Entscheidungsdatum: 18.07.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 306 45 567
hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 18. Juli 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge, des Richters Reker und des Richters kraft Auftrags Schödel
beschlossen:
1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 30. August 2013 aufgehoben. Das Deutsche Patent- und Markenamt wird angewiesen, die Löschung der angegriffenen Marke 306 45 567 wegen des Widerspruchs aus der Marke 300 12 966 anzuordnen.
2. Die Beschwerde ist derzeit gegenstandslos, soweit sie den Widerspruch aus der Unionsmarke 001 798 701 betrifft.
3. Die Beschwerde ist gegenstandslos, soweit sie den Widerspruch aus der Marke 303 63 530 betrifft.
I.
Die Wort-/Bildmarke (blau, orange, weiß)
ist am 21. Juli 2006 angemeldet und am 19. Dezember 2006 unter der Nummer 306 45 567 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden für Waren und Dienstleistungen der
Klasse 16: Briefmarken, Briefpapier, Postkarten;
Klasse 39: Erbringung von Postdienstleistungen soweit in Klasse 39 enthalten, insbesondere Beförderung, Zustellung und Abholung von Briefen und Paketen sowie Leerung von Postfächern; Lagerung von Waren und Sendungen; Kurierdienste (Nachrichten und Waren).
Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 19. Januar 2007 veröffentlicht worden ist, hat die Beschwerdeführerin Widerspruch erhoben
1. aus der Wortmarke
POST
die am 3. November 2003 in das Register unter der Nummer 300 12 966 eingetragen worden ist für Dienstleistungen der Klassen 35 und 39
„Briefdienst-, Frachtdienst-, Expressdienst-, Paketdienst- und Kurierdienstleistungen; Beförderung und Zustellung von Gütern, Briefen, Paketen, Päckchen; Einsammeln, Weiterleiten und Ausliefern von Sendungen mit schriftlichen Mitteilungen und sonstigen Nachrichten, insbesondere Briefen, Drucksachen, Warensendungen, Wurfsendungen, adressierten und unadressierten Werbesendungen, Büchersendungen, Blindensendungen, Zeitungen, Zeitschriften, Druckschriften“
2. aus der Unionswortmarke
Deutsche Post
die am 29. Juli 2002 in das beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO, vormals: HABM) geführte Register unter der Nummer 001 798 701 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 12, 14, 16, 25, 28, 35, 36, 38, 39 und 42 eingetragen worden ist,
3. und aus der Wortmarke
ExtraPost
die am 2. Februar 2004 in das Register unter der Nummer 303 63 530 für Dienstleistungen der Klassen 35 und 39 eingetragen worden ist.
Mit Beschluss vom 30. August 2013hat die Markenstelle für Klasse 39 des DPMA sämtliche Widersprüche mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Dienstleistungen der Klasse 39 der angegriffenen Marke „Erbringung von Postdienstleistungen soweit in Klasse 39 enthalten, insbesondere Beförderung, Zustellung und Abholung von Briefen und Paketen sowie Leerung von Postfächern; Kurierdienste (Nachrichten und Waren)“ seien mit den Dienstleistungen der Widerspruchsmarke zu 1.) identisch. Da die Widerspruchsmarke zu 1.) für die maßgeblichen Dienstleistungen glatt beschreibend sei, besitze sie von Haus aus keine Kennzeichnungskraft. Aufgrund von Verkehrsdurchsetzung sei sie im Ergebnis aber als durchschnittlich kennzeichnend anzusehen. Von einer gesteigerten Kennzeichnungskraft sei auch bei einem Durchsetzungsgrad von deutlich über 80 % bei glatt beschreibenden Begriffen wie „POST“ nicht auszugehen. Die jüngere Marke unterscheide sich von der Widerspruchsmarke zu 1.) in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht hinreichend deutlich aufgrund der zusätzlichen Wortbestandteile „City-“ und „24“ sowie deren graphischer Ausgestaltung. Der Bestandteil „POST“ präge die angegriffene Marke nicht. Kennzeichnungskraft ziehe die jüngere Marke ausschließlich aus ihrer graphischen Gestaltung, weil alle ihre Wortbestandteile für die geschützten Waren und Dienstleistungen glatt beschreibend und damit gleichgewichtig seien. „City“ stehe für „(Innen-)Stadt“, und „24“ diene regelmäßig als Hinweis auf ein rund um die Uhr verfügbares Angebot. Die in leuchtend roter Farbe geschriebenen Worte „City-“ und „24“ umklammerten den Begriff „POST“ und verbänden sich zu dem ohne weiteres erkennbaren Gesamtbegriff „CityPOST24“ mit der Aussage „rund um die Uhr erreichbare (Innen-)Stadt-Post“. Der Verkehr werde sich nicht alleine an dem Bestandteil „POST“ orientieren, da der Durchschnittsverbraucher aufgrund der andauernden und umfangreichen medialen Berichterstattung über den schrittweisen Abbau des Postmonopols gut darüber informiert sei, dass es inzwischen neben der Widersprechenden eine Vielzahl weiterer Postanbieter im Inland gebe. Eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen bestehe ebenso wenig, da das Wort „POST“ in der jüngeren Marke in einem beschreibenden Sinne aufgefasst werde und nicht wie eine Marke in der Marke wirke, und die für die Widersprechende eingetragenen zahlreichen Marken mit dem Bestandteil „Post“ nicht geeignet seien, das Verkehrsverständnis zu beeinflussen. Die Unterschiede im Hinweischarakter der Marken werde durch die Verwendung der Schriftfarben Rot und Weiß vor einem blauen Hintergrund verstärkt, während die Widersprechende regelmäßig die Schriftfarbe Schwarz vor gelbem Hintergrund verwende. Das von der Widersprechenden geforderte Verkehrsumfragegutachten zur Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne sei nicht einzuholen, da diese als Rechtsfrage einer Beweisaufnahme nicht zugänglich sei.
Hinsichtlich der Widerspruchsmarken zu 2.) und 3.) bestehe vollständige bis teilweise Waren- und Dienstleistungsidentität. Da die Begriffe „Deutsche“, „Post“ und „Extra“ glatt beschreibend seien, verfügten die Widerspruchsmarken zu 2.) und 3.) von Haus aus über äußerst geringe Kennzeichnungskraft. Bei Unterstellung sehr intensiver Benutzung könne der Widerspruchsmarke zu 2.) allenfalls durchschnittliche Kennzeichnungskraft zugebilligt werden. Ausgehend von Identität der Waren und Dienstleistungen und nur durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 2.) halte die jüngere Marke den hohen Anforderungen an den Zeichenunterschied stand. In Wort und Graphik wiesen die beiden Marken deutliche Abweichungen auf und stimmten nur in ihrem Bestandteil „Post“ überein, der beide Marken nicht präge. Auch die Gefahr eines gedanklichen In-Verbindung-Bringens bestehe nicht, da der Begriff „Deutsche“ der Widerspruchsmarke zu 2.) in der angegriffenen Marke keine Entsprechung finde. Wegen der unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu 3.) würden die geringen Anforderungen an den Markenabstand ebenfalls noch eingehalten.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie ist der Ansicht, die Widerspruchsmarken zu 1.) und 2.) verfügten über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft und damit einen erweiterten Schutzbereich, da sie höchst umfangreich benutzt würden und allgemein bekannt seien. Sie gehörten zu den wertvollsten deutschen Marken überhaupt. Die Verkehrsbefragungen zu der Widerspruchsmarke zu 1.) ergäben einen Durchsetzungsgrad von 84,6 %, einen Zuordnungsgrad von 82,4 % und einen Bekanntheitsgrad von über 99 %. Der Umsatz der Widersprechenden im Geschäftsbereich „Brief“ habe zwischen 2002 und 2009 jährlich zwischen 12,1 Milliarden und 15,3 Milliarden Euro gelegen. Beide Widerspruchsmarken würden extensiv beworben. Die frühere Monopolstellung der Widersprechenden führe ebenfalls zu einer Steigerung der Kennzeichnungskraft. Wegen der beschreibenden Bestandteile „City-“ und „24“ werde die angegriffene Marke allein von dem Begriff „POST“ geprägt. Durch dessen farbliche, größenmäßige und typographische Hervorhebung werde er kennzeichenmäßig als das dominierende Element bewusst nahegebracht. Es sei nicht zulässig, einer eingetragenen Marke ihre Unterscheidungskraft mit dem Argument abzusprechen, es handele sich um eine Gattungsbezeichnung bzw. eine rein beschreibende Angabe. Im Ergebnis stünden sich daher identische Zeichen gegenüber. Jedenfalls besitze der Bestandteil „POST“ in der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung. Zudem bestehe eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne, weil der Verkehr bei Betrachtung der jüngeren Marke diese mit der bekannten Marke „POST“ in Verbindung bringe bzw. diese für ein Serienzeichen der Widersprechenden halte, die zahlreiche „POST“-Marken jahrelang und umfangreich verwende.
Die Widerspruchsmarke zu 3.) ist mangels Verlängerung der Schutzdauer während des Beschwerdeverfahrens, nämlich am 9. November 2015, gelöscht worden.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 39 des DPMA vom 30. August 2013 aufzuheben und das DPMA anzuweisen, die Löschung der angegriffenen Marke wegen der Widersprüche aus den Marken 300 12 966 und UM 001 798 701 anzuordnen.
Die Inhaber der angegriffenen Marke beantragen sinngemäß,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie vertreten die Auffassung, der Begriff „Post“ bestehe seit Hunderten von Jahren und werde für Zustellungen aller Art in der ganzen Welt gebraucht. Es sei nicht einzusehen, dass die Widersprechende den Begriff für sich monopolisiere.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 21. April 2016 sind die Verfahrensbeteiligten unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagenkonvolute 1 bis 2, Bl. 56 – 60 GA) auf die Rechtsauffassung des Senats hingewiesen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
1. Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke zu 1.) besteht unmittelbare Verwechslungsgefahr gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.
Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; EuGH GRUR-RR 2009, 356 Rdnr. 45 f. - Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH GRUR 2016, 382 Rdnr. 19 – BioGourmet m. w. N.).
a) Ausgehend von der Registerlage werden die Vergleichsmarken zur Kennzeichnung teilweise identischer sowie teilweise hochgradig, mittelgradig und entfernt ähnlicher Waren und Dienstleistungen verwendet.
Eine Ähnlichkeit ist grundsätzlich anzunehmen, wenn die sich gegenüberstehenden Waren und/oder Dienstleistungen unter Berücksichtigung aller für die Frage der Verwechslungsgefahr erheblicher Faktoren wie insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- und Erbringungsart, ihres Verwendungszwecks und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sowie ihrer Eigenart als miteinander konkurrierender oder einander ergänzender Produkte oder Leistungen so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus demselben Unternehmen oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen (EuGH GRUR-RR 2009, 356 Rdnr. 65 – Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH GRUR 2014, 488 Rdnr. 12 – DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2015, 176, 177 Rdnr. 16 - ZOOM). Von einer absoluten Warenunähnlichkeit kann nur dann ausgegangen werden, wenn die Annahme einer Verwechslungsgefahr trotz (unterstellter) Identität der Marken wegen des Abstands der Waren von vornherein ausgeschlossen ist (BGH a. a. O. – DESPERADOS/DESPERADO; a. a. O. Rdnr. 17 - ZOOM).
aa) Die angegriffene Marke und die Widerspruchsmarke zu 1.) sind jeweils für Post- und Kurierdienstleistungen der Klasse 39 eingetragen, so dass insoweit Dienstleistungsidentität besteht.
bb) Zwischen der angegriffenen Dienstleistung „Lagerung von Waren und Sendungen“ und den Beförderungsdienstleistungen der Widerspruchsmarke zu 1.) besteht eine hochgradige Ähnlichkeit, weil die Lagerung von Waren notwendigerweise mit deren Transport in Beziehung steht (BPatG 29 W (pat) 361/98; vgl. auch OLG Hamburg, Urt. v. 22. September 2005 – 5 U 129/04).
cc) Eine mittelgradige Ähnlichkeit liegt vor zwischen der angegriffenen Ware „Briefmarken“ in Klasse 16 und den Transportdienstleistungen der Widerspruchsmarke (vgl. 26 W (pat) 20/10 – Die grüne Post), weil Briefmarken teilweise die Gegenleistung dieser Dienstleistungen darstellen.
dd) Die für die jüngere Marke in Klasse 16 registrierten Waren „Briefpapier, Postkarten“ weisen zumindest eine entfernte Ähnlichkeit mit den Widerspruchsdienstleistungen in Klasse 39 auf, weil sie entweder Gegenstand der Kurierdienstleistungen sein bzw. deren Grundlage bilden können.
b) Die angesprochenen Verkehrskreise sind sowohl Unternehmensinhaber und Angehörige der unternehmerischen Führungsebene als auch die Durchschnittsverbraucher. Da es sich bei den Waren und Dienstleistungen um solche des täglichen (Massen-)Bedarfs handelt, werden die Verkehrskreise ihnen mit allenfalls durchschnittlicher Aufmerksamkeit begegnen.
c) Die Widerspruchsmarke „POST“ verfügt über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft.
Die originäre Kennzeichnungskraft wird durch die Eignung einer Marke bestimmt, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH GRUR 2010, 1096 Rdnr. 31 - BORCO/HABM [Buchst. a]; BGH a. a. O. Rdnr. 31 - BioGourmet). Diese Eignung fehlt oder ist zumindest erheblich eingeschränkt, wenn die Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Sinngehalt aufweist oder sich an eine für die fraglichen Waren und/oder Dienstleistungen beschreibende Angabe anlehnt (BGH WRP 2015, 1358 Rdnr. 10 - ISET/ISETsolar; BGH GRUR 2008, 905, 907 Rdnr. 16 - Pantohexal).
Das Substantiv „Post“ bezeichnet in der deutschen Sprache einerseits die Einrichtung, die Briefe, Pakete, Päckchen und andere Waren befördert und zustellt, und andererseits die beförderten und zugestellten Güter selbst, z. B. Briefe, Karten, Pakete und Päckchen. In der letztgenannten Bedeutung beschreibt „Post“ den Gegenstand, auf den sich die Dienstleistungen beziehen, für die die Marke eingetragen ist. Der Begriff ist deshalb eine Angabe über ein Merkmal der in Rede stehenden Dienstleistungen (zu § 23 Nr. 2 MarkenG BGH, Beschl. v. 2. 4. 2009 – I ZR 79/06 Rdnr. 28 - EP EUROPOST und EP Europost - Die Economy Post/POST; WRP 2008, 1206 Rdnr. 21 - CITY POST; GRUR 2008, 798 Rdnr. 19 - POST I; zu § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG BGH GRUR 2009, 669 - POST II). Die Widerspruchswortmarke „POST“ wäre daher als beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gar nicht eintragungsfähig (BGH GRUR 2009, 672 Rdnr. 22 ff. – OSTSEE-POST), verfügt aber aufgrund ihrer Eintragung im Wege der Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft (BGH a. a. O. Rdnr. 26 – OSTSEE-POST; GRUR 2002, 171, 173 – Marlboro-Dach).
d) Es kann dahingestellt bleiben, ob die Widerspruchsmarke zu 1.) über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft aufgrund Verkehrsbekanntheit verfügt, wie die Widersprechende behauptet, weil die angegriffene Marke ausgehend von identischen sowie hochgradig, durchschnittlich und entfernt ähnlichen Waren und Dienstleistungen und höchstens durchschnittlicher Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise auch schon bei nur durchschnittlicher Kennzeichnungskraft den erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke „POST“ nicht mehr einhält. Denn bei den Vergleichsmarken liegt eine hohe Zeichenähnlichkeit vor.
aa) Maßgeblich für die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken unter Berücksichtigung der unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente (BGH GRUR 2013, 833 Rdnr. 30 – Culinaria/Villa Culinaria), wobei von dem allgemeinen Erfahrungsgrundsatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, Rdnr. 53 – Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH GRUR 2005, 1042 Rdnr. 28 f. - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2012, 64 Rdnr. 14 - Maalox/Melox-GRY). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche (vgl. EuGH GRUR 2006, 413 Rdnr. 19 - ZIRH/SIR; BGH a. a. O. Rdnr. 37 - BioGourmet).
bb) Die angegriffene Marke besteht neben den Bildbestandteilen aus den Wortelementen „City-“, „POST“ und der Zahl „24“. Das Substantiv „City“ stammt aus der englischen Sprache und bedeutet „(Innen-)Stadt“. Da es zum englischen Grundwortschatz gehört und Eingang in die deutsche Sprache gefunden hat, wird es von den angesprochenen Verkehrskreisen problemlos verstanden. Das Zahlelement „24“ wird in nahezu allen Produkt- und Dienstleistungsbereichen als Kürzel und Synonym für „rund um die Uhr“ bzw. „24 Stunden“ verwendet (vgl. BPatG 30 W (pat) 541/13 – AID24; 24 W (pat) 516/14 - Faschingshop 24.de; 24 W (pat) 522/10 – Station 24; 28 W (pat) 523/11 – fensterbau24; 29 W (pat) 550/12 – GoldHousSe24; 33 W (pat) 546/10 – TOR SERVICE 24).
cc) Die jüngere, mehrgliedrige Marke wird jedoch von dem aus großen, weißen Drucklettern vor dunklem (blauem) Hintergrund bestehenden und die Mitte der Gesamtmarke bestimmenden Bestandteil „POST“ dominiert, während die links oben bzw. rechts unten neben „POST“ positionierten Wortelemente „City-“ und „24“ dahinter deutlich zurücktreten. Wegen der wesentlich kleineren und geschwungenen Schrift und ihrer mit dem Hintergrund fast verschmelzenden orangenen Färbung sind sie schlechter lesbar und jedenfalls so unauffällig, dass der Verkehr sie - sofern er sie optisch überhaupt wahrnimmt - wegen der Neigung zur - die Aussprechbarkeit erleichternden - Verkürzung und wegen der Dominanz der vier weißen Großbuchstaben völlig vernachlässigen und die angegriffene Marke ausschließlich mit „POST“ bezeichnen wird. Damit stellt der Wortbestandteil „POST“ das den Gesamteindruck der jüngeren Marke prägende Element dar. Die angesprochenen Verkehrskreise werden die Wortbestandteile „City-“ und „24“ daher sowohl bei einer klanglichen als auch bei einer bildlichen Wahrnehmung außer Betracht lassen. Es stehen sich somit der Zeichenbestandteil „POST“ in der angegriffenen Marke und die ältere Wortmarke „POST“ identisch gegenüber.
Die graphische Ausgestaltung mit einem blauen Rechteck sowie mit weißen und orangefarbenen Buchstaben ist werbeüblich (vgl. BPatG 26 W (pat) 49/14 – matratzendirect) und nicht geeignet, von der Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchswortmarke wegzuführen. Hinzu kommt, dass die Postbank, die ehemals mit dem Unternehmen der Widersprechenden verbunden war, nach der Recherche des Senats denselben Blauton im geschäftlichen Verkehr verwendet.
2. Da bereits aufgrund des Widerspruchs aus der Widerspruchsmarke zu 1.) die angegriffene Marke in vollem Umfang zu löschen ist, ist die Beschwerde der Widersprechenden gegen die Zurückweisung ihres Widerspruchs aus der Unionswortmarke „Deutsche Post“ (001 798 701, Widerspruchsmarke zu 2.) derzeit – und mit Eintritt der Rechtskraft der vorliegenden Sachentscheidung auch abschließend – gegenstandslos (vgl. BGH GRUR 2008, 714 Rdnr. 46 – idw; BPatG 30 W (pat) 43/12 – Sinuvex/CinnoVex/Sinupret; 25 W (pat) 542/11 – ORIGINAL CHINO/Tchibo).
3. Gegenstandslos geworden ist auch die Beschwerde der Widersprechenden gegen die Zurückweisung ihres Widerspruchs aus der Wortmarke „ExtraPost“ (303 63 530, Widerspruchsmarke zu 3.), weil sie während des Beschwerdeverfahrens gelöscht worden ist.
III.
Für eine Auferlegung der Verfahrenskosten auf eine der Verfahrensbeteiligten aus Billigkeitsgründen (§ 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG) gibt weder die Sach- und Rechtslage noch das Verhalten der Beteiligten Anlass.