Entscheidungsdatum: 20.09.2012
Bitratenreduktion
1. Nach Geltung des Patentkostengesetzes ist nicht (mehr) davon auszugehen, dass bei gemeinsam durch einen Prozessbevollmächtigten eingereichten Klagen mehrerer rechtlich selbständiger Klageparteien nur eine Gebühr gemäß Nr. 402 200 der Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG anfällt, sondern, dass für jedes der entstandenen Prozessrechtsverhältnisse eine gesonderte Gebühr zu entrichten ist (BGH "Bodenbearbeitungsmaschine" – GRUR 1987, 348 überholt).
2. Zur Frage der Bestimmung des (jeweiligen) Streitgegenstandes unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Zweigliedrigkeit des Streitgegenstandsbegriffes (BGH "Rohrreinigungsdüse II" – GRUR 2012, 485).
3. Zu den prozessualen und inhaltlichen Voraussetzungen eines an § 9 PatKostG gestützten Rückzahlungsantrages, wenn unter Vorbehalt gesonderte Gebühren bei mehreren Klageparteien (vgl. oben 1) eingezahlt wurden.
4. Zu den prozessualen und inhaltlichen Voraussetzungen einer insoweit (vgl. 1. und 3.) hilfsweise eingelegten Erinnerung gegen den Kostenansatz (§§ 8 Abs. 1 Nr. 2a, 11 Abs. 1 PatKostG).
5. Zur Zuständigkeit des Nichtigkeitssenats in der Besetzung nach § 67 Abs. 2 zweite Alternative allgemein sowie speziell unter Berücksichtigung von § 6 RPflG.
In der Patentnichtigkeitssache
betreffend das europäische Patent 0 260 748
(DE 37 50 206)
(hier: Rückzahlungsantrag)
hat der 5. Senat (Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 20. September 2012 durch den Vorsitzenden Richter Gutermuth, die Richterin Martens sowie den Richter Dipl.-Ing. Musiol
beschlossen:
1) | Der Antrag der Klägerinnen, eine Klagegebühr in Höhe von 26.802,-- € nach § 9 Patentkostengesetz zurückzuzahlen, wird zurückgewiesen. |
2) | Soweit der Rückzahlungsantrag hilfsweise auf § 11 Abs. 1 Patentkostengesetz gestützt ist, wird die Erinnerung zurückgewiesen. |
I
Die konzernverbundenen Klägerinnen haben am 28. September 2011 gemeinsam Klage gegen das europäische Patent 0 260 748 eingereicht und eine Einzugsermächtigung über eine Gebühr von 26.802,-- € entsprechend 4,5 Gebühren nach Ziffer 402 100 der Anlage zu § 2 Abs. 2 Patentkostengesetz (Gebührenverzeichnis) bei dem vorgeschlagenen Streitwert von 1,5 Millionen €, übersandt.
Am 5. Oktober 2011 vermerkte die Rechtspflegerin des 5. Senats die Absendung des Originals der Einzugsermächtigung an das DPMA (Bl. 113 GA). Nach Überprüfung der Höhe der Gebühr legte sie die Akten dem Vorsitzenden mit dem Vermerk "Klagegebühr bezahlt" vor (Verfügung 13. Oktober 2011).
Ein förmlicher Kostenansatz (§ 8 Abs. 1 Nr. 2a Patentkostengesetz) unterblieb ebenso wie eine vorläufige Festsetzung des Streitwerts durch den Senat nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG).
Am 17. Oktober 2011 verfügte der Vorsitzende die Klagezustellung, die am 20. Oktober 2011 erfolgte. Am 28. Oktober 2011 erhob die Beklagte Widerspruch, mit Fax vom 8. November 2011 machte sie gegenüber der in Korea ansässigen Klägerin zu 1) den Einwand der mangelnden Prozesskostensicherheit nach § 81 Abs. 6 PatG geltend und regte an, die Klägerinnen zu einer Begründung der Streitwerthöhe aufzufordern.
In einer Verfügung vom 15. November 2011 wies der Vorsitzende unter Ziffer 3) darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des 5. Senats für jede der Klägerinnen gesonderte Gebühren zu entrichten seien, die Zulässigkeit der Klagen aber nach deren Zustellung davon nicht berührt sei (Bl. 133 GA).
Nachdem der anwaltliche Vertreter der Beklagten darauf hingewiesen hatte, im Schriftsatz vom 8. November 2011 werde ausgeführt, dass "die Klage keinen Vortrag zum rechtlichen Interesse der Klägerin 2) zu enthalten scheine", wurde die Verfügung vom 15. November 2011 durch weitere Verfügung vom 21. November 2011 ergänzt (Bl. 140 GA).
Im Schriftsatz vom 22. Dezember 2011 nahmen die Klägerinnen zu den streitigen Punkten Stellung, u. a. verneinten sie die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung durch die Klägerin zu 1), begründeten ein bestehendes Rechtsschutzinteresse der Klägerin zu 2) und führten zur Anzahl der zu entrichtenden Gebühren aus, die Klägerinnen schuldeten nach der Vergleichsvereinbarung mit der Beklagten den dort festgelegten Betrag nur einmal, weswegen auch keine eigenständigen Prozessrechtsverhältnisse bestünden.
Die mit Beschluss vom 23. Januar 2012 angeordnete Sicherheitsleistung i. H. von 110.000,-- € hat die Klägerin zu 1) durch Bürgschaft geleistet (Bl. 199 GA).
Mit Schreiben vom 2. Februar 2012 (Bl. 192 GA) forderte die Rechtspflegerin des Senats die Klageparteien zur Zahlung einer weiteren Gebühr von 26.802,-- € auf, wobei sie auf die Verfügung des Vorsitzenden vom 15. November 2011 Bezug nahm.
Mit Schreiben vom 17. Februar 2012 übersandten die Klageparteien eine weitere Einzugsermächtigung über 26.802,-- €. Zugleich teilten sie mit, dass die Zahlung unter Protest erfolge und die Rückzahlung beantragt werde. Falls man (unzutreffend) von zwei eigenständigen Prozessrechtsverhältnissen ausgehen wolle, müsse man auch die Vergleichssumme von 1,5 Millionen € aufteilen in je 750.000,-- €, es könnten nicht Gebühren für quasi zweimal 1,5 Millionen € gefordert werden.
In der Klageerwiderung der Beklagten finden sich zur Gebührenfrage keine Ausführungen.
Mit Verfügung vom 5. April 2012 (Bl. 347 GA) bat der Vorsitzende die Klageparteien um Klarstellung, wie der Rückzahlungsantrag prozessual behandelt werden solle: als Antrag auf Rückzahlung nach § 10 PatKostG, als Erinnerung gegen einen Kostenansatz nach § 11 PatKostG oder als vorgezogene Begründung zu einem späteren Kostenfestsetzungsverfahren bzw. Streitwertfestsetzungsverfahren.
Mit Schriftsatz vom 5. Juli 2012 nahmen die Klägerinnen zur Verfügung vom 5. April 2012 Stellung. Der Rückzahlungsantrag werde auf § 9 PatKostG gestützt, weil bei richtiger Sachbehandlung nur eine Gebühr entstanden wäre. Der in der Entscheidung "Bodenbearbeitungsmaschine" des BGH genannte und in §§ 27 GKG a. F., 35 GKG n. F., zum Ausdruck gekommene allgemeine Grundsatz des Kostenrechts, dass für die von mehreren Klägern durch einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten eingereichte Nichtigkeitsklage jedenfalls dann nur eine Gebühr zu entrichten sei, wenn beide Kläger denselben Antrag stellen und denselben Nichtigkeitsgrund anführen, gelte auch nach Einführung des Patentkostengesetzes.
In dessen Gebührenverzeichnis sei, anders als bei Gebühren des Patentamtes oder beim Einspruchsverfahren, gerade keine explizite Regelung für das Klageverfahren normiert.
Die Klägerinnen zu 1) und 2) seien zudem als Außengesellschaft bürgerlichen Rechts zum Zwecke der Vernichtung des Streitpatents wie eine juristische Person zu behandeln, so dass nur eine Gebühr geschuldet sei. Nach h. M. könne jeder erlaubte Zweck Gegenstand einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts sein, ein Gesellschaftsvertrag könne stillschweigend in der gemeinsamen Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten gesehen werden. Dass in der Klage eine Außen-GbR nicht ausdrücklich als Klägerin aufgeführt sei, sondern deren Gesellschafter als Klägerinnen zu 1) und 2), habe rein formale Gründe und diene lediglich innerhalb der Kanzleiorganisation der Prozessbevollmächtigten der eindeutigen und genauen Zuordnung des Sachverhalts.
Hilfsweise sei der Rückzahlungsantrag, halte das Gericht eine Stützung auf § 9 PatKostG für unzulässig, jedenfalls als Erinnerung gemäß § 11 PatKostG zulässig und begründet.
Die Beklagte hat zum Rückzahlungsantrag nicht Stellung genommen.
II.
1. Soweit der Rückzahlungsantrag auf § 9 PatKostG gestützt ist, erscheint schon seine Statthaftigkeit bzw. Zulässigkeit fraglich. In der Kommentierung bei Hartmann, Kostengesetze, 42. Auflage, wird insoweit auf § 21 GKG verwiesen. Eine Unrichtigkeit i. S. dieser Vorschrift liegt nach dortiger Rdnr. 8 (zu § 21) nur vor, wenn gegen eine eindeutige gesetzliche Norm verstoßen wurde ("offensichtlicher schwerer Fehler"). Ein leichterer Verfahrensfehler reiche in der Regel nicht aus, schon gar nicht eine abweichende Beurteilung einer Rechtsfrage (a. a. O. Rdnr. 10; vgl. auch Busse/Schuster, Patentgesetz, 6. Auflage, § 9 PatKostG Rdnr. 4; Schulte, Patentgesetz, 8. Auflage, § 9 PatKostG, Rdnr. 6). Der Vorwurf einer in diesem Sinne verstandenen unrichtigen Sachbehandlung lässt sich nach Auffassung des Senats dem Vortrag der Klägerinnen nicht entnehmen, sie machen vielmehr eine Rechtsauffassung geltend, die im Ergebnis zu einer niedrigeren Gebührenhöhe führen würde.
Geht man weiter davon aus, dass den Klägerinnen die Möglichkeit einer Erinnerung gegen einen Kostenansatz offen steht (s. u. 2.), ebenso in einem späteren Verfahrensstadium das Kostenfestsetzungsverfahren, spricht auch dies dafür, im derzeitigen Verfahrensstadium einen auf die allgemeine Regelung des § 9 PatKostG gestützten Rückzahlungsanspruch schon als nicht zulässig anzusehen.
Auch wenn man die Zulässigkeit aber unterstellt und eine Beschränkung auf offensichtliche schwere Fehler nicht vornimmt, wie dies in der Literatur teilweise vertreten wird (vgl. bei Hartmann a. a. O. Rdnr. 11), liegt nach Auffassung des - zur Entscheidung zuständigen, vgl. unten 1.1. bis 1.1.3. - Senats in der Besetzung nach § 67 Abs. 2 Patentgesetz jedoch auch insoweit keine unrichtige Sachbehandlung vor. Im Einzelnen ist hierzu auszuführen:
1.1 Eine (unrichtige) Sachbehandlung im Sinne des § 9 Patentkostengesetzes könnte vorliegend entweder durch den Kostenbeamten des Senats, dessen Vorsitzenden oder dessen Rechtspfleger erfolgt sein:
1.1.1.
§ 8 Abs. 1 Nummer 2a Patentkostengesetz sieht einen Kostenansatz bei Einreichung einer Klage durch den Kostenbeamten vor, nachdem der Senat einen vorläufigen Streitwert nach §§ 2 Abs. 2 Patentkostengesetz, 63 Abs. 1 GKG festgesetzt hat.
Ein derartiger Kostenansatz erübrigt sich nach allgemeiner Auffassung, wenn der Kläger einen Vorschuss gemäß dem von ihm vorgeschlagenen Streitwert mit Klageeinreichung entrichtet hat und das Gericht keinen anderen Streitwert vorläufig festgesetzt hat (vergleiche Schulte, Patentgesetz, 8. Auflage, Rdnr. 6 a. E. zu § 8 PatkostG).
Im vorliegenden Fall ist ohne formellen Kostenansatz die Akte an den Vorsitzenden zur Verfügung der Klagezustellung vorgelegt worden. Auch eine vorläufige Festsetzung des Streitwertes unterblieb, wie dies der üblichen Praxis bei einigen Nichtigkeitssenaten entspricht, wenn keine Zweifel an der Richtigkeit des vorgeschlagenen Streitwertes bestehen und die Gebühr hierfür bereits entrichtet wurde. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil einer erheblichen Verfahrensbeschleunigung.
1.1.2.
Soweit der Vorsitzende die Klägerinnen in der Verfügung vom 15. November 2011 darauf hingewiesen hat, dass nach seiner Rechtsauffassung zwei Klagegebühren fällig geworden seien, andererseits nach erfolgter Zustellung eine Zulässigkeit der Klagen insoweit nicht berührt sei, liegt darin weder ein formeller Kostenansatz noch eine Maßnahme, die Gebühren ausgelöst hat. Inhaltlich handelt es sich um einen Hinweis an die Parteien, die hierzu Stellung nehmen konnten.
1.1.3.
Auch wenn nicht als Kostenansatz oder eine Berichtigung eines früheren Kostenansatzes bezeichnet, stellt das Schreiben der Rechtspflegerin vom 2. Februar 2012 inhaltlich einen Kostenansatz dar, nämlich die Aufstellung einer Kostenrechnung, auf die hin die zweite Gebühr eingezahlt wurde (vgl. Busse/Schuster, PatG 6. Aufl., Rdnr. 2 zu § 8 PatKostG). Nachdem sich die Rechtspflegerin auf die Verfügung des Vorsitzenden vom 15. November 2011 bezogen hat, könnte fraglich erscheinen, ob insoweit eine Entscheidung durch den Senat in der Besetzung des § 67 Abs. 2 PatG - außer im Rahmen eines Erinnerungsverfahrens - gesetzlich überhaupt erfolgen kann, nämlich im Hinblick auf die nach dem Prozessrecht bestehende Kompetenzverteilung zwischen dem Senatsvorsitzenden und den weiteren Mitgliedern des Senats. In den Fällen der §§ 81 Abs. 5 Satz 3, 83 Absatz 3 PatG oder bei der Terminsverlegung etwa könnten Beteiligte nicht durch Rechtsmittel eine Abänderung getroffener Entscheidungen des Vorsitzenden durch den Senat in der Besetzung nach § 67 Abs. 2 PatG erreichen. Auch bei einer Weigerung des Vorsitzenden, unter Berufung auf § 5 Abs. 1 Satz 3 PatKostG eine Klage wegen nicht voll eingezahlter Gebühr zuzustellen, erscheint fraglich, inwieweit dagegen der Senat angerufen werden könnte. Nachdem die Frage, welche Anzahl von Gebühren bei mehreren Klageparteien zu entrichten sind, andererseits auf die Gesamthöhe der Gebühren eine ähnliche Wirkung hat wie die Festsetzung des vorläufigen Streitwertes, welcher durch den Senat in der Besetzung des § 67 Abs. 2 Patentgesetz erfolgt, kann man eine Entscheidung des Senates als nach § 8 Abs. 2 PatKostG zuständiger Stelle zur Frage der Gebührenanzahl für zulässig ansehen.
1.1.4.
Unterstellt man somit die Zulässigkeit einer Entscheidung über den Rückzahlungsantrag der Klägerin durch den Senat in der Besetzung des § 67 Abs. 2 PatG, ist dieser jedoch in der Sache unbegründet:
Der Senat verkennt nicht, dass die Klagen beider Klägerinnen gegen ein und dasselbe Patent gerichtet sind und der Umfang des Klageangriffes identisch ist, was für einen einheitlichen Klagegegenstand sprechen könnte, der den Bundesgerichtshof in der 1987 getroffenen Entscheidung "Bodenbearbeitungsmaschine" veranlasst hatte, eine Klagegebühr für ausreichend zu erachten (GRUR 1987, 348).
Andererseits überwiegen nach Auffassung des Senats eindeutig die Gründe dafür, nach heutiger Gesetzeslage von zwei selbstständigen Prozessrechtsverhältnissen auszugehen, die auch zu getrennter gebührenrechtlicher Betrachtung und gesonderten Vorschusszahlungen führen. Nach der Systematik des 2002, also lange nach "Bodenbearbeitungsmaschine" in Kraft getretenen Patentkostengesetzes ist jeder Antragsteller bzw. Einsprechende für das von ihm betriebene Verfahren selbstständig verantwortlich und gebührenpflichtig, wie dem Gebührenverzeichnis zum Patentkostengesetz in Teil A, Vorbemerkung Absatz 2 und Teil B, Vorbemerkung Absatz 1 für die dort genannten Gebühren entnommen werden kann. Das Argument der Klägerinnen, das Fehlen einer expliziten Regelung bei der Klagegebühr Nummer 402 100 spreche ebenso wie die Änderung bzw. Ergänzung bezüglich des Einspruchsverfahrens dafür, diese Systematik beim Klageverfahren nicht anzunehmen, überzeugt nicht. Der Senat geht insoweit davon aus, dass die Änderung in Teil A, Abs. 2 der Vorbemerkungen bezüglich der Gebühr 313 600 (Einspruchsverfahren) lediglich eine Klarstellung der bestehenden Regelung darstellte und hieraus keinesfalls geschlossen werden kann, der Gesetzgeber habe eine entsprechende Regelung beim Klageverfahren absichtlich weggelassen, weil sie dort gerade nicht gelten solle. Dass die dargelegte Systematik auch im Klageverfahren gelten soll, ergibt sich vielmehr für den Senat z. B. auch aus Nr. 402 110 des Gebührenverzeichnisses zum Patentkostengesetz, wonach in bestimmten Fällen eine Ermäßigung festgelegt ist. Denn eine eindeutige Berechnung bzw. Zurechnung derartiger Ermäßigungstatbestände zu einzelnen mehrerer Kläger ist, wenn der Ermäßigungsgrund nicht bei allen Klägern vorliegt, nur möglich, wenn jeder für sich die Gebühren entrichtet hat und somit erkennbar ist, welcher Teil davon an wen zurückgezahlt werden soll.
Entscheidend ist für den Senat aber letztlich, dass in Nichtigkeitsverfahren trotz "gemeinsamer Klage" und formal übereinstimmendem Klageantrag Prozessrechtsverhältnisse zwischen mehreren Klägern und Beklagten vollkommen unterschiedliche Verläufe nehmen können, wobei gerade das vorliegende Verfahren als Beispielsfall dienen kann. Bei der Klägerin zu 1) als in Korea ansässigem Unternehmen war über den Antrag der Beklagten auf Leistung einer Sicherheit zu entscheiden, während bei der Klägerin 2) als deutscher Tochtergesellschaft insoweit kein Problem bestand. Allerdings machte wiederum die Klägerin 1) geltend, nicht zu einer Ausländersicherheit verpflichtet zu sein, weil ihr Tochterunternehmen (die Klägerin zu 2)) in Deutschland ansässig sei und Vermögen besitze. Wäre die angeordnete Sicherheit nicht geleistet worden, wäre durch den Rechtspfleger gemäß § 6 Abs. 2 PatKostG auszusprechen gewesen, dass die Klage als nicht erhoben gilt, wobei dies nicht für die "gemeinsame" Klage insgesamt, sondern nur für die Klage der Klägerin zu 1) gelten konnte.
Bezüglich der Klägerin 2) erhob die Beklagte den Einwand fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses (bei abgelaufenem Patent), weil eine das Rechtsschutzbedürfnis begründende Vereinbarung nur zwischen ihr und der Klägerin zu 1) geschlossen worden sei und der Klägerin zu 2) keine Schadensersatzansprüche drohen könnten. Dies unterstellt, würde gegen die Klägerin zu 2) ein klageabweisendes Prozessurteil zu ergehen haben, während die Klage der Klägerin zu 1) auf ihre Begründetheit zu prüfen wäre. Die Beklagte hatte insoweit eine Zwischenentscheidung des Senats beantragt, bevor sie sich sachlich zur Nichtigkeitsklage äußern wollte.
All diese Umstände lassen nach Auffassung des Senats die Annahme eines "einheitlichen Streitgegenstandes" nicht zu, wobei aus Rechtssicherheitsgründen nicht nur in speziell gelagerten Fällen wie dem vorliegenden, sondern generell einer getrennten Betrachtung der Prozessrechtsverhältnisse der Vorrang zu geben ist, auch weil keinesfalls gesichert ist, dass anfänglich gleichlaufende Interessen und Prozesshandlungen mehrerer Klageparteien sich nicht im Laufe des Prozesses in unterschiedliche Richtungen entwickeln. Warum demgegenüber ein gemeinsamer Prozessbevollmächtigter nach der früheren Rechtsprechung ein Kriterium für einen einheitlichen Streitgegenstand bilden kann, erscheint dem Senat nicht dogmatisch begründbar. Wichtiger ist für die eigentlich dafür als Maßstab zu nehmende Frage, ob "Arbeit" für ein Gericht nur einmal anfällt und eine Ermäßigung auf eine Gebühr veranlasst ist, vielmehr eine Gesamtbetrachtung, die auch die prozessuale Situation umfasst, also das jeweilige Prozessrechtsverhältnis. In Zöller/Vollkommer, Kommentar zur ZPO, 29. Aufl., Einleitung RdNr. 62, wird ausgeführt, dass Streitgegenstand (bei den Klagearten der ZPO) nicht "das Streitobjekt selbst" oder der der Klage zugrunde gelegte materiellrechtliche Anspruch sei, sondern um die "Berechtigung der Rechtsfolgenbehauptung", den "prozessualen Anspruch" gestritten werde, welche den Streitgegenstand einer Klage bestimme (a. a. O. Rdnr. 63). Für das Patentverletzungsverfahren hat der Bundesgerichtshof in der erst vor kurzem ergangenen Entscheidung "Rohrreinigungsdüse II" vom 21. Februar 2012 ausgeführt, dass die Bestimmung des erhobenen Anspruchs nach dem der höchstrichterlichen Rechtsprechung zugrunde liegenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff unter Würdigung der gestellten Anträge und des zu ihrer Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalts zu erfolgen habe (GRUR 2012, 485 – Ziffer II, 2 der Gründe). Folgt man dem unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Patentnichtigkeitsverfahrens, ergibt sich für den Senat daraus, dass bei einer "gemeinsamen" Klage auf Nichtigkeit eines Patents nicht allein darauf abzustellen ist, dass sie sich gegen dasselbe Patent richtet und von einem gemeinsamen Prozessbevollmächtigten eingereicht wurde, sondern auch auf die prozessualen Umstände wie erfolgte Gebührenzahlung, Verpflichtung zur Ausländersicherheit, Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses, entgegenstehende Rechtskraft etc. Bei der Bestimmung des jeweiligen Streitgegenstandes bzw. seiner Übereinstimmung mit dem eines weiteren Prozessrechtsverhältnisses darf dieser Teil des "zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffes" (vgl. auch Thomas/Putzo, ZPO, 32. Auflage, Einleitung II, Rdnr. 24) nicht weggelassen werden. Es mag Fälle geben, die bei einer Einzelfallbetrachtung einen Verzicht auf eine zweite Gebühr als "gerecht" erscheinen ließen, allerdings zeigen andererseits Fälle wie der vorliegende, dass von einer generellen Arbeitsersparnis gegenüber getrennten Verfahren nicht ausgegangen werden kann. Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Systematik des PatKostG erscheint dem Senat daher der grundsätzliche Ansatz einer gesonderten Gebühr für jede Klagepartei im Nichtigkeitsverfahren veranlasst.
Vertritt man die Auffassung, der vom Kläger zu bestimmende Streitgegenstand sei bei identischen Klageanträgen und Nichtigkeitsgründen unabhängig von prozessualen Einwendungen des Beklagten ebenfalls identisch, wird dies jedenfalls bei abgelaufenen Patenten nicht mehr zutreffen. Hier hat jede Klagepartei ihr persönliches Rechtsschutzbedürfnis darzulegen, um eine Nichtigerklärung erreichen zu können. Eine Überprüfung erfolgt insoweit von Amts wegen. Entsprechend gehört zum jeweiligen Streitgegenstand auch die Darlegung der jeweiligen "Berechtigung der Rechtsfolgenbehauptung" nach der Zweigliedrigkeitslehre (s. o.).
1.1.5.
Soweit die Klägerinnen vortragen, sie seien in Wirklichkeit eine rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und wie eine Klagepartei zu behandeln, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Für das Gericht (und die Beklagte) ergibt sich - will man nicht generell in solchen Fällen immer von einer GbR ausgehen – keinerlei konkreter Anhaltspunkt aus der Klage darauf, dass nicht zwei rechtlich selbständige Klageparteien vorliegen sollen. Die Bezeichnung als Klägerinnen zu 1) und 2) in Verbindung mit der jeweiligen Gesellschaftsform spricht vielmehr eindeutig für die gegenteilige Einordnung. Dies im Nachhinein in eine rechtsfähige Außen-GbR als eine Klägerin umzudeuten, erscheint unzulässig und könnte auch dazu führen, dass prozessuale Rechte der Beklagten durch die nachträgliche "Konstruktion" einer derartigen Außengesellschaft zu einer einzigen Klagepartei verkürzt würden, wenn man etwa an die Kriterien zur Leistung von Ausländersicherheit oder zur Annahme eines Rechtsschutzbedürfnisses denkt, bezüglich derer bei den einzelnen Mitgliedern der Gesellschaft unterschiedliche Umstände vorliegen. Zu bedenken wäre auch, dass die prozessualen Regeln zu Streitgenossenschaft und Nebenintervention faktisch außer Kraft gesetzt würden, wäre die Annahme einer GbR der Regelfall. Will sich ein Unternehmen ohne eigene Klage an einem Nichtigkeitsverfahren beteiligen, ist - bei bestehendem rechtlichen Interesse - die Nebenintervention eine geeignete Maßnahme, wobei zugleich immer gesichert bleibt, wer für die Prozessführung maßgeblich ist, nämlich die Hauptpartei. Würde dagegen bei einer GbR Streit über die weitere Prozessführung eintreten, wäre - auch für einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten - unklar, wessen Interessen bzw. Anordnungen maßgeblich sein sollen. Daher sind an die Annahme eine Außen-GbR erheblich höhere formale und auch inhaltliche Anforderungen zu stellen, als sie die Klägerinnen vorgetragen haben.
2. Soweit die Klägerinnen hilfsweise Erinnerung erheben wollen, ist diese gemäß § 11 Abs. 1 PatKostG als gegen einen Kostenansatz, erfolgt durch die Rechtspflegerin (vgl. oben 1.1.3.), grundsätzlich als zulässig anzusehen und nicht fristgebunden (vgl. Busse/Schuster, PatG 6. Auflage, Rdnr. 5 zu § 11 PatKostG). Dadurch, dass sachlich über den Antrag nach § 9 PatKostG entschieden wurde, erscheint allerdings fraglich, ob über die bedingt (hilfsweise) eingelegte Erinnerung noch zu entscheiden war. Hierfür könnte jedoch sprechen, dass die Voraussetzungen für die Korrektur eines falschen Kostenansatzes materiell nach h. M. geringer sind als bei § 9 PatKostG (s. o. 1.).
2.1.
Nachdem insoweit ein enger Zusammenhang mit der Verfügung des Vorsitzenden vom 15. November 2011 und einer vom Senat in der Besetzung nach § 67 Abs. 2 PatG zu treffenden Entscheidung über den Antrag nach § 9 PatentKostG besteht, hat der Senat die Sache insoweit nach § 6 RPflG an sich gezogen und auch eine Abhilfeentscheidung der Rechtspflegerin nicht herbeigeführt. Ansonsten wären einander inhaltlich widersprechende Entscheidungen möglich, was dem Gesetzeszweck von § 6 RpflG zuwider liefe.
2.2. In der Sache ist die Erinnerung unbegründet, weil der geänderte Kostenansatz zu Recht erfolgte (vgl. 1.1.4. - 1.1.5.).
III.
Soweit die Klägerinnen in früheren Eingaben auch angeführt haben, notfalls müsse eine Korrektur über die Streitwertfestsetzung erfolgen, weil der vereinbarte Vergleichsbetrag im Falle des Unterliegens nur einmal gezahlt werden müsse, ist eine endgültige Streitwertfestsetzung bisher nicht erfolgt, ebenso wenig eine Festsetzung eines vorläufigen Streitwertes, die ohnehin nur dazu dienen soll, eine zutreffende Vorschusszahlung vor Zustellung der Klage zu erreichen. Eine Entscheidung zu dieser Frage war daher derzeit weder im Rahmen des § 9 PatKostG noch im Erinnerungsverfahren veranlasst.