Entscheidungsdatum: 30.10.2013
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 wird der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 7. Mai 2013 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im vorbezeichneten Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof hat Erfolg, die Beschwerde des Beteiligten zu 1 dagegen nicht (§ 86 Abs. 2 BaWüPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG).
1. Im Rahmen der vorliegenden Entscheidung geht der Senat davon aus, dass für die Weiterbeschäftigung von Jugendvertretern in Baden-Württemberg weiterhin §§ 9, 107 Satz 2 BPersVG anzuwenden sind, zumal zwischen diesen bundesrechtlichen Regelungen und den durch Art. 6 des Dienstrechtsreformgesetzes vom 9. November 2010, GBl. S. 793, neugefassten Bestimmungen in § 48 Abs. 4 bis 8 und § 62 Satz 2 BaWüPersVG keinerlei sachliche Unterschiede bestehen (vgl. in diesem Zusammenhang Beschluss vom 21. Februar 2011 - BVerwG 6 P 12.10 - BVerwGE 139, 29 = Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 42 Rn. 9 ff.; dazu ferner Bieler, in: Lenze/Wörz/Bieler, Personalvertretungsrecht Baden-Württemberg, § 48 Rn. 1; Altvater, in: Altvater/Coulin/Klimpe-Auerbach, Landespersonalvertretungsgesetz Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2012, Anhang 1 § 107 Rn. 2a). Dementsprechend hat der baden-württembergische Landesgesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass er mit den genannten landesrechtlichen Regelungen §§ 9, 107 Satz 2 BPersVG "unter redaktioneller Anpassung an das Landespersonalvertretungsgesetz übernommen" hat (LTDrucks 14/6694 S. 564 zu Nr. 10 und 14).
2. Die Verfahrensrüge der Beteiligten zu 2 und 3 gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3 Alt. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift durch. Der Verwaltungsgerichtshof hat dadurch in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Beteiligten zu 2 und 3 auf rechtliches Gehör verletzt, dass er über das Auflösungsbegehren des Antragstellers in der Sache entschieden hat, ohne zuvor den im Schriftsatz vom 2. April 2013 benannten Universitätsprofessor Dr. Ing. habil T. T. als Zeugen vernommen zu haben.
Der verfassungsrechtlich durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Er gebietet in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines von den Fachgerichten als erheblich angesehenen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. November 1978 - 1 BvR 158/78 - BVerfGE 50, 32 <36>, vom 20. April 1982 - 1 BvR 1429/81 - BVerfGE 60, 250 <252> und vom 30. Januar 1985 - 1 BvR 393/84 - BVerfGE 69, 141 <143 f.>).
Im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren gilt nach Maßgabe von § 83 Abs. 1 und 2 ArbGG der Untersuchungsgrundsatz. Danach haben die Verwaltungsgerichte auch unabhängig von Beweisanträgen der Beteiligten den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären. Davon unberührt bleibt die Pflicht, von den Beteiligten angetretene Beweise zu erheben, sofern die behauptete Tatsache entscheidungserheblich ist und Erhebungshindernisse nicht bestehen (vgl. Beschluss vom 12. April 2006 - BVerwG 6 PB 1.06 - Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 35 Rn. 8 m.w.N.).
a) Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Terminsverfügung vom 26. März 2013 drei Mitarbeiter des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) als Zeugen geladen zu den Themen "Tätigkeitsbereiche von Baustoffprüfern und freie Arbeitsplätze für Baustoffprüfer beim KIT". Die Fragestellung bezog sich, wie der Verwaltungsgerichtshof im angefochtenen Beschluss klargestellt hat, auf den Zeitraum vom 12. Oktober 2011 bis zum 11. Januar 2012, mithin den Dreimonatszeitraum vor Ende der Ausbildung des Beteiligten zu 1 (BA S. 13). Unter Bezugnahme auf die Terminsverfügung haben sich die Beteiligten zu 2 und 3 mit Schriftsatz vom 2. April 2013 zum Beweis dafür, dass es sich um die mit Stellenausschreibung Nr. 2087 zum 1. November 2011 zunächst sachgrundlos auf zwei Jahre mit der Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung besetzte Stelle um eine auf Dauer angelegte adäquate Arbeitsmöglichkeit handelt, auf das Zeugnis des Leiters des Instituts für Bodenmechanik und Felsmechanik am KIT, Prof. Dr. T., berufen. Die damit unter Beweis gestellten Tatsachen waren für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs erheblich.
aa) Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist unzumutbar im Sinne von § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BPersVG, wenn der öffentliche Arbeitgeber dem Jugendvertreter zum Zeitpunkt der Beendigung der Berufsausbildung keinen ausbildungsadäquaten Dauerarbeitsplatz bereitstellen kann. Ein Arbeitsplatz ist ausbildungsadäquat, wenn er der Ausbildung des Jugendvertreters entspricht. Um einen Dauerarbeitsplatz handelt es sich, wenn die ihm zugeordneten Aufgaben und Tätigkeiten auf Dauer angelegt sind (vgl. Beschlüsse vom 1. November 2005 - BVerwG 6 P 3.05 - BVerwGE 124, 292 <295 f.> = Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 25 Rn. 19 und vom 19. Januar 2009 - BVerwG 6 P 1.08 -BVerwGE 133, 42 = Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 33 Rn. 24). Von diesem Verständnis sind die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens und der Verwaltungsgerichtshof übereinstimmend ausgegangen. Fehlt es wie hier an normativen Vorgaben des Haushaltsgesetzgebers, so ist die Frage, ob der öffentliche Arbeitgeber im Zeitpunkt des Ausbildungsendes über einen ausbildungsadäquaten Dauerarbeitsplatz verfügte, Tatsachenfrage. Im Lichte dessen wurde mit dem Schriftsatz der Beteiligten zu 2 und 3 vom 2. April 2013 in das Wissen des benannten Institutsleiters gestellt, dass der Arbeitsplatz Nr. 2087 für einen ausgebildeten Baustoffprüfer geeignet war und die ihm zugeordneten Tätigkeiten auf Dauer angelegt waren. Demnach bezog sich die unter Beweis gestellte Behauptung entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichtshofs nicht lediglich darauf, dass grundsätzlich ein dauerhafter Bedarf nach einem technischen Mitarbeiter am Institut bestand (vgl. BA S. 18), sondern auf den konkreten Arbeitsplatz, der Gegenstand der Stellenausschreibung mit der Nr. 2087 war.
bb) Der Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass es sich beim Arbeitsplatz Nr. 2087 um einen solchen für einen technischen Mitarbeiter handelt, der aus lediglich projektbezogenen Drittmitteln finanziert wird und deswegen nur befristet besetzt werden kann (BA S. 18). Auf der Grundlage dieser Feststellung hat er - insoweit durchaus nachvollziehbar - geschlussfolgert, dass die auf dem Arbeitsplatz anfallenden Tätigkeiten von wechselnden Drittmittelprojekten abhängen, deswegen der Stellenzuschnitt nicht dauernd auf die Qualifikation eines Baustoffprüfers ausgerichtet und zudem die Finanzierung nicht dauerhaft gesichert ist. Diese Schlussfolgerung steht und fällt jedoch mit der Richtigkeit der Feststellung, dass der Arbeitsplatz Nr. 2087 aus projektbezogenen Drittmitteln finanziert wird. Zu dieser Feststellung ist der Verwaltungsgerichtshof aufgrund "informatorischer Anhörung" der drei geladenen Mitarbeiter des KIT gelangt. Ungeachtet dessen, dass der Verwaltungsgerichtshof damit den anzuwendenden Regeln des Strengbeweises nicht genügt hat (§ 64 Abs. 6 Satz 1, § 87 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 373 ff. ZPO), so hat er doch auf diese Weise eine den Prozess entscheidende Tatsachenfeststellung getroffen. Dem widersprach aber der von den Beteiligten zu 2 und 3 angebotene Gegenbeweis. Die in das Wissen des Institutsleiters gestellte Behauptung, der Arbeitsplatz Nr. 2087 sei für einen ausgebildeten Baustoffprüfer geeignet und die ihm zugeordneten Tätigkeiten seien auf Dauer angelegt, steht in vollständigem Gegensatz zu den vom Verwaltungsgerichtshof dahin gewerteten Angaben der drei Mitarbeiter, dass der Arbeitsplatz drittmittelfinanziert und projektgebunden sei.
cc) Die Erheblichkeit des von den Beteiligten zu 2 und 3 unterbreiteten Gegenbeweises scheitert nicht daran, dass der Verwaltungsgerichtshof die sich aus der Ausschreibung Nr. 2087 ergebende Entscheidung innerhalb des Instituts für Boden- und Felsmechanik, einen technischen Mitarbeiter nur befristet einzustellen, für unbedenklich gehalten hat (BA S. 19). Auch hierbei handelte es sich wiederum nur um eine Schlussfolgerung aus der vom Verwaltungsgerichtshof angenommenen projektgebundenen Drittmittelfinanzierung (vgl. § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz - TzBfG). Trifft diese Annahme aber nicht zu, handelt es sich vielmehr um einen Dauerarbeitsplatz, so kann die in der Ausschreibung vorgesehene Befristung der Stelle auf zwei Jahre ("zunächst", "mit der Möglichkeit der Weiterbeschäftigung") eine sachgrundlose Befristung im Sinne von § 14 Abs. 2 TzBfG sein. Eine sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrages in Bezug auf einen Arbeitsplatz für Daueraufgaben kann aber der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung mit Blick auf den Schutzzweck des § 9 BPersVG nicht entgegenstehen, wie der Verwaltungsgerichtshof an anderer Stelle zutreffend ausgeführt hat (BA S. 17). Ist der Arbeitsplatz Nr. 2087 auf Dauer angelegt, so ist die Bemerkung in der Ausschreibung "Eine abgeschlossene Ausbildung beispielsweise als Baustoffprüfer/in oder physikalischtechnische/r Assistent/in ist von Vorteil, aber nicht zwingend erforderlich" ohne weiteres der Interpretation dahin zugänglich, dass eine abgeschlossene Ausbildung als Baustoffprüfer in jedem Falle ausreicht und die Stelle ihrer Bestimmung nach auf die Qualifikation eines Baustoffprüfers geradezu zugeschnitten ist.
b) Es ist nicht ersichtlich, dass die Vernehmung von Prof. Dr. T. als Zeugen ein untaugliches Beweismittel ist. Wie sich aus dem Text der Ausschreibung ergibt, wurde ein technischer Mitarbeiter für das Institut für Bodenmechanik und Felsmechanik gesucht, welches von Prof. Dr. T. geleitet wird. Dass er in dieser Eigenschaft sachgemäße Angaben dazu machen kann, ob die Stelle projektgebunden und drittmittelfinanziert war oder ob sie zu den vom Haushaltsgesetzgeber global zugewiesenen Stellen zählte, war durchaus zu erwarten. Sich in dieser Hinsicht alleine auf die geladenen drei Mitarbeiter des KIT zu verlassen, lief dem Verbot der antizipierten Beweiswürdigung zuwider.
c) Die Beteiligten zu 2 und 3 haben ihr Rügerecht nicht mit Blick auf den Verlauf des Anhörungstermins vom 7. Mai 2013 verloren. Wie sie in der Beschwerdebegründung unwidersprochen vortragen, hat ihr Bevollmächtigter den Verwaltungsgerichtshof zu Beginn des Anhörungstermins auf das Beweisangebot vom 2. April 2013 angesprochen. Er hat dies nach Schließung der Anhörung, aber noch vor der Beratung des Gerichts wiederholt, so dass sich der Verwaltungsgerichtshof im Zeitpunkt seiner Entscheidung darüber im Klaren sein musste, dass sich das Beweisangebot nicht erledigt hatte. Die Beteiligten zu 2 und 3 waren nicht gehalten, ihren gemäß § 373 ZPO ordnungsgemäßen und rechtswirksamen Beweisantritt vom 2. April 2013 im Anhörungstermin zu wiederholen. Sie konnten darauf vertrauen, dass der Verwaltungsgerichtshof von der beantragten Zeugenvernehmung nur absehen würde, wenn dies im Prozessrecht eine Stütze fände.
d) Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur neuen Anhörung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen (§ 72a Abs. 7, § 92a Satz 2 ArbGG). Die von den Beteiligten zu 2 und 3 ebenfalls geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ArbGG gebieten es nicht, davon abzusehen, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergibt.
3. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Beteiligten zu 1 hat keinen Erfolg.
a) Die Verfahrensrüge ist unzulässig. Der Beteiligte zu 1 hat nicht dargelegt, dass ihm der Verwaltungsgerichtshof rechtliches Gehör versagt hat (§ 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, § 92a Satz 2 ArbGG). Er war, anders als jetzt im vorliegenden Beschwerdeverfahren, im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof noch nicht durch seinen jetzigen Bevollmächtigten vertreten. Dass er sich dem Beweisangebot im Schriftsatz der Beteiligten zu 2 und 3 vom 2. April 2013 förmlich angeschlossen hat, ist nicht ersichtlich.
b) Die Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die Frage, ob "bei dauerhaftem Beschäftigungsbedarf bei gesicherter Finanzierung Arbeitsplätze zunächst sachgrundlos befristet werden können", ist nicht entscheidungserheblich. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs hängt davon nicht ab. Der Verwaltungsgerichtshof hat tragend darauf abgestellt, dass der Beschäftigungsbedarf wegen ungesicherter Finanzierung nicht dauerhaft und der Arbeitsplatz wegen wechselnder Projektbindungen nicht dauerhaft auf die Qualifikation eines Baustoffprüfers zugeschnitten war. Im Übrigen ist er - im Sinne der Beteiligten zu 1 bis 3 - davon ausgegangen, dass die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen im Bereich von Wissenschaft und Forschung als solche der Einordnung als Dauerarbeitsplatz und damit der Weiterbeschäftigung von Jugendvertretern nicht entgegensteht (BA S. 17).
c) Die Abweichungsrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs weicht nicht vom Senatsbeschluss vom 19. Januar 2009 (a.a.O. Rn. 46) ab. Danach kann sich der öffentliche Arbeitgeber darauf, dass ein freier ausbildungsadäquater Dauerarbeitsplatz nur zur vorübergehenden Besetzung vorgesehen war und für den Jugendvertreter nicht in Betracht kam, nur dann berufen, wenn bereits im Zeitpunkt des Ausbildungsendes eine verbindliche Entscheidung der zuständigen Stelle vorlag, diesen Arbeitsplatz zu einem bestimmten Termin entfallen zu lassen. Eine bloße Absichtserklärung ohne exakte terminliche Fixierung reicht nicht aus. Dazu hat sich der Verwaltungsgerichtshof nicht in Widerspruch gesetzt. Er hat seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass der in Rede stehende Arbeitsplatz von vornherein drittmittelfinanziert sowie projektgebunden und damit nicht auf Dauer angelegt war. Auf eine derartige Fallgestaltung bezieht sich die Aussage im zitierten Senatsbeschluss nicht.