Entscheidungsdatum: 28.09.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2008 046 017
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. September 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Reker und Schödel
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Wortmarke
Hermes POST-SHOP
ist am 17. Juli 2008 angemeldet und am 15. Oktober 2008 unter der Nummer 30 2008 046 017 als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden für folgende Dienstleistungen der
Klasse 35: Organisatorisches Management von Transportangelegenheiten;
Klasse 39: Verpackung, Sortierung, Lagerung, Transport, Auslieferung von Waren; Zustellung von Brief- und Paketsendungen.
Gegen diese Marke, deren Eintragung am 14. November 2008 veröffentlicht worden ist, hat die Beschwerdeführerin Widersprüche erhoben
1. aus der Wortmarke
POST
die am 3. November 2003 in das Register unter der Nummer 300 12 966 aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragen worden ist für folgende Dienstleistungen der Klassen 35 und 39
„Briefdienst-, Frachtdienst-, Expressdienst-, Paketdienst- und Kurierdienstleistungen; Beförderung und Zustellung von Gütern, Briefen, Paketen, Päckchen; Einsammeln, Weiterleiten und Ausliefern von Sendungen mit schriftlichen Mitteilungen und sonstigen Nachrichten, insbesondere Briefen, Drucksachen, Warensendungen, Wurfsendungen, adressierten und unadressierten Werbesendungen, Büchersendungen, Blindensendungen, Zeitungen, Zeitschriften, Druckschriften“,
2. aus der Unionswort-/Bildmarke (schwarz, gelb, weiß)
die am 5. August 2010 in das beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO, vormals: HABM) geführte Register unter der Nummer 006 760 961 eingetragen worden ist für Waren und Dienstleistungen der
Klasse 8: Handbetätigte Werkzeuge; Messerschmiedewaren, Gabeln und Löffel; Rasierapparate; Scheren;
Klasse 9: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungsapparate und –instrumente; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Feuerlöschgeräte; Briefwaagen; Filmkameras; Geschwindigkeitsmesser für Fahrräder;
Klasse 12: Anhänger für Fahrräder; Gepäcktaschen für Zweiräder;
Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus, soweit in Klasse 18 enthalten; Häute und Felle; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke; Taschen für Laptops und Notebooks; Umhängetaschen;
Klasse 21: Geräte und Behälter für Haushalt und Küche, insbesondere Gläser und Tassen; Kämme und Schwämme; Bürsten und Pinsel (ausgenommen für Malzwecke); Bürstenmachermaterial; Putzzeug; Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in anderen Klassen nicht enthalten;
Klasse 28: Spiele, Spielzeug, insbesondere Modelautos –lastkraftwagen und –flugzeuge; Spielkarten; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Christbaumschmuck;
Klasse 35: Zusammenstellung von Waren für Dritte zu Präsentations- und Verkaufszwecken, nämlich Textilien, Bekleidungsstücke, Schuhe, Lederwaren, Spiele und Spielzeug, Geräte und Behälter für Haushalt und Küche, Glaswaren, Porzellan und Steingut, Uhren und Schmuckwaren, Sportwaren, Hobby- und Bastelbedarf, Möbel, Papierdekorationen für Partys, Bilderrahmen, Spiegel, Bett- und Tischdecken, künstliche Blumen, Teppiche, Matten, Wandbehang; Verkaufsförderung (Salespromotion) (für Dritte); Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte, auch im Rahmen von e-commerce; Vermittlung von Verträgen für Dritte, über den An- und Verkauf von Waren; Vermittlung von Verträgen Für Dritte, über die Erbringung von Dienstleistungen; Publikation von Versandhauskatalogen; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Textilien, Bekleidungsstücke, Schuhe, Lederwaren, Spiele und Spielzeug, Geräte und Behälter für Haushalt und Küche, Glaswaren, Porzellan und Steingut, Elektro- und Elektronikwaren, Uhren und Schmuckwaren, Sportwaren, Hobby- und Bastelbedarf, Möbel, Papierdekorationen für Partys, Bilderrahmen, Spiegel, Bett- und Tischdecken, künstliche Blumen, Teppiche, Matten, Wandbehang;
Klasse 41: Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Verfassen von Texten (ausgenommen Werbetexte)
3. und aus der Unionswortmarke
Deutsche Post
die am 29. Juli 2002 in das beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO, vormals: HABM) geführte Register unter der Nummer 001 798 701 eingetragen worden ist für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 12, 14, 16, 25, 28, 36, 38, 42 und der
Klasse 35: Werbung; Sponsoring; Geschäftsführung; Marktkommunikation, insbesondere Pressearbeit, Public Relation, Produktwerbung, Imagekampagnen für andere; Vermittlung und Abschluß von Handelsgeschäften für andere; Unternehmens-, Personal- und Wirtschaftsberatung; Beratungsdienstleistungen im Bereich des Direktmarketing;
Klasse 39: Transportwesen, Verpackung und Lagerung von Waren, Veranstaltung von Reisen; Sendungsverfolgung durch elektronische Standortbestimmung der Waren und Güter sowie weitere unterstützende logistische Dienstleistungen wie die systematische Verknüpfung von Waren und Informationsströmen; Briefdienst-, Frachtdienst-, Kurierdienstleistungen; Beförderung von Gütern, Paketen, Postgut, Päckchen, Sendungen mit schriftlichen Mitteilungen und sonstigen Nachrichten, insbesondere Briefen, Postkarten, Drucksachen, Warensendungen, Wurfsendungen, adressierten und unadressierten Werbesendungen, Büchersendungen, Blindensendungen, Zeitungen, Zeitschriften, Druckschriften, mit Fahrrädern, Kraftfahrzeugen, Maschinenfahrzeugen, Schiffen und Flugzeugen; Einsammeln, Weiterleiten und Ausliefern der vorgenannten Sendungen.
Mit Beschluss vom 14. Januar 2014 hat die Markenstelle für Klasse 39 des DPMA eine Verwechslungsgefahr verneint und die drei Widersprüche sowie den Kostenantrag der Inhaberin der angegriffenen Marke zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie zur Widerspruchsmarke zu 1.) ausgeführt, zwischen den Widerspruchsdienstleistungen und den angegriffenen Dienstleistungen in Klasse 39 „Transport, Auslieferung von Waren; Zustellung von Brief- und Paketsendungen“ liege Identität vor. Ob eine Ähnlichkeit im Übrigen bestehe, könne dahingestellt bleiben, weil selbst bei Identität eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben sei. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke „POST“ sei als durchschnittlich anzusehen. Sie sei nur aufgrund von Verkehrsdurchsetzung schutzfähig, weil sie von Haus aus für die in Klasse 39 registrierten Dienstleistungen glatt beschreibend sei. Bei glatt beschreibenden Begriffen sei auch bei einem Durchsetzungsgrad von deutlich über 80 % nicht von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft auszugehen. Den erforderlichen Abstand halte die jüngere Marke ein. Sie werde nicht durch den Bestandteil „POST“ geprägt, weil er in der hier betroffenen Transport- und Logistikbranche in zusammengesetzten Zeichen vom Verkehr nur beschreibend aufgefasst werde. Das englische, ins Deutsche übernommene Wort „SHOP“ stehe für ein kleineres Einzelhandelsgeschäft oder einen virtuellen Marktplatz. Die Kombination „POST-SHOP“ beschreibe also ein Postdienstleistungen anbietendes Geschäft oder eine entsprechende virtuelle Verkaufsstelle. Sie trete daher zurück, so dass allein das Wort „Hermes“ als Herstellerhinweis diene. Die sich damit gegenüberstehenden Wörter „Hermes“ und „Post“ seien nicht unmittelbar verwechselbar. Auch eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen scheide aus. Das Wort „POST“ habe in der jüngeren Marke keine selbständig kennzeichnende Stellung, weil es sich mit dem Bestandteil „SHOP“ zu einem beschreibenden Gesamtbegriff verbinde, der hinter dem kennzeichnungskräftigen Bestandteil „Hermes“ zurücktrete. Auch eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens sei zu verneinen, weil das Publikum den Bestandteil „POST“ innerhalb des Gesamtbegriffs „POST-SHOP“ nur als Sachangabe und nicht als kennzeichnenden Stammbestandteil einer Markenserie der Widersprechenden ansehe. Ohnehin sei fraglich, ob die vorgelegten Unterlagen ausreichten, um von einer benutzten Markenfamilie auszugehen. Zur Frage der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne sei auch kein Verkehrsumfragegutachten einzuholen, weil diese als Rechtsfrage keiner Beweisaufnahme zugänglich sei. Aus Nachweisen zu tatsächlich vorkommenden Verwechslungen könnten keine Indizien für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Rechtssinne gewonnen werden.
Bei der Widerspruchsmarke bestehe Dienstleistungsunähnlichkeit. Ihre Kennzeichnungskraft erlange sie allein aus der grafischen Gestaltung. In den Vergleichsmarken werde der Gesamtbegriff „Postshop“ beschreibend wahrgenommen, so dass die jüngere Marke allein durch „Hermes“ geprägt werde und eine unmittelbare Verwechslungsgefahr nicht in Betracht komme.
Die Widerspruchsmarke „Deutsche Post“ verfüge in Anbetracht der schutzunfähigen geografischen Herkunftsangabe „Deutsche“ in Verbindung mit dem glatt beschreibenden Begriff „Post“ von Haus aus über eine äußerst geringe Kennzeichnungskraft. Aber auch unter Berücksichtigung einer unterstellten normalen Kennzeichnungskraft halte die angegriffene Marke den gebotenen Abstand ein. Die Vergleichsmarken stimmten nur im Bestandteil „Post“ überein, der keine der beiden Marken präge oder selbständig kennzeichnend sei, sondern jeweils zu einem beschreibenden Gesamtbegriff verbunden sei. Der Kostenantrag der Markeninhaberin sei zurückzuweisen, weil eine abschließende höchstrichterliche Entscheidung zur Verwechslungsgefahr zwischen den Marken weder zum Zeitpunkt der Widerspruchseinlegung am 12. Februar 2009 noch zum Entscheidungszeitpunkt vorgelegen habe.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Ansicht, die drei Widerspruchsmarken verfügten über eine erhöhte Kennzeichnungskraft, weil sie jahrelang, umfangreich und intensiv benutzt worden und allgemein bekannt seien.
Die Widerspruchsmarken „POST“ und „Deutsche Post“ hätten von 2006 bis 2009 zu den wertvollsten deutschen Marken gehört. Von einem hohen Markenwert könne auf eine hohe Bekanntheit geschlossen werden. Die Verkehrsbefragungen zur Widerspruchsmarke „POST“ hätten im April/Mai 2000 einen Durchsetzungsgrad von 74,9 % (IPSOS), im November/Dezember 2002 von 84,6 % (NFO Infratest 2002), im September/Oktober 2005 von 83,9 % (TNS Infratest) und im Oktober/November 2015 (Pflüger Rechtsforschung) immer noch von 81,0 % ergeben. Die Bekanntheitsgrade hätten 94,9 % (2000), zweimal 99,7 % (2002 und 2005) und zuletzt 97,5 % (2015) betragen. Der Umsatz der Widersprechenden im Geschäftsbereich „Brief“ habe zwischen 2002 und 2009 jährlich zwischen 12,1 und 15,3 Mrd. Euro gelegen. Die Widerspruchsmarken „POST“ und „Deutsche Post“ seien in den letzten Jahrzehnten in Deutschland auf Fahrzeugen, Transportbehältnissen, Briefkästen, in und an Geschäftsstellen verwendet worden. Da sowohl die Farbe Gelb (395 33 891 und 304 70 261) als auch das Posthorn (399 06 451 und 399 78 406) eingetragene Marken der Widersprechenden seien, nehme der Verbraucher trotz der Kombination mit den Widerspruchsmarken die einzelnen Marken wahr, weil ihm bekannt sei, dass sie auch in Alleinstellung benutzt würden. Die Widerspruchsmarken seien in den letzten Jahren auch extensiv beworben worden. Der Werbeaufwand habe in den Jahren 2000 bis Oktober 2007 insgesamt 1,972 Mrd. € sowie mehr als 80 Mio. € für die Werbekampagne 2010 zum E-POST-Brief betragen. Die Marken „POST“ und „Deutsche Post“ hätten laut Marktuntersuchungen der Bundesnetzagentur von September 2009 und April 2013 in den Jahren 1999 bis 2013 einen Marktanteil von gleichbleibend um die 90 % gehabt.
Die Widerspruchsmarke verfüge zumindest über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Zwischen den sich gegenüberstehenden Dienstleistungen bestehe Identität bzw. hochgradige Ähnlichkeit. Die Vergleichsmarken würden jeweils vom Wortbestandteil „Post“ geprägt, weil es sich bei „shop“ um einen rein beschreibenden Begriff handele und „Hermes“ als Firmenbezeichnung wahrgenommen werde. Jedenfalls besitze der Bestandteil „POST“ in der jüngeren Marke wegen der Schutzunfähigkeit des Bestandteils „SHOP“ und der Firmenbezeichnung „Hermes“ vor dem Hintergrund der THOMSON LIFE-Rechtsprechung des EuGH eine selbständig kennzeichnende Stellung, zumal sich die drei Markenwörter der angegriffenen Marke nicht zu einem Gesamtbegriff verbänden. Zudem bringe der Verkehr bei Betrachtung der jüngeren Marke diese mit der bekannten Marke „POST“ in Verbindung, weil er diese für ein Serienzeichen der Widersprechenden halte, die 336 Marken mit dem Bestandteil „POST“ jahrelang und umfangreich benutze. Es bestehe auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne, weil der Verkehr daran gewöhnt sei, Bezeichnungen wie Postfiliale, Postamt und Postshop als Hinweise auf Geschäftsstellen der Widersprechenden zu erkennen. Auch wenn die Entscheidung des EuGH im Urteil C-196/11 P - F1-LIVE/F1 (GRUR 2012, 825 Rdnr. 51) nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden könne, sei eine durch Benutzung erworbene Kennzeichnungskraft der älteren Marke zu berücksichtigen. Wie die Verkehrsumfrage von 2015 ergeben habe, sei den allgemeinen Verkehrskreisen überwiegend bekannt, dass die anderen deutschen Unternehmen, die Briefe und Pakete befördern, sich nicht „Post“, sondern UPS, Hermes oder DHL nennen würden.
Die Widersprechende beantragt,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Januar 2014 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die Löschung der angegriffenen Marke wegen der Widersprüche aus den Marken 300 12 966, UM 001 798 701 und UM 006 760 961 anzuordnen
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, die Widerspruchsmarke „POST“ habe zum damaligen Zeitpunkt allenfalls über durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügt. Aufgrund des seitdem erheblich gesunkenen Marktanteils und der beschreibenden Verwendung des Begriffs „Post“ durch die Widersprechende selbst sei sogar von einer erheblichen Schwächung auszugehen. 2013 habe die Widersprechende bei Geschäftskunden im Markt der Briefkommunikation nur noch einen Anteil von 64,7 % gehabt. Mittlerweile sei er sogar auf 62,7 % zurückgegangen. Obwohl das Briefmonopol erst zum 31. Dezember 2007 gestrichen worden sei, hätten die beiden größten direkten Wettbewerber im Briefmarkt, TNT Post und PIN Mail, im Jahr 2008 eine Markenbekanntheit von 46 % bzw. 25 % gehabt. Die Benutzungsunterlagen belegten nicht die Verwendung der Marke „POST“ in Alleinstellung, sondern nur gemeinsam mit der Farbe Gelb, dem Unternehmenskennzeichen „Deutsche Post AG“, dem Begriff „Deutsche“ oder dem stilisierten Posthorn. Die Widersprechende benutze den Begriff „Post“ selbst beschreibend in mehreren zentralen Werbesprüchen und in ihrem Internetauftritt, so dass er auch innerhalb der jüngeren Marke so aufgefasst werde.
Es fehle ferner an einer Ähnlichkeit zwischen den Einzelhandelsdienstleistungen der Widerspruchsmarke und den angegriffenen Postdienstleistungen. Der Zeichenbestandteil „POST-SHOP“ weise innerhalb der angegriffenen Marke weder eine prägende, noch eine selbständig kennzeichnende Stellung auf, zumal der Zeichenbestandteil „POST“ in den Gesamtbegriff „POST-SHOP“ integriert sei, der beschreibend auf ein Geschäft hinweise, in welchem Postdienstleistungen angeboten werden. Die Widersprechende habe die Anmeldung des Wortzeichens „Postshop“ (30 2008 018 606.2) selbst zurückgenommen. Aufgrund der beschreibenden Bedeutung des Wortbestandteils und der nur geringfügigen grafischen Ausgestaltung sei der Widerspruchsmarke nur geringe Kennzeichnungskraft zuzusprechen. Diese sei auch nicht durch Benutzung erhöht worden, weil die Widersprechende sie gar nicht verwende, sondern stattdessen ihren eigenen Internetshop „POSTOFFICE“ nenne. Auch ihre Filialen hießen „Filialen“ bzw. „DHL Paketshops“, aber nicht Postshops. Die Widerspruchsmarke „Deutsche Post“ könne eine gesteigerte Kennzeichnungskraft nicht aus dem Bestandteil „Post“ herleiten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Zwischen der angegriffenen Marke und den drei Widerspruchsmarken besteht keine Verwechslungsgefahr im Sinne von §§ 125b Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, wobei es bei der älteren Unionsmarke schon an einer Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit fehlt, während im Übrigen die Zeichenähnlichkeit zu verneinen ist.
Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; EuGH GRUR-RR 2009, 356 Rdnr. 45 f. - Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH GRUR 2016, 382 Rdnr. 19 – BioGourmet m. w. N.).
1. Die für die angegriffene Marke „Hermes POST-SHOP“ und die Widerspruchsmarke registrierten Waren und Dienstleistungen sind einander unähnlich.
a) Eine Ähnlichkeit ist grundsätzlich anzunehmen, wenn die sich gegenüberstehenden Waren und/oder Dienstleistungen unter Berücksichtigung aller für die Frage der Verwechslungsgefahr erheblicher Faktoren wie insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsart, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sowie ihrer Eigenart als miteinander konkurrierender oder einander ergänzender Produkte oder Leistungen so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben Unternehmen oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (EuGH GRUR-RR 2009, 356 Rdnr. 65 – Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH GRUR 2014, 488 Rdnr. 12 – DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2015, 176, 177 Rdnr. 16 - ZOOM).
b) Die Unähnlichkeit zwischen den von der jüngeren Marke beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 35 und 39 und den für die ältere Unionsmarke geschützten Waren der Klassen 8, 9, 12, 18, 21 und 28 ergibt sich bereits aus den grundlegenden Unterschieden zwischen der Erbringung einer unkörperlichen Dienstleistung und der Herstellung bzw. dem Vertrieb einer körperlichen Ware. Dienstleistungen sind grundsätzlich den zu ihrer Erbringung verwendeten Waren und Hilfsmitteln und den durch sie erzielten Waren unähnlich. Daher können auch die möglicherweise für die angegriffenen Dienstleistungen „Zustellung von Brief- und Paketsendungen“ benötigten Hilfsmittel Wäge- und Messapparate sowie Registrierkassen, Rechenmaschinen und Briefwaagen, die für die Widerspruchsmarke in Klasse 9 geschützt sind, keine relevante Ähnlichkeit begründen.
c) Maßgeblich für die Annahme einer Ähnlichkeit der sich hier in den Klassen 35, 39 und 41 gegenüber stehenden Dienstleistungen ist – unter Berücksichtigung der Kriterien der Warenähnlichkeit – nicht zuletzt angesichts der fehlenden Körperlichkeit von Dienstleistungen in erster Linie Art und Zweck der Dienstleistung, d. h. der Nutzen für den Empfänger der Dienstleistung, und die Vorstellung des Verkehrs, dass die Dienstleistungen unter der gleichen Verantwortung erbracht werden (BGH GRUR 2002, 544, 546 – BANK 24; GRUR 2001, 164, 165 – Wintergarten; 29 W (pat) 530/13 - entertainweb/Entertain).
Die für die jüngere Marke registrierten Dienstleistungen in Klasse 35 „Organisatorisches Management von Transportangelegenheiten“ und Klasse 39 „Verpackung, Sortierung, Lagerung, Transport, Auslieferung von Waren; Zustellung von Brief- und Paketsendungen“ unterscheiden sich nach Art und Zweck ganz erheblich von den Einzelhandels- und Vermittlungsdienstleistungen, für die die Widerspruchsmarke in Klasse 35 Schutz genießt. Während bei den angegriffenen Dienstleistungen die Waren-, Brief- und Paketbeförderung sowie deren Organisation im Vordergrund stehen, bilden die Warenpräsentation, deren Verkauf und die Vertragsvermittlung den Schwerpunkt der Widerspruchsdienstleistungen. Auch zu den Widerspruchsdienstleistungen der Klasse 41 „Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Verfassen von Texten (ausgenommen Werbetexte)“ weisen die Organisations- und Transportdienstleistungen der jüngeren Marke keinerlei Bezug auf.
Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke zu 2.) scheidet eine Verwechslungsgefahr daher schon aufgrund der fehlenden Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit aus.
2. Zwischen den sich gegenüberstehenden Dienstleistungen in den Klassen 35 und 39 im Übrigen besteht teilweise Identität, teilweise hochgradige Ähnlichkeit. Der Grad der Ähnlichkeit kann jedoch dahingestellt bleiben, weil selbst bei identischen Dienstleistungen mangels Zeichenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr zu verneinen ist.
3. Die von den vorgenannten Vergleichsdienstleistungen angesprochenen Verkehrskreise sind sowohl Unternehmensinhaber, Angehörige der unternehmerischen Führungsebene und Fachleute der Logistikbranche als auch die Durchschnittsverbraucher. Da es sich bei den Dienstleistungen um solche des täglichen (Massen-)Bedarfs handelt, werden die Verkehrskreise ihnen mit allenfalls durchschnittlicher Aufmerksamkeit begegnen.
4. Die Widerspruchsmarken zu 1.) und 3.) verfügen nur über durchschnittliche Kennzeichnungskraft.
Die originäre Kennzeichnungskraft wird durch die Eignung einer Marke bestimmt, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2010, 1096 Rdnr. 31 - BORCO/HABM [Buchst. a]; BGH a. a. O. Rdnr. 31 - BioGourmet). Diese Eignung fehlt oder ist zumindest erheblich eingeschränkt, wenn die Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Sinngehalt aufweist oder sich an eine für die fraglichen Waren und/oder Dienstleistungen beschreibende Angabe anlehnt (BGH WRP 2015, 1358 Rdnr. 10 - ISET/ISETsolar; BGH GRUR 2012, 1040 Rdnr. 30 f. – pjur/pure).
a) Der Widerspruchswortmarke zu 1.) kommt nur ein normaler Schutzumfang zu.
aa) Das Substantiv „POST“ bezeichnet in der deutschen Sprache einerseits die Einrichtung, die Briefe, Pakete, Päckchen und andere Waren befördert und zustellt, und andererseits die beförderten und zugestellten Güter selbst, z. B. Briefe, Karten, Pakete und Päckchen. In der letztgenannten Bedeutung beschreibt „POST“ den Gegenstand, auf den sich die Dienstleistungen beziehen, für die die Marke eingetragen ist. Der Begriff ist deshalb eine Angabe über ein Merkmal der in Rede stehenden Dienstleistungen (zu § 23 Nr. 2 MarkenG BGH, Beschl. v. 2. April 2009 – I ZR 79/06 Rdnr. 28 - EP EUROPOST und EP Europost - Die Economy Post/POST; WRP 2008, 1206 Rdnr. 21 - CITY POST; GRUR 2008, 798 Rdnr. 19 - POST I; zu § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG BGH GRUR 2009, 669 - POST II).
Die Widerspruchsmarke „POST“ wäre daher grundsätzlich als beschreibende Angabe des Gegenstandes der in Rede stehenden Dienstleistungen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG gar nicht eintragungsfähig (BGH GRUR 2009, 672 – Rdnr. 22 ff. – OSTSEE-POST), verfügt aber aufgrund ihrer Eintragung im Wege der Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft (BGH a. a. O. Rdnr. 26 – OSTSEE-POST; GRUR 2002, 171, 173 – Marlboro-Dach).
bb) Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft kann nicht festgestellt werden.
Für die Annahme einer erhöhten Kennzeichnungskraft durch eine gesteigerte Verkehrsbekanntheit bedarf es hinreichend konkreter Angaben zum Marktanteil, zu Intensität, geografischer Verbreitung und Dauer der Benutzung der Marke, zum Werbeaufwand des Unternehmens inklusive Investitionsumfangs zur Förderung der Marke sowie ggf. zu demoskopischen Befragungen zwecks Ermittlung des Anteils der beteiligten Verkehrskreise, die die Waren oder Dienstleistungen auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen Diese Voraussetzungen müssen bereits im Anmeldezeitpunkt der jüngeren Marke vorgelegen haben (vgl. BGH GRUR 2008, 903 Rdnr. 13 f. – SIERRA ANTIGUO) und bis zum Entscheidungszeitpunkt fortbestehen (BPatG GRUR-RR 2015, 468, 469 - Linien-/Balkendarstellung in gezacktem Muster).
aaa) Zwar kann hier für die Widerspruchsmarke „POST“ ein Durchsetzungsgrad von über 80 % sowohl zum Anmeldezeitpunkt der jüngeren Marke im Juli 2008 (etwa 84 %) und zum Entscheidungszeitpunkt (81 %) unterstellt werden, jedoch führt dieser nicht zu einer überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft (BGH a. a. O. Rdnr. 31 – OSTSEE-POST).
Um bei der glatt beschreibenden und nur aufgrund Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Widerspruchsmarke von erhöhter Kennzeichnungskraft ausgehen zu können, bedarf es der Feststellung zusätzlicher besonderer Umstände wie des Nachweises eines nahezu einhelligen Zuordnungsgrades (vgl. BGH GRUR 2009, 672 Rdnr. 31 – OSTSEE-POST). Solche zusätzlichen besonderen Umstände sind von der Widersprechenden insbesondere für den Prioritätstag der angegriffenen Marke am 17. Juli 2008 weder vorgetragen noch nachgewiesen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Der Nachweis eines noch höheren Durchsetzungsgrades bezogen auf diesen Anmeldetag (vgl. BPatG 26 W (pat) 30/07 – CITIPOST; BGH GRUR 1963, 626 – Sunsweet), der im Entscheidungszeitpunkt noch fortbestehen muss, ist vielmehr ausgeschlossen. Denn auch die Verkehrsbefragung im Oktober/November 2015 hat nur einen Durchsetzungsgrad von 81 % und keine nahezu einhellige Zuordnung ergeben.
bbb) Eine Steigerung über das bereits für die Verkehrsdurchsetzung erforderliche Maß hinaus ergibt sich auch nicht aus den sonstigen vorgelegten Benutzungsunterlagen.
(1) Die Lichtbilder von Schriftzügen auf Postämtern oder Postfilialen lassen den Aufnahmeort nicht erkennen und sich nicht zeitlich zuordnen. Auch die Werbeplakate, Anzeigen, Mappen und Broschüren lassen sich nur vereinzelt zeitlich und örtlich zuordnen.
(2) Ferner zeigen die meisten Belege den Wortbestandteil „POST“ nicht in Alleinstellung, sondern gemeinsam mit der Farbe Gelb, dem Unternehmenskennzeichen „Deutsche Post AG“ sowie teilweise zusammen mit dem weiteren, glatt beschreibenden Begriff „Deutsche“ und/oder dem stilisierten Posthorn. Deshalb ermöglichen sie nicht den Schluss auf eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der allein aus dem Wort „POST“ bestehenden Widerspruchsmarke (vgl. BGH GRUR 2009, 672 Rdnr. 29 – OSTSEE-POST).
(3) Der Werbeaufwand in den Jahren 2000 bis Oktober 2007 von insgesamt 1,972 Mrd. € sowie mehr als 80 Mio. € für die Werbekampagne 2010 zum E-POST-Brief betrifft ebenfalls nicht den Wortbestandteil „POST“ in Alleinstellung. Es wird zumindest nicht hinreichend differenziert zwischen den einzelnen Marken. Außerdem entstand der Werbeaufwand für den E-POST-Brief erst etwa 1 ½ Jahre nach dem Prioritätszeitpunkt.
(4) Sowohl die Umsatzzahlen aus dem Geschäftsbericht 2009 des Post- und Logistikkonzerns Deutsche Post DHL im Geschäftsbereich „Brief“, die zwischen 2002 und 2009 jährlich zwischen 12,1 und 15,3 Mrd. Euro betrugen, als auch die Marktuntersuchungen der Bundesnetzagentur, die im Bereich der lizenzpflichtigen Postdienstleistungen in den Jahren 1999 bis 2008 einen Marktanteil der Deutschen Post AG von meist weit über 90 % und in den Jahren 2008 bis 2013 von annähernd 90 % festgestellt haben, lassen ebenfalls den erforderlichen engen Bezug gerade zur Widerspruchsmarke „POST“ vermissen. Eine Einzelauswertung der Umsatzzahlen oder Marktanteile, bezogen auf die jeweiligen Marken, ist nicht vorgelegt worden.
(5) Der hohe Markenwert in den Jahren 2005 bis 2009 bezieht sich nur auf die Widerspruchsmarke „Deutsche Post“. Er ist aber auch für diese Marke allein nicht geeignet, einen über das bereits für die Verkehrsdurchsetzung erforderliche Maß hinaus erhöhten Schutzumfang zu belegen.
b) Der Widerspruchsmarke zu 3.) kann ebenfalls höchstens eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuerkannt werden.
aa) Die Kennzeichnungskraft der Unionswortmarke „Deutsche Post“ ist in Anbetracht ihrer schutzunfähigen Gesamtbezeichnung, die sich aus einer geografischen Herkunftsangabe und einer beschreibenden Sachangabe zusammensetzt, im Zusammenhang mit den hier in Rede stehenden Dienstleistungen von Haus aus auf ein Minimum beschränkt. Die Wortkombination wird in ihrer Gesamtbedeutung ohne weiteres im Sinne von „Deutschland betreffendes Dienstleistungsunternehmen zur Beförderung von Briefen, Paketen, Geldsendungen“ oder „zu beförderndes oder bereits befördertes und zugestelltes Schriftgut aus Deutschland“ verstanden.
bb) Selbst eine unterstellte intensive Benutzung der Widerspruchsmarke zum maßgeblichen Zeitpunkt im Juli 2008 und zum Entscheidungszeitpunkt würde hier lediglich dazu führen, dass ihre ursprünglich auf ein Minimum reduzierte Kennzeichnungskraft für die betreffenden Dienstleistungen als kompensiert anzusehen wäre, so dass der Widerspruchsmarke insoweit ein durchschnittlicher Schutzumfang zukäme (vgl. BPatG 29 W (pat) 7/10 – regioPOST).
5. Ausgehend von identischen Dienstleistungen, allenfalls durchschnittlicher Aufmerksamkeit der Verkehrskreise und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft hält die angegriffene Marke den erforderlichen Abstand zu den Widerspruchsmarken zu 1.) und 3.) ein.
a) Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen der angegriffenen Marke „Hermes POST-SHOP“ und der Widerspruchsmarke „POST“ besteht nicht.
aa) Maßgeblich für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente (EuGH GRUR 2013, 922 Rdnr. 35 - Specsavers/Asda; BGH GRUR 2013, 833 Rdnr. 30 – Culinaria/Villa Culinaria), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, Rdnr. 53 – Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH GRUR 2005, 1042 Rdnr. 28 f. - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2012, 64 Rdnr. 14 - Maalox/Melox-GRY). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen.
Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche (vgl. EuGH GRUR 2006, 413 Rdnr. 19 - ZIRH/SIR; BGH a. a. O. Rdnr. 37 - BioGourmet).
bb) In ihrer Gesamtheit und in schriftbildlicher Hinsicht unterscheiden sich die jüngere Marke „Hermes POST-SHOP“ und die Widerspruchsmarke „POST“ durch die abweichenden Wortzusätze hinreichend deutlich.
cc) Entgegen der Ansicht der Widersprechenden hat der Begriff „POST“ innerhalb der Wortfolge „Hermes POST-SHOP“ keine prägende Stellung inne.
Der Verkehr hat jedenfalls keinen Anlass, die jüngere Marke zergliedernd zu betrachten und sich bei der Frage des Herkunftshinweises allein an dem Bestandteil „POST“ zu orientieren. In der hier betroffenen Transport- und Logistikbranche fasst der Verkehr den Begriff „Post“ in zusammengesetzten Zeichen beschreibend auf (vgl. BGH GRUR 2009, 672 Rdnr. 34 – OSTSEE-POST). Denn der angemessen aufmerksame Durchschnittsverbraucher ist aufgrund der seit Jahren andauernden und umfangreichen Berichterstattung in deutschen Medien über den schrittweisen Abbau des Postmonopols gut darüber informiert, dass es zwischenzeitlich außer der Widersprechenden eine nicht unerhebliche Anzahl weiterer Anbieter von Postdiensten im Inland gibt.
dd) Auch der Bestandteil „SHOP“ tritt als Erbringungs- oder Angebotsort der angegriffenen Dienstleistungen wegen der beschreibenden Aussage in den Hintergrund. Das dem englischen Grundwortschatz entstammende Wort „shop“, das mit „Geschäft, Laden“ übersetzt wird (www.leo.org, BPatG 29 W (pat) 3/11 – EuroShop), ist in diesem Sinne bereits in den deutschen Wortschatz eingegangen (www.duden.de). Die Wortkombination „Postshop“ lässt sich zwar lexikalisch nicht nachweisen. Die angesprochenen inländischen Verkehrskreise werden die Wortkombination jedoch nur als Hinweis auf einen Laden verstehen, in dem Postdienstleistungen angeboten werden.
ee) Daher wird die jüngere Marke entweder durch das Wort „Hermes“ geprägt oder dieses steht zumindest gleichgewichtig neben den ebenfalls, durch einen Bindestrich verbundenen beschreibenden Begriffen „POST“ und „SHOP“.
aaa) Hermes ist ein Vor-, Nach- und Unternehmensname, aber auch der Name des Götterboten in der griechischen Mythologie (https://de.wikipedia.org/wiki/Hermes). Hermes (griechisch Eρμñç, auch Hermeias Eρμείας, dor. Hermas Eρμaς) ist dort u. a. der Schutzgott des Verkehrs, der Reisenden, der Kaufleute und der Hirten, andererseits auch der Gott der Diebe, der Kunsthändler, der Redekunst, der Gymnastik und der Magie. Als Götterbote verkündet er die Beschlüsse des Zeus und führt die Seelen der Verstorbenen in den Hades (Unterwelt). Er gehört zu den zwölf großen Olympischen Göttern (https://de.wikipedia.org/wiki/Hermes).
Die mit der griechischen Mythologie vertrauten Verkehrskreise werden diese Bezeichnung in Bezug auf die geschützten Dienstleistungen daher nur als einen beschreibenden Hinweis auf einen Kurier- bzw. Postdienst verstehen (vgl. BPatG 26 W (pat) 73/10 – Eurokurier). In diesem Fall besteht die angegriffene Marke aus drei gleichgewichtigen beschreibenden Begriffen.
bbb) Ohne entsprechende Kenntnisse wird das Wort „Hermes“ als kennzeichnungskräftiger Unternehmensname wahrgenommen, so dass die jüngere Marke durch „Hermes“ geprägt wird.
ff) In beiden Fällen scheidet eine schriftbildliche, klangliche oder begriffliche Ähnlichkeit mit der Widerspruchsmarke „POST“ aus.
b) Aus den gleichen vorstehenden Gründen ist auch eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen der angegriffenen Marke „Hermes POST-SHOP“ und der Widerspruchsmarke „Deutsche Post“ abzulehnen. Der Grad der Ähnlichkeit der jüngeren Marke zur älteren Marke „Deutsche Post“ ist wegen des zusätzlichen abweichenden Wortes „Deutsche“ sogar noch geringer als bei der Widerspruchsmarke „POST“.
6. Auch für eine Verwechslungsgefahr zwischen der jüngeren Marke „Hermes POST-SHOP“ und der Widerspruchsmarke „POST“ durch gedankliche Verbindung liegen keine Anhaltspunkte vor.
a) Eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens scheidet aus.
aa) Diese Art der Verwechslungsgefahr greift dann ein, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens ansieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet. Das Vorliegen einer Zeichenserie setzt die Benutzung mehrerer Marken mit einem gemeinsamen Stammbestandteil voraus, damit die angesprochenen Verkehrskreise das gemeinsame Element kennen und mit der Zeichenserie in Verbindung bringen (vgl. EuGH GRUR 2008, 343 Rdnr. 64 - Il Ponte Finanziaria/HABM [BAINBRIDGE]; BGH GRUR 2013, 1239 Rdnr. 40 – Volkswagen/Volks.Inspektion).
Das ist hier nicht der Fall.
bb) Zum einen sehen die Verkehrskreise den Bestandteil „POST“ nur als eine Sachangabe an, den eine Vielzahl von Unternehmen als Marke oder Unternehmenskennzeichen nutzt (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 41 – OSTSEE-POST).
cc) Zum anderen hat die Widersprechende die Benutzung nur für die - bereits vor dem Anmeldetag der jüngeren Marke eingetragenen - Marken (30024625), (30232284), (30232286), (30232289), (30044534), (30120416), (UM 003280121), (30760362), (UM 004875597) und (UM 004548228) konkret vorgetragen und jeweils einen Beleg dafür eingereicht.
Unabhängig davon, ob diese Unterlagen überhaupt ausreichen, um die Präsenz dieser Serienzeichen am Markt zum Anmeldezeitpunkt zu belegen, woran erhebliche Zweifel bestehen, reiht sich die jüngere Marke „Hermes POST-SHOP“ schon aufgrund des abweichenden Aufbaus der Wortfolge nicht in diese Markenserie ein.
b) Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne scheidet ebenfalls aus.
Sie liegt vor, wenn der Verkehr zwar die Unterschiede zwischen den Zeichen erkennt, wegen ihrer teilweisen Übereinstimmung aber von wirtschaftlichen oder organisatorischen Zusammenhängen zwischen den Zeicheninhabern ausgeht. Eine solche Verwechslungsgefahr kann nur bei Vorliegen besonderer Umstände angenommen werden (BGH GRUR 2013, 1239 Rdnr. 45 – Volkswagen/Volks.Inspektion; BGH GRUR 2013, 833 Rdnr. 69 - Culinaria/Villa Culinaria).
aa) Eine solche Verwechslungsgefahr ist gegeben, wenn ein mit der älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen des Inhabers der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. EuGH, GRUR 2005, 1042 Rdnr. 31 - THOMSON LIFE; GRUR 2010, 933 Rdnr. 34 Barbara Becker; BGH GRUR 2010, 646 Rdnr. 15 – OFFROAD; BGH GRUR 2006, 859 - Malteserkreuz).
Zwar ist das Markenelement „Hermes“ ein Unternehmenskennzeichen der Inhaberin der jüngeren Marke, aber der Bestandteil „POST“ wird dennoch nur als Sachangabe wahrgenommen. Damit liegt der Fall anders als bei „THOMSON LIFE“.
bb) Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesgerichtshofs ist nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 Rdnr. 30 - THOMSON LIFE; BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2014 – I ZR 37/14, Rdnr. 11; GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2012, 930 Rdnr. 45 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2014, 1101 Rdnr. 54 - Gelbe Wörterbücher).
Eine solche eigenständige kennzeichnende Stellung kommt dem Bestandteil „POST“ in der jüngeren Marke schon deshalb nicht zu, weil der Verkehr den Begriff „Post“ in zusammengesetzten Zeichen beschreibend auffasst und darin nicht die Widerspruchsmarke zu 1.) erkennt (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 36 – OSTSEE-POST). Gegen eine selbständig kennzeichnende Stellung spricht auch, dass sowohl die Wortkombination „POST-SHOP“ als auch die Wortfolge „Hermes POST-SHOP“ jeweils eine gesamtbegriffliche Einheit bilden. Innerhalb dieser Gesamtbegriffe stehen die aufeinander bezogenen Bestandteile gleichrangig nebeneinander, ohne dass eine Aufspaltung dieser gesamtbegrifflichen Einheiten in die einzelnen Bestandteile oder ein Hervortreten eines der Bestandteile zu Lasten des anderen naheliegend wäre.
„POST“ wird somit nicht als Hinweis auf die Widersprechende, sondern als Hinweis auf Postdienstleistungen eines anderen Unternehmens verstanden (vgl. auch EuG, Urt. v. 13. Mai 2015 –T-102/14, BeckRS 2015, 80643 – TPG POST), nämlich hier des Unternehmens mit dem Namen „Hermes“.
cc) Zwar kann auch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft des in das jüngere Gesamtzeichen übernommenen älteren Zeichens eine selbständig kennzeichnende Stellung bewirken.
aaa) Weist ein Zeichen Ähnlichkeiten mit einer bekannten Marke auf, wird das angesprochene Publikum wegen der Annäherung an die bekannte Marke häufig annehmen, zwischen den Unternehmen, die die Zeichen nutzten, lägen wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen vor (BGH a. a. O. Rdnr. 47 - Volkswagen/Volks.Inspektion; WRP 2009, 616, 624 f. - METROBUS; GRUR 2003, 880, 881 - City Plus).
Entgegen der Ansicht der Widersprechenden kann der Entscheidung des BGH zu POST I (GRUR 2008, 798 Rdnr. 25) aber nicht entnommen werden, dass „POST“ eine bekannte Marke ist. Der BGH hat vielmehr nur zugunsten der damaligen Klägerin unterstellt, dass es sich um eine bekannte Marke handele.
Ohne gesteigerte Kennzeichnungskraft kann der Begriff „Post“ aber auch nicht auf diesem Wege eine selbständig kennzeichnende Stellung innerhalb der angegriffenen Marke einnehmen. Die Kennzeichnungskraft des Wortes „Post“ innerhalb einer dem Durchschnittsverbraucher unbekannten, aus mehreren Wortbestandteilen bestehenden Marke ist vielmehr als unterdurchschnittlich zu bewerten, weil der Verkehr diesen Begriff nur als Hinweis auf die Erbringung von Postdienstleistungen durch (irgend)ein Unternehmen versteht.
bbb) Aber selbst wenn hier ebenfalls zugunsten der Widersprechenden unterstellt würde, dass sich „POST“ zu einem bekannten Unternehmenskennzeichen der Widersprechenden entwickelt habe, sind die Vergleichsmarken in ihren schriftbildlichen Elementen derart unterschiedlich, dass sie nicht den Schluss auf geschäftliche, wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen den Unternehmen der Widersprechenden und der Inhaberin der angegriffenen Marke zulassen.
c) Die Geltung der vorliegend angewandten Grundsätze zur Beurteilung komplexer Marken nach dem Beschluss des BGH vom 23. Oktober 2014 – I ZR 37/14, der die Rechtsprechung zu „OSTSEE-POST“ fortführt, ist nicht durch die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 24. Mai 2012 zu F1-LIVE/F1/F 1 Formula 1 (C-196/11 P, GRUR 2012, 825 - Formula One Licensing BV/HABM), der sich das Gericht der Europäischen Union mit Entscheidung vom 26. Februar 2016 – T-210/14 – Gummi Bear-Rings/GUMMY angeschlossen hat, zweifelhaft geworden. Dieser EuGH-Entscheidung kann nicht entnommen werden, dass eine ältere Marke in einem komplexen Zeichen nicht als rein beschreibend wahrgenommen werden darf. Der EuGH hat lediglich die besondere Fallkonstellation entschieden, dass im Rahmen eines Verfahrens zur Eintragung einer Unionsmarke einer älteren IR-Widerspruchsmarke nicht die Unterscheidungskraft abgesprochen werden dürfe. Die Gültigkeit einer nationalen oder internationalen Marke dürfe nur in einem Nichtigkeitsverfahren des betreffenden Mitgliedstaates in Frage gestellt werden, weil das System des Unionsgesetzgebers auf der Koexistenz der Unionsmarke mit den nationalen Marken beruhe. Nichts anderes geschehe aber der Sache nach, wenn das ältere Zeichen als beschreibend oder als Gattungsbegriff angesehen werde (EuGH a. a. O. Rdnr. 38 ff. - Formula One Licensing BV/HABM). Über dieses Problem der Koexistenz der markenrechtlichen Schutzsysteme hinaus ist dem Urteil nach Ansicht des BGH nichts zu entnehmen. Schon gar nicht hat der EuGH darin die hergebrachten Grundsätze der Beurteilung komplexer Marken nach den Gesichtspunkten der Prägung und der Prüfung einer selbständig kennzeichnenden Stellung modifiziert oder gar (konkludent) aufgegeben (vgl. BGH, Beschl. v. 23. Oktober 2014 – I ZR 37/14 Rdnr. 12 u. 13). Hinzu kommt, dass das EuGH-Urteil es lediglich verbietet, dem mit einer eingetragenen älteren Marke übereinstimmenden Bestandteil einer jüngeren Marke jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen, es aber nicht ausschließt zu prüfen, in welcher Weise die maßgeblichen Verkehrskreise das mit der älteren eingetragenen älteren Marke identische Zeichen in der angegriffenen Marke auffassen, und ggfls. den Grad der Kennzeichnungskraft dieses Zeichens zu beurteilen (EuGH a. a. O. Rdnr. 42 – - Formula One Licensing BV/HABM).
7. Hinsichtlich der älteren Unionswortmarke „Deutsche Post“ ist eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne schon deshalb zu verneinen, weil diese Marke nicht in identischer oder ähnlicher Form in die angegriffene Marke übernommen worden ist.
8. Die vorliegende Fallgestaltung unterscheidet sich von der eine Verwechslungsgefahr bejahenden Entscheidung des Senats zu (BPatG 26 W (pat) 87/13), weil diese Marke von dem aus großen, weißen Drucklettern vor dunklem (blauem) Hintergrund bestehenden und die Mitte der Gesamtmarke bestimmenden Bestandteil „POST“ dominiert und damit geprägt wurde, während die links oben bzw. rechts unten neben „POST“ positionierten Wortelemente „City-“ und „24“ wegen der wesentlich kleineren Schriftgröße und ihrer mit dem Hintergrund fast verschmelzenden orangenen Färbung deutlich dahinter zurücktraten.
9. Entgegen dem Antrag der Widersprechenden ist zur Frage, in welchem Umfang die angesprochenen Verkehrskreise „Hermes POST-SHOP“ irrtümlich dem Unternehmen der Widersprechenden zuordnen, kein Verkehrsumfragegutachten einzuholen.
Als Rechtsfrage, die der vollständigen Überprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren unterliegt, ist die Beurteilung der Verwechslungsgefahr keiner Beweisaufnahme zugänglich (vgl. BGH GRUR 1992, 48, 51 f. - frei öl; GRUR 1993, 118, 120 - Corvaton/Corvasal; Beier GRUR 1974, 514, 518; Völp GRUR 1974, 754 ff.; Eichmann GRUR 1998, 202, 213; vgl. auch SchweizBG GRUR Int. 2001, 187 RIVELLA/apiella). Die Rechtsfrage, welcher Schutzumfang einer Marke zukommt, also welchen Abstand die Marke von konkurrierenden jüngeren Marken fordern kann (Hacker, GRUR 2004, 537, 545; Berneke, WRP 2007, 1417, 1419), lässt sich nicht auf empirischem Wege durch demoskopische Gutachten entscheiden. Ein Schutz des Publikums vor realen Verwechslungsgefahren ergibt sich hieraus allenfalls reflexhaft (Hacker, a. a. O., Rdnr. 10 f. zu § 9 m. w. N).
10. Soweit die Verkehrsumfrage der TNS Infratest von Juli 2004 zur Verwechslungsgefahr zwischen „TNT Post Deutschland“ mit dem Unternehmen der Widersprechenden belegen könnte, dass tatsächlich Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken möglich seien, ist zu entgegnen, dass aus diesem Gutachten nicht einmal Indizien für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Rechtssinne gewonnen werden können, weil das Widerspruchsverfahren zu einem Zeitpunkt stattfindet, in dem sich die Kollisionsmarken im Verkehr häufig noch gar nicht begegnet sind; tatsächlich vorkommende Verwechslungen sind zur Bejahung einer Verwechslungsgefahr im Rechtssinne im Übrigen nicht einmal notwendig (st. Rspr.; BGH GRUR 1961, 535, 537 – arko; GRUR 1991, 609, 611 - SL; vgl. auch SchweizBG GRUR Int. 2001, 187 RIVELLA/apiella).
III.
Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sind nicht gegeben.