Entscheidungsdatum: 04.06.2013
In der Beschwerdesache
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betreffend die Marke 396 06 238 – SB 348/11 Lösch
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 4. Juni 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters Heimen
beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 vom 14. März 2012 aufgehoben und die Sache zur Entscheidung über den Antrag der Antragsgegnerin auf Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist nach § 53 Abs. 3 MarkenG an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
I.
Die für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 11, 37 und 42 am 10. Februar 1996 angemeldete Wortmarke „Blower Door“ wurde am 2. Januar 1998 unter Nr. 396 06 238.5 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen und am 10. Februar 1998 veröffentlicht. Unter dem 17. September 2011 hat der Antragsteller die Löschung der Marke gemäß §§ 49, 53 MarkenG wegen Verfalls für die Klassen 9, 37 und 42 beantragt. Für die Marke wurden zuvor, ebenfalls im September 2011, drei weitere Teillöschungsanträge gestellt, denen die Markeninhaberin, vertreten durch ihren Verfahrensbevollmächtigten, jeweils fristgerecht widersprochen hat.
Der vierte und streitgegenständliche Löschungsantrag wurde dem Verfahrensbevollmächtigten der Markeninhaberin am 9. November 2011 zugestellt. Ein Widerspruch gegen diesen Löschungsantrag ist nicht zu den Amtsakten gelangt.
Mit Beschluss vom 14. März 2012 hat die Markenabteilung 3.4 des DPMA antragsgemäß die teilweise Löschung der Marke angeordnet. Zur Begründung hat die Markenabteilung 3.4 ausgeführt, dass die Markeninhaberin dem Löschungsantrag nicht widersprochen habe.
Gegen diesen Beschluss hat die Markeninhaberin am 3. April 2012 Beschwerde eingelegt.
Zur Begründung führt sie aus, sie habe auch dem vierten Löschungsantrag mit Faxschreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 28. November 2011, mithin fristgerecht, widersprochen. Dieser habe am 28. November 2011 einen Schriftsatz mit der Erklärung des Widerspruchs an die in seinem Faxgerät dauerhaft gespeicherte Telefaxnummer des DPMA (End-Nr. -2221) gesendet. Das von seinem Sendegerät mit der Zeitangabe 15:12 Uhr erstellte Protokoll enthalte keinen Hinweis darauf, dass die Faxübermittlung fehlgeschlagen sei, sondern bestätige vielmehr eine einwandfreie Übermittlung an das DPMA. Daher sei der Verfahrensbevollmächtigte zunächst davon ausgegangen, der Widerspruch sei am 28. November 2011, und somit innerhalb der zweimonatigen Frist des § 53 Abs. 3 MarkenG, beim DPMA eingegangen. Erst mit Zustellung des Löschungsbeschlusses am 21. März 2012 sei offenbar geworden, dass der Widerspruch nicht zu den Akten gelangt sei.
Die Markeninhaberin beantragt,
den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 14. März 2012 aufzuheben, den Löschungsantrag zurückzuweisen und die Teillöschung der Marke Nr. 396 06 238 aufzuheben,
hilfsweise
ihr Wiedereinsetzung in die Frist zur Erhebung des Widerspruches gegen den Löschungsantrag zu gewähren.
Der Antragsteller hat dem Antrag auf Wiedereinsetzung widersprochen.
Das DPMA hat mitgeteilt, dass am 28. November 2011 kein Eingang eines Widerspruchsschreibens des Verfahrensbevollmächtigten festgestellt werden konnte. Die vom DPMA auf Nachfrage des Senates übersandten Empfangsprotokolle des Faxservers für den Anschluss mit der End-Nr. -2221 weisen insgesamt fünf Eingänge auf, die am 28. November 2011 zwischen 14:45 Uhr und 14:53 Uhr von der Anschlussnummer der Kanzlei des Vertreters der Markeninhaberin abgesandt wurden. Anhand der Nummerierung der Faxeingänge konnten zwei Sendungen konkrete Schriftsätze des Verfahrensbevollmächtigten in anderen Angelegenheiten zugeordnet werden, der Inhalt der drei weiteren eingegangenen Faxsendungen konnte nicht mehr ermittelt werden, da die Daten des Faxservers mittlerweile nach Ablauf der regelmäßigen Aufbewahrungsfrist gelöscht wurden und eine Zuordnung der Eingänge allein anhand der Nummerierung dem DMPA nicht möglich war.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Deutsche Patent- und Markenamt zur Entscheidung über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand.
Die Aufhebung des Löschungsbeschlusses ist erforderlich, weil die Markenabteilung, obwohl sie gemäß § 66 Abs. 5 S. 2 MarkenG nicht befugt ist, der Beschwerde abzuhelfen, selbst über den Antrag auf Wiedereinsetzung der Antragsgegnerin zu entscheiden hat. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, weil nicht ausgeschlossen ist, dass die Antragsgegnerin dem Löschungsantrag gemäß § 53 MarkenG rechtzeitig widersprochen hat. Der Senat konnte allerdings selbst nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Antragsgegnerin dem Löschungsantrag wirksam widersprochen hat. Es steht nämlich nicht zweifelsfrei zur vollen Überzeugung des Senates fest, dass der Widerspruch der Antragsgegnerin fristgerecht beim DPMA eingegangen ist. Allein die Vorlage des Protokolls eines Sendegerätes führt nach der gefestigten Rechtsprechung (vgl. Zöller, ZPO, 29. Aufl., vor § 230 Rn. 2 m. w. N.) nicht dazu, dass der Beweis für den Eingang eines Widerspruches beim DPMA geführt ist. Auch der durch die eidesstattliche Versicherung ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 29. September 2012 gestützte Sachvortrag der Markeninhaberin betrifft lediglich die rechtzeitige Absendung, nicht aber den maßgeblichen Eingang beim DPMA. Auch allein aus dem Umstand, dass das Protokoll des Faxservers des DPMA unter einer abweichenden Zeitangabe mehrere - fünf innerhalb von ca. acht Minuten - Eingänge vom Anschluss des Vertreters belegt, lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit schlussfolgern, dass es sich bei einem davon gerade um das hier maßgebliche Widerspruchsschreiben gehandelt hat. Auszuschließen ist dies allerdings auch nicht, da der Inhalt von drei Schreiben nicht festgestellt werden konnte.
Der Senat ist an einer eigenen Entscheidung über den vorliegend hilfsweise gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung in die Widerspruchsfrist gemäß § 53 Abs. 3 MarkenG gehindert, da § 91 Abs. 6 MarkenG diese Entscheidung ausdrücklich der Stelle zuweist, die über die nachgeholte Handlung, hier den Widerspruch gegen den Löschungsantrag, zu beschließen hat.
Zwar kann ein Rechtsmittelgericht die Entscheidung über einen Antrag auf Wiedereinsetzung ausnahmsweise, vor allem aus prozessökonomischen Gründen, an sich ziehen, dies ist aber nur in Fällen gerechtfertigt, wenn sich die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung ohne Weiteres aus den Akten ergeben (vgl. BGH, NJW 1982, 1873, 1875, dazu auch Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 237 Rn. 2). Dies ist hier offenkundig nicht der Fall. Die Entscheidungszuständigkeit des DPMA ist auch sachgerecht, denn das DPMA steht den hier zu beurteilenden Tatsachen näher als das Gericht. Die Ermittlung der tatsächlichen Umstände, nämlich ob und, wenn ja, wann der Widerspruch beim DPMA eingegangen ist, für den die Antragsgegnerin ein Sendeprotokoll vom 29. November 2011 vorgelegt hat, kann besser durch das damit befasste und daher sachnähere DPMA erfolgen.
Bei einem Widerspruch gegen den Löschungsantrag wegen Verfalls gemäß § 49 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG handelt es sich zudem nicht um ein Rechtsmittel, über welches der Senat im weiteren Verlauf der Verfahrens zu entscheiden hätte. Ein zulässiger Widerspruch im Löschungsverfahren wegen Verfalls führt lediglich dazu, dass das DPMA dem Löschungsantragsteller die Ablehnung der Löschung mitteilt und auf die mögliche Fortsetzung des Löschungsverfahrens vor den ordentlichen Gericht hinweist (§ 53 Abs. 4 MarkenG), während eine Löschung der Marke durch das DPMA nur bei einem fehlenden oder unzulässigen Widerspruch erfolgen kann.
Eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist nicht veranlasst.