Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 14.11.2016


BPatG 14.11.2016 - 7 W (pat) 30/15

Patentbeschwerdeverfahren – "Gebühren für die Teilanmeldung I" – Anmeldegebühr – zur Nachzahlung bei Teilung – anspruchsabhängige Anmeldegebühr - Teilanmeldung, die weniger Patentansprüche als die Stammanmeldung enthält – zur Gebührenpflicht - zum Wirksamwerden der Teilung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
7. Senat
Entscheidungsdatum:
14.11.2016
Aktenzeichen:
7 W (pat) 30/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Gebühren für die Teilanmeldung I

Reicht ein Anmelder für die Teilanmeldung zahlenmäßig weniger Patentansprüche als in der Stammanmeldung ein, muss er, um die Teilung wirksam werden zu lassen (§ 39 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 PatG), die Anmeldegebühr in der Höhe nachentrichten, die für die Anspruchszahl in der Stammanmeldung maßgebend war.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2014 015 922.1

wegen Gebühren für die Teilanmeldung

hat der 7. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2016 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

1. Die Beschwerde und der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr werden zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1

Mit zwei am 29. Oktober 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt per Telefax eingegangenen Schreiben erklärte der Anmelder jeweils die Teilung seiner (Stamm-) Anmeldung 10 2014 114 398.1 mit der Bezeichnung „Schwammkörper zur Reinigung von Oberflächen“. Für die elektronisch am 2. Oktober 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereichte Stammanmeldung, die zwölf Patentansprüche umfasste, hatte der Anmelder eine Anmeldegebühr in Höhe von 80,- € entrichtet. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist die Teilanmeldung 10 2014 015 922.1, während die andere Teilanmeldung Gegenstand des weiteren Beschwerdeverfahrens 7 W (pat) 28/15 ist. Die Stammanmeldung wurde am 17. November 2014 zurückgenommen.

2

Im vorliegenden Fall waren der Teilungserklärung Unterlagen für die Teilanmeldung beigefügt, die neben Erteilungsantrag, Beschreibung, Zeichnungen und Zusammenfassung auch zehn Patentansprüche umfassten. Außerdem reichte der Anmelder zur Zahlung der Anmeldegebühr eine Einzugsermächtigung über 60,- € ein. Das Patentamt wies mit Bescheid vom 31. Oktober 2014 darauf hin, dass für die abgetrennte Anmeldung für die Zeit bis zur Trennung die gleichen Gebühren zu entrichten seien, die für die ursprüngliche Anmeldung zu entrichten gewesen seien; die Höhe betrage hier 80,- €. Eine weitere Zahlung durch den Anmelder erfolgte nicht.

3

Im März 2015 erstattete das Patentamt dem Anmelder den gezahlten Betrag von 60,- € - abzüglich einer Erstattungsgebühr von 10,- € - zurück. Nach einer telefonischen Mitteilung, wonach sich die Patentanmeldung erledigt habe, beantragte der Anmelder mit Schriftsatz vom 7. Mai 2015 den Erlass eines beschwerdefähigen Beschlusses.

4

Die Prüfungsstelle 23 des Deutschen Patent- und Markenamts stellte durch Beschluss vom 1. Juni 2015 fest, dass die Teilungserklärung als nicht abgegeben gelte (§ 39 Abs. 3 PatG). Als Grund wurde angegeben, dass die Anmeldegebühr in der Stammanmeldung 80,- € betragen habe, weshalb die in der Teilungsakte lediglich in Höhe von 60,- € gezahlte Gebühr nicht ausreichend sei.

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Gegen diesen Beschluss wendet sich der Anmelder mit der Beschwerde und beantragt,

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den angefochtenen Beschluss aufzuheben und festzustellen, dass die Teilungserklärung als abgegeben gelte,

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sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.

8

Zur Begründung seiner Beschwerde führt der Anmelder aus, er habe für die (mittlerweile nicht mehr anhängige) Stammanmeldung, die er am 2. Oktober 2014 mit zwölf Patentansprüchen auf elektronischem Wege eingereicht habe, eine Anmeldegebühr in Höhe von 80,- € entrichtet. Für die in Papierform eingereichte Teilanmeldung mit zehn Patentansprüchen sei hingegen lediglich eine Gebühr in Höhe von 60,- € fällig geworden. Wenn es in § 39 Abs. 2 Satz 1 PatG heiße, dass für die abgetrennte Anmeldung für die Zeit bis zur Teilung „die gleichen Gebühren“ zu entrichten seien wie für die ursprüngliche Anmeldung, dann handele es sich dabei nicht der Höhe nach um die gleichen Gebühren. Vielmehr habe der Anmelder Gebühren in gleicher Art für die Teilanmeldung zu zahlen wie für die Stammanmeldung, nämlich die Anmeldegebühr und ggf. auch Jahresgebühren und die Prüfungsantragsgebühr. Die Anmeldegebühr sei dann abhängig von der Zahl der in der Teilanmeldung vorgelegten Patentansprüche. Nur so könne dem Anmelder - entsprechend dem mit der Einführung von Anspruchsgebühren verfolgten Gesetzeszweck - ein Anreiz zur Begrenzung der Zahl der Patentansprüche vermittelt werden.

9

In der mündlichen Verhandlung hat der Anmelder seine Argumente wiederholt und vertieft. Für die Auslegung, dass es sich bei den „gleichen Gebühren“ i. S. von § 39 Abs. 2 Satz 1 PatG nur um die dem Grunde, nicht der Höhe nach gleichen Gebühren handele, spreche insbesondere, dass mit der Teilung ein selbständiges Verfahren entstehe und daher auch die Gebühren selbständig zu berechnen seien; ansonsten fehle der Anreiz, die Patentansprüche der Zahl nach zu beschränken.

II.

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Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das Patentamt hat zu Recht festgestellt, dass die Teilungserklärung als nicht abgegeben gilt.

11

1. Die Fiktion des § 39 Abs. 3 PatG, wonach die Teilungserklärung als nicht abgegeben gilt, wenn für die abgetrennte Anmeldung die nach den §§ 34, 35, 35a und 36 PatG erforderlichen Anmeldungsunterlagen nicht innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Teilungserklärung eingereicht oder die Gebühren für die abgetrennte Anmeldung nicht innerhalb dieser Frist entrichtet werden, ist vorliegend eingetreten. Der Anmelder hat zwar die nach § 39 Abs. 3 PatG erforderlichen Anmeldungsunterlagen fristgerecht sämtlich schon zugleich mit Erklärung der Teilung am 29. Oktober 2014 eingereicht, die Gebühren aber nicht in der erforderlichen Höhe entrichtet.

12

a) Gemäß § 39 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 PatG sind für die abgetrennte Anmeldung für die Zeit bis zur Teilung die gleichen Gebühren zu entrichten, die für die ursprüngliche Anmeldung zu entrichten waren, und zwar innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Teilungserklärung. Dies ist hier nicht erfolgt.

13

Für die ursprüngliche Anmeldung war vorliegend bis zur Erklärung der Teilung am 29. Oktober 2014 lediglich die Anmeldegebühr zu entrichten gewesen, und zwar, da die Anmeldung elektronisch mit zwölf Ansprüchen eingereicht worden war, in Höhe von 80,- € (Nr. 311 000, 311 050 des Gebührenverzeichnisses, Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG). Der Anmelder hat jedoch nur 60,- € und damit zu wenig entrichtet. Ohne Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass das Patentamt dem Anmelder den Betrag von 60,- € - abzüglich einer Erstattungsgebühr - wieder zurückgezahlt hat. Wenn eine fällige Gebührenschuld beglichen wird und das Patentamt den Betrag irrtümlich wieder zurückzahlt, lebt die getilgte Gebührenschuld nicht wieder auf. Vielmehr entsteht gegen den Kostenschuldner ein Anspruch auf Wiedereinzahlung des zurückgezahlten Betrages (vgl. Busse/Keukenschrijver/ Schuster, PatG, 8. Aufl., PatKostG § 10 Rn. 8; Schulte/Schell, PatG, 9. Aufl., PatKostG § 1 Rn. 23, jeweils m. w. N.).

14

b) Entgegen der vom Anmelder vertretenen Auffassung ist § 39 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 PatG („die gleichen Gebühren“) so auszulegen, dass innerhalb von drei Monaten nach Abgabe der Teilungserklärung für die abgetrennte Anmeldung genau diejenigen Gebühren zu entrichten sind - sowohl dem Grunde nach wie in der Höhe -, die im Rahmen der Stammanmeldung bis zu diesem Zeitpunkt zu entrichten waren.

15

Wird die Teilung einer Anmeldung gegenüber dem Patentamt erklärt, so entsteht allein dadurch ein weiteres selbständiges Anmeldeverfahren. Die Teilungserklärung steht allerdings gemäß § 39 Abs. 3 PatG unter der auflösenden Bedingung, dass innerhalb von drei Monaten die erforderlichen Anmeldungsunterlagen nachgereicht und die bis zur Teilung angefallenen Gebühren entrichtet werden. Bei dem Verfahren der Teilanmeldung handelt es sich zwar gegenüber dem Verfahren der Stammanmeldung um ein selbständiges Verfahren. Da es aber durch Teilung des Stammanmeldeverfahrens entstanden ist, stimmen beide Verfahren in Bezug auf den Anmeldetag und auf den Offenbarungsgehalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen überein. § 39 Abs. 2 Satz 1 PatG bringt diesen Rückbezug dadurch zum Ausdruck, dass die „für die Zeit bis zur Teilung“ zu entrichtenden Gebühren auch für die Teilanmeldung zu entrichten sind. Da es in der Zeit bis zur Teilung nur die Stammanmeldung gegeben hat, kann bezüglich der zu entrichtenden Gebühren auch nur auf diese abgestellt werden.

16

Was die Höhe der Anmeldegebühr anbelangt, so ist dementsprechend - im Hinblick auf die Differenzierungen gemäß Nr. 311 000, 311 050 und 311 100 im Gebührenverzeichnis (Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG) - allein maßgeblich, ob die Stammanmeldung in elektronischer Form oder in Papierform eingereicht worden ist, und wie viele Patentansprüche die Stammanmeldung enthalten hat. Diese Umstände zusammen bilden die in der Stammanmeldung fällig gewordene, einheitliche Anmeldegebühr, die für die Teilanmeldung nachzuzahlen ist. Dagegen ist nicht darauf abzustellen, in welcher Form die Unterlagen zur Teilanmeldung eingereicht und wie viele Patentansprüche mit der Teilanmeldung vorgelegt werden (ebenso Benkard/Schäfers, PatG, 11. Aufl., § 39 Rn. 32a; a. A. Busse/ Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., § 39 Rn. 32).

17

Es trifft zwar zu, dass nach der Begründung zur Änderung des Patentkostengesetzes (BT-Drucks. 16/11339, Seite 17) mit der Bemessung der Höhe der Anmeldegebühr nach der Zahl der Patentansprüche dem Anmelder ein Anreiz für eine Begrenzung der Patentansprüche gegeben werden sollte, um so die Arbeitsbelastung des Patentamts zu reduzieren. Will der Anmelder eine geringere Gebühr bezahlen, muss er die Zahl seiner Ansprüche aber schon bei Einreichung der ursprünglichen (Stamm-) Anmeldung entsprechend begrenzen. Denn für die Zahlung der Anmeldegebühr anlässlich einer Teilung gilt § 39 Abs. 2 Satz 1 PatG mit dem damit geregelten Rückbezug auf die Stammanmeldung. Dies kann für den Anmelder auch von Vorteil sein, z. B. wenn er (wie im vorliegenden Fall) die Stammanmeldung in elektronischer Form, die Unterlagen zur Teilanmeldung dagegen in Papierform eingereicht hat.

18

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Reduzierung der Zahl der Patentansprüche - anders als eine Erhöhung, s. die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PatKostG - im laufenden Anmeldeverfahren grundsätzlich keine gebührenrechtlichen Auswirkungen hat. Ein Anmelder würde im nationalen Verfahren einer Patentanmeldung, wenn er ursprünglich mehr als zehn Ansprüche eingereicht hat, und die Anmeldung im Lauf des Verfahrens auf zehn oder weniger Ansprüche reduziert, die für den elften und jeden weiteren Anspruch entrichtete Gebühr nicht wieder zurückerhalten, auch wenn sich durch diese Einschränkung die Arbeitslast des Patentamts verringert haben mag (zur parallelen Problematik bei internationalen Anmeldungen vgl. Senatsbeschluss vom 25. Juli 2013 - 10 W (pat) 2/13, BPatGE 54, 72, 83 - Nationale Gebühr einer internationalen Anmeldung). Denn eine fällige Anmeldegebühr ist grundsätzlich verfallen (vgl. BGH GRUR 1984, 870 - Schweißpistolenstromdüse II). In der Stammanmeldung hätte sich hier somit die Fortführung des Verfahrens mit einer verringerten Zahl von Ansprüchen gebührenrechtlich nicht ausgewirkt, sondern es wäre bei der Anmeldegebühr in der ursprünglich entrichteten Höhe verblieben; dies kann bei einer Fortführung des Verfahrens in einer Teilanmeldung nicht anders gesehen werden, zumal § 39 Abs. 2 Satz 1 PatG ausdrücklich auf die Stammanmeldung verweist.

19

Da somit der Auffassung des Anmelders, die Höhe der nachzuzahlenden Anmeldegebühr für die Teilanmeldung habe nicht 80,- €, sondern - entsprechend den mit der Teilanmeldung eingereichten Patentansprüchen - nur 60,- € betragen, nicht gefolgt werden kann, war die Beschwerde zurückzuweisen.

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2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist unbegründet. Denn Billigkeitsgründe, die eine Rückzahlung nach § 80 Abs. 3 PatG rechtfertigen können, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Das Vorbringen, der angefochtene Beschluss beruhe auf einer willkürlichen Gesetzesauslegung, genügt hierfür schon deshalb nicht, weil der Beschwerde kein Erfolg beschieden ist.

21

3. Die Rechtsbeschwerde wird gemäß § 100 Abs. 2 Nr. 1 und 2 erste Alternative PatG zugelassen. Die Frage der Auslegung von § 39 Abs. 2 Satz 1 PatG als Rechtsgrundlage für die Anforderung von Gebühren anlässlich einer Teilung betrifft nicht lediglich eine Frage des Kostenansatzes, für die eine Rechtsbeschwerde ausgeschlossen ist (BGH GRUR 2015, 1144 - Überraschungsei).