Entscheidungsdatum: 16.07.2015
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Kaiserslautern vom 30. März 2015 im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freispruch im Übrigen wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sieben Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von 27.700 € angeordnet. Die mit der Sachrüge geführte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Nach den Feststellungen baute der Angeklagte seit „September/Oktober 2012 bis Mitte April 2014" in einem Nebengebäude auf dem Anwesen seiner Mutter in K. Cannabispflanzen an. Er gewann aus sieben gesonderten Anbauvorgängen insgesamt 10,786 kg Marihuana (mindestens 400,22 g THC), das er - abgesehen von der letzten, sichergestellten Aufzucht - für insgesamt mindestens 27.700 € gewinnbringend veräußerte.
2. Der Schuld- und Strafausspruch des angefochtenen Urteils weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Das angefochtene Urteil ist jedoch rechtsfehlerhaft, soweit die Strafkammer im Rahmen des angeordneten Wertersatzverfalls die Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB abgelehnt hat.
a) Bedenken begegnet bereits die vom Tatrichter beobachtete Prüfungsreihenfolge innerhalb des § 73c Abs. 1 StGB.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt sich aus dem systematischen Verhältnis zwischen der bei „unbilliger Härte" zwingend zum Ausschluss der Verfallsanordnung führenden Regelung in § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB einerseits und der Ermessensvorschrift in § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB andererseits, dass regelmäßig zunächst auf der Grundlage letztgenannter Vorschrift zu prüfen ist, ob von einer Anordnung des Verfalls oder Wertersatzverfalls abgesehen werden kann (BGH, Beschlüsse vom 21. März 2013 - 3 StR 52/13, StV 2013, 630 f., und vom 13. Februar 2014 - 1 StR 336/13).
Das Landgericht hätte also nicht in umgekehrter Reihenfolge zunächst die Frage einer unbilligen Härte prüfen dürfen.
b) Den im Rahmen des § 73c Abs. 1 StGB anzulegenden Maßstäben ist das Landgericht aber auch inhaltlich weder bei der Anwendung der Ermessensvorschrift in § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB noch bei der Härteklausel aus § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB in ausreichendem Maße gerecht geworden.
aa) Zu der Ermessensvorschrift in § 73c Abs. 1 Satz 2 StGB hat die Strafkammer lediglich mitgeteilt, dass eine Gefährdung der Resozialisierung mit der Anordnung des Wertersatzverfalls nicht verbunden sei. Jedoch scheidet eine Ermessensentscheidung nach § 73c Abs. 1 Satz 2 1. Alt. StGB aus, soweit der Angeklagte über Vermögen verfügt, das wertmäßig nicht hinter dem anzuordnenden Verfallsbetrag zurückbleibt (vgl. BGH, Urteile vom 10. Oktober 2002 - 4 StR 233/02, BGHR StGB § 73c Wert 3 und vom 27. Oktober 2011 - 5 StR 14/11, NStZ 2012, 267; Beschluss vom 2. Dezember 2004 - 3 StR 246/04, NStZ-RR 2005, 104, 105). Hierzu hat das Landgericht keine hinreichenden Feststellungen getroffen. Den Urteilsgründen lässt sich entnehmen, dass dem Angeklagten insgesamt aus dem Verkauf des Marihuanas (mindestens) 27.700 € zugeflossen sind. Feststellungen dazu, ob „der Angeklagte über besondere Vermögenswerte verfügte oder einen teuren Lebensstil pflegte" (UA 15), vermochte das Landgericht nicht zu treffen. Damit ist dem angefochtenen Urteil, auch in seinem Gesamtzusammenhang, nicht zu entnehmen, in welchem Umfang noch wertmäßig aus den Taten des Angeklagten Erlangtes in seinem Vermögen vorhanden und somit die Ausübung tatrichterlichen Ermessens überhaupt erst eröffnet ist (zu den hierbei anzustellenden Billigkeitserwägungen vgl. Fischer, StGB, 62. Aufl., § 73c Rn. 5 mwN).
bb) In Bezug auf eine „unbillige Härte" im Sinne von § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB erschöpft sich das Urteil in der Behauptung des Fehlens einer solchen „auch unter Berücksichtigung der finanziellen Verhältnisse des Angeklagten" (UA 20). Das genügt nicht, um die Anwendung der Vorschrift auszuschließen. Freilich ist eine „unbillige Härte" erst dann gegeben, wenn die Anordnung des Verfalls schlechthin ungerecht wäre und das Übermaßverbot verletzen würde. Die Auswirkungen des Verfalls müssten mithin im konkreten Einzelfall außer Verhältnis zu dem vom Gesetzgeber mit der Maßnahme angestrebten Zweck stehen (st. Rspr.; s. nur BGH, Beschluss vom 13. Februar 2014 - 1 StR 336/13). Das Nichtvorhandensein des Erlangten bzw. eines Gegenwertes im Vermögen des von der Verfallsanordnung Betroffenen kann nach der aufgezeigten Systematik des § 73c Abs. 1 StGB für sich genommen regelmäßig noch keine unbillige Härte begründen (BGH, Urteil vom 26. März 2009 - 3 StR 579/08, NStZ 2010, 86 f.; Beschluss vom 13. Februar 2014, aaO). Maßgeblich für das Vorliegen einer „unbilligen Härte" gemäß § 73c Abs. 1 Satz 1 StGB ist vielmehr, wie sich die Verfallsanordnung auf das davon betroffene Vermögen auswirken würde (BGH, Urteil vom 13. Juni 2001 - 3 StR 131/01, wistra 2001, 388, 389). Da sich das angefochtene Urteil nicht näher zu der „unbilligen Härte"verhält, ist dem Senat die Überprüfung nicht möglich, ob das Tatgericht das genannte Merkmal rechtsfehlerfrei ausgelegt hat.
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