (§ 90a Abs 2 SGB IV). Das ist das Territorium, in dem die Satzung nach § 173 Abs 2 S 2 SGB V gilt. Die Satzung gilt danach - falls sie wie bei der Klägerin eine Öffnungsregelung (§ 173 Abs 2 S 1 Nr 4 SGB V idF durch Art 1 Nr 116 Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung <Gesundheitsstrukturgesetz - GSG> vom 21.12.1992, BGBl I 2266) enthält - für die Gebiete der Länder, in denen Innungsbetriebe bestehen, wenn die Zuständigkeit für diese Betriebe sich aus der Satzung der IKK ergibt; soweit eine Satzungsregelung am 31.3.2007 für ein darüber hinausgehendes Gebiet gegolten hat, bleibt dies unberührt; die Satzung darf das Wahlrecht nicht auf bestimmte Personen beschränken oder von Bedingungen abhängig machen (vgl § 173 Abs 2 S 2 SGB V idF durch Art 1 Nr 133 Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung
Die Zuordnung eines Innungsbetriebs zu einer IKK ergibt sich daraus, dass der Betrieb ein von der Handwerksrolle erfasster Handwerksbetrieb ist, dessen Inhaber aufgrund dieses Handwerksbetriebs einer Innung angehört, die ihrerseits Trägerinnung der IKK ist. Trägerinnung ist eine Handwerksinnung, die allein oder gemeinsam mit anderen Handwerksinnungen eine IKK errichtet hat (vgl § 159 Abs 1 S 1 SGB V; zur entsprechenden Anwendung beim Anschluss einer Innung an eine bestehende IKK vgl Peters in KassKomm, Stand 1.6.2014, § 157 SGB V RdNr 9 mwN). Eine oder mehrere Handwerksinnungen können für die Handwerksbetriebe ihrer Mitglieder, die in der Handwerksrolle eingetragen sind, eine IKK errichten (§ 157 Abs 1 SGB V). Die Trägerinnung ist das rechtliche Bindeglied zwischen der IKK und dem Handwerksbetrieb, der dieser Trägerinnung angehört. Das gilt auch im Falle der Öffnung der IKK (vgl § 173 Abs 2 S 1 Nr 4 SGB V). Sie baut insoweit auf den Vorschriften über die IKK-Errichtung sowie über die Mitgliederwahlrechte auf. Bei der nicht geöffneten IKK können Versicherungspflichtige und Versicherungsberechtigte die IKK wählen, wenn sie in dem Betrieb beschäftigt sind, für den die IKK besteht (§ 173 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB V). Die Öffnung erweitert die Mitgliederwahlrechte - wie dargelegt - auf die Länder, in denen Innungsbetriebe bestehen, wenn (und) die Zuständigkeit für diese Betriebe sich aus der Satzung der IKK ergibt. Die Satzung hat hierzu zu umschreiben, welcher Handwerksbetrieb bei welcher Innung - notwendig bei einer Trägerinnung - einer Zuständigkeit der IKK unterfällt.
Ist ein Innungsbetrieb in diesem Sinne zuständigkeitsbegründend Mitglied einer Trägerinnung, ist für die Mitgliederwahlrechte und Aufsichtszuständigkeit die räumliche Erstreckung des Betriebs auf die Länder maßgeblich. Der Innungsbetrieb besteht in allen Gebieten, in denen er feste Arbeitsstätten hat, auch wenn diese unselbstständig sind. Ein Betrieb als Anknüpfungspunkt für die Zuständigkeit einer KK ist grundsätzlich die zur Erreichung des arbeitstechnischen Zwecks erfolgte organisatorische Zusammenfassung personeller, sachlicher und anderer Arbeitsmittel zu einer selbstständigen Einheit (stRspr, vgl zB BSG SozR 3-2500 § 175 Nr 1; BSGE 59, 87 = SozR 2200 § 245 Nr 4; BSGE 37, 245, 246 = SozR 2600 § 2 Nr 1; BSGE 32, 177, 178 = SozR Nr 18 zu § 1268 RVO). Zum Betrieb können auch unselbstständige Betriebsteile gehören. Unselbstständig ist ein Betriebsteil, wenn er in Bezug auf die zur Erreichung des arbeitstechnischen Zwecks erfolgte organisatorische Zusammenfassung personeller, sachlicher und anderer Arbeitsmittel keinen selbstständigen Leitungsapparat besitzt (vgl BSG SozR 2200 § 245 Nr 2; BSGE 37, 245, 246 = SozR 2600 § 2 Nr 1 S 2 f und für die Fälle von Arbeitsgemeinschaften BSG in SozR Nr 2 zu § 245 RVO sowie BSG in SozR 4670 § 2 Nr 2).
Die Einbeziehung auch unselbstständiger Betriebsteile entspricht dem Regelungszweck des Gesetzes, klare, systemgerechte Kriterien für den räumlichen Zuständigkeitsbereich geöffneter IKKn festzulegen. Für die Einbeziehung auch unselbstständiger Betriebsteile innungsangehöriger Betriebe spricht auch die Entstehungsgeschichte der Norm (§ 173 Abs 2 S 2 SGB V). Nach der Begründung der insoweit Gesetz gewordenen Regelung im Entwurf eines GSG der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP (vgl BT-Drucks 12/3608 S 113) genügt das Vorhandensein eines unselbstständigen Betriebsteils oder einer Betriebsstätte. Auch die Gesetzesmaterialien zu § 90a Abs 2 SGB IV sprechen hierfür. Maßgeblich sollen danach die AOK-Bezirke sein, in denen sich die in der Satzung der IKK aufgeführten Betriebe und Betriebsteile befinden (Gesetzentwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Sozialgesetzbuchs <3. SGBÄndG>, BT-Drucks 13/1205 S 10, zu der ursprünglich und wortgleich als § 175a SGB V formulierten Vorschrift des § 90a SGB IV; Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 13/1559 S 14).
Dass Gebiete, in denen Innungsbetriebe im Sinne der gesetzlichen Regelung bestehen, solche sind, in denen sich feste Arbeitsstätten eines Innungsbetriebs befinden, auch wenn es sich um unselbstständige Betriebsteile handelt, steht rechtssystematisch in Einklang mit der Regelung der Zuweisung von Beschäftigten zu einem Beschäftigungsort (§ 9 Abs 1 bis 5 SGB IV). Schon zum Recht der RVO hat die Rechtsprechung des BSG in Parallelbereichen die örtliche Lage der für die Versicherten maßgeblichen "festen Betriebsstätten" als maßgeblich angesehen (vgl für Betriebskrankenkassen BSGE 24, 171, 174 = SozR Nr 3 zu GG Art 87). Als Ort der Beschäftigung gilt auch heute die feste Arbeitsstätte oder hilfsweise der Betriebssitz (§ 9 Abs 2 bis 5 SGB IV), wenn die Regelung über den Ort, an dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird (§ 9 Abs 1 SGB IV), nicht eingreift. Versicherte, die an einer festen Arbeitsstätte tatsächlich beschäftigt werden, haben diese ohnehin als Beschäftigungsort (vgl bereits RVA 1916 AN 1914, 764, 765).
Eine feste Arbeitsstätte ist jede für verhältnismäßig längere Dauer errichtete Arbeitsstätte, zumal wenn sie sich durch örtliche, äußerlich hervortretende Werksanlagen als solche kennzeichnet (vgl bereits RVA 1916 AN 1914, 764, 765). Eine feste Arbeitsstätte liegt dagegen nicht vor, wenn nur Einzeltätigkeiten von kurzer Dauer und geringem Umfang an einem oder verschiedenen Orten vorgenommen werden (vgl RVA, aaO; ebenso Peters, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, Stand Juli 2010, § 9 Anm 4 S 139; ähnlich Baier in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung Pflegeversicherung, Stand Oktober 2014, § 9 SGB IV RdNr 7; Brachmann in Jahn, SGB I/IV, Stand April 2014, § 9 RdNr 2; Brandenburg in Wannagat, SGB IV, Stand August 2007, § 9 RdNr 9: fester Standort; aA Grimmke in jurisPK-SGB IV, 2. Aufl 2011, § 9 RdNr 17: § 2 Abs 1 ArbeitsstättenVO, der aber nicht bloß "feste" Arbeitsstätten definiert). Diese Definition ist auch heute noch zutreffend. Die Regelung des § 9 SGB IV knüpft an die Vorgängerregelung in §§ 153 ff RVO an und fasst sie unter sprachlicher Überarbeitung und Schließung von Gesetzeslücken zusammen (vgl Udsching in Hauck/Noftz, SGB IV, Stand Oktober 2014, K § 9 RdNr 2). Nach der Begründung zu § 165 RVO des Gesetzentwurfs (wiedergegeben in Schraeder/Schulte/Brucker, Die Deutsche Krankenversicherung, Bd I, Stand November 1942, § 153 RVO, S 222 ff; in Kraft getreten als § 153 RVO) wurde der Begriff "feste Arbeitsstätte" gewählt, um den Betriebsbegriff nicht auf den Sitz des Betriebes zu verengen.
Auf eine bestimmte Anzahl Beschäftigter, die einer festen Arbeitsstätte zugeordnet sind, kommt es nicht an. Der Gesetzgeber hat für geöffnete IKKn keine Ausnahme wie für nichtgeöffnete Betriebskrankenkassen (BKKn) geregelt. Nur bei jenen bleiben unselbstständige Betriebsteile mit weniger als zehn Mitgliedern in einem Land unberücksichtigt (§ 90a Abs 1 Nr 2 Teils 2 SGB IV). Außerhalb dieser Ausnahmeregelung genügen auch kleinere Einheiten als Anknüpfungspunkte für eine Zuordnung der aufsichtsrechtlichen Zuständigkeit.
b) Maßgeblich für den aufsichtsrechtlichen Zuständigkeitsbereich einer IKK ist nicht ein statischer Zustand aus der Vergangenheit, sondern der sich wandelnde jeweilige Stand der Verteilung der festen Arbeitsstätten der erfassten Innungsbetriebe der Trägerinnungen der IKK auf die Länder. Schon der Gesetzeswortlaut verdeutlicht, dass es für die Zuständigkeitsbereiche um die Gebiete der Länder geht, in denen Innungsbetriebe "bestehen" und nicht etwa bloß bestanden haben (vgl § 173 Abs 2 S 2 SGB V; § 90a Abs 2 SGB IV). Dafür spricht auch die Gesetzesentwicklung. Die Rechtsprechung des BSG vertrat bereits zum früheren Rechtszustand bei unmittelbarer Anwendung des Art 87 Abs 2 GG die Auffassung, dass eine betriebsbezogene räumliche Ausdehnung des Zuständigkeitsbereichs einer KK zu Änderungen der aufsichtsrechtlichen Zuständigkeit führt (vgl für Betriebskrankenkassen BSGE 24, 171, 174 = SozR Nr 3 zu GG Art 87). Von dieser Auffassung rückte der Gesetzgeber in der Folgezeit nicht etwa ab, sondern trug ihr Rechnung: Er fügte als Folge der Änderung des Art 87 GG (Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes
Eine "statische" Betrachtungsweise, wonach die Erstreckung einer IKK nur den Zuständigkeitsbereich erfasst, der sich bei Inkrafttreten des § 173 Abs 2 S 2 SGB V idF des GSG zum 1.1.1996 oder im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Satzungsregelung nach § 173 Abs 2 S 1 Nr 4 SGB V (dafür Schnapp NZS 2004, 113, 116) ergab, hat keinen Niederschlag in der Rechtsnorm gefunden. Im Gegenteil hätte es, wenn der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Öffnungsklausel den mitgliedschaftsrechtlichen - und damit zugleich den aufsichtsrechtlichen - Zuständigkeitsbereich der damals bestehenden geöffneten IKKn (und der BKKn) ungeachtet einer späteren Ausdehnung der abgegrenzten Region iS des § 143 Abs 1 SGB V "eingefroren" hätte, der Ausnahmeregelung des § 173 Abs 2 S 2 Teils 2 SGB V (idF durch Art 1 Nr 133 Buchst a DBuchst bb GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378, mWv 1.4.2007) nicht bedurft. Sie lautet: "soweit eine Satzungsregelung am 31. März 2007 für ein darüber hinausgehendes Gebiet gegolten hat, bleibt dies unberührt." Die zuvor geltende Fassung (§ 173 Abs 2 S 2 Teils 1 SGB V aF) bestimmte: "Falls die Satzung eine Regelung nach Nummer 4 enthält, gilt diese für abgegrenzte Regionen im Sinne des § 143 Abs. 1, in denen … Innungsbetriebe bestehen und die Zuständigkeit für diese Betriebe sich aus der Satzung der … Innungskrankenkasse ergibt". Dies ließ bei länderübergreifenden AOK-Fusionen eine akzessorische Erstreckung der IKKn (und der BKKn) zu (vgl Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drucks 16/4247 S 51). Das GKV-WSG regelt hingegen wie dargelegt, dass die satzungsrechtliche IKK-Öffnung für die Gebiete der Länder gilt, in denen Innungsbetriebe bestehen. Abweichende, zT in den Gesetzesmaterialien geäußerte Vorstellungen (vgl Gesetzentwurf eines GSG der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP, BT-Drucks 12/3608 S 113) hat der Gesetzestext nicht übernommen.
c) Die aufgezeigte gesetzliche Regelungskonzeption des § 173 Abs 2 S 2 SGB V ermächtigt den Satzungsgeber nicht dazu, nach seinem Belieben den räumlichen Zuständigkeitsbereich seiner IKK festzulegen. Er bezeichnet diesen mittelbar, indem er die Trägerinnungen als Grundlage der Zuordnung zugehöriger Innungsbetriebe benennt. Die deklaratorische Umschreibung des räumlichen Zuständigkeitsgebiets der IKK in der Satzung - Liste der Innungsbetriebe und Erstreckung auf die Bundesländer - ist aber dienlich, um den hierzu berechtigten Versicherten die Ausübung ihres Wahlrechts zu ermöglichen. Hierauf wies die Beklagte die Klägerin zutreffend hin (1.2.2011).
§ 173 Abs 2 S 2 SGB V regelt abschließend und zwingend den Zuständigkeitsbereich geöffneter IKKn für Versicherungspflichtige und Versicherungsberechtigte (Mitglieder). Eine IKK ist zwar in ihrer Entscheidung frei, sich gegenüber den Versicherten zu öffnen, die vor Inkrafttreten der mit dem GSG eingeführten Vorschriften über die (erweiterten) Wahlrechte der Mitglieder keinen Zugang zur IKK hatten (vgl zum Mitgliederkreis der IKKn vor dem Inkrafttreten des GSG zum 1.1.1996: §§ 175, 180, 181, § 182 Abs 3, § 183 Abs 4, § 184 Abs 1 Nr 2 und 3, Abs 3 bis 5, § 185 Abs 1, Abs 2 Nr 1 und 3 SGB V idF durch Art 1 Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen <Gesundheits-Reformgesetz - GRG> vom 20.12.1988, BGBl I 2477). Eine geöffnete IKK kann aber ungeachtet des Verbots, das Wahlrecht auf bestimmte Personen zu beschränken (§ 173 Abs 2 S 2 Teils 3 SGB V), nicht den Kreis der wahlberechtigten Mitglieder abweichend von § 173 Abs 2 S 2 SGB V durch ihre Satzung festlegen. Der Hinweis des Gesetzes auf die "Satzung" umschreibt verkürzend ihre Geltung für die Gebiete der Länder, in denen von der Handwerksrolle erfasste Innungsbetriebe bestehen, deren Inhaber Mitglieder der sich aus der Satzung der IKK ergebenden Trägerinnungen sind.
d) Der aufsichts- und mitgliedschaftsrechtliche Zuständigkeitsbereich der Klägerin erstreckt sich auf mindestens vier Länder aufgrund der Zugehörigkeit der Bäckerei A GmbH mit Betriebssitz in M (Schleswig-Holstein) zu einer Trägerinnung der Klägerin. Nach den Feststellungen des LSG bestehen neben Innungsbetrieben in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern auch in Hamburg und Niedersachsen jedenfalls feste Arbeitsstätten. Die mehreren Filialen bzw Verkaufsstellen der Bäckerei A GmbH in Hamburg und Niedersachsen erfüllen die Voraussetzungen fester Arbeitsstätten. Sie bestehen räumlich-gegenständlich für eine verhältnismäßig längere Dauer, nämlich seit den 1990er Jahren. Sie sind zugleich durch örtliche, äußerlich hervortretende Betriebseinrichtungen geprägt. Das LSG hat zudem - wenn auch in verkürzter Form - die Feststellung getroffen, dass die Bäckerei A GmbH mit ihren festen Arbeitsstätten ein Handwerksbetrieb ist, dessen Inhaber in die Handwerksrolle einer Handwerksinnung eingetragen ist. Das LSG hat die Bäckerei A GmbH als "Innungsbäckerei" bezeichnet. Das Bäckerhandwerk ist aber ein in die Handwerksrolle eintragungspflichtiges Handwerk (§ 1 Abs 2, § 6 Abs 1 HandwO iVm Anlage A). Dafür, dass das LSG insoweit von einem abweichenden, rechtswidrigen Zustand bei der A GmbH ausgegangen ist, ist nichts ersichtlich. Gegenteiliges behauptet auch die Klägerin nicht. Dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ist auch zu entnehmen, dass das LSG damit zugleich festgestellt hat, dass die Innungsbäckerei A GmbH einer Trägerinnung der Klägerin angehört. Von Letzterem geht die Klägerin in ihrer Revisionsbegründung ausdrücklich selbst aus.
e) Der Senat ist an diese Feststellungen gebunden, denn die Klägerin hat diesbezüglich keine zulässigen und begründeten Verfahrensrügen vorgebracht (vgl § 163 SGG). Soweit sie mit ihrer Revision geltend macht, das LSG habe es unter Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) unterlassen, nähere Umstände zu ermitteln, aus denen sich ergibt, dass die A GmbH mit ihrem Bäckereibetrieb einer Trägerinnung angehört (Trägerinnungsbetrieb), hat sie iS von § 164 Abs 2 S 3 SGG nicht alle Tatsachen bezeichnet, die den Mangel ergeben sollen (näher BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - Juris RdNr 68 ff, insoweit in BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1 nicht abgedruckt; BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 27 f mwN). Notwendig hierfür ist eine Darlegung, die das Revisionsgericht in die Lage versetzt, sich allein anhand der Revisionsbegründung ein Urteil darüber zu bilden, ob die angegriffene Entscheidung auf einem Verfahrensmangel beruhen kann (BSG SozR 1500 § 164 Nr 31 S 49). Bei einem Verstoß gegen die Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, muss der Revisionskläger deshalb die Tatsachen bezeichnen, aus denen sich ergibt, dass sich das LSG von seinem sachlich-rechtlichen Standpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 28; BSG Urteil vom 11.12.2008 - B 9 VS 1/08 R - Juris RdNr 69 mwN, insoweit in BSGE 102, 149 = SozR 4-1100 Art 85 Nr 1 nicht abgedruckt; BSG SozR 1500 § 160a Nr 34 S 50; BSG SozR Nr 40 zu § 103 SGG; BSG SozR Nr 7 zu § 103 SGG).
Die Klägerin zeigt nicht auf, warum sich das LSG hätte gedrängt fühlen müssen, weitere Ermittlungen dazu anzustellen, dass die Bäckerei A GmbH Trägerinnungsbetrieb der Klägerin sei. Sie geht nicht darauf ein, dass sie - wie von ihr in der Klageschrift selbst vorgetragen - auf Veranlassung des Beigeladenen der Bäckerei A GmbH Ende 2010 einen Fragebogen zur Prüfung ihres Erstreckungsbereichs übersandte, ohne Einwände gegen die Trägerinnungsbetriebseigenschaft zu erheben, und dass die Bäckerei A GmbH den Fragebogen nur unter Hinweis auf den laufenden Jahresabschluss vorläufig nicht ausfüllte. Das spätere Bestreiten mit bloßem Nichtwissen, dass die Bäckerei A GmbH ein Trägerinnungsbetrieb sei (Schriftsatz vom 10.6.2013), genügt nicht. Vielmehr hätte sie aufzeigen müssen, warum das LSG ihrer damaligen Mitwirkung nicht den Erklärungswert habe konkludent entnehmen können, es handele sich bei der Bäckerei A GmbH um einen Trägerinnungsbetrieb. Hierzu hätte insbesondere die Darlegung gehört, dem LSG sei aufgezeigt worden, dass der Altdatenbestand der Rechtsvorgängerin der Klägerin, der IKK Schleswig-Holstein, die (schon seit längerer Zeit bestehende) A GmbH nicht als Trägerinnungsbetrieb ausgewiesen habe. Soweit die Klägerin mit ihrer Verfahrensrüge geltend macht, in der mündlichen Verhandlung sei die Frage der Zugehörigkeit der A GmbH zu einer Trägerinnung nicht thematisiert worden, legt sie nicht schlüssig dar, dass das LSG nicht davon ausgehen durfte, dass die Klägerin durch ihr konkludentes Verhalten in der mündlichen Verhandlung diesen Sachverhalt nicht länger in Zweifel zog. Sie setzt sich nicht damit auseinander, dass die von ihr selbst eingeräumten, dort gegebenen Hinweise des Vorsitzenden des erkennenden LSG-Senats zu Filialen in Hamburg und Niedersachsen ersichtlich im Kontext der §§ 90 Abs 3, 90a Abs 2 SGB IV iVm § 173 Abs 2 S 2 und § 157 SGB V standen. Die Anhörung der Verfahrensbeteiligten durch das LSG zu den Filialen der A GmbH hatte nur einen Sinn, wenn die A GmbH überhaupt ein Trägerinnungsbetrieb ist. Denn das LSG wollte sich auf diesen Sachverhalt zum Beleg der räumlichen Erstreckung der Klägerin auf Hamburg und Niedersachsen stützen. Die Klägerin trägt aber nicht vor, dass sie der Sachverhaltsermittlung des LSG mit der Behauptung in der mündlichen Verhandlung entgegengetreten sei, die Existenz von Filialen der A GmbH in Hamburg und Niedersachsen könne auf sich beruhen, weil weiterhin offen sei, dass die A GmbH ein Trägerinnungsbetrieb sei. Ausweislich der Sitzungsniederschrift hat die Klägerin auch weder eine weitere Beweiserhebung angeregt noch gar einen Beweisantrag gestellt. Solches trägt sie auch in der Revisionsbegründung nicht vor.
Die von der Klägerin nach Ablauf der bis zum 7.11.2013 verlängerten Revisionsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 4.3.2015 vorgetragene Aufklärungsrüge, das LSG habe verfahrensfehlerhaft seine Ermittlungen nicht auf die mögliche Tatsache erstreckt, dass es sich bei den Filialen der A GmbH um Läden von Franchiseunternehmen handeln könne, ist unzulässig. Die Klägerin hat den betroffenen Verfahrensmangel nicht rechtzeitig vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist ordnungsgemäß begründet (vgl § 164 Abs 2 S 1 bis 3 SGG). Verfahrensrügen können nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist grundsätzlich weder nachgeschoben noch durch ergänzendes Vorbringen nachträglich schlüssig gemacht werden (vgl BVerwGE 28, 18, 22; BVerwGE 31, 212, 217; BVerwG NJW 2001, 1878 mwN; zu hier nicht einschlägigen Ausnahmefällen vgl zB BFHE 126, 383; BAG NJW 1962, 2030, alle mwN). Einen die Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigenden Grund hat die Klägerin hierzu nicht vorgebracht.
3. Auch die Anforderung von Unterlagen und das Auskunftsverlangen der Beklagten (Bescheid vom 1.2.2011) sind rechtmäßig. Nach § 88 Abs 2 SGB IV haben die Versicherungsträger der Aufsichtsbehörde oder ihren Beauftragten auf Verlangen alle Unterlagen vorzulegen und alle Auskünfte zu erteilen, die zur Ausübung des Aufsichtsrechts auf Grund pflichtgemäßer Prüfung der Aufsichtsbehörde gefordert werden. Hierzu zählt auch die Verschaffung von Grundlageninformationen im Rahmen der Übernahme der Aufsicht von dem Beigeladenen auf die Beklagte.