Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 25.10.2017


BPatG 25.10.2017 - 26 W (pat) 54/13

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – Beschwerde gegen Kostenentscheidung - "Freiherr von Göler (Wort-Bild-Marke)" – zur Auferlegung der Kosten im patentamtlichen Löschungsverfahren - keine Rückzahlung der Löschungsantragsgebühr oder der Beschwerdegebühr – keine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
25.10.2017
Aktenzeichen:
26 W (pat) 54/13
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2017:251017B26Wpat54.13.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2010 066 933 (S 308/11 Lösch)

(hier: Beschwerde gegen Kostenentscheidung)

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 25. Oktober 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Jacobi und Dr. von Hartz

beschlossen:

1. Der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 19. Februar 2013 wird aufgehoben, soweit dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind. Im Übrigen wird die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung zurückgewiesen.

2. Die wechselseitigen Kostenanträge werden zurückgewiesen.

3. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Für die Beschwerdegegnerin war am 2. März 2011 die Wort-/Bildmarke Abbildung (30 2010 066 933) für Waren der Klasse 33 eingetragen.

2

Den am 5. November 2011 eingegangenen Löschungsantrag des Beschwerdeführers hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) mit Beschluss vom 19. Februar 2013 zurückgewiesen und dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens wegen mangelhafter Verfahrensführung sowie verfahrensfremder Argumente zur Begründung des Löschungsantrages auferlegt. Seine Verfahrensbevollmächtigte habe für Verwirrung gesorgt, weil sie in das vorliegende Löschungsverfahren drei weitere Löschungsantragsteller eingeführt und in deren Namen Schriftsätze eingereicht habe. In einem Schriftsatz habe sie sogar insgesamt sieben Antragsteller aufgeführt. Dies habe bei der Antragsgegnerin unnötige Zeit und Kosten verursacht. Ferner habe seine Bevollmächtigte den Löschungsantrag auf Gründe gestützt, für die es weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur auch nur ansatzweise eine Bestätigung gebe. So habe sie sich auf die Verletzung von Namens- und namensähnlichen Rechten berufen, obwohl ihr in einem bereits anhängigen Widerspruchsverfahren mitgeteilt worden sei, dass dafür die ordentlichen Gerichte zuständig seien. Ferner habe sie auf aufgehobene Gesetze und veraltete Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts Bezug genommen.

3

Mit seiner Beschwerde wendet sich der Antragsteller allein gegen die Kostenentscheidung, die er für unbillig hält. Er ist der Ansicht, dass er die Kosten des Löschungsverfahrens nicht zu tragen habe. Die Rechtsfindung sei Aufgabe des DPMA. Seine Rechtsausführungen hätten nur der Unterstützung des Amtes gedient. Soweit in seinen Schriftsätzen unzutreffende Aktenzeichen oder Verfahrensbeteiligte aufgeführt gewesen seien, könne ein etwaiges Versehen seiner Verfahrensbevollmächtigten ihm nicht zur Last gelegt werden. Vielmehr seien die Kosten des Löschungsverfahrens der Inhaberin der angegriffenen Marke aufzuerlegen, weil sie trotz einer ersichtlich begründeten Löschungsaufforderung an einer schutzunfähigen Marke festgehalten und somit den Löschungsantrag provoziert habe. Ferner begehrt er die Rückzahlung der Amtsgebühren für das Löschungs- und das Beschwerdeverfahren.

4

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

5

1. den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 19. Februar 2013 aufzuheben, soweit ihm die Kosten des Verfahrens auferlegt worden sind, und die patentamtlichen Verfahrenskosten der Antragsgegnerin aufzuerlegen;

6

2. der Antragsgegnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen;

7

3. die Rückzahlung der Löschungsgebühr und der Beschwerdegebühr anzuordnen.

8

Die Antragsgegnerin beantragt,

9

1. die Beschwerde zurückzuweisen;

10

2. die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Antragsteller aufzuerlegen.

11

Sie verteidigt die angefochtene Kostenentscheidung des DPMA und vertritt die Auffassung, dass der Antragsteller in einer nach anerkannten Beurteilungsmaßstäben aussichtslosen Situation sein Löschungsbegehren durchzusetzen versucht und das Verfahren in einer Art und Weise geführt habe, die bei ihr erhebliche und unnötige Kosten verursacht habe. Er habe wahllos und wirr Argumente vorgebracht, sich nicht auf die gesetzlich vorgesehenen Löschungsgründe beschränkt und rechtliche Hinweise des DPMA ignoriert. Die eingereichten Schriftsätze hätten zu einem Chaos geführt, welches nur durch mühevolle Recherchen und Rückfragen beim DPMA aufzulösen gewesen sei.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

13

1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist die isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung des DPMA nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft. Die Vorschrift des § 99 Abs. 1 ZPO, die ein Verbot der isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung vorsieht und aufgrund der Verweisungsnorm in § 82 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 MarkenG grundsätzlich Anwendung finden könnte, ist wegen der Besonderheiten des Beschwerdeverfahrens vor dem Patentgericht nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 MarkenG nicht anwendbar. Da das Bundespatentgericht die erste gerichtliche Instanz ist, die einen Verwaltungsakt des DPMA überprüft, handelt es sich beim markenrechtlichen Beschwerdeverfahren nicht um ein Rechtsmittel im Sinne von § 99 ZPO (vgl. BPatG 33 W (pat) 9/09 – IGEL PLUS/ PLUS; 24 W (pat) 47/13 – Macon Relax Vital).

14

2. Die Beschwerde ist auch begründet, soweit die Markenabteilung 3.4 des DPMA dem Antragsteller die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens auferlegt hat. Im Übrigen hat die Beschwerde gegen die Kostenentscheidung keinen Erfolg. Dies gilt auch für die wechselseitig gestellten Kostenanträge. Die Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr kommt ebenfalls nicht in Betracht.

15

a) Entgegen der Ansicht der Markenabteilung des DPMA waren die der Antragsgegnerin im patentamtlichen Löschungsverfahren entstandenen Kosten nicht dem Antragsteller aufzuerlegen. Die angefochtene Kostenentscheidung war daher aufzuheben, mit der Folge, dass jeder Beteiligte die ihm im Löschungsverfahren erwachsenen Kosten gemäß § 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG selbst zu tragen hat, was keines ausdrücklichen Ausspruches bedarf (BPatG 25 W (pat) 517/11).

16

aa) Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung im patentamtlichen Verfahren ist § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, wonach das DPMA die Kosten des Verfahrens einem Beteiligten ganz oder teilweise auferlegen kann, wenn dies der Billigkeit entspricht. § 63 Abs. 1 Satz 3 MarkenG geht im Grundsatz davon aus, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Für ein Abweichen von diesem Grundsatz bedarf es stets besonderer Umstände (BGH GRUR 1972, 600, 601 – Lewapur). Dabei ist stets ein strenger Maßstab anzulegen, der dem Umstand Rechnung trägt, dass die Kostentragung aus Billigkeitsgründen nur ausnahmsweise in Betracht kommt. Demnach ist auch der Verfahrensausgang in der Hauptsache für sich genommen kein Grund, einem Beteiligten Kosten aufzuerlegen (BGH GRUR 1972, 600, 601 – Lewapur).

17

bb) Solche Umstände sind insbesondere dann gegeben, wenn der Schluss nahe liegt, dass ein Beteiligter unter Verstoß gegen seine prozessualen Sorgfaltspflichten allein verfahrensfremde Ziele wie die Verzögerung einer Entscheidung oder die Behinderung der Gegenseite verfolgt, etwa in dem er in einer nach allgemein anerkannten Beurteilungsgrundsätzen aussichtslosen Situation sein Interesse an dem Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht und dadurch dem Verfahrensgegner vermeidbare Kosten aufbürdet (vgl. 27 W (pat) 40/12 – mcpeople/McDonald′s; BPatGE 12, 238, 240 – Valsette/Garsette).

18

cc) Keiner der vorgenannten besonderen Umstände kann hier festgestellt werden.

19

aaa) Soweit der Antragsteller zur Begründung seines Löschungsantrages auf veraltete Rechtsprechung zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und auf eine aufgehobene EU-Verordnung gestützt hat, ist es in erster Linie Aufgabe des DPMA gewesen, die richtige rechtliche Beurteilung des zu entscheidenden Sachverhaltes vorzunehmen. Auch wenn der Antragsteller aufgrund des Schreibens des DPMA vom 23. September 2011 gewusst hat, dass die Verletzung von Namens- und namensähnlichen Rechten vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen sind, blieb es ihm zumindest unbenommen, die Markeneintragung auch noch unter anderen Gesichtspunkten, insbesondere ob die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1, 4, 5, 9 und 10 MarkenG vorliegen, überprüfen zu lassen. Die Prüfung eines Löschungsantrages obliegt umfassend in rechtlicher Hinsicht und aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes auch in tatsächlicher Hinsicht allein dem DPMA, auch wenn den Löschungsantragsteller eine Mitwirkungspflicht trifft (vgl. BPatG GRUR 1997, 833, 835 – digital; Kirschneck in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 54 Rdnr. 20). Rechtsausführungen der Verfahrensbeteiligten können nur Anregungen sein. Der Grundsatz „iura novit curia“ (das Gericht kennt das anzuwendende Recht) gilt entsprechend im justizförmig ausgestalteten Patentamtsverfahren.

20

Soweit unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BPatG (MarkenR 2006, 172, 175 – Pinocchio) die Auffassung vertreten wird, dass im Löschungsverfahren besondere Umstände dann vorliegen, wenn der Antragsteller sein Löschungsbegehren ausschließlich auf Löschungsgründe stützt, für die er weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur auch nur ansatzweise eine Bestätigung hat finden können, handelt es sich zum einen um eine Einzelfallentscheidung, zum anderen darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass eine Kostenauferlegung dort letztlich nur erfolgt ist, weil das BPatG die alleinige Absicht der Verfolgung zweckfremder Ziele bei der Stellung des Löschungsantrages festgestellt hat.

21

Abgesehen davon, dass aufgrund der vom Antragsteller behaupteten Unbefugtheit der Antragsgegnerin zur Anmeldung der angegriffenen Marke insbesondere der Löschungsgrund der Bösgläubigkeit nicht von Vornherein ausgeschlossen war, fehlt es an einer eindeutigen Verfolgung verfahrensfremder Ziele. Hinzu kommt, dass die angegriffene Marke den wesentlichen Teil des Namens des Antragstellers enthält, so dass dieser sogar ein eigenes und nicht nur ein öffentliches Interesse am Löschungsverfahren hatte.

22

bbb) Soweit die Kostenauferlegung vom DPMA auch mit mangelhafter Verfahrensführung begründet wird, ist, abgesehen davon, ob eine mangelhafte Verfahrensführung allein bereits eine Kostenauferlegung rechtfertigen kann, zu berücksichtigen, dass das DPMA an der durch die Schriftsätze des Antragstellers gestifteten „Verwirrung“ mitgewirkt hat. Nach Eingang dieser Schriftsätze hätte es dem Amt oblegen, darauf hinzuweisen, dass diese neuen Löschungsanträge nicht auf diese Weise, sondern nur unter Benutzung des entsprechenden Formulars nach § 41 MarkenV bei gleichzeitiger Einzahlung weiterer Löschungsgebühren eingereicht werden müssen. Ferner hätte es neue Verfahren anlegen, eigene Aktenzeichen vergeben und selbständig darüber entscheiden müssen. Wenn das DPMA diese für das vorliegende Verfahren gegenstandslosen Schriftsätze dennoch an den Gegner weiterleitet, hätte sie diesen zumindest darüber informieren müssen, dass sich diese nicht auf das vorliegende Löschungsverfahren S 308/11 Lösch beziehen, sondern der – bisher unzulässigen – Einleitung weiterer, davon unabhängiger Löschungsverfahren dienen, weshalb sie für das vorliegende Verfahren nicht zu berücksichtigen sind. Dann hätte der Gegner sie auch nicht zur Kenntnis genommen und Zeit gespart.

23

dd) Der Antragsteller hat darüber hinaus keine hinreichenden Gründe dargelegt, warum die Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens nach § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG der Antragsgegnerin aufzuerlegen wären. Allein der Umstand, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke der „Löschungsaufforderung“ des Antragstellers – wie das Löschungsverfahren gezeigt hat – zu Recht nicht nachgekommen ist, kann eine Kostenentscheidung zu ihren Lasten nicht rechtfertigen.

24

b) Der Antrag auf Rückzahlung der patentamtlichen Löschungsgebühr nach § 63 Abs. 2 MarkenG ist unzulässig. Die Entscheidung über die Rückzahlung der Löschungsgebühr kann erstmalig nur vom DPMA im Rahmen des Löschungsverfahrens getroffen werden, aber nicht vom BPatG in einem Beschwerdeverfahren.

25

Dieser unzulässige Antrag kann aber im Wege der Umdeutung als Beschwerde gegen die stillschweigende Entscheidung des DPMA, die Löschungsgebühr einzubehalten, gewertet werden.

26

aa) Nach § 63 Abs. 2 MarkenG kann das Patentamt anordnen, dass die Gebühr für das Löschungsverfahren ganz oder teilweise zurückgezahlt wird, wenn dies der Billigkeit entspricht. Von dieser Möglichkeit hat die Markenabteilung im angefochtenen Beschluss keinen Gebrauch gemacht. Damit hat sie entschieden, dass eine Rückzahlung der Löschungsgebühr nicht stattfinden soll. Eines Ausspruches zur Frage der Rückzahlung der Löschungsgebühr bedarf es nur dann, wenn das DPMA die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Rückzahlung für gegeben hält, also wenn es die Löschungsgebühr zurückzahlen will, oder wenn der Antragsteller die Rückzahlung beantragt und das DPMA diesem Antrag nicht stattgeben will. Keiner dieser Fälle lag hier jedoch vor. Weder wollte die Markenabteilung die Löschungsgebühr zurückzahlen, noch hatte der Antragsteller im patentamtlichen Verfahren einen förmlichen Rückzahlungsantrag gestellt. Schweigt der Beschluss zur Frage der Rückzahlung der Löschungsgebühr, so ist damit entschieden, dass die Löschungsgebühr – wie regelmäßig – einbehalten wird.

27

Im Verfahrensrecht gilt der Grundsatz, dass eine fehlerhafte Parteihandlung in eine zulässige und wirksame umzudeuten ist (analog § 140 BGB), wenn deren Voraussetzungen eingehalten sind, die Umdeutung dem maßgeblichen Parteiwillen entspricht und kein schutzwürdiges Interesse des Gegners entgegensteht (BGH NJW-RR 2001, 279; Zöller/Heßler, ZPO, 31. Aufl., vor § 511 Rdnr. 37).

28

Danach ist die Umdeutung des Rückzahlungsantrages in eine Beschwerde deshalb geboten, weil der als unzulässig anzusehende Antrag auf Rückzahlung der Löschungsgebühr den Erfordernissen einer zulässigen Beschwerdeerhebung entspricht, die bei entsprechender Kenntnis des Antragstellers gewollt sein würde.

29

bb) Die Markenabteilung hat jedoch zu Recht die Löschungsgebühr einbehalten.

30

Eine Rückzahlung der Löschungsgebühr kommt nur in Betracht kommt, wenn das DPMA bei der Eintragung ersichtlich absolute Schutzhindernisse missachtet hat und deshalb dem Löschungsantrag ohne weiteres stattzugeben ist (BPatG 30 W (pat) 20/08 – Signalblau und Silber). Das ist im vorliegenden Fall eindeutig zu verneinen.

31

c) Die Anträge der Verfahrensbeteiligten, der jeweiligen Gegenseite die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, haben ebenfalls keinen Erfolg.

32

Es bleibt bei dem Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).

33

Zwar entspricht es in Nebenverfahren, insbesondere bei isolierten Kostenbeschwerden wie hier, im Regelfall der Billigkeit, das Unterliegensprinzip anzuwenden, weil andernfalls der durch die erfolgreiche Beschwerde erzielte Vorteil durch die Belastung mit den eigenen im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten aufgezehrt würde (BPatG 30 W (pat) 32/14 – ChemSeal). Aber insoweit verbietet sich eine pauschale Betrachtungsweise. Es sind vielmehr alle Umstände des konkreten Einzelfalles abzuwägen (BPatG 25 W (pat) 517/11 – Istanbul Türk kahvesi/TÜRK KAVEHSI). Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Antragsteller die fehlerhafte Kostenentscheidung der Markenstelle teilweise mitverursacht hat und zum anderen, dass die Tragung der Kosten im Beschwerdeverfahren für ihn nicht zu einem wirtschaftlich nur schwer akzeptablen Ergebnis führt in der Form, dass er nach Durchführung des Beschwerdeverfahrens wirtschaftlich im Ergebnis schlechter dastünde als ohne Beschwerdeverfahren. Im Hinblick auf den Gegenstandswert im patentamtlichen Löschungsverfahren mit einem Streitwert von mindestens 50.000 € ist der wirtschaftliche Vorteil für den Antragsteller angesichts des Gegenstandswerts für das Beschwerdeverfahren, der sich nur nach den zu errechnenden auferlegten Kosten richtet, bei einer erfolgreichen Beschwerde auch dann noch gegeben, wenn er seine Kosten im Beschwerdeverfahren selbst zu tragen hat.

34

d) Die vom Antragsteller begehrte Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG kann nicht angeordnet werden.

35

aa) Die Rückzahlung ist anzuordnen, wenn die Einbehaltung der Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und bei Abwägung der Interessen des Beschwerdeführers einerseits und der Staatskasse andererseits unbillig wäre. Dabei ist der Erfolg der Beschwerde kein Rückzahlungsgrund. Es müssen auch hier besondere Umstände hinzukommen. Billigkeitsgründe für die Rückzahlung können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern des DPMA wie der Verletzung rechtlichen Gehörs ergeben. Die fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts rechtfertigt die Rückzahlung nur dann, wenn die Rechtsanwendung als völlig unvertretbar erscheint, z. B. weil eindeutige gesetzliche Vorschriften oder eine gefestigte Amtspraxis bzw. eine ständige Rechtsprechung unbeachtet geblieben sind (BPatG 30 W (pat) 20/08 – Signalblau und Silber; 26 W (pat) 20/15 - Goldkehlchen).

36

bb) Weder können schwere Verfahrensfehler des DPMA noch eine völlig unvertretbare Rechtsanwendung festgestellt werden.

37

aaa) Angesichts des Umstandes, dass der Antragsteller durch seine in diesem Verfahren eingereichten, neuen Löschungsanträge die Verwirrung im Verfahren erst ausgelöst hat, rechtfertigt das weitere, diese Verwirrung nicht auflösende Verhalten des Amtes nicht die Annahme eines schweren Verfahrensfehlers.

38

bbb) Die Annahme besonderer Umstände durch das DPMA, wenn der Antragsteller sein Löschungsbegehren ausschließlich auf Gründe stützt, für die es weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur auch nur ansatzweise eine Bestätigung gibt, war nicht völlig unvertretbar, weil diese Annahme losgelöst vom konkreten Einzelfall in dieser Allgemeinheit auch in der Kommentarliteratur zu finden ist (vgl. Knoll in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 71 Rdnr. 15).