Entscheidungsdatum: 19.03.2015
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. März 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 50 000 € festgesetzt.
Der Kläger wendet sich gegen den gemäß §§ 18 ff. des Allgemeinen Eisenbahngesetzes - AEG - in Verbindung mit §§ 72 ff. des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - VwVfG NRW - zu Gunsten der Beigeladenen ergangenen Planfeststellungsbeschluss für den Bau einer Anlage für den kombinierten Güterverkehr (KV-Terminal) auf dem Gelände des ehemaligen Bahnhofs Dortmund-Nord "Am Hafenbahnhof" vom 15. November 2012 in Gestalt des ersten Änderungsbescheids vom 7. März 2014. Die Stadt Dortmund ist Eigentümerin eines an das Vorhabengelände angrenzenden Grundstücks (Flurstück X der Flur Y der Gemarkung H.), an dem der Kläger ein Erbbaurecht hat. Er betreibt ein Gewerbe für Rolltore und Rollladen und ist Eigentümer des dort errichteten Gebäudes, das er zu Büro- und Wohnzwecken nutzt. Der Kläger berühmt sich zudem eines von der Stadt eingeräumten Vorkaufsrechts an einem Teil des Nachbargrundstücks (Flurstück Z). Dort soll im Rahmen des planfestgestellten Vorhabens eine Wendefläche für LKW angelegt werden.
Die Klage des Klägers gegen den Planfeststellungsbeschluss hat das Oberverwaltungsgericht abgewiesen. Zur Begründung hat es unter anderem - soweit hier von Belang - ausgeführt: Soweit der Kläger sich darauf berufe, dass das Eigentümerverzeichnis der durch die Planung betroffenen Grundstücke fehlerhaft sei, weil sein Vorkaufsrecht durch einen über dieselbe Fläche abgeschlossenen Erbbaurechtsvertrag zwischen der Stadt Dortmund und der Beigeladenen umgangen werde, sei er nach § 18a Nr. 7 Satz 1 AEG präkludiert; insoweit habe er keine Einwendungen gegen den Planfeststellungsbeschluss innerhalb der Einwendungsfrist erhoben. Abgesehen davon werde das Vorkaufsrecht des Klägers nicht beeinträchtigt, weil der Abschluss eines Erbbaurechtsvertrags einem Kaufvertrag nicht gleichzustellen sei. Die weitere Rüge, eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei verfahrensfehlerhaft unterlassen worden, sei ebenso wenig berechtigt. Die neu zu versiegelnden Vorhabenflächen betrügen ca. 85 500 m2, und dass eine UVP-Pflicht im Einzelfall gegeben sei, habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Im Übrigen sei er auch mit diesem Vorbringen präkludiert, weil er es im Einwendungsschreiben im Planfeststellungsverfahren nicht geltend gemacht habe.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat nicht die von ihm geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
1. Der Kläger hält zunächst folgende Frage für klärungsbedürftig:
"Kommt dem mit einem Vorkaufsrecht belasteten Grundstück, das für die Planung in Anspruch genommen wird, die Belastung mit einem Erbbaurecht dem Verkauf desselben gleich?"
Die Frage rechtfertigt schon deswegen nicht die Zulassung der Revision, weil der Kläger nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts im Planfeststellungsverfahren keine auf sein Vorkaufsrecht und dessen Umgehung zielenden Einwendungen erhoben hat und daher mit diesem Vorbringen nach § 18a Nr. 7 Satz 1 AEG ausgeschlossen ist. Zwar hat der Kläger auch im Hinblick auf diese Präklusion eine Grundsatzfrage formuliert, nach der er für klärungsbedürftig hält, ob
"ein Kläger mit einer sich aus dem Grundbuch eines Grundstücks, das für die Vorhabenverwirklichung in Anspruch genommen wird, ergebenden Tatsache, die er im Verwaltungsverfahren nicht geltend macht, präkludiert sein"
kann.
Diese Frage geht jedoch bereits an Sinn und Zweck des Rechts, Einwendungen gegen eine Planung zu erheben, vorbei. Einwendungen im Sinne des Planfeststellungsrechts (§ 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG) sind sachliches Gegenvorbringen, das der Wahrung eigener Rechte oder Belange dient und auf die Verhinderung des Vorhabens oder seine Änderung zielt (vgl. Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Aufl. 2014, § 73 Rn. 82 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 17. Juli 1980 - 7 C 101.78 - BVerwGE 60, 297 <300>). Der Einwendungsführer muss darlegen, inwieweit er sich durch das Vorhaben betroffen sieht und welche Bedenken sich daraus gegen das Vorhaben ergeben, damit die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, welchen Belangen sie in welcher Weise nachgehen soll (BVerwG, Urteil vom 21. Juni 2006 - 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 Rn. 27). Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist offenkundig, dass allein die Tatsache, dass sich aus dem Grundbuch für den Einwendungsführer Rechte an einem in Anspruch genommenen Grundstück ergeben, eine zur Wahrung dieser Rechte erhobene Einwendung nicht ersetzen kann; denn allein die sich aus dem Grundbuch ergebende Rechtsstellung besagt nichts darüber, ob und inwieweit und aus welchen Gründen sie gegen das Vorhaben ins Feld geführt werden soll. Die Eintragung des Rechts im Grundbuch steht daher einer Präklusion mangels einer auf das Recht bezogenen Einwendung nicht entgegen.
An dieser Stelle soll jedoch nicht unerwähnt bleiben, dass nicht nur jegliche Feststellung über eine Eintragung des Vorkaufsrechts des Klägers im Grundbuch fehlt, sondern der von ihm selbst als Anlage zu seinem Schriftsatz vom 28. Januar 2013 vorgelegte Entwurf einer Vereinbarung zwischen der Beigeladenen und ihm vom 21. Januar 2013 sogar nahelegt, dass es ein dinglich gesichertes Vorkaufsrecht gar nicht gibt; denn dort ist in Ziffer 3 ausdrücklich vermerkt, dass eine Eintragung des Vorkaufsrechts nicht erfolgt sei (vgl. GA Blatt 61).
Abgesehen davon, dass somit die eingangs der Beschwerdebegründung gestellte Grundsatzfrage nach der Vergleichbarkeit eines Erbbaurechtsvertrages mit einem Verkauf wegen der ohne Erfolg angegriffenen Präklusion in einem Revisionsverfahren nicht beantwortet werden müsste, bietet diese Frage auch der Sache nach keinen Ansatzpunkt für eine über den Fall hinausweisende grundsätzliche Klärung. Das Oberverwaltungsgericht hat im Einklang mit dem vom Kläger herangezogenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 27. Januar 2012 - V ZR 272/10 - (NJW 2012, 1354) darauf hingewiesen, dass eine interessengerechte Auslegung des § 463 BGB gebiete, die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht nur dann zuzulassen, wenn der Verpflichtete formell einen Kaufvertrag mit einem Dritten über den mit dem Vorkaufsrecht belasteten Gegenstand abgeschlossen hat, sondern auch bei Vertragsgestaltungen, die bei materieller Betrachtung einem Kauf im Sinne des Vorkaufsrechts so nahe kommen, dass sie ihm gleichgestellt werden können und in die der Vorkaufsberechtigte zur Wahrung seines Erwerbs- und Abwehrinteresses "eintreten" kann, ohne die vom Verpflichteten ausgehandelten Konditionen zu beeinträchtigen. In Anwendung dieser Grundsätze hat das Oberverwaltungsgericht den Erbbaurechtsvertrag zwischen der Stadt Dortmund und der Beigeladenen nicht als kaufähnliches Rechtsgeschäft angesehen, weil keine Vereinbarung in Rede stehe, die auf eine Eigentumsübertragung gegen Zahlung eines bestimmten Preises gerichtet sei. Ein weitergehender Klärungsbedarf, den das Revisionsgericht befriedigen könnte, ergibt sich insoweit nicht; denn es liegt auf der Hand, dass es eine Frage des Einzelfalls ist, ob und inwieweit eine Vertragsgestaltung einem Kauf im Sinne des Vorkaufsrechts gleich kommt. Die maßgeblichen Kriterien, an denen sich die Beantwortung dieser Frage ausrichtet, hat der Bundesgerichtshof in dem zitierten Urteil und in seiner Rechtsprechung, auf die er sich dort bezieht, aufgezeigt. Daraus ergibt sich zugleich, dass jedenfalls der Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages für sich gesehen die Annahme, der Vorkaufsfall sei eingetreten, nicht rechtfertigt, solange nicht die Ausgestaltung des Vertragsinhalts und die Umstände beim Vertragsabschluss eine solche Gleichstellung nahelegen.
2. Schließlich rechtfertigt auch die letzte Frage des Klägers,
ab welchem Maß der Flächeninanspruchnahme durch Versiegelung bei einem Vorhaben nach Nr. 14.8 Anlage 1 zu § 3b Abs. 1 Satz 1 UVPG statt einer Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei,
nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Das ergibt sich schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht das Vorbringen zu der Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung ebenfalls als präkludiert angesehen hat, ohne dass sich der Kläger dagegen mit einem durchgreifenden Zulassungsgrund wendet.
Aber auch unabhängig davon wäre die aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig. Nach der genannten Nr. 14.8 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG - unterfällt das planfestgestellte Vorhaben der Beigeladenen dem Buchst. A in der Spalte 2, so dass nach § 3c Satz 1 UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, wenn das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde auf Grund überschlägiger Prüfung unter Berücksichtigung der in der Anlage 2 aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 zu berücksichtigen wären. Dass dafür unter anderem die Größe des Vorhabens und somit auch der Umfang der dadurch verursachten Flächenversiegelung von Bedeutung ist, ergibt sich schon aus der Natur der Sache, aber auch aus den in der Anlage 2 zum Gesetz ausdrücklich aufgeführten Kriterien. Eine konkrete Flächengrenze, ab der eine Versiegelung des Bodens eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfordert, lässt sich diesen Bestimmungen allerdings nicht entnehmen. Zwar hat das Eisenbahn-Bundesamt als zuständige Behörde im Sinne des § 3c Satz 1 UVPG einen Umweltleitfaden herausgegeben, aus dessen Anhang II-2: "Formular zur Umwelterklärung" zu entnehmen ist, dass es ab einer Neuversiegelung von mehr als 10 ha eine solche Prüfung empfiehlt. Eine verbindliche Festlegung im Wege der Normkonkretisierung kann darin aber schon wegen des empfehlenden Charakters dieses Hinweises nicht gesehen werden. Jedenfalls liegt es auf der Hand, dass es - schon auf Grund der Vielzahl der nach der erwähnten Anlage 2 zu berücksichtigenden und dort nicht einmal abschließend aufgeführten Kriterien - zunächst und vornehmlich der Einschätzung der zur Normkonkretisierung berufenen Fachbehörde unterläge, ob und inwieweit zu der Auslegung und Anwendung dieser Kriterien derartige Grenzen festgelegt werden können, und die Aufgabe des Gerichts sich darin erschöpft, eine solche Einschätzung unter Beachtung der behördlichen Prärogative auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen (vgl. § 3a Satz 4 UVPG und BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2006 - 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 48).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.