Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum: 24.05.2012


BVerwG 24.05.2012 - 5 C 18/11

Rücknahme der Spätaussiedlerbescheinigung; Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit; Entziehung der deutschen Staatsangehörigkeit


Gericht:
Bundesverwaltungsgericht
Spruchkörper:
5. Senat
Entscheidungsdatum:
24.05.2012
Aktenzeichen:
5 C 18/11
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend Sächsisches Oberverwaltungsgericht, 17. Mai 2011, Az: 4 A 912/10, Urteilvorgehend VG Chemnitz, 30. Juni 2010, Az: 2 K 1027/07, Urteil
Zitierte Gesetze
§ 7 RuStAG vom 15.07.1999

Leitsätze

1. Die Rücknahme einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BFVG mit Wirkung für die Vergangenheit (ex tunc) führt zum Verlust der durch die Ausstellung der Bescheinigung nach § 7 Satz 1 StAG erworbenen deutschen Staatsangehörigkeit.

2. Dieser Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit stellt eine unzulässige Entziehung derselben im Sinne von Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG dar, wenn der Betroffene die Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG nicht durch Täuschung oder ein vergleichbares Fehlverhalten erwirkt hat und den Verlust der Staatsangehörigkeit nicht oder jedenfalls nicht auf zumutbare Weise beeinflussen konnte.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der ihm erteilten Spätaussiedlerbescheinigung.

2

Der 1971 in Sibirien geborene Kläger ist Sohn eines Vaters deutscher und einer Mutter russischer Volkszugehörigkeit. Seine Großmutter väterlicherseits ist deutsche Volkszugehörige. In dem 1987 ausgestellten sowjetischen Inlandspass des Klägers ist als Nationalität "Deutscher" angegeben. 1999 stellte er für sich, seine Ehefrau und seine 1998 geborene Tochter Aufnahmeanträge als Spätaussiedler. Im Dezember 2001 absolvierte er im Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Nowosibirsk einen Deutschtest. Die Bewertung lautete, dass eine Verständigung in deutscher Sprache nicht möglich sei.

3

Nachdem der Kläger und seine Tochter im Juli 2003 in den Aufnahmebescheid der Großmutter des Klägers, welche die Voraussetzungen für eine Aufnahme als Spätaussiedlerin erfüllte, mit einbezogen worden waren, siedelte die Familie im Dezember 2003 in die Bundesrepublik Deutschland um. Auf seinen Antrag erteilte ihm der Rechtsvorgänger des Beklagten mit Bescheid vom 26. April 2004 eine unter diesem Datum ausgestellte Bescheinigung, dass er Spätaussiedler sei. Seine Ehefrau wurde in der Bescheinigung als Ehegatte und seine Tochter als Abkömmling eines Spätaussiedlers aufgeführt.

4

Nach Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten führte der Rechtsvorgänger des Beklagten im Herbst 2005 ein Prüfverfahren durch. Er kam zu dem Ergebnis, dass ein bestimmter Sachbearbeiter neben einer Vielzahl weiterer Personen auch dem Kläger die Spätaussiedlerbescheinigung zu Unrecht ausgestellt habe. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2005 wurde der Kläger zur beabsichtigten Rücknahme der Spätaussiedlerbescheinigung angehört. In seiner Antwort an die Behörde führte er unter anderem aus, ihm sei nicht bekannt gewesen, dass er den im Jahre 2001 absolvierten Sprachtest nicht bestanden habe.

5

Mit Bescheid vom 29. März 2006 nahm der Rechtsvorgänger des Beklagten seinen Bescheid vom 26. April 2004 und die dem Kläger am selben Tag ausgestellte Spätaussiedlerbescheinigung zurück. Zur Begründung führte er aus, der Kläger sei kein Spätaussiedler, denn er habe im Zeitpunkt der Aussiedlung kein einfaches Gespräch auf Deutsch führen können.

6

Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhobene Klage abgewiesen.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat auf die Berufung des Klägers das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert. Es hat den Rücknahmebescheid des Rechtsvorgängers des Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheids aufgehoben. Zwar werde als Rechtsgrundlage zu Recht § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) herangezogen. Ebenso sei die Frist für die Rücknahme von einem Jahr eingehalten worden. Auch wenn ein Behördenmitarbeiter eine bewusste Fehlentscheidung getroffen habe, beginne die Frist erst nach vollständiger und positiver Kenntnis aller entscheidungserheblichen Tatsachen durch die Behörde. Dies sei hier erst nach Durchführung des Anhörungsverfahrens im Dezember 2005 der Fall gewesen. Die Rücknahmeentscheidung sei jedoch ermessensfehlerhaft. Der Widerspruchsbescheid gehe offenbar davon aus, dass der Kläger die Rechtswidrigkeit der ihm zunächst erteilten Spätaussiedlerbescheinigung grob fahrlässig nicht erkannt habe und sich daher nicht auf Vertrauen berufen könne. Nach der ausführlichen Befragung des Klägers in der mündlichen Verhandlung sei der Senat jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers von der Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 26. April 2004 nicht nachweisbar sei. Die Widerspruchsbehörde habe daher einen falschen Ermessensrahmen zugrunde gelegt. Auch im Übrigen genügten die in dem Bescheid enthaltenen Ermessenserwägungen nicht den gesetzlichen Anforderungen.

8

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 48 VwVfG. Da die Rücknahme allein die Feststellung betreffe, dass der Inhaber der Bescheinigung Spätaussiedler sei, komme § 48 Abs. 1 und 3 VwVfG zur Anwendung. Deshalb sei die Frage, ob der Kläger die Rechtswidrigkeit der Bescheinigung grob fahrlässig nicht erkannt habe, nicht erheblich. Abgesehen davon habe das Oberverwaltungsgericht eine grob fahrlässige Unkenntnis des Klägers zu Unrecht verneint.

9

Der Kläger verteidigt das angegriffene Berufungsurteil.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Es erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).

11

Das Oberverwaltungsgericht hat bei der Prüfung der behördlichen Ermessensentscheidung über die Rücknahme der dem Kläger erteilten Spätaussiedlerbescheinigung einen fehlerhaften Maßstab zugrunde gelegt, soweit es die Vertrauensschutzregelung des § 48 Abs. 2 VwVfG angewandt und damit die Ermessenswidrigkeit begründet hat (1.). Die streitbefangene Rücknahmeentscheidung ist aber aus anderen Gründen ermessensfehlerhaft und daher vom Oberverwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht aufgehoben worden (2.).

12

1. Das Oberverwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass allein § 48 VwVfG i.V.m. § 1 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für den Freistaat Sachsen (SächsVwVfG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2003 (GVBl S. 614) als Rechtsgrundlage in Betracht kommt (a) und die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage hier insoweit erfüllt waren, als die Erteilung der Bescheinigung von Anfang an rechtswidrig gewesen ist (b). Es hat auch zu Recht angenommen, dass es sich bei der Erteilung der Spätaussiedlerbescheinigung um einen begünstigenden Verwaltungsakt im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG handelt (c) und die für dessen Rücknahme geltende Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG eingehalten wurde (d). Das Oberverwaltungsgericht hat jedoch bei der Prüfung der behördlichen Ermessensentscheidung in rechtsfehlerhafter Weise die Regelung des § 48 Abs. 2 VwVfG angewandt (e).

13

a) Als Rechtsgrundlage für die streitbefangene Rücknahme der Spätaussiedlerbescheinigung ist die allgemeine Rücknahmeregelung des § 48 VwVfG (i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG) anwendbar. Diese wird hier nicht durch eine spezielle Regelung verdrängt. § 15 Abs. 3 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge - Bundesvertriebenengesetz (BVFG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. August 2007 (BGBl I S. 1902), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 4. Dezember 2011 (BGBl I S. 2426), enthält mit der Anordnung, dass über die Rücknahme der Bescheinigung die Ausstellungsbehörde entscheidet, nur eine Aufgabenzuweisung, gibt aber keine materiellen Voraussetzungen für die Rücknahmeentscheidung vor. Zwar ist mit dem am 11. Juli 2009 in Kraft getretenen Achten Gesetz zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vom 6. Juli 2009 (BGBl I S. 1694) die Regelung des § 15 Abs. 4 BVFG eingeführt worden, wonach eine Bescheinigung mit Wirkung für die Vergangenheit nur zurückgenommen werden kann, wenn sie durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung oder durch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben, die wesentlich für ihre Ausstellung gewesen sind, erwirkt worden ist und die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit binnen fünf Jahren nach Ausstellung der Bescheinigung erfolgt. Diese Vorschrift ist jedoch mangels einer entsprechenden Übergangregelung auf eine - wie hier - vor ihrem Inkrafttreten ausgesprochene Rücknahme nicht anwendbar.

14

b) Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

15

Die Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG ist ein statusfeststellender Verwaltungsakt, der die Rechtsstellung als Spätaussiedler feststellt (vgl. Urteil vom 24. Februar 2005 - BVerwG 5 C 10.04 - BVerwGE 123, 101<103> = Buchholz 412.3 § 15 BVFG Nr. 30 S. 11 m.w.N.). Die dem Kläger erteilte Bescheinigung ist von Anfang an rechtswidrig gewesen, weil er nicht Spätaussiedler im Sinne von § 4 Abs. 1 oder 2 BVFG gewesen ist. Spätaussiedler in diesem Sinne ist nur, wer deutscher Volkszugehöriger nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG ist. Dies trifft auf den Kläger nicht zu. Zwar stammt er von einer deutschen Großmutter ab. Er erfüllt jedoch nicht die Anforderungen des § 6 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 BVFG, wonach das Bekenntnis zum deutschen Volkstum oder die rechtliche Zuordnung zur deutschen Nationalität durch die familiäre Vermittlung der deutschen Sprache bestätigt werden muss. Dies setzt voraus, dass der Betroffene im Zeitpunkt der verwaltungsbehördlichen Entscheidung über den Aufnahmeantrag aufgrund einer familiären Vermittlung zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen kann. Hierzu ist die Fähigkeit zu einem einigermaßen flüssigen, in ganzen Sätzen erfolgenden Austausch in Rede und Gegenrede erforderlich (eingehend dazu etwa Urteil vom 4. September 2003 - BVerwG 5 C 33.02 - BVerwGE 119, 6 <7 ff.> = Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 100 S. 32 ff.). Diese Voraussetzung erfüllte der Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht.

16

Das Oberverwaltungsgericht hat insoweit offensichtlich die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Verwaltungsgerichts übernommen. Hiergegen sind weder erhebliche Gesichtspunkte vorgetragen noch ist diese Würdigung sonst auch mit Blick auf die Bindung des Revisionsgerichts nach § 137 Abs. 2 VwGO revisionsgerichtlich zu beanstanden.

17

c) Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nach § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nur unter den Voraussetzungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden. Das Oberverwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass es sich bei der dem Kläger erteilten Spätaussiedlerbescheinigung um einen begünstigenden Verwaltungsakt im vorgenannten Sinne handelt. Denn die Statusfeststellung nach § 15 Abs. 1 BVFG begründet oder bestätigt ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil. Mit der Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG wird für alle Behörden und Stellen, die für die Gewährung von Rechten oder Vergünstigungen als Spätaussiedler nach dem Bundesvertriebenengesetz oder einem anderen Gesetz zuständig sind, im Einzelfall verbindlich festgestellt, dass der Inhaber der Bescheinigung Spätaussiedler ist.

18

d) Weiter ist das Oberverwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG für die Rücknahme der Erteilung der Spätaussiedlerbescheinigung eingehalten worden ist.

19

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird diese Frist in Lauf gesetzt, wenn die Behörde die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts erkannt hat und ihr die weiteren für die Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind. Hierzu gehören auch alle für eine Ermessensbetätigung wesentlichen Umstände. Die Behörde erhält Kenntnis, wenn der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung zur Rücknahme des Verwaltungsakts berufene Amtswalter oder ein sonst innerbehördlich zur rechtlichen Prüfung des Verwaltungsakts berufener Amtswalter positive Kenntnis erlangt. Ein einzelne Fachfragen begutachtender Mitarbeiter einer Behörde ist kein zur rechtlichen Prüfung berufener Amtswalter. Diente eine Anhörung des Betroffenen nach § 28 Abs. 1 VwVfG - wie hier - der Ermittlung weiterer entscheidungserheblicher Tatsachen, beginnt die Jahresfrist erst nach Abschluss des Anhörungsverfahrens zu laufen (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 19. Dezember 1984 - BVerwG GrSen 1 und 2.84 - BVerwGE 70, 356 <362 ff.> = Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 33 S. 19 ff. und vom 7. November 2000 - BVerwG 8 B 137.00 - Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 99 S. 19 ff.; Urteile vom 24. Januar 2001 - BVerwG 8 C 8.00 - BVerwGE 112, 360 <362 ff.> = Buchholz 316 § 49 VwVfG Nr. 40 S. 4 ff. und vom 30. Juni 2010 - BVerwG 5 C 3.09 - Buchholz 436.36 § 27 BAföG Nr. 6 Rn. 25).

20

Das Oberverwaltungsgericht hat sich von diesen Maßstäben leiten lassen. Auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen ist seine rechtliche Würdigung, dass die Frist erst nach Durchführung des Anhörungsverfahrens im Dezember 2005 zu laufen begonnen hat und demzufolge im Zeitpunkt der Rücknahme am 29. März 2006 noch nicht verstrichen war, revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Denn für die Ermessensentscheidung über die Rücknahme waren notwendig auch die Aspekte zu berücksichtigen, die der Kläger - insbesondere im Hinblick auf eine etwaige Betätigung schutzwürdigen Vertrauens - auf seine Anhörung hin vorbringen würde. Dabei ist für die Kenntnis der die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen entgegen der Auffassung des Klägers nicht auf den nach seiner Ansicht "bösgläubigen" Sachbearbeiter abzustellen, der bereits zu dem Zeitpunkt, als er die Bescheinigung ausstellte, ihre Rechtswidrigkeit gekannt habe, sondern auf die Leiterin, die erst nach Abschluss der Anhörung über die für eine Ermessensentscheidung erforderliche Tatsachenkenntnis verfügte. Denn diese war innerbehördlich zur abschließenden Prüfung der Frage zuständig, ob die Erteilung der Bescheinigung zurückzunehmen war.

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e) Das angefochtene Urteil steht aber mit Bundesrecht nicht in Einklang, soweit das Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung der behördlichen Ermessensentscheidung auf die Vertrauensschutzregelung des § 48 Abs. 2 VwVfG abgestellt hat.

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Nach § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, nicht zurückgenommen werden, wenn der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen schutzwürdig ist. Die Ermessensentscheidung über die Rücknahme einer rechtswidrigen Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG ist nur dann an § 48 Abs. 2 VwVfG zu messen, wenn und soweit im Einzelfall feststeht, dass der Ausweisinhaber aufgrund des durch den Ausweis nachgewiesenen Status als Vertriebener konkrete Geld- oder Sachleistungen erhalten oder sein Vertrauen im Hinblick auf den Erhalt solcher Leistungen sonst in schutzwürdiger Weise betätigt hat. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist die Ermessensentscheidung über die Rücknahme allein an § 48 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwVfG auszurichten (vgl. Urteile vom 20. März 1990 - BVerwG 9 C 12.89 - BVerwGE 85, 79 <85> = Buchholz 412.3 § 18 BVFG Nr. 14 S. 23; vom 17. Februar 1992 - BVerwG 9 C 152.90 - Buchholz 412.3 § 18 BVFG Nr. 16 S. 44 und Beschluss vom 23. März 1993 - BVerwG 9 B 375.92 - juris Rn. 2). So liegt es hier. Die Rücknahme der Bescheinigung des Klägers wirkt sich nur auf die dort getroffene Feststellung aus, dass er Spätaussiedler ist.

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Die dem Kläger erteilte Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG gewährt als solche keine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung im Sinne des § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG. Zwar ist der durch die Bescheinigung nachgewiesene Status grundsätzlich Voraussetzung für die Gewährung bestimmter Geld- oder Sachleistungen (vgl. Urteil vom 24. Februar 2005 - BVerwG 5 C 10.04 - BVerwGE 123, 101 <103 f.> = Buchholz 412.3 § 15 BVFG Nr. 30 S. 11), wie z.B. den finanziellen Hilfen nach § 9 BVFG, den Leistungen bei Krankheit nach § 11 BVFG, den Leistungen nach der Unfall- und Rentenversicherung nach § 13 BVFG und der Förderung einer selbständigen Erwerbstätigkeit nach § 14 BVFG. Das Oberverwaltungsgericht hat aber nicht festgestellt, dass dem Kläger auf der Grundlage der ihm erteilten Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG tatsächlich Geld- oder Sachleistungen gewährt wurden oder er solche zumindest beantragt hat. Der Kläger hat derartiges in den Tatsacheninstanzen auch selbst nicht geltend gemacht, obwohl ihm insoweit bereits im Verwaltungsverfahren nach Maßgabe des § 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVfG i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG eine Mitwirkungspflicht oblegen hat (vgl. Urteil vom 20. März 1990 a.a.O. <87>). Er wäre gerade im Rahmen seiner Anhörung gehalten gewesen, auf etwaige im Vertrauen auf den Bestand der Spätaussiedlerbescheinigung gemachten Betätigungen hinzuweisen, zumal er mit dem Anhörungsschreiben vom 1. Dezember 2005 ausdrücklich aufgefordert wurde, für ihn günstige Umstände geltend zu machen, und darauf hingewiesen wurde, man gehe davon aus, dass er aufgrund der rechtswidrig erteilten Bescheinigung keine oder nur unerhebliche Leistungen erhalten habe und ihm somit keine Nachteile entstünden. Soweit der Kläger erstmals im Revisionsverfahren vorträgt, er habe im Jahr 2004 einen Sprachkurs absolviert, ist dieser neue Tatsachenvortrag schon deshalb nicht beachtlich, weil keiner der Fälle vorliegt, nach denen das Revisionsgericht ausnahmsweise neues tatsächliches Vorbringen selbst würdigen kann (vgl. Urteil vom 14. Dezember 2006 - BVerwG 3 C 36.05 - BVerwGE 127, 236 Rn. 16 ff. = Buchholz 428.4 § 1 AusglLeistG Nr. 8).

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Da § 48 Abs. 2 VwVfG hier keine Anwendung findet, kommt es auf die von dem Beklagten mit Blick auf die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zu den Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG erhobene Rüge, das Gericht habe insoweit die ihm nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegende Aufklärungspflicht verletzt, nicht an.

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2. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat den Rücknahmebescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids im Ergebnis zu Recht aufgehoben, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens der Rücknahmeentscheidung im Hinblick auf Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG nicht eingehalten worden sind (a). Eine Teilaufhebung der einheitlichen Ermessensentscheidung kam nicht in Betracht (b).

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a) Die Rücknahme der Erteilung der Spätaussiedlerbescheinigung mit Wirkung für die Vergangenheit (ex tunc) ist ermessensfehlerhaft und rechtswidrig, weil dem Kläger dadurch die deutsche Staatsangehörigkeit, die er durch die Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung erworben hat, wieder entzogen würde.

27

aa) Der Kläger hat durch die Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung im April 2004 die deutsche Staatsangehörigkeit gemäß § 7 Satz 1 Staatsangehörigkeitsgesetz in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 (BGBl I S. 1618) - StAG a.F. - erworben. Die neue Fassung, welche die Vorschrift durch Art. 5 Ziff. 5 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 (BGBl I S. 1970) erhalten hat, ist hier nicht anwendbar. Nach § 7 Satz 1 StAG a.F. erwarb ein Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG, der nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, mit der Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 oder 2 BVFG die deutsche Staatsangehörigkeit.

28

(1) Dem Kläger, dem eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG ausgestellt worden ist, erfüllt auch die weitere tatbestandliche Erwerbsvoraussetzung des § 7 Satz 1 StAG, weil er zum Zeitpunkt der Ausstellung der Spätaussiedlerbescheinigung Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG gewesen ist (vgl. zu dieser Erwerbsvoraussetzung das Urteil des Senats vom heutigen Tage - BVerwG 5 C 17.11 - zur Veröffentlichung bestimmt) und nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaß.

29

Nach Art. 116 Abs. 1 GG ist Deutscher im Sinne des Grundgesetzes vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiet des Deutschen Reichs nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat. Unter welchen Voraussetzungen eine Person im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG als Abkömmling eines Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit Aufnahme gefunden hat, ist seit Inkrafttreten der durch das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S. 2094) geänderten Fassung des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) am 1. Januar 1993 grundsätzlich nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu beurteilen. Personen, die - wie der Kläger - nicht selbst Vertriebene deutscher Volkszugehörigkeit sind, können danach als Abkömmlinge eines Vertriebenen nur noch dann Aufnahme in der Bundesrepublik Deutschland finden, wenn sie Abkömmlinge eines Spätaussiedlers im Sinne des § 4 Abs. 1 oder 2 BVFG sind (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 2 BVFG). Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesvertriebenengesetzes stellen insoweit die in Art. 116 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber vorbehaltene gesetzliche Regelung für den Erwerb des Deutschen-Status dar (Urteile vom 20. April 2004 - BVerwG 1 C 3.03 - BVerwGE 120, 292 <295> = Buchholz 11 Art. 116 GG Nr. 32 S. 19 ff. und vom 19. Juni 2001 - BVerwG 1 C 26.00 - BVerwGE 114, 332 <334> = Buchholz 11 Art. 116 GG Nr. 30 S. 7 ff.).

30

Diese Voraussetzungen des Art. 116 Abs. 1 GG liegen in der Person des Klägers vor. Seine Großmutter väterlicherseits, in deren Aufnahmebescheid er einbezogen worden ist, ist - wovon die Beteiligten zu Recht übereinstimmend ausgehen - Spätaussiedlerin im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes. Der Kläger ist als ihr Enkel auch ihr Abkömmling im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG. Denn auch derjenige stammt von einem deutschen Staatsangehörigen oder Volkszugehörigen ab, der einen deutschen Großelternteil hat (Urteil vom 25. Januar 2008 - BVerwG 5 C 8.07 - BVerwGE 130, 197 <198 ff.> = Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 112 S. 22 ff.). Der Kläger hat des Weiteren mittels eines vor der Einreise erteilten Bescheids im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG Aufnahme im Gebiet der Bundesrepublik gefunden. Er ist in den Aufnahmebescheid seiner Großmutter einbezogen worden und hat nach der Ausreise seinen ständigen Aufenthalt in Deutschland begründet.

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bb) Die Rücknahme einer Bescheinigung nach § 15 BVFG mit Wirkung für die Vergangenheit würde - wenn sie nicht aufgehoben würde - zum Verlust der nach § 7 Satz 1 StAG a.F. erworbenen deutschen Staatsangehörigkeit führen. Weil mit der auf den Ausstellungstag zurückreichenden Rücknahme der Bescheinigung eine wesentliche Voraussetzung des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit - nämlich die ausgestellte Bescheinigung - rückwirkend beseitigt wird, entfällt (rückwirkend) der Erwerbstatbestand und führt ex post zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit. Der Verlust ist die Kehrseite der rückwirkend entfallenden Erwerbsvoraussetzung. Diese Wirkung ist vergleichbar mit derjenigen, die eintritt, wenn die Vaterschaft, von der ein Kind den Geburtserwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ableitet, erfolgreich angefochten wird; denn diese Anfechtung entfaltet ebenfalls Rückwirkung und lässt damit eine Erwerbsvoraussetzung entfallen, was grundsätzlich zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit des Kindes führt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 2006 - 2 BvR 696/04 - NJW 2007, 425 sowie die Nachweise im Urteil des Senats vom 25. März 2010 - BVerwG 5 C 12.09 - BVerwGE 136, 185 <188 f.> = Buchholz 436.511 § 86 KJHG/SGB VIII Nr. 10 S. 18 ff.). Für die Rücknahme einer Spätaussiedlerbescheinigung mit Wirkung für die Vergangenheit gilt im Ergebnis nichts anderes (Marx, in: GK-StAR, § 7 StAG Rn. 56; Gnatzy, in: Schmidt/Bleibtreu/Klein, GG, 12. Auflage, Art. 116 Rn. 14a; anderer Ansicht Renner/Maaßen, in: Hailbronner/Renner/Maaßen , Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Aufl. 2010, § 7 StAG Rn. 22; Silagi, ZAR 2000, 3 <6>), zumal die Frage, welche (einfachrechtlichen) Rechtswirkungen die Rücknahme der Spätaussiedlerbescheinigung für die Vergangenheit auf die nach § 7 Satz 1 StAG erworbene Staatsangehörigkeit hat, von der - damit noch nicht beantworteten - Frage zu trennen ist, ob diese Wirkungen verfassungsrechtlich gerechtfertigt sind. Hiervon ist auch der Gesetzgeber bei der Neufassung des § 15 Abs. 4 BVFG, die am 11. Juli 2009 in Kraft getreten ist (BGBl I S. 1694), ausgegangen (so ausdrücklich die Begründung des Regierungsentwurfs, BRDrucks 196/09 S. 7: "Da mit der Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 die dort genannten Personen nach § 7 des Staatsangehörigkeitsgesetzes kraft Gesetzes zu deutschen Staatsangehörigen werden, entfällt mit der Rücknahme einer rechtswidrigen Bescheinigung für die Vergangenheit auch die auf diese Weise erworbene deutsche Staatsangehörigkeit").

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cc) Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit stellt in der vorliegenden Fallkonstellation eine unzulässige Entziehung der deutschen Staatsangehörigkeit im Sinne von Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG dar. Unter einer Entziehung der Staatsangehörigkeit in diesem Sinne ist jede Verlustzufügung zu verstehen, die die - für den Einzelnen und für die Gesellschaft gleichermaßen bedeutsame - Funktion der Staatsangehörigkeit als verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit beeinträchtigt. Eine solche Entziehung der Staatsangehörigkeit, die einer verfassungsrechtlichen Rechtfertigung durch Verhältnismäßigkeitserwägungen nicht zugänglich ist, liegt daher bei einem Verlust der Staatsangehörigkeit vor, den der Betroffene nicht oder nicht auf zumutbare Weise beeinflussen kann (BVerfG, Urteil vom 24. Mai 2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24 <45> m.w.N.). So liegt es hier. Der Kläger hat die Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG nicht durch Täuschung oder ein vergleichbares Fehlverhalten erwirkt; er durfte - auf der Grundlage der den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts - von der Beständigkeit der Staatsangehörigkeit ausgehen und konnte den Verlust nicht oder jedenfalls nicht auf zumutbare Weise beeinflussen, weil er nicht selbst die wesentliche Ursache für die Rechtswidrigkeit der Bescheinigung gesetzt hat.

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dd) Weil die im Streit stehende Rücknahme der Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG mit Wirkung für die Vergangenheit wegen Verstoßes gegen das Grundrecht des Klägers aus Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG ermessensfehlerhaft und rechtswidrig ist, hat das Oberverwaltungsgericht den Rücknahmebescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids im Ergebnis zu Recht aufgehoben. Der Umstand, dass die Widerspruchsbehörde im Widerspruchsbescheid den Aspekt des Verlustes der Staatsangehörigkeit in ihre Erwägungen eingestellt hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die dortige Erwägung, dass der Kläger als Abkömmling einer Spätaussiedlerin einen Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG habe, kann die grundrechtswidrige Entziehung der deutschen Staatsangehörigkeit nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG nicht rechtfertigen. Für den durch dieses Grundrecht bezweckten Schutz vor unzulässigen Entziehungen der Staatsangehörigkeit spielt es keine Rolle, dass - wie es im Widerspruchsbescheid heißt - die Rücknahme keine "staatsangehörigkeitsrechtlichen Folgen von Dauer" erzeuge. Der Umstand, dass der Kläger die deutsche Staatsangehörigkeit durch die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG wiedererlangen kann, ändert nichts an der verfassungswidrigen Entziehung und damit an der Rechtswidrigkeit der Rücknahme der Bescheinigung mit Wirkung für die Vergangenheit.

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b) Das Oberverwaltungsgericht war auch nicht gehalten, den streitbefangenen Rücknahmebescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids nur teilweise - nämlich insoweit, wie er die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit (ex tunc) anordnet - aufzuheben. Zwar ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht ausgeschlossen, dass unter den allgemeinen Voraussetzungen der Teilbarkeit auch im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde eine Teilaufhebung in Betracht kommt (vgl. Beschlüsse vom 30. Mai 2006 - BVerwG 6 B 28.06 - juris Rn. 6 und vom 2. Mai 2005 - BVerwG 6 B 6.05 - juris Rn. 8). Allerdings besteht die Mindestanforderung für die Teilbarkeit von Ermessensverwaltungsakten darin, dass der Verwaltungsakt auch ohne den aufzuhebenden Teil eine rechtmäßige und von der erlassenden Behörde so gewollte selbstständige Regelung zum Inhalt hat (Urteil vom 14. März 1997 - BVerwG 8 C 1.97 - Buchholz 448.0 § 12 WPflG Nr. 197 S. 35 f. m.w.N.). Nach der danach gebotenen objektiven Auslegung des Willens der Behörde ist jedoch nicht erkennbar, dass der Rechtsvorgänger des Beklagten - hätte er die Rechtswidrigkeit einer Rücknahme mit ex tunc-Wirkung erkannt - allein eine Rücknahme mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc) in Betracht gezogen hätte. Er hätte - als Folge einer Interessenabwägung im Rahmen der Ermessensentscheidung - etwa auch von der Rücknahme überhaupt absehen können oder mit der Rücknahme der Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG mit Wirkung für die Vergangenheit zugleich die (rückwirkende) Erteilung einer - auch nach Ansicht des Beklagten - dem Kläger von vornherein zustehenden Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG verbinden können, um die Wirkung des Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit nicht eintreten zu lassen.