Entscheidungsdatum: 06.06.2018
Für die Bestimmung des Wertersatzverfallsbetrages nach § 73a Satz 1 StGB in der Fassung vom 13. November 1998 sind Wertsteigerungen des Erlangten ab dem Zeitpunkt, zu welchem die Voraussetzungen des Wertersatzverfalls eingetreten sind, unbeachtlich.
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 2. Juni 2017, soweit es den Angeklagten betrifft, mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben
a) im Maßregelausspruch;
b) in den Aussprüchen über den Verfall sowie den Verfall des Wertersatzes.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen unter Einbeziehung der Strafe aus einem Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 23. November 2015 zu einer ersten Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer zweiten Gesamtfreiheitsstrafe von neun Jahren und zehn Monaten verurteilt. Darüber hinaus hat es seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt bei einem Vorwegvollzug von fünf Jahren und fünf Monaten der Strafe angeordnet. Ferner hat es einen Pkw Maserati Quattroporte des Angeklagten für verfallen erklärt, den Verfall des Wertersatzes in Höhe von zehn Millionen Euro angeordnet sowie ein Notebook und zwei Mobilfunkgeräte des Angeklagten eingezogen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützten Revision. Das Rechtmittel hat mit der Sachrüge teilweise Erfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
Nach den Feststellungen des Landgerichts vertrieb der Angeklagte in der Zeit von Mai 2015 bis zu seiner Festnahme am 14. April 2016 unter dem Pseudonym „z100“ als maßgeblicher Organisator unter Mitwirkung weiterer Personen über das Internet Betäubungsmittel, insbesondere Amphetamin, Kokain, Crystal Meth, MDMA, Ecstasy, Marihuana und LSD. Die Betäubungsmittel wurden sowohl über einen mit üblichen Browsern aufrufbaren Webshop als auch über eine Plattform im sogenannten „Darknet“ angeboten. Die Bezahlung erfolgte nach den Vorgaben des Angeklagten ausschließlich in der virtuellen Internet-Währung Bitcoin. Die eingenommenen Bitcoins verwaltete der Angeklagte mittels eines sogenannten Wallets, einer mit einer „elektronischen Geldbörse“ vergleichbaren Software. Über dieses Wallet wurden im Tatzeitraum für Betäubungsmittelverkäufe 8.102 Einzahlungen über insgesamt 6.049,76731891 Bitcoins abgewickelt; diese hatten – ausgehend von einem Wert je Bitcoin von 1.740,33 Euro am 19. Mai 2017 – einen Gesamtwert von 10.528.591,55 Euro. Zum Zeitpunkt der Festnahme des Angeklagten wurden über sein Wallet noch 757 Bitcoins verwaltet, zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung noch etwa 400 Bitcoins.
Gegenstand der Verurteilung sind acht Taten, bei denen unter Mitwirkung des Angeklagten zwischen 10 kg und 45,35 kg – insgesamt 211,05 kg – Amphetamin mit einem Wirkstoffgehalt von 30 % Amphetaminbase sowie insgesamt 3 kg Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 10 % THC in den Niederlanden erworben und nach Deutschland verbracht wurden, von wo aus anschließend ihr Vertrieb über das Internet erfolgte.
II.
Die Revisionsbeschränkung durch den Verteidiger Prof. Dr. S. , nach der die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB vom Rechtsmittelangriff ausgenommen sein soll, ist unwirksam, da sich das Rechtsmittel auch gegen den gesamten Schuldspruch richtet. In einem solchen Fall kann nicht wirksam auf die Anfechtung der Unterbringung nach § 64 StGB verzichtet werden, da die Feststellung einer Symptomtat unerlässliche Voraussetzung der Maßregelanordnung ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 19. Januar 2010 – 4 StR 504/09, NStZ-RR 2010, 171, 172; vom 26. August 2009 – 2 StR 302/09; MüKo-StGB/van Gemmeren, 3. Aufl., § 64 Rn. 129 mwN). Es kommt daher nicht mehr darauf an, dass ohnehin die unbeschränkt eingelegte und damit weiter gehende Revision des Verteidigers N. für den Anfechtungsumfang maßgeblich wäre (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 344 Rn. 5).
III.
Die Verfahrensrügen bleiben aus den vom Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift vom 18. Januar 2018 genannten Gründen ohne Erfolg. Lediglich ergänzend bemerkt der Senat:
Die in der Revisionsbegründung des Verteidigers N. erhobene Aufklärungsrüge, mit der die unterbliebene Vernehmung der Zeugin L. beanstandet wird, ist bereits unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO), weil die ladungsfähige Anschrift der Zeugin nicht mitgeteilt wird (vgl. BGH, Urteil vom 21. November 2013 – 4 StR 242/13; Beschluss vom 30. Juli 2014 – 4 StR 263/14; LR-StPO/Becker, 26. Aufl., § 244 Rn. 368).
IV.
Die Sachrüge führt zur Aufhebung der Maßregelanordnung und zur Aufhebung der Verfallsentscheidungen; im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Der Schuldspruch und die Einziehungsentscheidung nach § 74 StGB weisen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.
2. Der Strafausspruch hat ebenfalls Bestand.
Näherer Erörterung bedarf insoweit nur die von der Strafkammer gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB vorgenommene nachträgliche Gesamtstrafenbildung.
Das Landgericht hat angenommen, dass neben den Einzelstrafen aus den Fällen 1 bis 3 auch die wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verhängte Einzelstrafe aus Tat 4 (vier Jahre und sechs Monate) mit der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 23. November 2015 gesamtstrafenfähig ist.
a) Eine Gesamtstrafenbildung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB setzt allerdings voraus, dass die einzubeziehende Tat im Zeitpunkt der Vorverurteilung im materiell-rechtlichen Sinne beendet ist (vgl. BGH, Urteil vom 26. Oktober 2017 – 4 StR 259/17, juris Rn. 14; Beschluss vom 18. August 2015 – 1 StR 305/15, NStZ-RR 2015, 305). Da das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Sinne der §§ 29 ff. BtMG erst beendet ist, wenn diese an den Abnehmer gelangt sind und die Gegenleistung erbracht ist (vgl. Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8. Aufl., § 29 Teil 4 Rn. 201; Weber, BtMG, 5. Aufl., § 29 Rn. 628), kommt es für die Gesamtstrafenbildung nach § 55 Abs. 1 Satz 1 StGB insoweit nicht ausschließlich auf den Zeitpunkt des Betäubungsmittelerwerbs, sondern auch auf etwaige nachfolgende Handelsakte an (vgl. BGH, Beschluss vom 16. September 2014 – 3 StR 423/14, juris Rn. 4).
b) Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils erfolgten der Erwerb und die Einfuhr der Betäubungsmittel in Tat 4 an einem nicht näher bezeichneten Tag im Oktober 2015. Damit war die Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zwar im Oktober 2015 beendet, das tateinheitlich begangene Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge indes lediglich vollendet, denn die Betäubungsmittel wurden anschließend noch bestimmungsgemäß über das Internet vertrieben. Da die nächste Einfuhrfahrt (Tat 5) erst am 23. Dezember 2015 stattfand, erscheint es nicht ausgeschlossen, dass zum Zeitpunkt der Vorverurteilung durch das Amtsgericht Karlsruhe am 23. November 2015 noch nicht sämtliche im Rahmen von Tat 4 erworbenen Betäubungsmittel (30 kg Amphetamin und 2 kg Marihuana) abgesetzt waren.
c) Der genaue Zeitpunkt der Beendigung von Tat 4 kann hier jedoch letztlich dahinstehen, da der Senat auszuschließen vermag, dass das Landgericht ohne Berücksichtigung von Tat 4 auf eine niedrigere erste Gesamtstrafe erkannt hätte und der Angeklagte durch eine rechtsfehlerhafte Gesamtstrafenbildung beschwert wäre. Denn auch in diesem Fall verbliebe es bei Bildung der ersten Gesamtfreiheitsstrafe bei einer Einsatzstrafe von vier Jahren und sechs Monaten Freiheitsstrafe (aus Tat 3). Dass das Landgericht angesichts der weiteren einzubeziehenden Strafen von vier Jahren, drei Jahren und sechs Monaten sowie einem Jahr und zehn Monaten Freiheitsstrafe auch mit Blick auf das den Angeklagten treffende Gesamtstrafenübel eine noch geringere als die äußerst maßvoll bemessene Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren festgesetzt hätte, schließt der Senat aus.
3. Dagegen hält die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Denn das angefochtene Urteil verhält sich nicht zu der Frage, ob die Gefahr besteht, dass der Angeklagte infolge seines Hanges zukünftig erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird (§ 64 Satz 1 StGB). Auch dem Zusammenhang der Urteilsgründe lässt sich die unterbliebene Gefährlichkeitsprognose nicht entnehmen. Deren gänzlich fehlende Erörterung erweist sich als durchgreifend rechtsfehlerhaft, da sich eine negative Prognose trotz des festgestellten Betäubungsmittelkonsums des Angeklagten nicht von selbst versteht.
4. Die Verfallsentscheidungen des Landgerichts – Anordnung des Verfalls bezüglich des Pkw Maserati sowie des Verfalls des Wertersatzes in Höhe von zehn Millionen Euro – haben ebenfalls keinen Bestand. Zwar ist die Strafkammer, die zutreffend das bis zum 1. Juli 2017 geltende Recht angewandt hat (§ 316h Satz 2 EGStGB), im Ausgangspunkt zurecht davon ausgegangen, dass Bitcoins als erlangte Vermögensvorteile dem Verfall unterliegen, so dass hieran auch die Anordnung des Wertersatzverfalls anknüpfen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Juli 2017 – 1 StR 412/16, NStZ 2018, 401, 404 f.; Heine, NStZ 2016, 441, 444; Greier, wistra 2016, 249, 252 f.; Goger, MMR 2016, 431, 432 f.). Die vom Landgericht ausschließlich auf die Vorschriften der §§ 73, 73a StGB aF gestützten Verfallsanordnungen sind aber nicht tragfähig begründet, auch nicht in Bezug auf den für verfallen erklärten Pkw Maserati.
a) Das Landgericht ist bereits von einem zu weiten Anwendungsbereich der §§ 73, 73a StGB aF ausgegangen.
aa) Bei der Anordnung des Verfalls beziehungsweise des Verfalls des Wertersatzes nach §§ 73, 73a StGB aF muss die Tat, für die oder aus der etwas erlangt worden ist, von der Anklage umfasst und Gegenstand der Verurteilung sein (BGH, Beschlüsse vom 23. Mai 2012 – 4 StR 76/12, NStZ-RR 2012, 312; vom 20. April 2010 – 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255; vom 7. Januar 2003 – 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422 f.; vom 28. März 1979 – 2 StR 700/78, BGHSt 28, 369; MüKo-StGB/Joecks, 3. Aufl., § 73 Rn. 24). Eine Anordnung des Verfalls bzw. des Wertersatzverfalls nach §§ 73, 73a StGB aF für Erlöse aus nicht zur Aburteilung gelangten Straftaten ist unzulässig; insoweit kommt – bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen – nur der erweiterte Verfall nach § 73d StGB aF in Betracht (BGH, Urteil vom 19. Oktober 2011 – 1 StR 336/11, NStZ-RR 2012, 81, 82).
Die insoweit erforderliche Abgrenzung hat das Landgericht nicht vorgenommen. Den Urteilsgründen kann weder entnommen werden, in welchem Umfang die vom Angeklagten vereinnahmten Bitcoins den urteilsgegenständlichen Straftaten zuzuordnen sind, noch ist ersichtlich, ob der Pkw Maserati gerade durch Einnahmen aus den verfahrensgegenständlichen Straftaten finanziert worden ist.
Gegenstand der Verurteilung ist allein der Handel des Angeklagten mit insgesamt 211,05 kg Amphetamin und insgesamt 3 kg Marihuana in acht Fällen. Nur insoweit kamen Entscheidungen nach den §§ 73, 73a StGB aF in Betracht. In den Urteilsgründen werden den verfahrensgegenständlichen Taten jedoch keine Einnahmen – auch nicht im Wege einer Schätzung – zugeordnet, sondern es werden lediglich die Gesamteinnahmen des Angeklagten aus Betäubungsmittelverkäufen im Tatzeitraum benannt. Nach den Feststellungen des Landgerichts veräußerte der Angeklagte im Tatzeitraum jedoch neben Amphetamin und Marihuana zahlreiche weitere illegale Betäubungsmittel. Diesbezügliche Verkaufsmengen werden im angefochtenen Urteil zwar nicht im Einzelnen mitgeteilt. Dass auch dieser nicht verfahrensgegenständliche Handel von nennenswertem Umfang war, liegt aber bereits angesichts der im Depot der Tätergruppierung sichergestellten Betäubungsmittelvorräte nahe (u.a. etwa 1,3 kg Kokain; 4.158 Einheiten LSD; 4,6 kg MDMA in kristalliner Form; 5,1 kg MDMA in Form von Ecstasy-Pillen). Zudem ergibt sich aus den in den Urteilsgründen mitgeteilten, vom Angeklagten ungefähr erzielten Verkaufspreisen für Amphetamin und Marihuana, dass allein mit den verfahrensgegenständlichen Handelsmengen kein der Verfallsentscheidung entsprechender Betrag erwirtschaftet worden sein kann.
bb) Es kommt hier auch nicht in Betracht, die Verfallsanordnung ergänzend auf den – von der Strafkammer nicht in den Blick genommenen – erweiterten Verfall nach § 73d StGB aF zu stützen.
Die Vorschrift des § 73d StGB aF ist gegenüber §§ 73, 73a StGB aF subsidiär. Eine Anwendung des erweiterten Verfalls nach § 73d StGB aF ist daher erst dann möglich, wenn nach Ausschöpfung aller zulässigen Beweismittel ausgeschlossen werden kann, dass die Voraussetzungen der §§ 73, 73a StGB aF erfüllt sind (vgl. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2008 – 4 StR 386/08, BGHR StGB § 73a Anwendungsbereich 2; Beschlüsse vom 11. Februar 2016 – 3 StR 486/15, juris Rn. 5; vom 8. August 2013 – 3 StR 226/13, NStZ 2014, 82, 83; vom 20. April 2010 – 4 StR 119/10, NStZ-RR 2010, 255; vom 7. Januar 2003 – 3 StR 421/02, NStZ 2003, 422, 423; LK-StGB/Schmidt, 12. Aufl., § 73d Rn. 11). Dies hindert es, in dem Verfahren wegen einer Anlasstat, die auf § 73d StGB aF verweist, Gegenstände dem erweiterten Verfall zu unterwerfen, die der Angeklagte aus anderen, von der Anklageschrift nicht erfassten, aber zumindest möglicherweise konkretisierbaren Straftaten erlangt hat; denn diese Taten können und müssen zum Gegenstand eines gesonderten Strafverfahrens gemacht werden, in dem die Voraussetzungen der vorrangig anwendbaren §§ 73, 73a StGB zu prüfen sind (BGH, Beschlüsse vom 11. Februar 2016 – 3 StR 486/15, aaO; vom 8. August 2013 – 3 StR 226/13, aaO).
Vorliegend liegt es nahe, dass etwaige weitere Straftaten des Angeklagten konkretisiert werden können, da im Verfahren alle Angeklagten geständige Angaben gemacht haben und die einzelnen Bestellvorgänge in weiten Teilen durch Bestelllisten dokumentiert sind.
b) Zudem erweist sich die Anordnung des Wertersatzverfalls der Höhe nach insoweit als rechtsfehlerhaft, als das Landgericht die Wertsteigerung der Bitcoins bis kurz vor Ende der erstinstanzlichen Hauptverhandlung berücksichtigt hat, obwohl der Angeklagte die Bitcoins bereits zum Zeitpunkt seiner Festnahme zum weit überwiegenden Teil nicht mehr innehatte.
aa) Nach § 73a Satz 1 StGB aF ordnet das Gericht, soweit der Verfall eines bestimmten Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grunde nicht möglich ist oder von dem Verfall eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB aF abgesehen wird, den Verfall eines Geldbetrags an, der dem Wert des Erlangten entspricht. Auf welchen Zeitpunkt für die Wertbestimmung abzustellen ist, ist bislang unterschiedlich beurteilt worden.
(1) Nach teilweise im Schrifttum vertretener Auffassung ist für die Wertbestimmung im Rahmen von § 73a Satz 1 StGB aF generell auf den Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung abzustellen (vgl. Altenhain in Matt/Renzikowski, StGB, § 73a Rn. 2; Eser in Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl., § 73a Rn. 12; Heger in Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 73a Rn. 4; Fischer, StGB, 64. Aufl., § 73a Rn. 3; LK-StGB/Schmidt, aaO, § 73a Rn. 13; NK-StGB/Saliger, 5. Aufl., § 73a Rn. 6).
(2) Nach der Gegenansicht ist im Rahmen des § 73a Satz 1 StGB aF derjenige Zeitpunkt maßgeblich, zu welchem der Wertersatzanspruch als solcher entsteht; wird der Verfall des ursprünglich erlangten Gegenstandes im Sinne von § 73a Satz 1 Var. 2 StGB aF nachträglich unmöglich, soll daher auf den Zeitpunkt des Eintritts der Unmöglichkeit abzustellen sein (vgl. MüKo-StGB/Joecks, aaO, § 73a Rn. 17; SK-StGB/Wolters, 9. Aufl., § 73a Rn. 3; Lindemann in Leitner/Rosenau, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, § 73a Rn. 6; Güntert, Gewinnabschöpfung als strafrechtliche Sanktion, 1983, S. 67 f.; Wallschläger, Die strafrechtlichen Verfallsvorschriften, 2002, S. 117). Dieser Auffassung hat sich zuletzt das Oberlandesgericht Stuttgart bezüglich des maßgeblichen Verkehrswertes von ursprünglich erlangten Aktien angeschlossen (OLG Stuttgart, Urteil vom 6. Juni 2014 – 2 Ss 541/13, AG 2015, 45, 46 f.).
bb) Der Senat folgt der letztgenannten Auffassung insoweit, als für die Bestimmung des Wertersatzverfallsbetrages nach § 73a Satz 1 StGB aF Wertsteigerungen des Erlangten ab dem Zeitpunkt, zu welchem die Voraussetzungen dieser Vorschrift eingetreten sind, unbeachtlich sind; bei nachträglicher Unmöglichkeit des unmittelbaren Verfalls im Sinne des § 73a Satz 1 Var. 2 StGB aF bleiben ab diesem Zeitpunkt eintretende Wertsteigerungen somit außer Betracht (in diese Richtung weist auch die Gesetzesbegründung für die ab dem 1. Juli 2017 geltende Vorschrift des § 73c StGB, die die Einziehung des Wertes von Taterträgen regelt und die inhaltlich die Vorschrift des § 73a StGB aF übernommen hat, vgl. BT-Drucks. 18/1925, S. 67; Köhler, NStZ 2017, 497, 504).
Während sich weder aus dem Wortlaut des § 73a Satz 1 StGB aF noch aus der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift (BT-Drucks. 5/4095, S. 40) für die vorliegende Frage etwas ergibt, sprechen für dieses Verständnis Sinn und Zweck der Verfallsvorschriften. Diese haben das Ziel, dem illegitimen Empfänger die durch eine rechtswidrige Tat erlangten Vermögensvorteile wieder abzunehmen (LK-StGB/Schmidt, aaO, § 73 Rn. 7; MüKo-StGB/Joecks, aaO, § 73 Rn. 4; SK-StGB/Wolters, aaO, § 73 Rn. 7; Güntert, aaO, S. 68). Dabei muss die Abschöpfung spiegelbildlich dem Vermögensvorteil entsprechen, den der Täter aus der Tat gezogen hat (BGH, Urteile vom 27. November 2013 – 3 StR 5/13, BGHSt 59, 80, 92; vom 19. Januar 2012 – 3 StR 343/11, BGHSt 57, 79, 82; Beschluss vom 27. Januar 2010 – 5 StR 224/09, NJW 2010, 882, 884; LK-StGB/Schmidt, aaO, § 73 Rn. 19; Wiedner in Graf/Jäger/Wittig, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 73 StGB Rn. 23).
Wertsteigerungen, die der ursprünglich erlangte Gegenstand erfährt, nachdem der Täter diesen nicht mehr innehat, kommen dem Tätervermögen jedoch nicht mehr zugute. Würde man gleichwohl solche nachträglichen Wertzuwächse im Rahmen von § 73a StGB aF berücksichtigen, orientierte sich die Abschöpfung an einem Wert, der von dem Täter zu keinem Zeitpunkt seiner Verfügungsgewalt über das Erlangte hätte realisiert werden können (vgl. OLG Stuttgart, aaO; MüKo-StGB/Joecks, aaO; Güntert, aaO, S. 68; Wallschläger, aaO, S. 117). Dies ginge aber über die genannte Zielsetzung des Verfalls – spiegelbildliche Abschöpfung illegitim erlangter Vermögensvorteile – hinaus. Eine solchermaßen verschärfte Haftung rechtfertigt sich auch nicht aufgrund des Rechtscharakters des Wertersatzverfalls nach § 73a StGB aF, da dieses Institut lediglich der Lückenschließung für Fälle dient, in denen ein an sich zulässiger Verfall des erlangten Tatvorteils aus bestimmten Gründen nicht möglich ist (Eser in Schönke/Schröder, aaO, § 73a Rn. 1; LK-StGB/Schmidt, aaO, § 73a Rn. 2; Güntert, aaO, S. 67; Sotiriadis, Die Entwicklung der Gesetzgebung über Gewinnabschöpfung und Geldwäsche, 2010, S. 89). Mit dieser bloßen Auffangfunktion ist eine über die illegitime Vermögensmehrung hinausgehende Haftung nicht vereinbar.
cc) Gemessen daran hätte die Strafkammer bei der Ermittlung des Wertersatzverfallsbetrages nicht auf den Wert der Bitcoins, den diese zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung hatten, abstellen dürfen.
dd) Der vorliegenden Entscheidung steht nicht die zu § 401 der Reichsabgabenordnung (RAbgO) ergangene Entscheidung des 1. Ferienstrafsenats vom 27. August 1953 (1 StR 781/52, BGHSt 4, 305 ff.) entgegen. Die Vorschrift des § 401 RAbgO ermöglichte in Abs. 1 die Einziehung der steuerpflichtigen Erzeugnisse und zollpflichtigen Waren, hinsichtlich derer eine Steuerhinterziehung begangen worden war, sowie der zur Tatbegehung genutzten Beförderungsmittel; Abs. 2 sah im Fall einer nicht mehr vollziehbaren Einziehung die Auferlegung einer Wertersatzleistung vor. Für die Bemessung dieser Wertersatzleistung war der Zeitpunkt der letzten tatrichterlichen Entscheidung als maßgeblich erachtet worden (BGH, aaO).
Hieraus ergibt sich keine Divergenz im Sinne des § 132 Abs. 2 GVG (vgl. auch OLG Stuttgart, aaO). Die Entscheidung vom 27. August 1953 betraf ein anderes, inzwischen aufgehobenes Gesetz. Das Verfallsrecht der §§ 73 ff. StGB aF wurde dagegen erst durch das Zweite Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 4. Juli 1969 (BGBl. I, S. 717 ff.) zum 1. Januar 1975 eingeführt und geht in seinem Anwendungsbereich deutlich über die Einziehung nach § 401 RAbgO hinaus. Zudem war die Einziehung nach § 401 RAbgO – anders als der Verfall – als Nebenstrafe ausgestaltet (vgl. Hartung, Das Steuerstrafrecht, 2. Aufl. [1956], S. 106 und 109).
c) Es kommt schließlich nicht mehr entscheidend darauf an, dass auch die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB aF durch das Landgericht durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet, da es in Anwendung dieser Vorschrift lediglich den von ihm aufgrund der erlangten Bitcoins errechneten Betrag von 10.528.591,55 Euro auf zehn Millionen Euro reduziert, sich aber nicht in tragfähiger Weise damit auseinandergesetzt hat, ob der Wert des Erlangten auch insoweit noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden ist (§ 73c Abs. 1 Satz 2 StGB; zur Prüfungsreihenfolge BGH, Beschlüsse vom 16. Juli 2015 – 4 StR 265/15, NStZ-RR 2015, 307; vom 21. März 2013 – 3 StR 52/13, StV 2013, 630; jeweils mwN).
Das Landgericht hat seine Annahme, der Verfallsbetrag von zehn Millionen Euro sei noch im Vermögen des Angeklagten vorhanden, allein auf die Erwägung gestützt, der Angeklagte habe Interesse an Immobilien in Belgrad, Amsterdam und Brüssel bekundet. Aus dem bloßen, nicht näher spezifizierten Interesse an Immobilien ergibt sich jedoch nicht, dass der Angeklagte über erhebliche finanzielle Mittel verfügte.
5. a) Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat – mit Blick auf die Ausführungen des Landgerichts auf UA 127 – darauf hin, dass es auf die Möglichkeit der Anordnung eines unmittelbaren Verfalls von Bitcoins nach § 73 StGB aF ohne Auswirkung ist, ob den Ermittlungsbehörden der private Schlüssel für das Wallet bekannt ist. Die Erlangung der faktischen Verfügungsgewalt über die Bitcoins setzt zwar die Kenntnis des privaten Schlüssels voraus; die mit einer Nichtkenntnis verbundenen tatsächlichen Hindernisse betreffen aber allein die Vollstreckung der Verfallsentscheidung und lassen die Anordnung des Verfalls unberührt (BGH, Beschluss vom 27. Juli 2017 – 1 StR 412/16, NStZ 2018, 401, 405; Heine, NStZ 2016, 441, 445).
b) Auch das neue Tatgericht wird bei den zu treffenden Verfallsentscheidungen das bis zum 1. Juli 2017 geltende Recht anzuwenden haben (vgl. BGH, Urteil vom 29. März 2018 – 4 StR 568/17, NJW 2018, 1831, 1832).
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