Entscheidungsdatum: 11.12.2018
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 8. März 2018 mit den Feststellungen zur Täterschaft des Angeklagten aufgehoben; die Feststellungen zum äußeren Sachverhalt bleiben aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Vergewaltigung zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren verurteilt und eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Die Revision des Angeklagten führt auf die Sachrüge zur Aufhebung des Urteils im Umfang der Beschlussformel.
1. Das Landgericht hat seine Überzeugung von der Täterschaft des die Tat bestreitenden Angeklagten „im Wesentlichen“ auf die Auswertung der an der Kleidung der Nebenklägerin - insbesondere an der Innenseite des von ihr in der Tatnacht getragenen Slips - aufgefundenen DNA-Mischpuren gestützt. Die Beweiswürdigung hält - trotz des eingeschränkten revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstabes - der sachlich-rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die Darstellung des Ergebnisses einer auf einer molekulargenetischen Vergleichsuntersuchung beruhenden Wahrscheinlichkeitsberechnung genügt nicht den hierfür sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergebenden Anforderungen (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 31. Juli 2013 - 4 StR 270/13, NStZ-RR 2014, 115, 116; für Y-chromosomale Befunde vgl. Willuweit/Weirich/Schneider/Roewer, NStZ 2018, 437, 439; zu den Anforderungen bei DNA-Einzelspuren vgl. BGH, Beschluss vom 28. August 2018 - 5 StR 50/17, NJW 2018, 3192, 3193 [zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt]).
Denn das sachverständig beratene Landgericht hat sich auf die Mitteilung beschränkt, wie viele Merkmalssysteme untersucht wurden und ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergeben haben. Das Gutachtenergebnis in Form der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage in numerischer Form teilt es hingegen nicht mit. Der Senat kann daher nicht prüfen, ob die Beweiswürdigung zur Täterschaft des Angeklagten auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und seine Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Juli 2013, aaO).
2. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf der erörterten Lücke in der Beweiswürdigung beruht (§ 337 Abs. 1 StPO). Unter Berücksichtigung der Einlassung des Angeklagten, wonach er sich in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Tat im Bereich des Tatorts aufgehalten hatte, weisen die übrigen, vom Landgericht für den Nachweis der Täterschaft herangezogenen Indizien zwar deutlich auf ihn als den Täter hin. Das Landgericht hat bei seiner Überzeugungsbildung den DNA-Spuren aber ausdrücklich wesentliche Bedeutung beigemessen.
3. Die Aufhebung des Urteils erfasst auch den Adhäsionsausspruch, da der zuerkannte Anspruch in der Straftat gründet, auf die sich die Aufhebung bezieht (§ 353 Abs. 1 StPO).
a) Die Vorschrift des § 353 Abs. 1 StPO gilt auch für Entscheidungen nach § 406 Abs. 1 Satz 1 StPO. Ficht der Angeklagte - wie hier - das Urteil insgesamt an, unterliegt deshalb eine gegen ihn ergangene Adhäsionsentscheidung der Überprüfung durch das Revisionsgericht (§ 352 Abs. 1 StPO). Wird auf sein (unbeschränktes) Rechtsmittel hin die Verurteilung wegen der Straftat, die dem Adhäsionsantrag zugrunde liegt, mit den die zivilrechtliche Entscheidung tragenden Feststellungen aufgehoben, ist die bürgerlich-rechtliche Anspruchsgrundlage nicht erfüllt. Das Urteil beruht mithin insoweit auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 337 StPO). Das Revisionsgericht kann daher in diesen Fällen auch im zivilrechtlichen Teil aufheben und zurückverweisen (vgl. Löwe/Rosenberg/Hilger, StPO, 26. Aufl., § 406a Rn. 8).
b) § 406a Abs. 3 StPO steht dem nicht entgegen. Die Vorschrift regelt die Aufhebung der Adhäsionsentscheidung für den Fall, dass der Angeklagte nach Aufhebung der strafrechtlichen Verurteilung nicht schuldig gesprochen und keine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet wird. Da das Revisionsgericht nur ausnahmsweise eine Sachentscheidung in diesem Sinne trifft, ist Normadressat des § 406a Abs. 3 StPO in der Regel das Tatgericht (Löwe/Rosenberg/Hilger, aaO Rn. 15).
§ 406a Abs. 3 StPO betrifft indes in erster Linie die Fälle, in denen dem Rechtsmittelgericht die Überprüfung der Adhäsionsentscheidung entzogen ist, weil der Angeklagte sie wirksam von seinem Rechtsmittelangriff ausgenommen hat oder das Urteil lediglich von der Staatsanwaltschaft oder dem Nebenkläger angefochten wird (vgl. BGH, Beschluss vom 2. Februar 2006 - 4 StR 570/05, BGHSt 50, 370; Urteile vom 28. November 2007 - 2 StR 477/07, BGHSt 52, 96; vom 23. Mai 1952 - 2 StR 20/52, BGHSt 3, 210). Sie ermöglicht es, die infolgedessen in Rechtskraft erwachsene Adhäsionsentscheidung aufzuheben, wenn die Verurteilung wegen der Straftat, auf die sie gestützt worden ist, nach Aufhebung und Zurückverweisung aufgrund der neuen Hauptverhandlung entfällt. Damit verhindert sie, dass der zivilrechtliche Teil eines strafrechtlichen Urteils bestehen bleibt, obwohl die strafrechtliche Grundlage hierfür weggefallen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 28. November 2007 - 2 StR 477/07, aaO).
Etwas anderes folgt auch nicht aus der - vor allem für das Rechtsmittel der Berufung relevanten - Vorschrift des § 406a Abs. 3 Satz 2 StPO. Dieser Regelung ist zwar im Umkehrschluss zu entnehmen, dass § 406a Abs. 3 Satz 1 StPO auch auf solche Fälle Anwendung findet, in denen die Adhäsionsentscheidung neben dem strafrechtlichen Teil angefochten ist. Die aus § 353 Abs. 1 StPO folgende Befugnis des Revisionsgerichts, eine - vom Rechtsmittelangriff umfasste - rechtsfehlerhafte Adhäsionsentscheidung aufzuheben, wird dadurch aber nicht verdrängt (vgl. auch BGH, Beschluss vom 14. September 2017 - 4 StR 177/17, NStZ-RR 2018, 24, 25). Vielmehr eröffnet § 406a Abs. 3 Satz 1 StPO dem Revisionsgericht lediglich eine weitere Entscheidungsmöglichkeit. Inwieweit es seine diesbezügliche Aufhebungsbefugnis - auch mit Blick auf die vorläufige Vollstreckbarkeit der Adhäsionsentscheidung (§ 406b StPO) - selbst wahrnimmt oder nach Zurückweisung des strafrechtlichen Teils dem Tatgericht zuweist, bedarf der Wertung im Einzelfall. Entscheidungen anderer Senate (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 12. Februar 2015 - 2 StR 388/14; vom 31. Juli 2018 - 1 StR 260/18 und vom 6. Dezember 2018 - 4 StR 484/18) stehen daher nicht entgegen.
4. Die Feststellungen zum äußeren Sachverhalt sind - mit Ausnahme derjenigen zur Täterschaft des Angeklagten - von dem Rechtsfehler nicht betroffen und können daher bestehen bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO). Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.
5. Bezüglich einer etwa neu zu treffenden Adhäsionsentscheidung weist der Senat auf die Beschlüsse des BGH vom 20. März 2018 - 5 StR 52/18 (Zinsbeginn) und vom 6. Dezember 2018 - 4 StR 484/18 (Anforderungen an einen Antrag auf Zahlung eines Schmerzensgeldes) hin.
Mutzbauer |
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Sander |
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