Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 12.04.2017


BPatG 12.04.2017 - 7 W (pat) 28/15

Patentbeschwerdeverfahren – "Gebühren für die Teilanmeldung II" – Anmeldegebühr – zur Nachzahlung bei Teilung – anspruchsabhängige Anmeldegebühr - Teilanmeldung, die mehr Patentansprüche als die Stammanmeldung enthält – zur Gebührenpflicht - zum Wirksamwerden der Teilung – zu den Folgen des Unterbleibens der Zahlung für die erhöhte Anspruchszahl


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsdatum:
12.04.2017
Aktenzeichen:
7 W (pat) 28/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
nachgehend BGH, 5. November 2018, Az: X ZB 6/17, Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Gebühren für die Teilanmeldung II

Reicht ein Anmelder für die Teilanmeldung zahlenmäßig mehr Patentansprüche als in der Stammanmeldung ein, muss er, um die Teilung wirksam werden zu lassen (§ 39 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 PatG), die Anmeldegebühr nur in der Höhe nachentrichten, die für die Anspruchszahl in der Stammanmeldung maßgebend war. Die Erhöhung der Anspruchszahl bei der Teilung kann aber gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PatKostG gebührenpflichtig sein. Sofern in diesem Fall die Zahlung für die erhöhte Anspruchszahl unterbleibt, erfolgt die Prüfung der Teilanmeldung nur auf Grundlage des zur Stammanmeldung eingereichten Anspruchssatzes mit der niedrigeren Anspruchszahl.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2014 015 924.8

wegen Gebühren für die Teilanmeldung

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 12. April 2017 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts – Prüfungsstelle 23 - vom 1. Juni 2015 aufgehoben. Die Rechtsfolge des § 39 Abs. 3 PatG, wonach die Teilungserklärung als nicht abgegeben gilt, ist nicht eingetreten.

2. Die Beschwerdegebühr wird zurückgezahlt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Mit zwei am 29. Oktober 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Telefaxen erklärte der Anmelder die Teilung seiner (Stamm-) Anmeldung 10 2014 114 398.1 mit der Bezeichnung „Schwammkörper zur Reinigung von Oberflächen“. Für die elektronisch am 2. Oktober 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Stammanmeldung, die zwölf Patentansprüche umfasste, hatte der Anmelder eine Anmeldegebühr in Höhe von 80,- € entrichtet. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist die Teilanmeldung 10 2014 015 924.8, während die weitere Teilanmeldung Gegenstand des weiteren Beschwerdeverfahrens 7 W (pat) 30/15 ist. Die Stammanmeldung wurde am 17. November 2014 zurückgenommen.

2

Der Teilungserklärung waren Unterlagen für die Teilanmeldung beigefügt, die neben Erteilungsantrag, Beschreibung, Zeichnungen und Zusammenfassung auch 14 Patentansprüche umfassten. Außerdem reichte der Anmelder zur Zahlung der Anmeldegebühr eine Einzugsermächtigung über 80,- € ein, von der das Patentamt auch erfolgreich Gebrauch machte. Das Patentamt wies mit Bescheid vom 31. Oktober 2014 darauf hin, dass für die abgetrennte Anmeldung für die Zeit bis zur Trennung die gleichen Gebühren zu entrichten seien, die für die ursprüngliche Anmeldung zu entrichten gewesen seien; die Höhe betrage hier 80,- €. Sie erhöhe sich um die im Kostenmerkblatt (Gebührennummer 311 100/311 050) des Patentamts ausgewiesenen Beträge, wenn für die Ausscheidungsanmeldung mehr als zehn Patentansprüche eingereicht worden seien und die Anzahl der in der Stammanmeldung eingereichten Patentansprüche überschritten werde. Eine weitere Zahlung durch den Anmelder erfolgte nicht.

3

Im März 2015 erstattete das Patentamt dem Anmelder den gezahlten Betrag von 80,- € - abzüglich einer Erstattungsgebühr von 10,- € - zurück. Nach einer telefonischen Mitteilung, wonach sich die Patentanmeldung erledigt habe, beantragte der Anmelder mit Schriftsatz vom 7. Mai 2015 den Erlass eines beschwerdefähigen Beschlusses.

4

Die Prüfungsstelle 23 des Deutschen Patent- und Markenamts stellte durch Beschluss vom 1. Juni 2015 fest, dass die Teilungserklärung als nicht abgegeben gelte (§ 39 Abs. 3 PatG). Als Grund wird angegeben, dass die Anmeldegebühr in der Stammanmeldung 80,- € betragen habe. In der Teilungsakte habe der Anmelder lediglich einen Betrag von 60,- € gezahlt, was nicht ausreichend sei.

5

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Anmelder mit der Beschwerde und beantragt,

6

den angefochtenen Beschluss der Prüfungsstelle 23 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Juni 2015 aufzuheben und festzustellen, dass die Teilungserklärung nicht als nicht abgegeben gelte,

7

sowie die Beschwerdegebühr zu erstatten.

8

Zur Begründung seiner Beschwerde verweist der Anmelder auf die Kopie einer dem Patentamt erteilten Einzugsermächtigung über 80,- € mit Datum 28. Oktober 2014. Als amtliches Aktenzeichen ist dort das Aktenzeichen der Stammanmeldung angegeben, mit dem in Klammern gesetzten Zusatz „Teilanmeldung“. Als Verwendungszweck ist „Anmeldegebühr“ genannt. Aus dem dem Beschwerdeschriftsatz ebenfalls in Kopie beigefügten Sendeprotokoll ergibt sich, dass dem Patentamt am 29. Oktober 2014 29 Seiten zugefaxt worden sind. Darunter soll sich auch die Einzugsermächtigung befunden haben. Die begehrte Rückerstattung der Beschwerdegebühr wird damit begründet, dass der angefochtene Beschluss auf einer offensichtlich unrichtigen Tatsachenfeststellung beruhe, die bei Beobachtung der notwendigen Sorgfalt hätte auffallen müssen.

9

Das Patentamt hat auf Anfrage des Senats eine Aufstellung der für die vorliegende Teilanmeldung eingegangenen sowie rückerstatteten Gebühren eingereicht. Daraus ergibt sich sowohl eine Zahlung von 80,- € am 29. Oktober 2014 als auch die Rückerstattung dieses Betrags abzüglich 10,- € im März 2015.

10

Durch Beschluss vom 20. Juni 2016 hat der Senat der Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts den Beitritt zum vorliegenden Beschwerdeverfahren anheimgestellt, und zwar im Hinblick auf die Frage, ob es zur Unwirksamkeit der Teilung führt, dass der Anmelder zusammen mit der Teilungserklärung am 29. Oktober 2014 14 Patentansprüche eingereicht hat und damit zwei Patentansprüche mehr als in der Stammanmeldung, ohne dafür weitere Anspruchsgebühren zu entrichten.

11

Die Präsidentin des Deutschen Patent- und Markenamts ist dem Beschwerdeverfahren beigetreten und vertritt in ihrer Stellungnahme die Auffassung, dass die Erhöhung der Anspruchszahl zwar keinen Einfluss auf die Gebührenzahlung gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 PatG habe, und dass die Dreimonatsfrist im vorliegenden Fall aufgrund der fristgerechten Zahlung der Gebühren grundsätzlich gewahrt sei. Allerdings sei der angefochtene Beschluss im Ergebnis gleichwohl zutreffend, weil die Teilungserklärung mangels Einreichung vollständiger Anmeldungsunterlagen gemäß § 39 Abs. 3 PatG als nicht abgegeben gelte. Es fehlten hier die gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG erforderlichen Patentansprüche.

12

Die Änderung der Anmeldung gegenüber der Stammanmeldung durch Erhöhung der Anspruchszahl sei eine sonstige Handlung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PatKostG, da sich die Anmeldegebühr gemäß Gebührennummer 311 050 des Kostenverzeichnisses zu § 2 Abs. 1 PatKostG erhöhe. Der Differenzbetrag sei mit Eingang der Unterlagen fällig und sei innerhalb von drei Monaten ab diesem Zeitpunkt zu entrichten (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PatKostG i. V. m. § 6 Abs. 1 Satz 2 PatKostG). Da der Differenzbetrag vorliegend nicht innerhalb dieser Frist gezahlt worden sei, müsse die Einreichung des gesamten (geänderten) Anspruchssatzes gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als von Anfang an nicht vorgenommen gelten. Die Grundsätze der Antragsbindung und der Antragsgesamtheit erlaubten es nicht, die Nichtvornahmefiktion des § 6 Abs. 2 PatKostG auf die Änderung der Anmeldung in Relation zur Stammanmeldung zu beschränken mit der Folge, dass lediglich die die höhere Gebühr verursachenden Änderungen als nicht vorgenommen gelten würden, mithin also die Teilanmeldung auf Grundlage derjenigen Ansprüche weiter zu behandeln wäre, die der Anspruchszahl der Stammanmeldung entspreche.

13

Der Anmelder ist demgegenüber der Ansicht, dass § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PatKostG im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung komme, weil es sich bei der Einreichung der Patentansprüche für eine Teilanmeldung nicht um eine sonstige Handlung im Sinne dieser Vorschrift handle. Die Vorschrift setze die „Änderung einer Anmeldung“ voraus und damit das Vorhandensein einer Anmeldung. Die Teilung einer Patentanmeldung begründe hingegen ein neues, von der Stammanmeldung unabhängiges Erteilungsverfahren; bei Stamm- und Teilanmeldung handle es sich nicht um eine Anmeldung, sondern um zwei separate Anmeldungen. Grundlage für die Zahlung von Gebühren im Zuge der Teilung einer Anmeldung sei daher allein § 39 Abs. 2 Satz 1 PatG. Doch selbst wenn für die Einreichung von Patentansprüchen zu einer Teilanmeldung § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PatKostG herangezogen würde, folge aus der Nichtzahlung keineswegs, dass die Teilungserklärung gemäß § 39 Abs. 3 Halbsatz 2 PatG als nicht abgegeben gelte. Die Anzahl der Ansprüche der Teilanmeldung könne nämlich nur „geändert“ werden, wenn die Teilanmeldung bereits mit einer bestimmten Anzahl an Ansprüchen anhängig geworden sei. Die Fiktion der Nichtvornahme der Änderungen (§ 6 Abs. 2 PatKostG) führe somit nur dazu, dass die Änderung der Ansprüche als nicht vorgenommen gelte und die Teilanmeldung mit den Ansprüchen der Stammanmeldung erhalten bleibe.

II.

14

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Das Patentamt hat zu Unrecht festgestellt, dass die Teilungserklärung als nicht abgegeben gilt.

15

1. Die Fiktion des § 39 Abs. 3 PatG, wonach die Teilungserklärung als nicht abgegeben gilt, wenn für die abgetrennte Anmeldung die nach den §§ 34, 35, 35a und 36 PatG erforderlichen Anmeldungsunterlagen nicht innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Teilungserklärung eingereicht oder die Gebühren für die abgetrennte Anmeldung nicht innerhalb dieser Frist entrichtet werden, ist nicht eingetreten. Denn der Anmelder hat diese Voraussetzungen fristgerecht erfüllt, wobei dies sowohl bezüglich der nach § 39 Abs. 3 PatG erforderlichen Anmeldungsunterlagen zutrifft, die der Anmelder sämtlich schon zugleich mit Erklärung der Teilung am 29. Oktober 2014 eingereicht hat, als auch für die Gebührenzahlung.

16

a) Gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 PatG sind für die abgetrennte Anmeldung für die Zeit bis zur Teilung die gleichen Gebühren zu entrichten, die für die ursprüngliche Anmeldung zu entrichten waren, und zwar innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Teilungserklärung. Dies ist hier erfolgt.

17

aa) Für die ursprüngliche Anmeldung war vorliegend bis zur Erklärung der Teilung am 29. Oktober 2014 lediglich eine Anmeldegebühr in Höhe von 80,- € zu entrichten, was sich daraus ergibt, dass die Stammanmeldung elektronisch mit zwölf Ansprüchen eingereicht worden war (Nr. 311 000, 311 050 des Gebührenverzeichnisses, Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG). Diesen Betrag musste der Anmelder daher auch für seine Teilanmeldung bezahlen, was er laut der Einzugsermächtigung, die er zusammen mit der Teilungserklärung am 29. Oktober 2014 eingereicht hatte, und gemäß der dem Senat übermittelten Kostenaufstellung des Patentamts auch getan hat. Die Angabe des Patentamts im angefochtenen Beschluss, wonach vorliegend nur 60,- € entrichtet worden seien, ist dagegen unzutreffend.

18

bb) Der Umstand, dass das Patentamt dem Anmelder den Betrag von 80,- € - abzüglich einer Erstattungsgebühr - wieder zurückgezahlt hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Wenn eine fällige Gebührenschuld beglichen wird und das Patentamt den Betrag irrtümlich wieder zurückzahlt, lebt die getilgte Gebührenschuld nicht wieder auf. Vielmehr entsteht gegen den Kostenschuldner ein Anspruch auf Wiedereinzahlung des zurückgezahlten Betrages (vgl. Busse/Schuster, PatG, 8. Aufl., PatKostG § 10 Rdn. 8; Schulte/Schell, PatG, 9. Aufl., PatKostG § 1 Rdn. 23, jeweils m. w. N.).

19

cc) Für die Frage der Gebührenzahlung gemäß § 39 Abs. 2 und 3 PatG ist es ohne Bedeutung, dass der Anmelder zusammen mit der Teilungserklärung am 29. Oktober 2014 14 Patentansprüche eingereicht hat und damit zwei Patentansprüche mehr als in der Stammanmeldung, ohne dafür weitere Gebühren zu entrichten.

20

Die für zwei weitere Ansprüche fälligen Gebühren (Nr. 311 050 des Gebührenverzeichnisses, Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG) gehören im vorliegenden Fall nicht zu den gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1 PatG anlässlich der Teilung zu entrichtenden Gebühren (a. A. wohl Fitzner/Lutz/Bodewig/ Gleiter/ Fischer, Patentrechtskommentar, 4. Aufl., PatG § 39 Rdn. 42). Diese Vorschrift stellt nämlich ausdrücklich auf die Gebühren ab, die „für die Zeit bis zur Teilung … für die ursprüngliche Anmeldung“ zu entrichten waren, was den Rückbezug auf die insoweit allein maßgebliche Stammanmeldung deutlich macht. Da es in der Zeit bis zur Teilung nur die Stammanmeldung gegeben hat, kann bezüglich der zu entrichtenden Gebühren auch nur auf diese abgestellt werden (vgl. auch Senatsbeschluss vom 14. November 2016, 7 W (pat) 30/15). Die vorgenannte Erhöhung der Anspruchsgebühren ist bis zum Zeitpunkt der Teilung in der Stammanmeldung nicht fällig geworden, da es in der Stammanmeldung bis zur Teilung am 29. Oktober 2014 unverändert bei den dort eingereichten zwölf Patentansprüchen geblieben ist. Vielmehr ist die Erhöhung der Anspruchsgebühren nur in der neu begründeten Teilanmeldung fällig geworden. Dies hat zur Folge, dass die Nichtzahlung der hier fälligen weiteren Anspruchsgebühren nicht die Rechtsfolge des § 39 Abs. 3 PatG auslöst, sondern lediglich den allgemeinen Regelungen des Patentkostengesetzes unterliegt.

21

b) Die Rechtsfolge des § 39 Abs. 3 PatG, wonach die Teilungserklärung als nicht abgegeben gilt, kann auch nicht daraus hergeleitet werden, dass es an der Einreichung der gemäß § 39 Abs. 3 i. V. m. § 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG erforderlichen Patentansprüche fehlen würde, weil die für zwei weitere Ansprüche fälligen Gebühren nicht nachgezahlt worden sind.

22

aa) Dadurch, dass der Anmelder am 29. Oktober 2014 - und damit gemäß § 39 Abs. 3 PatG grundsätzlich fristgemäß - Patentansprüche eingereicht hat, die in der Zahl gegenüber den ursprünglich eingereichten Ansprüchen um zwei erhöht waren, kommt zwar die Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PatKostG zur Anwendung.

23

Nach dieser Vorschrift gilt als sonstige Handlung insbesondere die Änderung einer Anmeldung oder eines Antrags, wenn sich dadurch eine höhere Gebühr für das Verfahren oder die Entscheidung ergibt. Dies ist dann der Fall, wenn die nachträgliche Änderung der Anmeldung zu einer höheren Zahl an Ansprüchen führt, als für die Bemessung der Gebühr maßgeblich waren. Die Änderung löst damit die Fälligkeit des Gebührenbetrages aus, der sich aus dem Abzug der schon früher fälligen Anmeldegebühr von dem durch die Änderung erhöhten Gebührenbetrag ergibt (vgl. Gesetzesbegründung, BlPMZ 2009, 307, 320).

24

Auch die Einreichung von Ansprüchen anlässlich einer Teilung, die gegenüber der Stammanmeldung in der Anzahl erhöht sind, ist grundsätzlich als eine Änderung der Anmeldung bzw. des Antrags i. S. von § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PatKostG zu werten (so auch Fitzner/Lutz/Bodewig/Gleiter/Fischer, a. a. O., § 39 Rdn. 42). Zwar handelt es sich bei der auf die Teilung einer Anmeldung gemäß § 39 PatG gerichteten Verfahrenshandlung um eine Bewirkungshandlung, die unmittelbar mit Eingang beim Patentamt eine - neue, selbständige - Patentanmeldung zum Entstehen bringt (vgl. Schulte/Moufang, PatG, 9. Aufl., § 39 Rdn. 12; Busse/ Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., § 39 Rdn. 30 m. w. N.). Nach herrschender Auffassung ist aber die Teilung als ein rein verfahrensrechtlicher Vorgang der Prozesstrennung nach § 145 ZPO vergleichbar (vgl. BGH BlPMZ 1967, 299 - Kaskodeverstärker; Schulte/Moufang, a. a. O., § 39 Rdn. 10; Busse/ Keukenschrijver, a. a. O., § 39 Rdn. 28). Der bereits in der ursprünglichen Anmeldung geltend gemachte Anspruch auf Patenterteilung wird nach der Teilung für den abgetrennten Teil der Anmeldung in einem besonderen Verfahren weiterverfolgt, das rechtlich insoweit als Fortsetzung des bereits anhängig gewordenen Erteilungsverfahrens erscheint (vgl. BGH BlPMZ 1971, 347, 349 - Funkpeiler; Busse/Keukenschrijver, a. a. O., § 39 Rdn. 31). Vor diesem Hintergrund ist auch die gemäß § 39 Abs. 3 PatG erforderliche - erstmalige - Einreichung von Ansprüchen zur Teilanmeldung mit einer gegenüber der Stammanmeldung erhöhten Anspruchszahl in der Teilanmeldung nicht anders zu behandeln, als wenn die entsprechende Erhöhung der Anspruchszahl in der Stammanmeldung erfolgt wäre. Denn in beiden Fällen ist der Prüfungsumfang gegenüber den ursprünglich mit der Stammanmeldung eingereichten Ansprüchen erweitert.

25

bb) Mit Einreichung des zahlenmäßig erhöhten Anspruchssatzes am 29. Oktober 2014 sind somit gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 5 PatKostG zwei weitere Anspruchsgebühren (Nr. 311 050 des Gebührenverzeichnisses, Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG) fällig geworden. Da diese nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 6 Abs. 1 Satz 2 PatKostG gezahlt worden sind, gilt die Handlung gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG als nicht vorgenommen. Dies bedeutet - entsprechend der Rechtslage bei „normalen“, d. h. ungeteilten Anmeldungen - , dass die Erhöhung auf 14 Patentansprüche nicht wirksam war, mit der Folge, dass die Prüfung der Teilanmeldung nicht auf Grundlage des Anspruchssatzes mit der erhöhten Anspruchszahl erfolgen kann, sondern nur auf Grundlage des bisherigen, zur Stammanmeldung eingereichten, zwölf Ansprüche umfassenden Anspruchssatzes mit der niedrigeren Anspruchszahl.

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cc) Mit der Rechtsfolge des § 6 Abs. 2 PatKostG bezüglich des um zwei Ansprüche erhöhten, am 29. Oktober 2014 eingereichten Anspruchssatzes ist aber nicht zugleich auch der Eintritt der Fiktion des § 39 Abs. 3 PatG verbunden. Vielmehr sind die Gebühren, die einerseits in § 3 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 5 PatKostG, andererseits in § 39 Abs. 2 Satz 1 PatG ihre Grundlage haben, sowie die jeweiligen Rechtsfolgen bei nicht ausreichender Zahlung dieser Gebühren, streng auseinanderzuhalten.

27

Der Grund für die Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PatKostG anlässlich der Einreichung von Patentansprüchen mit der Teilung liegt - wie oben ausgeführt - darin, dass die Teilanmeldung als Fortsetzung des bereits anhängig gewordenen Erteilungsverfahrens (Stammanmeldung) erscheint, womit sich die Sachlage nicht anders darstellt als bei einer Fortführung einer ungeteilten Anmeldung mit höherer Anspruchszahl. In einer ungeteilten Anmeldung führt die Nichtvornahmefiktion des § 6 Abs. 2 PatKostG dazu, dass die Anmeldung auf Grundlage des nicht erhöhten Anspruchssatzes weiterzubehandeln ist, aber nicht dazu, dass die Anmeldung insgesamt entfiele.

28

Die Regelung des § 39 Abs. 3 PatG bietet keine hinreichende Rechtsgrundlage, dies bei Einreichung von Patentansprüchen für die Teilanmeldung, auch wenn es sich um die erstmalige Einreichung handelt, anders zu sehen. Die Existenz der Teilanmeldung, die - wie oben ausgeführt - bereits mit Eingang der Teilungserklärung begründet wird, ist zunächst in der Schwebe. Ob sie endgültig bestehen bleibt oder nicht, hängt nach § 39 Abs. 3 PatG allein von der fristgerechten Erfüllung der dort genannten Voraussetzungen ab, nämlich der Einreichung der Anmeldungsunterlagen und der Entrichtung der Gebühren innerhalb der Dreimonatsfrist. Dieser Schwebezustand soll nach der gesetzlichen Regelung höchstens bis zu drei Monate andauern. Im Zeitpunkt der Erfüllung der Voraussetzungen des § 39 Abs. 3 PatG innerhalb der Dreimonatsfrist wird die Teilungserklärung endgültig wirksam; dadurch erstarkt die Teilanmeldung zu einer normalen Patentanmeldung (vgl. Schulte/Moufang, a. a. O, § 39 Rdn. 40). Wenn aber die Teilanmeldung durch Einreichung der Anmeldungsunterlagen und Nachzahlung der nach § 39 Abs. 2 Satz 1 PatG zu entrichtenden Gebühren einmal zu einer normalen Patentanmeldung erstarkt ist - wie hier am 29. Oktober 2014, als der Anmelder sowohl die Gebühren für die Stammanmeldung nachgezahlt als auch die Anmeldungsunterlagen vollständig eingereicht hat -, gibt es keinen Grund dafür, dies durch ein nachträgliches Ereignis wieder entfallen zu lassen.

29

Dem Wortlaut des § 39 Abs. 3 PatG kann nicht entnommen werden, dass die Wirksamkeit der Teilungserklärung als solcher und damit die Beendigung der Schwebefrist nicht nur von der Zahlung der in § 39 Abs. 2 Satz 1 PatG genannten Gebühren, sondern zusätzlich noch von der Zahlung weiterer Gebühren abhängen soll, nämlich davon, dass die mit den eingereichten Patentansprüchen etwaigen fälligen weiteren Anspruchsgebühren gezahlt werden. Würde nicht nur die Dreimonatsfrist des § 39 Abs. 3 PatG, sondern zusätzlich noch eine mit Einreichung der Patentansprüche, die eine erhöhte Anspruchszahl aufweisen, beginnende neue Dreimonatsfrist (§ 6 Abs. 1 Satz 2 PatKostG) abzuwarten sein, würde sich die Schwebefrist in gesetzlich nicht vorgesehener Weise über drei Monate hinaus verlängern, unter Umständen sogar bis auf das Doppelte, letzteres in Fällen, in denen die Patentansprüche am letzten Tag der Dreimonatsfrist des § 39 Abs. 3 PatG eingereicht werden. Dies ist aber auch mit dem Sinn und Zweck der Regelung des § 39 Abs. 3 PatG, wonach spätestens mit Ablauf der dortigen Dreimonatsfrist Klarheit über das Erstarken der Teilanmeldung zur Vollanmeldung und damit Rechtssicherheit über die Existenz der Teilanmeldung herrschen soll, nicht vereinbar.

30

§ 39 Abs. 3 PatG ist daher ist in sachgerechter Weise dahin auszulegen, dass - wenn die Voraussetzungen des § 39 Abs. 3 PatG wie hier erfüllt sind und die Teilanmeldung zur Vollanmeldung erstarkt ist -, dies nicht wieder wegen der Nichtzahlung der erhöhten Anspruchsgebühren rückgängig gemacht werden kann. Vielmehr führt diese Nichtzahlung nur zu denselben Rechtsfolgen wie in einer „normalen“, d. h. ungeteilten Anmeldung, wie oben schon ausgeführt worden ist.

31

Die vorliegende Teilungserklärung gilt daher nicht gemäß § 39 Abs. 3 PatG als nicht abgegeben.

32

2. Die Beschwerdegebühr ist aus Billigkeitsgründen zurückzuzahlen, § 80 Abs. 3 PatG, weil das Patentamt bei seiner Entscheidung von falschen Tatsachen ausgegangen ist.

33

3. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 100 Abs. 2 Nr. 1 und 2 erste Alternative PatG zugelassen. Die Frage der Auslegung von § 39 Abs. 3 PatG betrifft nicht lediglich eine Frage des Kostenansatzes, für die eine Rechtsbeschwerde ausgeschlossen ist (BGH GRUR 2015, 1144 - Überraschungsei).