Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 19.01.2012


BPatG 19.01.2012 - 29 W (pat) 7/10

Markenbeschwerdeverfahren – "regioPost (Wort-Bild-Marke)/Post (Wort-Bild-Marke)/Deutsche Post" - zur Dienstleistungsidentität und -ähnlichkeit - zur Kennzeichnungskraft – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr - keine mittelbare Verwechslungsgefahr – keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne – Zulassung der Rechtsbeschwerde


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
19.01.2012
Aktenzeichen:
29 W (pat) 7/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 399 07 754.5

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker sowie der Richterinnen Kortge und Dorn

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen

Gründe

I

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Die Wort-/Bildmarke

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wurde am 11. Februar 1999 angemeldet und am 20. März 2000 unter der Nummer 399 07 754 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen für die Waren und Dienstleistungen der

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Klasse 35: Büroarbeiten; Schreibdienste; Sekretariatsdienstleistungen; Versand, Werbung; Verteilung von Warenproben zu Werbezwecken und Verteilung von Werbematerialien; Vervielfältigung von Dokumenten;

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Klasse 39:  Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Auslieferung von Post und Paketen; Kurierdienste; Botendienste; Verpackung und Lagerung von Waren, insbesondere von Post und Paketen; Postzustellung.

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Die Eintragung wurde am 20. April 2000 veröffentlicht. Dagegen hat die Inhaberin der am 11. April 1996 eingetragenen Wort-/Bildmarke 395 40 404

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und der am 22. Oktober 1996 eingetragenen Wortmarke 396 36 412

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Deutsche Post

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Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsmarke

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ist eingetragen für die Waren und Dienstleistungen der

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Klasse 16: Druckereierzeugnisse (Waren aus Papier und Pappe), Buchbindeartikel, Schreibwaren, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);

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Klasse 25: Bekleidungsstücke;

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Klasse 28: Spiele/Spielzeuge;

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Klasse 35: Geschäftsführung/Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere; Unternehmens-, Personal- und Wirtschaftsberatung; Marktkommunikation (Pressearbeit, Public Relation, Produktwerbung, Imagekampagnen) für andere;

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Klasse 36: Zollabfertigung für andere soweit in Klasse 36 enthalten; Finanzdienstleistungen; Finanzberatung; Immobilienwesen;

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Klasse 38: Telekommunikation;

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Klasse 39: Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Sendungsverfolgung durch elektronische Standortbestimmung der Waren- und Güter sowie weitere unterstützende logistische Dienstleistungen wie die systematische Verknüpfung von Waren- und Informationsströmen soweit in Klasse 39 enthalten; Briefdienst-, Frachtdienst-, Kurierdienstleistungen;

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Klasse 42: Philatelie; technische, gewerbsmäßige Beratung; Erstellung von Programmen für die Datenverarbei-tung, Erstellung von technischen Gutachten,

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die Widerspruchsmarke "Deutsche Post" für die Waren und Dienstleistungen der

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Klasse 16: Druckereierzeugnisse (Waren aus Papier und Pappe), Buchbindeartikel, Schreibwaren, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);

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Klasse 25: Bekleidungsstücke, Kopfbedeckungen, Schuhwaren;

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Klasse 28: Spiele, Spielzeug;

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Klasse 35: Werbung; Marktkommunikation (Pressearbeit, Public Relation, Produktwerbung, Imagekampagnen) für andere; Geschäftsführung/Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere; Unternehmens-, Personal- und Wirtschaftsberatung;

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Klasse 36:  Finanzdienstleistungen; Finanzberatung; Immobilienwesen; Zollabfertigung für andere (soweit in Klasse 36 enthalten);

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Klasse 38: Telekommunikation;

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Klasse 39: Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Sendungsverfolgung durch elektronische Standortbestimmung der Waren und Güter sowie weitere unterstützende logistische Dienstleistungen wie die systematische Verknüpfung von Waren- und Informationsströmen (soweit in Klasse 39 enthalten); Briefdienst-, Frachtdienst-, Kurierdienstleistungen;

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Klasse 42: Philatelie; Erstellung von Programmen für die Datenverarbeitung, Erstellung von technischen Gutachten; technische, gewerbsmäßige Beratung soweit in Klasse 42 enthalten.

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Die Markenstelle für Klasse 35 des DPMA hat mit Beschlüssen vom 24. Oktober 2006 und 28. Mai 2008, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, eine Verwechslungsgefahr zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG verneint und die Widersprüche zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass sich die Vergleichsmarken im Bereich der beiderseitigen Kurierdienstleistungen auf identische Dienstleistungen begegnen könnten. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich im Übrigen ähnliche Waren und Dienstleistungen gegenüberstünden, da schon bei Dienstleistungsidentität keine Verwechslungsgefahr bestehe. Es sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der beiden Widerspruchsmarken auszugehen, die neben dem Wortbestandteil "Post" weitere Wort- bzw. Bildbestandteile enthielten. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden reiche die geltend gemachte hohe Bekanntheit des Bestandteils "Post" nicht, um eine erhöhte Kennzeichnungskraft zu begründen. Denn dieser Begriff bezeichne einerseits eine Dienstleistungseinrichtung, die Briefe, Pakete und andere Gegenstände entgegennehme, befördere und zustelle, und sei andererseits zugleich ein Sammel- und Oberbegriff für die von einer solchen Dienstleistungseinrichtung beförderten Güter, insbesondere für Schriftgut aller Art (z. B. Briefe und Karten), so dass dem Wort dem Grunde nach die Unterscheidungskraft fehle. Aufgrund der Überwindung dieses Schutzhindernisses im Wege der Verkehrsdurchsetzung bei der Marke "POST" (300 12 966) könne auch bei hoher Bekanntheit nur von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft ausgegangen werden. Die an den Abstand der Marken im Bereich identischer Dienstleistungen zu stellenden überdurchschnittlichen Anforderungen seien vorliegend jeweils erfüllt, weil sie sich in ihrer Gesamtheit deutlich voneinander unterschieden. Da die Schutzfähigkeit des Wortbestandteils "Post" in der Widerspruchsmarke

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unterstellt werde, komme diesem Bestandteil als einfachster und kürzester Bezeichnungsform innerhalb dieser Widerspruchsmarke eine prägende Bedeutung zu. Selbst wenn auch eine Prägung des Gesamteindrucks der Widerspruchsmarke "Deutsche Post" durch den Bestandteil "Post" unterstellt werde, komme diesem in der angegriffene Marke

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jedenfalls keine prägende Stellung zu. Denn das Wort "Post" sei für die Markeninhaberin nicht verkehrsdurchgesetzt und demnach für die beanspruchten Dienstleistungen beschreibend. Die Wortelemente "regioPost" fügten sich trotz der farblichen Unterschiede vielmehr zu einem Gesamtbegriff, der jedoch als Hinweis auf irgendeine regional tätige Post ebenfalls nicht schutzfähig sei. Der Schutzumfang der angegriffenen Marke

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leite sich daher allein aus der Grafik ab, so dass eine klangliche Verwechslungsgefahr ausscheide. Ferner fehle es an einer schriftbildlichen Ähnlichkeit der jeweiligen Vergleichsmarken. Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt eines Serienzeichens sei zu verneinen. Die Widersprechende verfüge zwar über zahlreiche Marken mit dem Bestandteil "Post", sie habe aber nicht glaubhaft gemacht, dass sie diese Marken auch so benutze und der Verkehr deswegen an eine Serie gewöhnt sei, in die sich die angegriffene Marke einfüge. Der Bestandteil "Post" der jeweiligen Widerspruchsmarke weise innerhalb der angegriffenen Marke auch keine selbständig kennzeichnende Stellung auf, da er hier nur beschreibend verstanden werde. Der Schutz der Widerspruchsmarken könne nicht so weit gehen, jegliche Verwendung eines grundsätzlich beschreibenden Begriffs zu untersagen. Die angesprochenen breiten Verkehrskreise würden angesichts des allgemein bekannten Wegfalls des Postmonopols nicht bei sämtlichen Wortbildungen und Marken, die in irgendeiner Weise den Bestandteil "Post" enthielten, nur an das Unternehmen der Widersprechenden denken.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie beantragt,

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die Beschlüsse der Markenstelle des DPMA vom 24. Oktober 2006 und 28. Mai 2008 aufzuheben.

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Des Weiteren regt sie die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

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Sie ist der Ansicht, zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken bestehe in mehrerer Hinsicht die Gefahr von Verwechslungen. Die - hier nicht gegenständliche - Wortmarke "POST" (300 12 966, Anmeldung am 22. Februar 2000, Eintragung am 3. November 2003) könne für sich eine erhöhte Kennzeichnungskraft sowohl im Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke im Jahr 1999 als auch im Entscheidungszeitpunkt für sich beanspruchen. Zur Stützung ihrer Argumentation hat die Widersprechende im Laufe des Verfahrens zahlreiche Unterlagen vorgelegt, darunter auch die Ergebnisse mehrerer zur Verkehrsdurchsetzung der o. g. Marke "POST" durchgeführter Meinungsumfragen (IPSOS 2000; NFO Infratest 2002; TNS Infratest 2005), die - neben weiteren Umständen, wie Marktanteil, Werbeaufwand, Intensität, Dauer und geografische Verbreitung der markenmäßigen Benutzung für die eingetragenen Dienstleistungen der Klassen 35 und 39 - ihrer Auffassung nach die Bekanntheit von "POST"/ "Deutsche Post" belegten. Das Zeichen "POST" habe auch bereits in dem für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Zeitpunkt des Anmeldetags der jüngeren Marke, d. h. bereits im Februar 1999, über eine überragende Verkehrsbekanntheit und damit gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt, da die in den o. g. Gutachten aus den Jahren 2000 und 2002 festgestellten Bekanntheits-, Durchsetzungs- und Zuordnungsgrade nicht "über Nacht" entstanden seien. Allein im Geschäftsbereich "Brief" seien in den Jahren 2002 bis 2009 Umsätze zwischen rund 12,1 Mio. EUR und 15,3 Mio. EUR erzielt worden. Sei durch ein Verkehrsgutachten nachgewiesen worden, dass eine Marke  - hier: "POST" - als solche Durchsetzungswerte erlangt habe, die ganz erheblich über 50 % lägen, indiziere dies auch, dass diese Marke innerhalb einer mit weiteren Bestandteilen versehenen Gesamtbezeichnung maßgebliche Bedeutung habe und für den Verkehr als herkunftshinweisend erscheine. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die Verwendung der Marke "POST" zusammen mit anderen Zeichen bzw. Bestandteilen, wie in der Widerspruchsmarke "Deutsche Post" oder in der Widerspruchsmarke

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Der Schutzumfang von "POST" könne auch nicht "durch die Hintertür" über die - im Widerspruchsverfahren nicht anwendbare -Schutzschranke des § 23 Nr. 2 MarkenG durch die großzügigere Handhabung eines vermeintlichen Freihaltebedürfnisses korrigiert, also geringer bemessen werden.

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Der Widerspruchsmarke

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verfüge vor diesem Hintergrund daher zumindest über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Der Widerspruchsmarke "Deutsche Post" komme aufgrund intensiver und umfangreicher Benutzung in Deutschland seit 1995 - d. h. seit der Privatisierung der Rechtsvorgängerin Deutsche Bundespost durch den Bund - sogar eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zu. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vorbringens der Beschwerdeführerin wird auf den Schriftsatz vom 20. Juni 2011 (Bl. 156/169 GA), dort Ziffer IV, nebst Anlagen B 34 - B 48 verwiesen. Ihre faktische Monopolstellung belege gerade die erhebliche Bekanntheit der Widerspruchsmarken und könne ihr nicht zum Nachteil gereichen.

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Dem verkehrsdurchgesetzten und erhöht kennzeichnungskräftigen Bestandteil "POST" komme entgegen der Auffassung der Markenstelle auch in der angegriffenen Marke

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eine allein prägende, zumindest aber selbstständig kennzeichnende Stellung zu, zumal dieses Wortelement aufgrund der grafischen Gestaltung - in Farbe, Größe, Stellung, Schrifttype und mittels des Briefsymbols - kennzeichenmäßig hervorgehoben sei. Die angesprochenen Verkehrskreise würden den Bestandteil "Post" in der jüngeren Marke daher nicht als reine Sachangabe verstehen. Hinzu komme, dass der diesem vorangestellte, räumlich deutlich abgegrenzte weitere Wortbestandteil "regio" als rein beschreibender Sachhinweis auf den Ort der Erbringung der Briefdienstleistungen nicht kollisionsbegründend sein könne. Dies führe dazu, dass ein erheblicher Teil des Publikums "Post" als selbständige Marke innerhalb des zusammengesetzten Zeichens

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wahrnehme. Vor diesem Hintergrund sei aufgrund der identischen Übernahme der verkehrsdurchgesetzten Marke "POST" bzw. des dominanten, allein kennzeichnungskräftigen Bestandteils der Widerspruchsmarke "Deutsche Post" in die angegriffene Marke von einer schriftbildlichen, klanglichen und begrifflichen Ähnlichkeit der Vergleichszeichen auszugehen. Darüber hinaus bestehe eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens. Die Widersprechende sei Inhaberin einer umfangreichen Markenserie (336 eingetragene Marken) mit dem Wortstamm "POST", von denen zahlreiche auch aktuell am Markt benutzt würden. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vorbringens der Beschwerdeführerin wird auf den Schriftsatz vom 22. Februar 2011, dort Ziffer 4.1 (Bl. 76 - 78 GA), samt Auflistung der 336 "POST"-Marken und Benutzungsnachweisen (Anlagen B 23 - B 25 zu Bl. 82 GA) Bezug genommen.

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Der Verkehr werde die angegriffene Marke mit den Widerspruchsmarken aus diesem Grunde und zusätzlich deshalb gedanklich in Verbindung bringen, weil der Markenbestandteil "POST" sich für sie - die Widersprechende - im Verkehr als Marke (Nr. 300 12 966) durchgesetzt und zugleich als gängige Kurzform und damit Firmenschlagwort für ihr Unternehmen verwendet werde. Jedenfalls sei vor dem Hintergrund, dass die Widerspruchsmarken auch Unternehmenskennzeichen der Widersprechenden seien, eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne anzunehmen. Der Verkehr werde in dem Zeichen

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eine regionale Vertretung der Widersprechenden sehen, zumindest aber annehmen, zwischen den Parteien bestünden organisatorische und/oder wirtschaftliche Verflechtungen. Dem vorliegenden Verfahren liege im Übrigen ein dem kürzlich ergangenen "TÜV-II"- Urteil des BGH vom 17. August 2011 (I ZR 108/09) vergleichbarer Fall zugrunde.

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Die Beschwerdeführerin regt ferner an, ein demoskopisches Gutachten zur Feststellung des tatsächlichen Verkehrsverständnisses hinsichtlich der Frage einzuholen, in welchem Umfang die angesprochenen Verkehrskreise die angegriffene Marke irrtümlich dem Unternehmen der Widersprechenden zuordnen, sowie die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vorbringens wird auf den Schriftsatz vom 13. April 2011 (Bl. 88/93 GA) unter Ziff. II und III Bezug genommen.

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Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Sie schließt sich in Bezug auf die Beurteilung der Verwechslungsgefahr der in den angegriffenen Beschlüssen durch die Markenstelle vertretenen Rechtsauffassung an. Das Wort "Post" sei für die hier in Rede stehenden Dienstleistungen der Klassen 35 und 39 rein beschreibend. Das verkehrsdurchgesetzte Zeichen "POST" (300 12 966) sei gar nicht Gegenstand dieses Widerspruchsverfahrens, auch liege dessen Priorität nach der Anmeldung der hier angegriffenen Marke. Die Widersprechende habe zur Frage der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken zum hier allein maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke am 11. Februar 1999 nichts Aussagekräftiges vorgetragen. Die von ihr vorgelegten Unterlagen bezögen sich ganz überwiegend auf einen Zeitraum ab dem Jahr 2000, der für das hiesige Verfahren nicht relevant sei. Aus den vorgelegten Benutzungsunterlagen lasse sich im Übrigen nicht schließen, dass die eine oder andere Widerspruchsmarke - in Alleinstellung - intensiv benutzt worden und entsprechend dadurch in ihrer Kennzeichnungskraft gesteigert sei. Auch die Verkehrsdurchsetzung der Wortmarke "POST" für Postdienstleistungen führe nicht dazu, dass der Wortbestandteil "Post" der gegenständlichen Widerspruchszeichen eine gesteigerte Kennzeichnungskraft habe und allein den Gesamteindruck dieser Zeichen präge. Vielmehr werde der Gesamteindruck der Widerspruchsmarke

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ebenso durch die Farbe Gelb und das Posthorn geprägt, der Verkehr habe auch keine Veranlassung, die Widerspruchsmarke "Deutsche Post" auf den Bestandteil "Post" zu verkürzen. Keine der jeweiligen Vergleichsmarken werde daher allein durch den Bestandteil "Post" geprägt. Da diese damit lediglich in einem rein beschreibenden und damit schutzunfähigen Bestandteil ("Post") übereinstimmten, sei von einer absoluten Zeichenunähnlichkeit auszugehen. Auch eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens könne nicht angenommen werden, da der Verkehr die angegriffene Marke als Gesamtbegriff und nicht zergliedernd verstehe. Von einer Markenusurpation könne mangels identischer Übernahme des Widerspruchszeichens

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bzw. "Deutsche Post" in die angegriffene Marke nicht die Rede sein.

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Im Laufe des Beschwerdeverfahrens hat der 26. Senat des BPatG mit im wesentlichen inhaltsgleichen Beschlüssen - nach vorangegangener Zurückverweisung durch den BGH (GRUR 2009, 669 - POST II) - alle gegen die Wortmarke "POST" (300 12 966) der Deutschen Post AG gestellten Löschungsanträge insgesamt und ohne Zulassung der Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen (26 W (pat) 24/06, 25/06, 26/06, 27/06 und 29/06). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Marke "POST" zwar ausschließlich aus einer Angabe bestehe, die zur Bezeichnung eines Merkmals der beanspruchten Dienstleistungen dienen könne. Vorliegend lasse aber die Gesamtschau aller Umstände, insbesondere das von der Antragsgegnerin im Eintragungsverfahren in Auftrag gegebene Verkehrsgutachten der NFO Infratest Wirtschaftsforschung GmbH vom Februar 2003, welches von der Erhebung und Methodik her nicht zu beanstanden sei, den Schluss zu, dass sich die angegriffene Marke vor der Entscheidung über ihre Eintragung für die beanspruchten Dienstleistungen im Verkehr nach § 8 Abs. 3 MarkenG durchgesetzt habe. Der BGH selbst habe in seiner Rechtsbeschwerdeentscheidung bereits ausdrücklich klargestellt, dass durch den in dem o. g. Gutachten ermittelten Zuordnungsgrad von 84,6 % der allgemeinen Verkehrskreise die im Regelfall erforderliche untere Grenze von 50 % so deutlich überschritten sei, dass die an eine Verkehrsdurchsetzung des glatt beschreibenden Begriffs "POST" zu stellenden Anforderungen erfüllt seien. Dies gelte auch für den sich nach Abzug zweifelhafter Zuordnungswerte ergebenden Zuordnungsgrad von immer noch 78,4 %.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und den Akteninhalt Bezug genommen.

II

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Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

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Der Senat hält die Entscheidung der Markenstelle, dass zwischen den jeweiligen Marken keine Verwechslungsgefahr im Sinne von §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht, für rechtmäßig.

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Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH GRUR 2004, 865, 866 - Mustang; GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 783, 784 - NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; GRUR 2006, 60, 61 Rdnr. 12 - coccodrillo; GRUR 2006, 859, 860 Rdnr. 16 – Malteserkreuz I; MarkenR 2008, 405 Tz. 10 - SIERRA ANTIGUO; GRUR 2008, 906 - Pantohexal; GRUR 2008, 258, 260 Rdnr. 20 – INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2009, 484, 486 Rdnr. 23 – Metrobus; GRUR 2010, 235 Rdnr. 15 - AIDA/AIDU; EuGH GRUR 2006, 237, 238 – PICARO/PICASSO).

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Nach diesen Grundsätzen scheidet eine Verwechslungsgefahr zwischen den sich hier gegenüberstehenden Vergleichsmarken aus.

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1. Widerspruch aus der Marke 395 40 404

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a) Die mit der angegriffenen Marke beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 39 sind mit den Dienstleistungen, für die die Widerspruchsmarke in dieser Klasse eingetragen ist, identisch oder hochgradig ähnlich. Auch im Bereich der beiderseitigen Dienstleistungen aus dem Bereich der Werbung bzw. Marktkommunikation in Klasse 35 können sich die Vergleichsmarken auf hochgradig ähnlichen Dienstleistungen begegnen. Den angesichts dessen zu fordernden deutlichen Markenabstand hält die angegriffene Marke selbst bei Dienstleistungsidentität ein, so dass dahingestellt bleiben kann, ob sich auch im Übrigen ähnliche Waren und Dienstleistungen gegenüberstehen.

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b) Die Widerspruchsmarke

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verfügte zum maßgeblichen Prioritätszeitpunkt der angegriffenen Marke allenfalls über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die von der Widersprechenden geltend gemachte hohe Bekanntheit des Bestandteils "Post" reicht nicht, um eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu begründen. Abgesehen davon, dass die verkehrsdurchgesetzte Marke "POST" (300 12 966) nicht Gegenstand des vorliegenden Widerspruchsverfahrens ist und zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke am 11. Februar 1999 noch nicht als verkehrsdurchgesetzt eingetragen war, verfügt diese ihrerseits nur über eine normale Kennzeichnungskraft (vgl. BGH GRUR 2009, 672, 678 Rdnr. 29 ff.– OSTSEE-POST). Denn ein - bereits zur Begründung der Verkehrsdurchsetzung herangezogener (vgl. BGH GRUR 2009, 669 –POST II) - Durchsetzungsgrad von über 80 % führt nicht zu einer Erhöhung der Kennzeichnungskraft, wenn es sich, wie bei "POST", um einen von Haus aus glatt beschreibenden Begriff handelt (vgl. BGH a. a. O., Rdnr. 31 - OSTSEE-POST; BGH I ZR 79/06, Beschl. v. 02.04.2009 - EP Europost, veröffentl. in juris; OLG Hamburg GRUR-RR 2005, 149, 152 - TNT Post Deutschland; BPatG 26 W (pat) 65/04 – GeoPost; 26 W (pat) 30/07 – CITIPOST; 26 W (pat) 50/04 – MORGEN POST BRIEFSERVICE GMBH; Rohnke/Thiering, GRUR 2011, 8; vgl. auch BGH GRUR 2003, 1040, 1043 - Kinder (48,5 % nicht ausreichend); BGH GRUR 2004, 514, 516 - Telekom (60 % nicht ausreichend); BGH GRUR 2007,1071 - Kinder II (61,3 % nicht ausreichend); BGH GRUR 2007,1066, - Kinderzeit (62 % nicht ausreichend)).

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Der in der deutschen Umgangssprache geläufige Begriff "POST" ist geeignet, die hier in Rede stehenden Dienstleistungen, für die die Widerspruchsmarke eingetragen worden ist, sowie den Gegenstand dieser Dienstleistungen ihrer Art und Gattung nach i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu beschreiben (BGH a. a. O. 13 ff. - POST II; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 8 Rdnr. 347). Bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung der jüngeren Marke bezeichnete das Wort "POST" seit langem im allgemeinen inländischen Sprachgebrauch einerseits eine Dienstleistungseinrichtung, die Briefe, Pakete, Geldsendungen und andere Gegenstände entgegennimmt, befördert und zustellt. Andererseits dient und diente dieses Wort als Sammel- und Oberbegriff für die von einer solchen Dienstleistungseinrichtung beförderten Güter, insbesondere für Schriftgut aller Art wie z. B. Briefe und Karten (Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 3. Auflage 1999, Band 7, S. 2975 f.). Diese Sprach- und Bezeichnungsgewohnheit, die dadurch begründet worden ist, dass Schriftgut, Päckchen und Pakete über mehr als ein Jahrhundert allein durch staatliche Einrichtungen wie die Kaiserliche Post, die Reichspost und die Bundespost befördert wurden, hat sich umgangssprachlich auch nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost und ihrer Umwandlung in das Unternehmen "Deutsche Post AG" erhalten. Auch heute noch wird zu beförderndes oder bereits befördertes und zugestelltes Schriftgut mit dem Sammelbegriff "Post" bezeichnet, selbst wenn die Beförderung andere Unternehmen als das der Widersprechenden übernehmen (vgl. BGH a. a. O., Rdnr. 24 - OSTSEE-POST; BPatG a. a. O. – CITIPOST; 26 W (pat) 193/09 – Die grüne Post). Der in dem zusammengesetzten Zeichen

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enthaltene Begriff "Post" ist daher eine beschreibende Sachangabe. Dies gilt nicht nur für die in Klasse 39 eingetragenen Dienstleistungen der Widerspruchsmarke, sondern auch für die hier in Rede stehende Dienstleistung in Klasse 35 "Marktkommunikation (Pressearbeit, Public Relation, Produktwerbung, Imagekampagnen) für andere". Insoweit können die angesprochenen Verkehrskreise in dem Begriff "Post" einen beschreibenden Hinweis auf die Branche (Post), in welcher die Werbedienstleistungen eingesetzt werden, sehen (BGH GRUR 2009, 949, 951 Rdnr. 24 – My World).

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Weder durch ihre Verkehrsdurchsetzung, noch zu einem späteren Zeitpunkt in diesem Verfahren hat die Marke "POST" (300 12 966), auf deren Bekanntheit sich die Widersprechende beruft, eine erhöhte Kennzeichnungskraft erlangt. Um den erhöhten Schutzumfang einer Marke im Widerspruchsverfahren zu berücksichtigen, müssen dessen Voraussetzungen bereits im Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke vorgelegen haben (vgl. BPatG 24 W (pat) 255/95 - Lindora/Linola; BGH GRUR 1963, 626 – Sunsweet; BGH GRUR 1960, 130 - Superpearl II) und im Entscheidungszeitpunkt noch fortbestehen (vgl. Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 147). Bei Anmeldung der jüngeren Marke am 11. Februar 1999 sollten schon bis zur Eintragung der Marke "POST" (300 12 966) aufgrund von Verkehrsdurchsetzung am 3. November 2003 noch mehr als vier Jahre vergehen.

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Um bei glatt beschreibenden, im Verkehr durchgesetzten Zeichen – wie "POST"  von erhöhter Kennzeichnungskraft ausgehen zu können, bedarf es der Feststellung zusätzlicher besonderer Umstände, wie des Nachweises eines nahezu einhelligen Zuordnungsgrades (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 30 f. -OSTSEE-POST), die eine solche Feststellung ausnahmsweise zu tragen geeignet sind. Solche zusätzlichen Umstände sind von der Widersprechenden, insbesondere für den hier u. a. maßgeblichen Zeitpunkt des 11. Februar 1999, weder hinreichend konkret vorgetragen noch nachgewiesen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Da aufgrund von Verkehrsdurchsetzung eingetragene Marken regelmäßig über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügen (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 26 - OSTSEE-POST; GRUR 2002, 171, 173 f. - Marlboro-Dach; GRUR 2007, 1066 Rdnr. 34 – Kinderzeit), sind Tatsachen, deren Nachweis bereits zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung erforderlich war, nicht geeignet, zugleich einen erhöhten Schutzumfang der betreffenden Marke zu begründen. Dies käme einer "dop-pelten Belohnung" gleich, die mit dem Wesen der Verkehrsdurchsetzung nicht vereinbar ist (vgl. BPatG GRUR 2008, 174, 176 - EUROPOSTCOM; BPatG GRUR 2008, 179 - dCP deutsche City Post; BPatG 26 W (pat) 65/04 – GeoPost; 26 W (pat) 30/07 – CITIPOST; 26 W (pat) 50/04 – MORGEN POST BRIEFSERVICE GMBH; Ingerl/Rohnke, a. a. O., § 14 Rdnr. 631).

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Die von der Widersprechenden vorgelegten Verkehrsbefragungen von Mai 2000 (IPSOS Deutschland GmbH, Befragungszeitraum April/Mai 2000) und von Februar 2003 (NFO Infratest Rechtsforschung, Befragungszeitraum November/Dezember 2002) kommen dem Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke am nächsten. Sie weisen jeweils Durchsetzungsgrade auf, die unter bzw. nur knapp über jenen 83,9 % liegen, die die TNS Infratest Rechtsforschung GmbH als Ergebnis ihres Gutachtens von Januar 2006 (Befragungszeitraum September/Oktober 2005) festgestellt hat. Wie der Bundesgerichtshof, dem diese Verkehrsbefragungen bereits vorlagen, in seiner Entscheidung "OSTSEE-POST" (GRUR 2009, 672 – 678, Rdnr. 30) ausgeführt hat, folgt aus diesen Durchsetzungsgraden jedoch keine gesteigerte Kennzeichnungskraft der nur auf Grund von Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Marke "POST" (300 12 966).

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Der "Brand Assessment BRIEF 2010" von November 2010 (Market Research Service Center, Befragungszeitraum April/Mai 2010, Anlage B 20) führt zu keinem anderen Ergebnis. Gegenstand dieser Verkehrsbefragungen war eine andere Marke, nämlich die Wort-/Bildmarke 397 58 809

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("Deutsche Post mit Posthorn"). Die Befragungen beruhen auf zu geringen Stichproben von 300, 680 und 301 befragten Personen. Sie sind auch wegen des großen zeitlichen Abstands zwischen ihrem Befragungszeitraum und dem Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke nicht geeignet, um eine erhöhte Kennzeichnungskraft des Zeichens "POST" bzw. der Widerspruchsmarke

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für diesen Zeitpunkt zu belegen.

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Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft des isolierten Zeichens "POST" über das bereits für die Verkehrsdurchsetzung erforderliche Maß hinaus ergibt sich schließlich weder aus den von der Widersprechenden vorgelegten Benutzungsbeispielen für diese Marke (1), noch aus den zur Akte gereichten Angaben zu Werbemaßnahmen zur Einführung des so genannten E-Postbriefs im Jahre 2010 (2) und den Umsatzzahlen aus dem Geschäftsbericht des Post- und Logistikkonzerns Deutsche Post DHL (3).

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(1) Soweit sich die zur Akte gereichten Belege (Lichtbilder, vgl. Anlagen B 4, B 29, B 30; Werbeplakate, -anzeigen, -mappen und -broschüren, vgl. Anlagen B 5, B 6, B 31, B 32, B 49, B 50) überhaupt und nur vereinzelt zeitlich und örtlich eindeutig zuordnen lassen, zeigen sie den Wortbestandteil "POST" überwiegend nicht in Alleinstellung, sondern gemeinsam mit weiteren Wörtern (insbesondere in Slogans), der Farbe Gelb, dem Unternehmenskennzeichen der "Deutsche Post AG”, sowie teilweise zusammen mit dem weiteren, glatt beschreibenden Begriff "Deutsche" und/oder dem stilisierten Posthorn und ermöglichen aus diesem Grunde nicht den Schluss auf eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der allein aus dem Wort "POST" bestehenden Marke 300 12 966 (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 29 – OSTSEE-POST), auf die sich die Widersprechende hier hinsichtlich der Bekanntheit der Widerspruchsmarke

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beruft. Soweit sich aus diesen Belegen vereinzelt eine - zeitlich zuordenbare - Verwendung des stilisierten Posthorns gemeinsam mit dem Wort "Post" ergibt (vgl. u. a. Bl. 219/220, 221/222, 223/224, 229/230, 307/318 GA), lässt sich hieraus allein noch keine Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke

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herleiten, zumal diese Unterlagen aus den 1980er-Jahren, also aus der Zeit vor der Privatisierung der Deutschen Bundespost, stammen und auch eine von der gegenständlichen Widerspruchsmarke abweichende grafische Anordnung und farbliche Gestaltung der Wort- und Bildbestandteile enthalten.

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(2) Die angesprochenen Werbemaßnahmen mit Aufwendungen von über 80 Mio. Euro für die Einführung des so genannten E-Postbriefs im Jahr 2010 (Anlagen B 9 - B 18) betreffen einen Zeitraum, der vom Anmeldezeitpunkt der angegriffenen Marke so weit entfernt ist, dass sie keine Aussagen zur Kennzeichnungskraft des Zeichens "POST" bzw. der Widerspruchsmarke

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im Jahr 1999 ermöglichen.

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(3) Die Umsatzzahlen aus dem Geschäftsbericht (Mehrjahresübersicht) des Post- und Logistikkonzerns Deutsche Post DHL für die Jahre 2002 bis 2009 lassen ebenfalls den erforderlichen Bezug gerade zu der Marke "POST" bzw. der Widerspruchsmarke

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vermissen. Eine Einzelauswertung von Umsatzzahlen etc. bezogen auf die jeweiligen Marken wurde nicht vorgelegt.

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Der Umstand, dass die Widersprechende seit  2001 bzw. 1997 Inhaberin der Domainnamen "www.post.de" und "www.deutschepost.de" ist, mag schließlich die Verkehrsdurchsetzung der Marke "POST" mit beeinflusst haben. Zu einer Erhöhung der Kennzeichnungskraft über das bereits zur Verkehrsdurchsetzung erforderliche Maß hinaus trägt er hingegen nicht bei, weil sich die Auswirkungen einer Internetpräsenz auf die Wahrnehmung einer Marke durch das Publikum nicht von Durchsetzungsgraden trennen lassen, die nach Einrichtung der Domains und deren Benutzung durch die Widersprechende im Verkehr erhoben worden sind. Damit ergeben sich insoweit auch keine Auswirkungen auf

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die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke

Abbildung.

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c) Unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke

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und Anwendung durchschnittlicher Sorgfalt seitens der angesprochenen Verkehrskreise ist ausgehend von identischen bzw. hochgradig ähnlichen Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr mangels Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Marken zu verneinen. Dies gilt selbst für den Fall, dass der Widerspruchsmarke eine leicht gesteigerte Kennzeichnungskraft zugestanden werden würde.

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Maßgebend für die Beurteilung der Markenähnlichkeit ist der Gesamteindruck der Vergleichsmarken, wobei von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen ist, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Der Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen ist dabei im Klang, im (Schrift)Bild und im Bedeutungs-(Sinn-)Gehalt zu ermitteln. Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr reicht dabei regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Hinsicht aus (BGHZ 139, 340, 347 - Lions; BGH MarkenR 2008, 393, 395 Rdnr. 21 - HEITEC). Zudem ist bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich mehr auf die gegebenen Übereinstimmungen der zu vergleichenden Marken abzuheben als auf die Abweichungen, weil erstere stärker im Erinnerungsbild zu haften pflegen. Für den Gesamteindruck eines Zeichens ist insbesondere der Wortanfang von Bedeutung, weil der Verkehr diesem regelmäßig größere Beachtung schenkt als Endsilben (BGH a. a. O. – NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).

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aa) Die sich hier gegenüberstehenden Marken werden weder klanglich noch schriftbildlich noch begrifflich ähnlich wahrgenommen.

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aaa) In ihrer Gesamtheit sind die Zeichen

 

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und

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schon wegen der sofort ins Auge fallenden unterschiedlichen Bildelemente und farblichen Ausgestaltung für den angemessen aufmerksamen inländischen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Dienstleistungen ohne weiteres zu unterscheiden. Die Bildbestandteile können bei der Beurteilung von optischen Ähnlichkeiten auch nicht unberücksichtigt bleiben, da sie in ihrer Gesamtheit zur Kennzeichnungskraft der jeweiligen Marke beitragen. Insofern bleiben sie in der Erinnerung der Verkehrsteilnehmer und wirken bildlichen Verwechslungen zusätzlich entgegen (vgl. BGH GRUR 2008, 254, 257 Rdnr. 36 – THE HOME STORE; a. a. O. - SIERRA ANTIGUO). Einen markanten Unterschied am grundsätzlich stärker beachteten Wortanfang erzeugt ferner der in der angegriffenen Marke enthaltene zusätzliche Wortbestandteil "regio". Eine Verwechslungsgefahr in (schrift-)bildlicher Hinsicht ist daher zu verneinen.

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bbb) Eine klangliche Verwechslungsgefahr kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der in beiden Marken identisch enthaltene Wortbestandteil "Post" keine kollisionsbegründende Stellung einnimmt. Er weist entgegen der Ansicht der Widersprechenden keine die jüngere Marke prägende Funktion auf, weil das Wortelement "regio" für die angesprochenen Verkehrskreise nicht in einer Weise zurücktritt, dass es für den Gesamteindruck vernachlässigt werden kann (EuGH GRUR 2007, 700 Rdnr. 41 –HABM/Shaker [Limoncello]; EuGH GRUR 2005, 1042 Rdnr. 28 f. – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2006, 859 Rdnr. 18 – Malteserkreuz I; GRUR 2007, 888 Rdnr. 22 u. 31 – Euro Telekom; MarkenR 2008, 405, 406 Rdnr. 18 – SIERRA ANTIGUO; GRUR 2009, 772, 776 Rdnr. 57 – Augsburger Puppenkiste). Vielmehr verbindet er sich mit dem ihm vorangehenden Wort "regio" - bereits aufgrund unmittelbarer Aneinanderfügung - zwanglos zu einem für den Durchschnittsverbraucher ohne weiteres erkennbaren Gesamtbegriff. Der aus dem Lateinischen stammende Begriff "regio" ist den angesprochenen inländischen Verkehrskreisen auch ohne Lateinkenntnisse aus verschiedenen Zusammenhängen als Kurzform von "regional" mit der Bedeu-tung "eine bestimmte Region betreffend, auf sie beschränkt" (www.du-den.de/rechtschreibung/regional) geläufig. Der Verbraucher wird die beiden Wortbestandteile der angegriffenen Marke "regioPost" in ihrer Gesamtheit daher ohne weiteres im Sinne von "regional tätige Post" verstehen.

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Der Verkehr hat auch keinen Anlass, das angegriffene Zeichen zergliedernd zu betrachten und sich bei der Frage des Herkunftshinweises klanglich allein an seinem Bestandteil "Post” zu orientieren. In der hier betroffenen Transport- und Logistikbranche fasst der Verkehr den Begriff "Post” in zusammengesetzten Zeichen beschreibend auf (vgl. BGH a. a. O., Rdnr. 36 – OSTSEE-POST) und löst ihn daher auch im Falle der angegriffenen Marke nicht aus dem Gesamtbegriff "regioPost" heraus. Der angemessen aufmerksame Durchschnittsverbraucher ist auf Grund der seit Jahren andauernden und umfangreichen Berichterstattung in deutschen Medien über den schrittweisen Abbau des Postmonopols gut darüber informiert, dass es zwischenzeitlich außer der Widersprechenden eine nicht unerhebliche Anzahl weiterer Anbieter von – auch nur regional tätigen –  Postdiensten im Inland gibt. Auch die im Dezember 2007 von einem Konkurrenzunternehmen der hiesigen Verfahrensbeteiligten im Zusammenhang mit Postdienstleistungen angestoßene Mindestlohndebatte ist den Verbrauchern noch gut in Erinnerung (BPatG 26 W (pat) 65/04 – GeoPost; 26 W (pat) 30/07 – CITIPOST; 26 W (pat) 50/04 – MORGEN POST BRIEFSERVICE GMBH).

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Die farblichen Unterschiede zwischen "regio" und "Post" sowie deren unterschiedliche grafische Gestaltung in Größe und Schrifttype vermögen an einer Wahrnehmung des angegriffenen Zeichens als Gesamtbegriff nichts zu ändern. Das Wort "regio" erscheint in violetten Kleinbuchstaben in einer fett geschriebenen Druckschrift, während das Wort "Post" in schwarzer, dezenterer Kursivschrift in Groß- und Kleinschreibung gehalten ist und eine leichte Schattierung aufweist. Diese in ihrer Graphik werbeüblichen Gestaltungselemente, an die der Verkehr gewöhnt ist, lassen keine Aufspaltung der Gesamtbezeichnung erwarten. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden ist bei der angegriffenen Marke das Wort "Post" auch nicht besonders herausgestellt. Vielmehr fällt der Bestandteil "regio" aufgrund der Schreibweise in fetten Druckbuchstaben und seiner violetten Ausgestaltung mindestens ebenso stark ins Auge wie das Wort "Post". Auch der stilisierte Briefumschlag, der unterhalb des Großbuchstabens "P" des Wortes "Post" angeordnet ist, lässt keine Trennung der beiden Wortelemente erwarten.

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Damit liegen in der angegriffenen Marke zwei gleichgewichtige Wortbestandteile vor, so dass eine Prägung durch eines dieser beiden Elemente ausscheidet.

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Die Vergleichsmarken unterscheiden sich daher durch ihre Silbenzahl und Vokalfolge sowie im Sprech- und Betonungsrhythmus. Der dreisilbigen Wortkombination "regioPost" mit der Vokalfolge "e-i-o-o" steht die einsilbige Bezeichnung "Post" mit dem alleinigen Vokal "o" gegenüber. Ferner findet der in der Regel stärker beachtete Wortanfang "regio" in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung.

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ccc) Auch eine begriffliche Verwechslungsgefahr ist wegen des bereits dargestellten unterschiedlichen Sinngehalts der Vergleichsmarken ausgeschlossen.

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bb) Eine mittelbare Verwechslungsgefahr ist ebenfalls zu verneinen.

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Die Gefahr, dass Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, obwohl die beteiligten Verkehrskreise die Unterschiede zwischen den Vergleichsmarken erkennen, liegt nur dann vor, wenn ein mit der älteren Marke übereinstimmender Bestandteil identisch oder ähnlich in eine komplexe Marke aufgenommen wird, in der er neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen des Inhabers der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, und wenn wegen der Übereinstimmung dieses Bestandteils mit der älteren Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH GRUR 2005, 1042 Rdnr. 28 f. - THOMSON LIFE; BGHZ 167, 322 Rdnr. 18 – Malteserkreuz I; BGH GRUR 2008, 258 Rdnr. 33 - INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2010, 646 Rdnr. 15 - OFFROAD).

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aaa)  Die mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens greift unter dem Begriff des gedanklichen In-Verbindung-Bringens der jüngeren mit der älteren Marke dann ein, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens sieht und deshalb die nachfolgenden Bezeichnungen, die einen wesensgleichen Stamm aufweisen, demselben Inhaber zuordnet (BGH GRUR 2007, 1071 Rdnr. 40 - Kinder II).

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Eine Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens scheidet schon deshalb aus, weil der gemeinsame Bestandteil "Post" in der angegriffenen Marke wegen der Verbindung zu einem eigenen, in sich geschlossenen Gesamtbegriff nicht in der Art eines eigenständigen Wortstammes hervortritt und damit von der Vorstellung wegführt, es handele sich um eine Serienmarke ein und desselben Unternehmens (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 40 – OSTSEE-POST). Dass für die Widersprechende zahlreiche Marken mit dem Bestandteil "Post" eingetragen sind, ist in der Transport- und Logistikbranche nicht geeignet, das Verständnis des Verkehrs zu beeinflussen. Nur bei einem Teil dieser Marken ist dem Bestandteil "Post" ein weiterer Begriff wie bei der angegriffenen Marke vorangestellt, wie u. a. bei den Wort-/Bildgemeinschaftsmarken "INFOPOST" (EU 3280121) und "E POST (EU 8408056)" sowie den deutschen Wortmarken "Kinderpost" (30035645), "Schulpost" (30035646), "PLUSPOST" (30122890), "SMARTPOST" (30403717) und der Wort-/Bildmarke "easyPost" (39718576). Zur tatsächlichen Verwendung dieser als Serie in Betracht kommenden Marken und ihrer Präsenz auf dem Markt fehlt jedoch ein hinreichend substantiierter Vortrag der Widersprechenden. Allein die pauschale Behauptung ihrer Benutzung und die Vorlage eines Benutzungsnachweises für die Marke "INFOPOST" genügt nicht. Andere, nicht gleich gebildete Post-Marken sind insoweit nicht relevant. Von einem Einfügen der angegriffenen Marke in eine Serienreihe der Widersprechenden kann daher keine Rede sein. Abgesehen davon hat im Zuge der Berichterstattung zum schrittweisen Abbau des Postmonopols in Deutschland zudem eine breite Öffentlichkeit Kenntnis davon erlangt, dass eine Vielzahl von Unternehmen Marken und Unternehmenskennzeichen mit dem Bestandteil "Post" nutzen (vgl. BGH a. a. O. Rdnr. 40 – OSTSEE-POST; BPatG 26 W (pat) 65/04 – GeoPost; 26 W (pat) 30/07 – CITIPOST; 26 W (pat) 50/04 – MORGEN POST BRIEFSERVICE GMBH). Das angesprochene Publikum wird daher nicht jede Marke mit dem Bestandteil "Post" einer Serienreihe der Beschwerdeführerin zuordnen.

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bbb)  Mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt der Markenusurpation wird angenommen, wenn ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, neben einem Unternehmenskennzeichen oder Serienzeichen des Inhabers der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt. Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (BGH GRUR 2006, 859 Rdnr. 18 –  Malteserkreuz I).

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Die aus Wort- und Bildbestandteilen zusammengesetzte Widerspruchsmarke

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wird hier in der jüngeren Marke schon nicht vollständig übernommen, sondern lediglich der Wortbestandteil "Post". Das gemeinsame Element "Post" bildet in der jüngeren Marke zusammen mit dem Bestandteil "regio" eine gesamtbegriffliche Einheit, weshalb ihm keine eigenständig kennzeichnende Stellung zukommt, so dass eine Verwechslungsgefahr unter diesem Gesichtspunkt zu verneinen ist (EuGH a. a. O. - THOMSON LIFE).

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cc) Auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne liegt nicht vor. Eine solche wird angenommen, wenn die Vergleichskennzeichnungen zwar als unterschiedlich und als solche verschiedener Unternehmen aufgefasst werden, jedoch gleichwohl aufgrund besonderer Umstände, insbesondere wegen ihrer teilweisen Übereinstimmung, geschlossen wird, dass zwischen den Unternehmen Beziehungen geschäftlicher, wirtschaftlicher oder organisatorischer Art bestehen. Für die Annahme einer solchen Verwechslungsgefahr ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung regelmäßig erforderlich, dass sich die ältere Marke zu einem im Verkehr bekannten Unternehmenskennzeichen entwickelt hat (BGH GRUR 2004, 598, 599 – Kleiner Feigling; GRUR 2004, 865, 867 - Mustang), was hier unterstellt werden kann. Dies allein reicht allerdings nicht aus. Denn die Vergleichsmarken weisen keine Gemeinsamkeiten auf, weder im Aufbau noch in schriftbildlichen Elementen. Insbesondere der von ihnen ausgehende unterschiedliche "Flair" lässt nicht erwarten, dass das angesprochene Publikum auf geschäftliche, wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen den Unternehmen der Widersprechenden und der Markeninhaberin schließt. Mit dem Unternehmen der Widersprechenden verbinden die Verbraucher in erster Linie die Farbe Gelb und das stilisierte Posthorn. Die angegriffene Marke stimmt aber in diesen kennzeichnenden Elementen mit der Widerspruchsmarke in keiner Weise überein, sondern hat eine andere Farbgebung und bildliche Gestaltung, aus der sie letztlich wegen des beschreibenden Sinngehalts der Wortelemente auch ihre Kennzeichnungskraft herleitet.

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Auch sonstige Umstände, aus denen eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne hergeleitet werden könnte, sind nicht ersichtlich. Ausschließlich assoziative Gedankenverbindungen, die zwar zu behindernden, rufausbeutenden oder verwässernden Wirkungen, nicht jedoch zu eigentlichen Herkunftsverwechslungen führen, reichen für die Annahme einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr nicht aus (EuGH GRUR 1998, 387, 389, Rdnr. 18 - Sabèl/Puma; BGH GRUR 2000, 886, 887 - Bayer/BeyChem; GRUR 2002, 544, 547 – BANK 24).

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d) Entgegen der von der Widersprechenden geäußerten Rechtsauffassung ist zur Frage, ob zwischen den beiderseitigen Marken eine Verwechslungsgefahr besteht, auch kein Verkehrsumfragegutachten einzuholen. Als Rechtsfrage, die der vollständigen Überprüfung im Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahren unterliegt, ist die Beurteilung der Verwechslungsgefahr keiner Beweisaufnahme zugänglich (vgl. BGH GRUR 1992, 48, 51 f. - frei öl; GRUR 1993, 118, 120 - Corvaton/Corvasal; BPatG 26 W (pat) 30/07 – CITIPOST; 26 W (pat) 50/04 – MORGEN POST BRIEFSERVICE GMBH; Beier GRUR 1974, 514, 518; Völp GRUR 1974, 754 ff.; Eichmann GRUR 1998, 202, 213; vgl. auch SchweizBG GRUR Int. 2001, 187 RIVELLA/apiella). Die Rechtsfrage, welcher Schutzumfang einer Marke zukommt, also welchen Abstand die Marke von konkurrierenden jüngeren Marken fordern kann (Berneke, WRP 2007, 1417, 1419), lässt sich nicht auf empirischem Wege durch demoskopische Gutachten entscheiden. Im Widerspruchsverfahren sind Nachweise zu tatsächlich vorkommenden Verwechslungen schließlich auch nicht mit dem Ziel zu erheben, Indizien für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Rechtssinne zu gewinnen; denn das Widerspruchsverfahren findet zu einem Zeitpunkt statt, in dem sich die Kollisionsmarken im Verkehr häufig noch gar nicht begegnet sind; tatsächlich vorkommende Verwechslungen sind zur Bejahung einer Verwechslungsgefahr im Rechtssinne im Übrigen nicht einmal notwendig (st. Rspr.; BGH GRUR 1961, 535, 537 – arko; GRUR 1991, 609, 611 - SL; vgl. auch SchweizBG GRUR Int. 2001, 187 RIVELLA/apiella).

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2. Widerspruch aus der Marke 396 36 412 "Deutsche Post"

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Auch der Widerspruch aus dieser Marke hat keinen Erfolg. Zwischen dieser Widerspruchsmarke und der angegriffenen Marke besteht ebenfalls keine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

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a) Die Vergleichszeichen können sich auf teils identische, teils hochgradig ähnliche Dienstleistungen begegnen. Insoweit gelten die Ausführungen zum Widerspruch zu 1. unter a) entsprechend.

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b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist in Anbetracht der schutzunfähigen Gesamtbezeichnung "Deutsche Post", die sich aus einer geografischen Herkunftsangabe und einer beschreibenden Sachangabe zusammensetzt, im Zusammenhang mit den hier in Rede stehenden Dienstleistungen von Haus aus auf ein Minimum beschränkt. Die Wortkombination wird in ihrer Gesamtbedeutung ohne weiteres im Sinne von "Deutschland betreffendes Dienstleistungsunternehmen zur Beförderung von Briefen, Paketen, Geldsendungen" oder "zu beförderndes oder bereits befördertes und zugestelltes Schriftgut aus Deutschland" verstanden.

101

Es kann dahingestellt bleiben, ob die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen geeignet sind, eine intensive Benutzung der Widerspruchsmarke in Deutschland bereits in dem für die Berücksichtigung des Schutzumfangs maßgeblichen Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke am 11. Februar 1999 zu belegen. Hieran bestehen jedenfalls erhebliche Zweifel, weil sich die als Anlage B 34 vorgelegten Benutzungsbeispiele größtenteils zeitlich nicht zuordnen lassen und sich die weiter zur Akte gereichten Belege (Artikel, Umfrageergebnisse, Geschäftsberichte, Anlagen B 35 – B 48) auf ein anderes Zeichen, nämlich

Abbildung,

und/oder auf Zeiträume beziehen, die vom Anmeldezeitpunkt der angegriffenen Marke so weit entfernt sind, dass sie keine Aussagen zur Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke im Jahr 1999 ermöglichen. Die Umsatzzahlen aus dem Geschäftsbericht (Mehrjahresübersicht) des Post- und Logistikkonzerns Deutsche Post DHL für die Jahre 2002 bis 2009 lassen ebenfalls den erforderlichen Bezug gerade zu der Marke "Deutsche Post" vermissen.

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Aber selbst eine hinreichend glaubhaft gemachte intensive Benutzung der Widerspruchsmarke zum maßgeblichen Zeitpunkt im Februar 1999 würde hier lediglich dazu führen, dass ihre ursprünglich auf ein Minimum reduzierte Kennzeichnungskraft für die betreffenden Dienstleistungen als kompensiert anzusehen wäre, so dass der Widerspruchsmarke insoweit ein durchschnittlicher Schutzumfang zukäme (BPatG 24 W (pat) 11/09 – ARS VITALIS/VITALIS; 29 W (pat) 523/10 – SANKT VITALIS/VITALIS). Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft könnte der Widerspruchsmarke daher für den o. g. Zeitpunkt nicht beigemessen werden. Denn die im Zusammenhang mit der Benutzung vorgelegten Unterlagen reichen keinesfalls aus, um über eine Stärkung der originär äußerst schwachen Kennzeichnungskraft auf eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft hinaus eine erhöhte Kennzeichnungskraft zu begründen.

103

c) Unter Zugrundelegung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke "Deutsche Post" und Anwendung durchschnittlicher Sorgfalt seitens der angesprochenen Verkehrskreise ist ausgehend von identischen bzw. hochgradig ähnlichen Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr mangels Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Marken zu verneinen. Dies gilt selbst für den Fall, dass der Widerspruchsmarke eine leicht gesteigerte Kennzeichnungskraft zugestanden werden würde. Insoweit wird auf die zum Widerspruch zu 1. vorstehend getroffenen Feststellungen Bezug genommen, die hier in gleicher Weise zutreffen. Hinzu kommt, dass sich die beiden Wortbestandteile "Deutsche" und "Post" in der Widerspruchsmarke – ebenso wie die beiden Wortbestandteile des angegriffenen Zeichens – für den Verbraucher zu einem Gesamtbegriff verbinden. Damit liegen zwei gleichgewichtige Wortbestandteile vor, so dass eine Prägung durch eines dieser beiden Elemente ausscheidet.

104

3. Die Rechtsbeschwerde wird entsprechend dem Antrag der Beschwerdeführerin auf der Grundlage von § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zugelassen. Zu der von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Frage zur Feststellung der Verwechslungsgefahr im Wege tatsächlicher Erhebungen, beispielsweise durch Umfragen, hält der Senat jedenfalls im Hinblick auf eine tatsächlich lang benutzte Widerspruchsmarke eine vertiefte oberstgerichtliche Entscheidung für erforderlich. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die hierzu bestehende Rechtsprechung und Literatur nicht ganz aktuell ist und sich die tatsächlichen Verhältnisse am Markt ganz allgemein durch die zunehmende Privatisierung früher staatlicher Branchen geändert haben.

105

4. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG gibt der entschiedene Fall keine Veranlassung, so dass gemäß § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG jeder Verfahrensbeteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst trägt.