Entscheidungsdatum: 28.02.2019
1. § 5 Abs. 2 IFG zielt in erster Linie auf den Schutz der Personalakten im materiellen Sinne; die formelle Personalakte ist die Zusammenführung materieller Personalakten einer Person in einer einheitlichen Akte und unterfällt daher ebenfalls dem Schutz des § 5 Abs. 2 IFG.
2. Weisen die Darlegungen der anspruchsverpflichteten Behörde zur materiellen Geheimhaltungsbedürftigkeit der begehrten Informationen ein Mindestmaß an Plausibilität auf, darf das Gericht das Vorliegen fachgesetzlicher Geheimhaltungsvorschriften im Sinne von § 3 Nr. 4 IFG nicht verneinen, ohne die zurückgehaltenen Unterlagen anzufordern und ein sogenanntes "in-camera"-Verfahren einzuleiten.
Die Klägerin ist Verlegerin von Presseerzeugnissen. Sie begehrt nach dem Informationsfreiheitsgesetz Zugang zu den Unterlagen, die das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) dem ersten NSU-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages zur Person und dem Umfeld des verstorbenen mutmaßlichen Terroristen Uwe Mundlos übermittelt hat, darunter unter anderem Unterlagen des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), Disziplinarakten, etwa 70 Personalakten anderer Soldaten, einen als Verschlusssache "VS-Nur für den Dienstgebrauch" (VS-NfD) eingestuften Auszug aus dem Einheitsaktenplan des BMVg und ebenso eingestufte Unterlagen über mutmaßliche Munitionsdiebstähle aus Beständen der Bundeswehr/NVA Anfang der 1990er Jahre. Mit einer Schwärzung von Daten zu dritten Personen hat sich die Klägerin einverstanden erklärt.
Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 13. November 2012 überwiegend ab. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 17. Mai 2013 zurück. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht nahm die Klägerin ihre Klage hinsichtlich des Zugangs zu der ihr bereits vorliegenden Personalakte des Uwe Mundlos zurück; hinsichtlich eines weiteren Teilantrags wurde das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt. Insoweit stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren ein; im Übrigen wies es die Klage ab.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die Personalakten anderer Soldaten, den Auszug aus dem Einheitsaktenplan und die Unterlagen zu den Munitionsdiebstählen in Kopie zur Verfügung zu stellen; personenbezogene Daten Dritter dürfe die Beklagte schwärzen. Der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes sei auch hinsichtlich der Personalakten eröffnet. § 29 Abs. 3 Satz 9 SG stelle keine abschließende Spezialnorm im Sinne von § 1 Abs. 3 IFG dar. Der Zugang zu den Personalakten sei nicht nach § 5 Abs. 2 IFG ausgeschossen. § 5 Abs. 2 IFG knüpfe an den in § 29 SG verwendeten und von diesem vorgeprägten Begriff der Personalakte an und inkorporiere auf diese Weise den speziell ausgeformten Vertraulichkeitsschutz, wonach Auskünfte an Dritte erteilt werden dürfen, wenn der Schutz deren berechtigter, höherrangiger Interessen dies erfordere. Dies sei hier der Fall. Hinsichtlich der mit "VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH" gekennzeichneten Unterlagen liege ein Ausschlussgrund nach § 3 Nr. 4 IFG nicht vor. Eine materielle Geheimhaltungsbedürftigkeit habe die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Der Durchführung eines "in-camera"-Verfahrens habe es insoweit nicht bedurft. Bereits mit Hilfe des Akteninhalts und des Vortrags der Beklagten lasse sich hinreichend sicher beurteilen, dass und inwieweit Ablehnungsgründe gegeben bzw. nicht gegeben seien. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten. Sie macht geltend, bei § 29 SG handele es sich um eine abschließende Spezialregelung, die den Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes verschließe. Jedenfalls sei der Informationszugangsanspruch hinsichtlich der Personalakten anderer Soldaten als Uwe Mundlos aufgrund des Abwägungsverbotes in § 5 Abs. 2 IFG ausgeschlossen. Dieses Zugangshindernis könne nicht durch eine Schwärzung personenbezogener Daten, sondern nur durch Einwilligung der Betroffenen überwunden werden. Der Zugang zu den als Verschlusssachen eingestuften Unterlagen sei nach § 3 Nr. 4 IFG ausgeschlossen. Die fortdauernde materielle Geheimhaltungsbedürftigkeit dieser Unterlagen habe sie hinreichend konkret dargetan; insoweit habe das Oberverwaltungsgericht verfahrensfehlerhaft von der Einleitung eines "in-camera"-Verfahrens abgesehen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. Mai 2017 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 25. Juni 2015 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin erklärt, ihr Interesse sei darauf gerichtet, aus den Personalakten, die im Tenor des Urteils des Oberverwaltungsgerichts aufgeführt sind, diejenigen Blätter in Kopie zu erhalten, die Uwe Mundlos betreffen. Darauf enthaltene personenbezogene Daten Dritter dürfe die Beklagte schwärzen. Den darüber hinausgehenden Klageantrag hat die Klägerin mit Zustimmung der Beklagten zurückgenommen.
Soweit die Klägerin die Klage mit Einverständnis der Beklagten zurückgenommen hat, war das Verfahren einzustellen und waren die Urteile der Vorinstanzen für wirkungslos zu erklären (§ 92 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
Im Übrigen bleibt die Revision der Beklagten ohne Erfolg, soweit sie den Zugang zu in Personalakten anderer Soldaten enthaltenen Informationen über Uwe Mundlos betrifft. Das Urteil des Berufungsgerichts verstößt zwar insoweit gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), die Entscheidung stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO)(1.). Hinsichtlich des Auszugs aus dem Einheitsaktenplan (1. Ordner zu BMVg-1, S. 1 bis 16) und der Unterlagen über mutmaßliche Munitionsdiebstähle Anfang der 1990er Jahre (Ordner zu BMVg-4) hat die Revision Erfolg; insoweit war die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO) (2.).
1. Das Oberverwaltungsgericht hat unter Anlegung eines bundesrechtswidrigen Verständnisses von § 5 Abs. 2 IFG angenommen, dass die Klägerin ihren Anspruch auf Zugang zu in Personalakten anderer Soldaten enthaltenen Informationen über Uwe Mundlos auf das Informationsfreiheitsgesetz stützen kann (a). Ein derartiger Zugangsanspruch ergibt sich jedoch aus § 29 Abs. 3 Satz 9 des Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten (Soldatengesetz - SG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 30. Mai 2005 (BGBl. I S. 1482), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 11. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2387), so dass sich die Entscheidung des Berufungsgerichts insoweit aus anderen Gründen als richtig erweist (b). Zu Unterlagen in Personalakten bereits verstorbener Soldaten besteht zudem ein Zugangsanspruch auch nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG (c). Auf die insoweit erhobene Verfahrensrüge kommt es nach der teilweisen Klagerücknahme nicht mehr an (d).
a) Den Anspruch auf Zugang zu in Personalakten anderer (lebender) Soldaten enthaltenen Informationen zu Uwe Mundlos kann die Klägerin entgegen der Annahme des Oberverwaltungsgerichts nicht auf § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG stützen. Zwar verdrängen die Vorschriften des Personalaktenrechts der Soldaten, wie vom Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht festgestellt, nicht die Bestimmungen des Informationsfreiheitsgesetzes (aa). Allerdings geht das Oberverwaltungsgericht von einem bundesrechtswidrigen Verständnis des Versagungsgrundes nach § 5 Abs. 2 IFG aus (bb).
aa) Das Oberverwaltungsgericht prüft das Zugangsbegehren zu Recht am Maßstab des Informationsfreiheitsgesetzes. Die Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes wird von § 29 Abs. 3 Satz 9 SG nicht gesperrt, weil die Vorschriften des Personalaktenrechts der Soldaten der Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes nicht gemäß § 1 Abs. 3 IFG entgegenstehen. Danach gehen Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme von § 29 VwVfG und § 25 SGB X vor. Diese Vorschrift dient der Sicherung des Vorrangs des Fachrechts gegenüber dem Informationsfreiheitsgesetz. Um dies zu erreichen, wird das Informationsfreiheitsgesetz (nur) durch Normen verdrängt, die einen mit § 1 Abs. 1 IFG - abstrakt - identischen sachlichen Regelungsgehalt aufweisen und sich als abschließende Regelung verstehen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 - BVerwGE 159, 194 Rn. 12 m.w.N.). Das ist bei den Vorschriften des Personalaktenrechts der Soldaten nicht der Fall.
(1) Der sachliche Anwendungsbereich des § 29 Abs. 3 Satz 9 SG ist eröffnet. Nach dieser Vorschrift dürfen Auskünfte aus Personalakten an Stellen außerhalb des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung ohne Einwilligung des Bewerbers, Soldaten oder früheren Soldaten nur erteilt werden, wenn zwingende Gründe der Verteidigung, die Abwehr einer erheblichen Beeinträchtigung des Gemeinwohls oder der Schutz berechtigter, höherrangiger Interessen Dritter dies erfordern.
Die Klägerin begehrt Zugang zu Informationen über Uwe Mundlos, die sich in formell als Personalakten geführten Aktenbeständen (früherer) Soldaten befinden. Aus der Aufbewahrung der Unterlagen in den (formellen) Personalakten darf geschlossen werden, dass es sich dabei zugleich um materielle Personalaktendaten im Sinne von § 29 Abs. 1 Satz 3 SG handelt. Zudem erstreckt sich diese Vorschrift - ungeachtet der Art der Aufbewahrung - auch auf alle sonstigen Unterlagen, die für den Status der Soldatin oder des Soldaten von Bedeutung sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 - BVerwGE 159, 194 Rn. 16).
(2) Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts deckt sich der Regelungsgehalt der soldatenrechtlichen Bestimmung mit dem Zugangsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz. § 29 Abs. 3 Satz 9 SG enthält nicht lediglich eine an die aktenführende Stelle gerichtete Ermächtigungsgrundlage zur Erteilung von Auskünften an Dritte, sondern normiert eine Anspruchsgrundlage für den privaten Dritten, die diesem im Falle eines berechtigten, höherrangigen Interesses ein Recht auf Auskunft vermittelt. Die Vorschrift ist eine drittgerichtete Schutznorm und soll den Dritten nicht lediglich reflexhaft begünstigen. Unbeachtlich ist, dass sich § 29 Abs. 3 Satz 9 SG seinem Wortlaut nach lediglich auf einen Auskunftsanspruch bezieht, weil § 1 Abs. 3 IFG keine bestimmte Art des Informationszugangs verlangt. § 29 Abs. 3 Satz 9 SG hat in seinem sachlichen Anwendungsbereich einen mit § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG identischen Regelungsgegenstand. Er verpflichtet eine Bundesbehörde zur Zugangsgewährung. Ob der Zugangsanspruch im jeweiligen Einzelfall durchgreift, ist für die Feststellung einer Normenkonkurrenz unerheblich (vgl. zur parallelen Vorschrift des § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 - BVerwGE 159, 194 Rn. 19 m.w.N.).
(3) § 29 Abs. 3 Satz 9 SG versteht sich jedoch nicht als abschließende und somit das Informationsfreiheitsgesetz verdrängende Regelung. Der Wortlaut des § 29 Abs. 3 Satz 9 SG verhält sich zu dieser Frage nicht. Die Systematik und die Teleologie des Gesetzes sind ebenfalls nicht aussagekräftig. Eine fachgesetzliche Regelung ist gegenüber dem allgemeinen Informationszugangsanspruch immer spezieller, so dass allein daraus auf eine Verdrängung der letzteren nicht geschlossen werden kann. Auch der Entstehungsgeschichte der Norm, der in dieser Situation erhebliche Bedeutung zukommt, ist hierzu ausdrücklich nichts zu entnehmen. § 29 SG, dessen Regelungsinhalt sich seit jeher an den Vorschriften des Beamtenrechts zu Personalakten orientiert, wurde durch Art. 10 des Gesetzes zur Neuordnung und Modernisierung des Bundesdienstrechts (Dienstrechtsneuordnungsgesetz - DNeuG) vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160) umfangreich geändert. Die Änderungen dienten der Nachbildung von Änderungen im Personalaktenrecht der Beamten in den §§ 106-114 BBG (vgl. BT-Drs. 16/7076 S. 173), das seinerseits in Bezug auf Einsichts- und Auskunftsrechte im Wesentlichen fortgeschrieben worden ist, ohne sich zum Informationsfreiheitsgesetz zu verhalten (vgl. BT-Drs. 16/7076, S. 125 ff.). Auch die Begründung zu weiteren Ergänzungen bzw. Änderungen des § 29 Abs. 3 SG durch Art. 6 des Gesetzes zur Neuregelung der Professorenbesoldung und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften (Professorenbesoldungsneuregelungsgesetz) vom 11. Juni 2013 (BGBl. I S. 1514) enthält keine Aussagen zu Ansprüchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz und kann folglich im Sinne eines beredten Schweigens dahin verstanden werden, dass der Geltungsanspruch des Informationsfreiheitsgesetzes auch in Bezug auf Personalaktendaten weiter hingenommen wird. Aus § 8 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Führung der Personalakten der Soldaten und der ehemaligen Soldaten (Personalaktenverordnung Soldaten - SPersAV) vom 31. August 1995 (BGBl. I S. 1159), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 15. März 2012 (BGBl. I S. 462), wonach Auskünfte aus Personalakten an Dritte, soweit nicht gesonderte Rechtsvorschriften einen entsprechenden Anspruch gewähren, nur unter den Voraussetzungen des § 29 Abs. 3 SG erteilt werden, folgt nichts Anderes.
Das Informationsfreiheitsgesetz erstreckt seinen Regelungswillen nach seiner Entstehungsgeschichte gerade auch auf Personalaktendaten (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 13; BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 24). Zwar bilden die den entsprechenden soldatenrechtlichen Regelungen als Vorbild dienenden beamtenrechtlichen Vorschriften über den Umgang mit personenbezogenen Daten nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ein umfassendes und abschließendes (Sonder-)Regelungssystem (BVerwG, Urteil vom 27. Februar 2003 - 2 C 10.02 - BVerwGE 118, 10 <12>). Diese Rechtsprechung, die auf die soldatenrechtlichen Vorschriften übertragbar ist, bezieht sich jedoch (nur) auf das Verhältnis zu den allgemeinen Datenschutzgesetzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 - BVerwGE 159, 194 Rn. 24 m.w.N.).
bb) Der Anspruch ist aber entgegen der Annahme des Oberverwaltungsgerichts nach § 5 Abs. 2 IFG ausgeschlossen.
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG darf - vorbehaltlich einer Einwilligung des Betroffenen - Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt. Gemäß § 5 Abs. 2 IFG überwiegt das Informationsinteresse des Antragstellers nicht bei Informationen aus Unterlagen, soweit sie mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis des Dritten in Zusammenhang stehen. Insoweit kommt dem Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen von Gesetzes wegen immer der Vorrang im Sinne eines abwägungsresistenten Versagungsgrundes zu (BVerwG, Urteile vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 19 und vom 17. März 2016 - 7 C 2.15 - BVerwGE 154, 231 Rn. 26).
Die Klägerin begehrt Zugang zu Unterlagen aus den (formellen) Personalakten anderer Soldaten, die zugleich einen Bezug zu Uwe Mundlos haben. Diese Unterlagen unterfallen dem absoluten Schutz des § 5 Abs. 2 IFG, der in erster Linie auf den Schutz der Personalakten im materiellen Sinne zielt (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 - BVerwGE 159, 194 Rn. 28). Personalakten im materiellen Sinne sind nach der Definition des § 29 Abs. 1 Satz 3 SG alle Unterlagen, die den Soldaten betreffen, soweit sie mit seinem Dienstverhältnis in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang stehen. Der Ort der Aufbewahrung ist rechtlich bedeutungslos. Geht es - wie hier - um Unterlagen, deren genauer Inhalt nicht bekannt ist, die aber in formellen Personalakten aufbewahrt werden, darf wie oben angegeben regelmäßig davon ausgegangen werden, dass es sich dabei um Personalakten im materiellen Sinne - hier sowohl des Dritten als auch möglicherweise des Uwe Mundlos - handelt. Die formelle Personalakte ist insoweit eine Zusammenführung materieller Personalakten einer Person in einer einheitlichen Akte und unterfällt daher ebenfalls dem Schutz des § 5 Abs. 2 IFG. Dieses Verständnis, wonach die besondere Vertraulichkeit der Personalakten aus ihrem inhaltlichen Bezug zum Dienstverhältnis folgt, liegt ausweislich der Entstehungsgeschichte der Norm auch § 5 Abs. 2 IFG zugrunde. Danach ist der in § 5 Abs. 2 IFG ursprünglich vorgesehene Einschub "insbesondere aus Personalakten" (BT-Drs. 15/4493 S. 4) nur zur redaktionellen Straffung des Wortlauts gestrichen worden; eine sachliche Änderung sollte damit nicht verbunden sein (vgl. BT-Drs. 15/5606 S. 6).
Der Umfang des durch § 5 Abs. 2 IFG vermittelten besonderen Schutzes ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht mit Blick auf das Maß des in § 29 SG ausgeformten Vertraulichkeitsschutzes und eine insoweit angestrebte "Parallelführung" zu beschränken. Für die vom Oberverwaltungsgericht vertretene Inkorporation der Wertungen des Fachrechts - hier des Personalaktenrechts der Soldaten - und dort möglicher Durchbrechungen des Vertraulichkeitsschutzes fehlt es an einem normativen Anknüpfungspunkt. § 5 Abs. 2 IFG verweist zur Bestimmung seiner Reichweite nicht auf andere Vorschriften, die den Schutz personenbezogener Daten fachgesetzlich ausformen und gegebenenfalls einschränken, sondern setzt ihn für seinen Anwendungsbereich absolut (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 - BVerwGE 159, 194 Rn. 29). Dieser im Rahmen des Informationsfreiheitsrechts gewährleistete umfassende Schutz kann (nur) durch eine Einwilligung des betroffenen Soldaten nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG überwunden werden.
Aus dem Umstand, dass die Klägerin sich mit der Schwärzung der personenbezogenen Daten Dritter einverstanden erklärt hat, folgt nichts Anderes. Zwar sieht § 7 Abs. 2 Satz 2 IFG diese Möglichkeit zum Zwecke der Verfahrensbeschleunigung vor, weil so ein Beteiligungsverfahren nach § 8 IFG entbehrlich wird. Der Gesetzgeber hatte dabei aber die Fälle vor Augen, in denen es dem Antragsteller nur auf die mit personenbezogenen Daten im Zusammenhang stehenden allgemeinen Informationen ankommt (BT-Drs. 15/4493 S. 15). Eine solche Fallgestaltung liegt beim Zugang zu materiellen Personalakten, die per definitionem einen unmittelbaren Bezug zu dem Dienstverhältnis einer konkreten Person haben, nicht vor. In solchen Fällen entzieht das Einverständnis zur Schwärzung dem Dritten seine - über das Drittbeteiligungsverfahren nach § 8 IFG abgesicherte - Dispositionsbefugnis und überantwortet die Wahrnehmung seiner Interessen der "Schwärzungskunst und -sorgfalt" der Behörde; damit wäre dem vom Gesetz gewollten Schutz nicht hinreichend Rechnung getragen.
b) Ein Anspruch der Klägerin auf Zugang zu den in Personalakten anderer Soldaten enthaltenen Informationen zu Uwe Mundlos kann sich jedoch auf § 29 Abs. 3 Satz 9 SG stützen und besteht insoweit unabhängig von der Einwilligung der Betroffenen, weil diese Vorschrift anders als § 5 Abs. 2 IFG die Möglichkeit einer Abwägung der widerstreitenden Interessen eröffnet.
Nach § 29 Abs. 3 Satz 9 SG dürfen Auskünfte an Stellen außerhalb des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung ohne Einwilligung des (früheren) Soldaten nur erteilt werden, wenn zwingende Gründe der Verteidigung, die Abwehr einer erheblichen Beeinträchtigung des Gemeinwohls oder der Schutz berechtigter, höherrangiger Interessen Dritter dies erfordern; dabei unterscheidet das Gesetz, wie sich aus § 29 Abs. 7 Satz 3 und 4 SG ergibt, nicht zwischen lebenden und verstorbenen Soldaten. Die Vorschrift stellt - wie bereits dargelegt - eine Anspruchsgrundlage zugunsten eines privaten Dritten dar, die diesem im Falle eines berechtigten, höherrangigen Interesses ein Recht auf Auskunft vermittelt. § 29 Abs. 3 Satz 9 SG steht insoweit in Anspruchsnormenkonkurrenz zum Zugangsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz.
Der grundsätzlich (nur) auf die Gewährung einer Auskunft gerichtete Anspruch nach § 29 Abs. 3 Satz 9 SG kann sich zu einem Zugangsanspruch verdichten, wenn durch die Art und Weise der Zugangsgewährung sichergestellt ist, dass das unabhängig vom Vertraulichkeitsinteresse eines betroffenen Soldaten gegebenenfalls bestehende öffentliche Interesse an der Vertraulichkeit von Aktenteilen nicht gefährdet wird. Eine solche Gefährdung ist ausgeschlossen, wenn von einem Zugangsbegehren nicht die gesamte Personalakte im formellen Sinne betroffen ist und eine zielgenaue Offenlegung derjenigen Aktenbestandteile, auf die sich der Auskunftsanspruch richtet, durch eine besondere technische Gestaltung - insbesondere durch die Fertigung von Kopien der betreffenden Seiten - problemlos möglich ist (vgl. zur parallelen Vorschrift des § 111 Abs. 3 Satz 1 BBG BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 - BVerwGE 159, 194 Rn. 38). Unter dieser Voraussetzung steht einer Verdichtung des Auskunfts- zu einem Zugangsanspruch auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der eine Übermittlung der Personalakte des Soldaten selbst oder von Teilen der Personalakte an Dritte unzulässig ist, nicht entgegen (BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2003 - 1 WB 14.03 - BVerwGE 119, 341 <346 f.>).
Die im Rahmen von § 29 Abs. 3 Satz 9 SG vorzunehmende Abwägung zwischen dem Informations- und dem Geheimhaltungsinteresse fällt - wie das Oberverwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt hat - hier zugunsten des Informationsinteresses aus. Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass das pressespezifische Informationsinteresse der Klägerin angesichts der Bedeutung einer freien Presse für einen freiheitlichen demokratischen Staat als bedeutsamer Belang in die Abwägung einzustellen ist und die Aufarbeitung der Straftaten der Terrorgruppe NSU einschließlich des dienstlichen Umfelds von Uwe Mundlos bei der Bundeswehr weiterhin eine hohe Bedeutung für das Gemeinwesen hat. Daran ändert der Hinweis der Beklagten, die streitgegenständlichen Unterlagen seien bereits vom (ersten) NSU-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages erschöpfend gesichtet und - soweit relevant - im Abschlussbericht ausgewertet worden, nichts. Widmet sich die Presse einem Thema, darf sie nach publizistischen Kriterien grundsätzlich selbst darüber befinden, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält und was nicht. Es ist Sache der Presse zu entscheiden, welche Informationen für sie vonnöten sind, um ein bestimmtes Thema zum Zwecke einer möglichen Berichterstattung im Rechercheweg aufzubereiten (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 - BVerwGE 159, 194 Rn. 41 m.w.N.). Nach Darstellung der Klägerin sollen die erbetenen Unterlagen unter anderem dazu dienen, die vom Untersuchungsausschuss gewonnenen Erkenntnisse auf Vollständigkeit zu überprüfen. Ob sie für diesen Zweck relevante Informationen enthalten, unterliegt nicht der Beurteilung der Beklagten.
Dem Persönlichkeitsschutz des Uwe Mundlos und der anderen Soldaten hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht kein hohes Gewicht beigemessen. Der einer Güterabwägung nicht zugängliche postmortale Persönlichkeitsschutz jedes Verstorbenen nach Art. 1 Abs. 1 GG, der diesen insbesondere davor bewahrt, herabgewürdigt oder erniedrigt zu werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 - BVerwGE 159, 194 Rn. 53 m.w.N.), wird durch das Zugangsbegehren der Klägerin nicht berührt. Der weiterreichende einfachgesetzlich gewährleistete postmortale Persönlichkeitsschutz ist mit Blick auf die Stellung von Uwe Mundlos als Person der Zeitgeschichte von geringerem Gewicht. Eine relevante Beeinträchtigung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung der anderen Soldaten, in deren (formellen) Personalakten die Unterlagen aufbewahrt werden, kann ausgeschlossen werden. Nach der teilweisen Klagerücknahme begehrt die Klägerin keinen Zugang zu den vollständigen (formellen), großflächig zu schwärzenden Personalakten mehr, sondern nur noch zu einzelnen Unterlagen aus diesen Akten. Hinsichtlich dieser Unterlagen kann den Vertraulichkeitsinteressen der anderen Soldaten durch Schwärzung ihrer personenbezogenen Daten zuverlässig und ausreichend Rechnung getragen werden.
Der nach § 29 Abs. 3 Satz 9 SG bestehende Auskunftsanspruch verdichtet sich vorliegend zu einem Zugangsanspruch, weil eine Gefährdung des öffentlichen Interesses an der Vertraulichkeit von Akten(-teilen) durch die Anfertigung und Teilschwärzung von Kopien einzelner Seiten ausgeschlossen werden kann.
c) Hinsichtlich der in Personalakten gegebenenfalls bereits verstorbener Soldaten enthaltenen Informationen zu Uwe Mundlos ergibt sich ein Zugangsanspruch neben § 29 Abs. 3 Satz 9 SG auch aus § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Versagungsgründe bestehen insoweit nicht.
aa) Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts vermittelt § 5 Abs. 1 und 2 IFG keinen postmortalen Persönlichkeitsschutz und ist daher auf Personalakten bereits Verstorbener nicht anwendbar. § 5 Abs. 1 IFG dient dem Schutz personenbezogener Daten. Der in § 5 Abs. 2 IFG verwendete Begriff der "Informationen" ist aufgrund des inhaltlichen Bezugs zu § 5 Abs. 1 IFG im gleichen Sinne zu verstehen. Die Auslegung des Begriffs der personenbezogenen Daten richtet sich nach datenschutzrechtlichen Bestimmungen (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 7 C 24.15 - BVerwGE 159, 194 Rn. 49 m.w.N.). Maßgeblich ist die Begriffsbestimmung des Art. 4 Nr. 1 der Verordnung (EU) Nr. 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (ABl. L 119 S. 1), wonach "personenbezogene Daten" alle Informationen sind, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Natürliche Personen in diesem Sinne sind nur lebende Personen (vgl. Gola, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl. 2018, Art. 4 Rn. 26; Schild, in: Brink/Wolff, BeckOK Datenschutzrecht, Stand Februar 2019, Art. 4 DS-GVO Rn. 11).
bb) Sofern zu den von der Beklagten als "VS-NfD" eingestuften Teilen aus Personalakten (14. und 17. Ordner zu BMVg-3) Unterlagen gehören sollten, die andere bereits verstorbene Soldaten betreffen, ist der Zugang zu diesen Unterlagen auch nicht nach § 3 Nr. 4 IFG ausgeschlossen.
Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang unter anderem dann nicht, wenn die Information einer durch die allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (Verschlusssachenanweisung - VSA) geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht unterliegt. In der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist geklärt, dass der Anspruch nicht allein deshalb nach § 3 Nr. 4 IFG ausgeschlossen ist, weil die Information formal als Verschlusssache eingestuft ist. Vielmehr kommt es darauf an, ob die materiellen Gründe für eine solche Einstufung noch vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2009 - 7 C 21.08 - Buchholz 400 IFG Nr. 2 Rn. 16). Dies hat - bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung - die um Informationszugang ersuchte Behörde darzulegen und ist gerichtlich voll überprüfbar.
Daran gemessen kann sich die Beklagte hinsichtlich der oben genannten Unterlagen nicht auf eine fortbestehende materielle Geheimhaltungsbedürftigkeit berufen. Nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes und den Schutz von Verschlusssachen (Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG) vom 20. April 1994 (BGBl. I S. 867), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2732), ist eine Information als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad "VS-Nur für den Dienstgebrauch" einzustufen, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann. Dies hat die Beklagte nicht ansatzweise dargetan. Nach ihren eigenen Angaben sind die streitgegenständlichen Aktenteile im Gegenteil als "offen" einzustufen; nur der Aktenordner, in dem sie aufbewahrt werden, ist dem Geheimhaltungsgrad des am höchsten eingestuften Dokuments in diesem Ordner entsprechend als "VS-NfD" eingestuft. Diese rein formale Anknüpfung an den Geheimhaltungsgrad eines anderen Dokuments reicht nicht aus.
cc) Schließlich ergibt sich ein Versagungsgrund auch nicht aus § 3 Nr. 1 Buchst. g IFG. Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens haben kann. Vorliegend stehen keine Auswirkungen auf ein Gerichtsverfahren, sondern auf die Tätigkeit parlamentarischer Untersuchungsausschüsse (vgl. Art. 44 GG) in Rede. Ungeachtet dessen, dass die Tätigkeit der NSU-Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages zwischenzeitlich abgeschlossen ist und nachteilige Auswirkungen schon insoweit nicht ersichtlich sind, üben Untersuchungsausschüsse als Instrumente parlamentarischer Kontrolle keine rechtsprechende Gewalt aus (vgl. Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 126 m.w.N.).
d) Angesichts der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärten Teilrücknahme der Klage kommt es auf die Verfahrensrüge, das Oberverwaltungsgericht sei hinsichtlich des Zugangs zu den Personalakten unter Verstoß gegen § 88 VwGO über das Klagebegehren hinausgegangen, nicht mehr an.
2. Dagegen hält die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, auch der begehrte Zugang zum Auszug aus dem Einheitsaktenplan und den Unterlagen über mutmaßliche Munitionsdiebstähle sei nicht nach § 3 Nr. 4 IFG i.V.m. § 4 Abs. 2 Nr. 4 SÜG/§ 3 Nr. 4 VSA in der Fassung vom 26. April 2010 (GMBl 2010 S. 846) ausgeschlossen, weil die Beklagte deren fortbestehende materielle Geheimhaltungsbedürftigkeit nicht ausreichend dargelegt habe, revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand. Das Oberverwaltungsgericht hat die Ausführungen der Beklagten insoweit zu Unrecht am Maßstab der vollen gerichtlichen Überzeugung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gemessen und - ohne Einleitung eines sogenannten "in-camera"-Verfahrens nach § 99 VwGO - als nicht hinreichend konkret erachtet.
a) Zwar besteht nach der Rechtsprechung des Senats in Streitigkeiten um Informationszugangsrechte keine generelle Pflicht zur Durchführung eines "in-camera"-Verfahrens. Das gilt nicht nur für prozedurale Geheimhaltungsgründe; der konkrete Akteninhalt muss auch für die Feststellung materieller Geheimhaltungsgründe nicht zwingend rechtserheblich sein. Das Gericht der Hauptsache ist deshalb gehalten, vor Erlass eines Beweisbeschlusses zunächst die ihm nach dem Amtsermittlungsgrundsatz zur Verfügung stehenden Mittel auszuschöpfen, um den Sachverhalt aufzuklären und festzustellen, ob über das Vorliegen der geltend gemachten Geheimhaltungsgründe gegebenenfalls auch ohne Einsicht in die betreffenden Unterlagen entschieden werden kann. Zu diesem Zweck muss die Behörde, die den grundsätzlich gegebenen Informationszugang versagen will, soweit dies unter Wahrung der von ihr behaupteten Geheimhaltungsbedürftigkeit der Informationen möglich ist, in nachvollziehbarer Weise Umstände darlegen, die auch für den Antragsteller, der die Informationen gerade nicht kennt, den Schluss zulassen, dass die Voraussetzungen des in Anspruch genommenen Versagungsgrundes vorliegen. Eine Einsicht in die zurückgehaltenen Unterlagen wird dann entscheidungserheblich, wenn die Angaben der Behörde - unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Erörterung der Sach- und Rechtslage - für eine Prüfung der fachgesetzlichen Ausnahmegründe nicht ausreichen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Mai 2016 - 7 B 47.15 - juris Rn. 8 f.). Insoweit dürfen die Darlegungsanforderungen angesichts des bei materiellen Geheimhaltungsgründen aus der Natur der Sache folgenden "Darlegungs- und Beweisnotstands" der Behörde nicht überspannt werden. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Fachsenats des Bundesverwaltungsgerichts bedarf es daher lediglich eines Mindestmaßes an Plausibilität (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Dezember 2016 - 20 F 10.15 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 70 Rn. 10 m.w.N.). Genügen die Darlegungen diesem Mindestmaß, dürfen Geheimhaltungsgründe nicht verneint werden, ohne die streitgegenständlichen Unterlagen zuvor anzufordern und ihre materiell zutreffende Einstufung in einem "in-camera"-Verfahren nachprüfen zu lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. Oktober 2009 - 7 C 21.08 - Buchholz 400 IFG Nr. 2 Rn. 28).
b) Entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts werden die im Nachgang zu dessen Aufklärungsverfügung ergänzten Darlegungen der Beklagten dem erforderlichen Mindestmaß an Plausibilität gerecht.
Danach betrifft der streitgegenständliche Auszug aus dem Einheitsaktenplan die Hauptgruppe 06 "Militärische Sicherheit" und berührt die Facharbeit des MAD sowie des im Verteidigungsministerium angesiedelten Aufsichtsreferats. Die im Einheitsaktenplan verwendeten besonderen Schlüsselbegriffe geben Aufschluss über konkrete sicherheitsempfindliche Aufgaben und Tätigkeiten der Bundeswehr und lassen Rückschlüsse auf Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen des MAD zu. Den Unterlagen über mutmaßliche Munitionsdiebstähle sind nach Darstellung der Beklagten verschiedene Dokumente mit Hintergrundinformationen und teilweise unveränderte Meldungen von "Besonderen Vorkommnissen" und "Sicherheitsvorkommnissen" beigefügt; einzelne Hintergrundinformationen beziehen sich auf die grundsätzliche oder auch konkrete Arbeitsweise des MAD oder der mit Fragen der militärischen Sicherheit befassten damaligen Referate. Alle Unterlagen stammen von Dienststellen und Arbeitsbereichen, die sich mit militärischer Sicherheit befasst haben. Durch eine gezielte Zusammenführung der Unterlagen kann nach den Angaben der Beklagten möglicherweise die Arbeitsweise des MAD oder der Bereiche, die sich mit militärischer Sicherheit befasst haben, zumindest teilweise offen gelegt werden. Nachteilige Auswirkungen sieht die Beklagte vor allem darin, dass durch die Kenntnis der Arbeitsweise dieser Bereiche der Bundeswehr Rückschlüsse auf zukünftige sicherheitsrelevante behördeninterne Abläufe gezogen werden können und die Funktionsfähigkeit der mit der militärischen Sicherheit befassten Bereiche sowie des MAD gezielt untergraben werden könne.
Vor diesem Hintergrund kann ohne Einsicht in die betreffenden Unterlagen jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, dass eine Offenlegung der Unterlagen auch aktuell noch nachteilig für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland sein kann.
Die Sache war daher insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
c) Auf die geltend gemachten Verfahrensfehler kommt es hiernach nicht mehr an.
3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.