Entscheidungsdatum: 24.08.2017
In der Beschwerdesache
gegen
…
betreffend die Marke 30 2009 039 402 – SB 327/14 Lö
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 24. August 2017 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Schödel und Dr. von Hartz
beschlossen:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.
I.
Der Beschwerdegegner hat am 3. Dezember 2014 die Löschung der am 6. Juli 2009 angemeldeten und am 2. Dezember 2009 unter der Nummer 30 2009 039 402 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für Waren der
Klasse 32: Bier; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte;
Klasse 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)
eingetragenen Wortmarke
Goldkehlchen
der Antragsgegnerin wegen Verfalls gemäß §§ 49 Abs. 1, 53 MarkenG beantragt. Der Löschungsantrag ist der Antragsgegnerin am 22. Dezember 2014 per Einschreiben zugestellt worden. Da sie dem Löschungsantrag nicht widersprochen hat, ist die angegriffene Marke mit Beschluss der Markenabteilung 3.4 des DPMA vom 7. Mai 2015 nach § 53 Abs. 3 MarkenG ohne weitere Sachprüfung gelöscht worden.
Hiergegen richtet sich die am 6. Juni 2015 beim DPMA eingegangene Beschwerde der Antragsgegnerin, in der sie mitteilt, dass ihr bisher unter einer anderen Bezeichnung als Einzelkaufmann geführtes Unternehmen in eine KG mit dem im Rubrum aufgeführten Namen umgewandelt worden sei. Gleichzeitig widerspricht sie dem Löschungsantrag. Sie ist der Ansicht, ihre Verfahrensvertreter hätten bereits mit Schreiben vom 24. September 2014, mit dem sie in ihrem Auftrag beim DPMA Widerspruch gegen die für den Antragsteller eingetragene Marke „Goldkehlchen“ (30 2014 033 723) eingelegt hätten, ihre Bevollmächtigung durch sie, die Antragsgegnerin, angezeigt. Deshalb hätte das DPMA den am 3. Dezember 2014 eingereichten Löschungsantrag zwingend an ihre Verfahrensbevollmächtigten zustellen müssen. Die seit Jahrzehnten bestehende Praxis des DPMA unterscheide nicht zwischen einer Vollmacht nur für ein bestimmtes Verwaltungsverfahren und einer „allgemeinen Vollmacht“. Bestelle sich ein Vertreter in einem bestimmten Verfahren, werde er im Register vermerkt und fortan würden alle die entsprechende Marke betreffenden Zustellungen an ihn bewirkt. Das DPMA habe sogar in drei Beispielsfällen aus den Jahren 2011, 2014 und 2016, in denen eine anwaltliche Bestellung nur für ein Widerspruchsverfahren angezeigt worden sei, den bestellten Vertreter in das Register eingetragen. Diese ständige Verwaltungspraxis führe zu einer Selbstbindung der Verwaltung und begründe einen entsprechenden Vertrauensschutz bei den Markeninhabern. Bei einer unbeschränkten Vertretungsanzeige eines Widerspruchsführers habe das DPMA daher grundsätzlich von einer umfassenden Vollmacht auszugehen, ohne dass es dazu besonderer Hinweise bedürfe. Eine Beschränkung dürfe nur dann angenommen werden, wenn diese „unzweideutig zum Ausdruck gebracht“ werde (vgl. BPatG 29 W (pat) 63/14). Das DPMA habe somit die Grundsätze zum Umfang der Vollmacht rechtsfehlerhaft verkannt. Die Zustellung des Löschungsantrags an die Antragsgegnerin sei daher unwirksam. Dieser Zustellungsmangel sei erst am 15. Mai 2015 geheilt worden, nämlich an dem Tag, an dem ein Mitarbeiter der Antragsgegnerin den Löschungsantrag ihren Verfahrensbevollmächtigten als den richtigen Zustellungsadressaten per E-Mail übersandt habe. Da die Beschwerde ausschließlich wegen dieses Zustellungsfehlers des DPMA habe eingelegt werden müssen, sei ihr die Beschwerdegebühr zu erstatten.
Die Antragsgegnerin beantragt,
1. den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des DPMA vom 7. Mai 2015 aufzuheben und
2. die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.
Zudem regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an, weil die Frage, ob nach der Bestellung eines Vertreters in einem Widerspruchsverfahren dieser als Zustellungsbevollmächtigter für alle weiteren die Marke betreffenden Verfahren anzusehen sei, grundsätzliche Bedeutung habe (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Ferner sei das DPMA von seiner ständigen Verwaltungspraxis abgewichen und habe unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG gleiche Sachverhalte unterschiedlich behandelt. Die Rechtsbeschwerde sei aber auch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG), weil die Annahme einer wirksamen Zustellung an die Markeninhaberin trotz des im Widerspruchsverfahren bestellten Vertreters nicht im Einklang stehe mit den Entscheidungen des BGH (GRUR 1991, 814 – Zustellungsadressat) und des BPatG (GRUR 2008, 364 – Zustellung an Verfahrensbevollmächtigten des Insolvenzverwalters), die eine zwingende Zustellung an den bestellten Verfahrensvertreter vorsähen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, dass der Löschungsantrag wirksam zugestellt worden sei. Die Vertretungsanzeige der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 24. September 2014 betreffe allein das Widerspruchsverfahren. Die Bestellung eines Vertreters für ein Widerspruchsverfahren führe nach der Praxis des DPMA noch nicht zu seiner Registrierung als Vertreter für die Widerspruchsmarke auch in allen anderen Verfahren. Häufig beauftragten Markeninhaber einen anwaltlichen Vertreter nur für die Durchführung von Widerspruchsverfahren, weil sie die Markenverwaltung im Übrigen selbst übernähmen. Träfe die Ansicht der Antragsgegnerin zu, käme es zu ständigen Korrekturen des Registers und zu Unsicherheiten über die Person des Vertreters, wenn ein Markeninhaber in mehreren Widerspruchsverfahren unterschiedliche Anwälte beauftrage.
Der Senat hat mit Schreiben vom 3. Dezember 2015 (Bl. 30 f. GA) und 25. Juli 2016 (Bl. 60 f. GA) auf seine Rechtsauffassung hingewiesen. Ferner hat er mit den Schreiben vom 22. November 2016 (Bl. 94 - 97 GA) und 23. März 2017 (Bl. 157 GA) bei der Präsidentin des DPMA Auskünfte zur Verwaltungspraxis des DPMA eingeholt. Wegen des Inhalts dieser Auskünfte wird auf die Stellungnahmen des DPMA vom 24. Januar 2017 (Bl. 124 f. GA) und 19. Mai 2017 (Bl. 161 f. GA) Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
1. Die angegriffene Marke ist von der Markenabteilung 3.4 des DPMA wegen Verfalls gemäß §§ 49 Abs. 1, 53 Abs. 3 MarkenG zu Recht gelöscht worden, weil die Markeninhaberin dem Löschungsantrag des Beschwerdegegners nicht rechtzeitig widersprochen hat.
a) Das Verfahren vor dem DPMA nach § 53 MarkenG ist ein dem Klageverfahren nach § 55 MarkenG vorgeschaltetes, fakultatives Registerverfahren, in dem keine Entscheidung über die Löschungsreife der Marke wegen Verfalls ergeht. Die materiell-rechtliche Prüfung, ob die Marke gemäß § 49 MarkenG verfallen ist, ist vielmehr dem Löschungsverfahren vor den ordentlichen Gerichten vorbehalten (BGH GRUR 2012, 315 Rdnr. 13 – akustilon). Das DPMA ist somit im Verfahren nach § 53 MarkenG auf die formelle Prüfung beschränkt, ob der Inhaber der eingetragenen Marke der Löschung innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Mitteilung über den Löschungsantrag widersprochen hat (§ 53 Abs. 3 MarkenG). Dies war vorliegend nicht der Fall.
b) Der am 3. Dezember 2014 beim DPMA eingegangene Löschungsantrag ist der Antragsgegnerin am 22. Dezember 2014 per Einschreiben zugestellt worden. Die Zweimonatsfrist des § 53 Abs. 3 MarkenG ist, da das Ende der Frist auf Sonntag, den 22. Februar 2015, gefallen ist, erst am Montag, dem 23. Februar 2015, abgelaufen (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 193 BGB). Die Antragsgegnerin hat aber erst mit der am 6. Juni 2015 eingelegten Beschwerde und damit nicht fristgerecht widersprochen.
c) Die Zustellung des Löschungsantrags an die Antragsgegnerin am 22. Dezember 2014 ist wirksam gewesen. Das DPMA durfte diesen an die Antragsgegnerin bzw. an das zuvor als Einzelkaufmann geführte Unternehmen zustellen.
aa) Für Zustellungen in Verfahren vor dem DPMA gilt gemäß § 94 Abs. 1 MarkenG das Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) mit den Maßgaben nach § 94 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 MarkenG. Liegt – wie im vorliegenden Fall – keine schriftliche Vollmacht vor, so kann nach § 7 VwZG wahlweise an den Vertretenen oder an den Bevollmächtigten zugestellt werden. Dieses Ermessen ist jedoch durch Abschnitt 3.5.3 der Hausverfügung Nr. 10 des Präsidenten des DPMA vom 1. Februar 2006 dahingehend eingeschränkt, dass zur Vorbeugung von Verwechslungen und im Interesse einer einheitlichen Handhabung in Verfahren vor dem DPMA stets an den Bevollmächtigten zuzustellen ist, also auch dann wenn eine schriftliche Vollmacht nicht vorgelegt worden ist und deshalb eine Zustellungspflicht an diesen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 VwZG entfällt. Aufgrund dieser Einschränkung des gesetzlich eingeräumten Ermessens durch eine allgemeine Verwaltungsvorschrift entspricht auch ohne die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht nur die Zustellung an den Bevollmächtigten den rechtlichen Vorgaben (vgl. BGH GRUR 1991, 814, 815 – Zustellungsadressat; BPatG GRUR 2008, 364 Rdnr. 26 – Zustellung an Verfahrensbevollmächtigten des Insolvenzverwalters).
bb) Für das patentamtliche Löschungsverfahren, das durch den Löschungsantrag des Beschwerdegegners am 3. Dezember 2014 eingeleitet worden ist, hat die Antragsgegnerin keinen Bevollmächtigten bestellt.
cc) Die von ihr bereits im September 2014 erteilte Vollmacht an ihre Verfahrensbevollmächtigten für die Vertretung im Widerspruchsverfahren gegen die Marke „Goldkehlchen“ (30 2014 033 723) des Antragstellers kann nicht als gleichzeitige Vollmachtserteilung auch für das erst seit dem 3. Dezember 2014 anhängige Löschungsverfahren ausgelegt werden.
aaa) Der auf dem amtlichen Formular des DPMA am 25. September 2014 eingelegte Widerspruch vom 24. September 2014 sowie das begleitende Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin vom selben Tag lassen nicht den Schluss zu, dass die Vertreterbestellung über das konkrete Widerspruchsverfahren hinausgehen sollte.
bbb) Der Umfang einer Vollmacht als Willenserklärung bestimmt sich - vorbehaltlich der für Prozessvollmachten geltenden Sonderregelungen in § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. §§ 81 ff. ZPO - entsprechend der Auslegungsregel des § 133 BGB danach, wie sie die Behörde als Vollmachtsempfänger bei objektiver Würdigung verstehen durfte (BVerwG, Beschl. v. 5. September 2013 – 10 B 16/13, juris Tz. 3).
ccc) Die für ein bestimmtes Verwaltungsverfahren erteilte Vollmacht schließt nicht automatisch die Vollmacht für ein davon selbständiges Verwaltungsverfahren ein (BayVGH DÖV 2013, 950, juris Tz. 14; VGH BW, NVwZ-RR 1994, 384, juris Tz. 20; Schlatmann in Engelhardt/Schlatmann, Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz, Verwaltungszustellungsgesetz, 10. Aufl., § 7 Rdnr. 3 m. w. N.).
ddd) Das vorliegende Löschungsverfahren gegen die Marke der Antragsgegnerin war im Zeitpunkt ihres Widerspruchs gegen die gleich lautende Wortmarke des Antragstellers noch gar nicht anhängig und auch nicht zwingend absehbar. Das DPMA hat somit keine Veranlassung gehabt, die für den Widerspruch erteilte Vollmacht dahingehend auszulegen, dass sie über das Widerspruchsverfahren hinaus Geltung haben soll.
eee) Dafür hätte es vielmehr der Erteilung einer „Allgemeinen Vollmacht“ gemäß § 15 Abs. 2 DPMAV bedurft, die sich nach der Mitteilung Nr. 6/06 des Präsidenten des DPMA „über die Hinterlegung Allgemeiner Vollmachten und Angestelltenvollmachten“ beim DPMA vom 30. März 2006 (BlPMZ 2006, 165 f.) ausdrücklich „auf alle Angelegenheiten“ bezieht und dem DPMA zum Zweck der Hinterlegung zugeleitet worden sein muss (vgl. auch Fezer/Bingener, Handbuch der Markenpraxis, 3. Aufl., Teil I 1 1 Rdnr. 63). Da der Widerspruch der Vertreter der Antragsgegnerin und das Begleitschreiben vom 24. September 2014 von einer Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz unterzeichnet worden sind, hat das DPMA davon ausgehen müssen, dass den Vertretern der widersprechenden Antragsgegnerin die Möglichkeit der Erteilung einer „Allgemeinen Vollmacht“ bekannt gewesen und bewusst davon abgesehen worden ist.
fff) Dieses Vorgehen hat auch der ständigen Verwaltungspraxis des DPMA entsprochen. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin trägt das DPMA Vertreterbestellungen nicht regelmäßig als allgemeine Vollmacht in das Register ein.
(1) Bei den drei von der Antragsgegnerin angeführten Fallbeispielen aus den Jahren 2011, 2014 und 2016 ist die Vollmacht durch den Markeninhaber als Widerspruchsgegner erteilt worden mit der Folge, dass nach Auskunft des DPMA der Bevollmächtigte als Vertreter des Markeninhabers im Register eingetragen wird, weil das DPMA regelmäßig davon ausgeht, dass sich eine für das Eintragungsverfahren erteilte Vollmacht auf alle die Marke betreffenden Neben- und Folgeverfahren bezieht, zu denen auch das Widerspruchsverfahren als nachgeschalteter Teil des „eigenen“ Eintragungsverfahrens zählt (Amtliche Begründung zum Markenrechtsreformgesetz, BlPMZ 1994, 45 ff., 86 zu § 42 MarkenG; BPatG MarkenR 2007, 174 Rdnr. 26 - Focus Home Collection/FOCUS). Diese Praxis hat auch das BPatG bereits bestätigt. Danach ist es im Verfahren vor dem DPMA üblich, dass sich eine erteilte Vollmacht nicht nur auf das Eintragungsverfahren, sondern darüber hinaus auf alle die Marke betreffenden Neben- und Folgeverfahren bezieht, mithin auch darauf, einem möglichen Löschungsantrag gegen die Marke zu widersprechen (BPatG 29 W (pat) 63/14, juris Tz. 37).
(2) An einer solchen Praxis fehlt es aber nach Auskunft des DPMA bei der Vollmachtserteilung durch den Markeninhaber als Widerspruchsführer wie im vorliegenden Fall. Denn dann tritt der Bevollmächtigte losgelöst vom eigenen Eintragungsverfahren in einem „fremden“ Widerspruchsverfahren auf, so dass es weiterer Hinweise bedarf, um auf eine Vollmacht auch für alle anderen die Widerspruchsmarke betreffenden Angelegenheiten schließen zu können. Ein Abweichen des DPMA von seiner ständigen Verwaltungspraxis kann daher nicht festgestellt werden.
ggg) Da die Einlegung eines Widerspruchs nicht mehr zum Eintragungsverfahren der Widerspruchsmarke gehört, hat aus Sicht des DPMA die von dem Widerspruchsführer für das Widerspruchsverfahren erteilte Vollmacht ohne weitere Hinweise nicht automatisch auch die Vollmacht für das Löschungsverfahren einschließen können. Die Zustellung des Löschungsantrages an die Antragsgegnerin ist daher wirksam erfolgt.
a) Wiedereinsetzung bei Versäumung der Frist des § 53 Abs. 3 MarkenG ist gemäß § 91 Abs. 1 MarkenG möglich. Zuständig für die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag ist nach § 91 Abs. 6 MarkenG das DPMA als die Stelle, die über den Widerspruch gegen die Löschung zu beschließen hat. Das Bundespatentgericht als Rechtsmittelgericht kann die Entscheidung aber ausnahmsweise an sich ziehen, wenn sich die Voraussetzungen der Wiedereinsetzung ohne weiteres aus den Akten ergeben (vgl. BPatG 29 W (pat) 25/16 - ABDRUSCHIN IM LICHTE DER WAHRHEIT und 24 W (pat) 26/12 – Blower Door jeweils unter Hinweis auf BGH NJW 1982, 1873, 1875). Diese Voraussetzungen zur Entscheidung über den Wiedereinsetzung von Amts wegen liegen hier vor.
b) Eine Wiedereinsetzung scheitert aber schon daran, dass die Antragsgegnerin die versäumte Handlung, nämlich die Erklärung des Widerspruchs gegen den Löschungsantrag in der am 6. Juni 2015 beim DPMA eingegangenen Beschwerdeschrift nicht innerhalb der seit dem 22. Dezember 2014 laufenden zweimonatigen Antragsfrist gemäß § 91 Abs. 2 MarkenG nach Wegfall des Hindernisses nachgeholt hat.
Nach der eidesstattlichen Versicherung ihres Mitarbeiters vom 20. Mai 2015 (Anlage A 2 zur Beschwerdeschrift) wird nicht in Abrede gestellt, dass die Antragsgegnerin den Löschungsantrag des Beschwerdegegners vom 3. Dezember 2014 erhalten hat. Dieser ist ihr ausweislich der Postbestätigung per Einschreiben am 22. Dezember 2014 zugestellt worden. Sie hatte also bereits seit diesem Tage Kenntnis von dem Löschungsantrag und der seitdem laufenden Zweimonatsfrist zur Erklärung des Widerspruchs. Ihr Mitarbeiter, dessen Verschulden sie sich zurechnen lassen muss, hat diesen Löschungsantrag aber nach seiner eidesstattlichen Versicherung erst am 15. Mai 2015, also fast drei Monate nach Ablauf der Antragsfrist, an die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin weitergeleitet.
c) Aber selbst wenn von einer rechtzeitigen Nachholung der Widerspruchserklärung auszugehen wäre, fehlte es an einem Wiedereinsetzungsgrund.
Denn die Antragsgegnerin hätte selbst oder durch unverzügliche Einschaltung ihrer bereits am 24. September 2014 in einem Widerspruchsverfahren beauftragten Anwälte den Widerspruch gegen den Löschungsantrag des Beschwerdegegners gegenüber dem DPMA rechtzeitig erklären können und müssen, was sie aber unterlassen hat, so dass sie das Fristversäumnis selbst verschuldet hat.
III.
Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG ist unbegründet.
1. Die Rückzahlung ist nur anzuordnen, wenn die Einbehaltung der Gebühr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und bei Abwägung der Interessen der Beschwerdeführerin einerseits und der Staatskasse andererseits unbillig wäre. Billigkeitsgründe für die Rückzahlung können sich aus Verfahrensfehlern oder einer völlig unvertretbaren Rechtsanwendung ergeben (BPatG 30 W (pat) 20/08 – Signalblau und Silber).
2. Hier fehlt es bereits an einem Fehlverhalten des DPMA, weil, wie bereits eingehend erörtert, die Zustellung des Löschungsantrages an die Antragsgegnerin gesetzesgemäß gewesen ist und sonstige Fehler weder vorgetragen noch ersichtlich sind.
IV.
Für die von der Beschwerdeführerin angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht kein Anlass.
1. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde setzt voraus, dass entweder über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden ist (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BGH erfordert (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Beide Voraussetzungen liegen hier nicht vor.
2. Die Frage, ob nach der Bestellung eines Vertreters in einem Widerspruchsverfahren dieser als Zustellungsbevollmächtigter auch für alle weiteren die Marke betreffenden Verfahren anzusehen ist, ist keine Rechtsfrage, sondern nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Verwaltungspraxis des DPMA zu entscheiden.
Wie bereits eingehend dargelegt worden ist, ist das DPMA auch nicht von seiner ständigen Verwaltungspraxis abgewichen, sondern hat unterschiedliche Sachverhalte auch unterschiedlich behandelt.
3. Die Rechtsbeschwerde ist aber auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, weil der Senat unter Beachtung der Entscheidungen des BGH (GRUR 1991, 814 – Zustellungsadressat) und des BPatG (GRUR 2008, 364 – Zustellung an Verfahrensbevollmächtigten des Insolvenzverwalters) zur Ermessensbeschränkung des DPMA bei der Zustellung an Bevollmächtigte entschieden hat und nicht von ihnen abgewichen ist. Die dort behandelten Sachverhalte sind zudem mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil dort nur die Zustellung an Bevollmächtigte behandelt wird, die in ein und demselben patentamtlichen Verfahren auftreten.