Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 16.02.2017


BPatG 16.02.2017 - 25 W (pat) 2/15

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren – Kostenentscheidung nach Beschwerderücknahme - "H 15 Gufic" – Löschungsantrag wegen Bösgläubigkeit – Löschungsantrag wird auf fehlende Benutzung der Marke gestützt – Einrede mangelnder Benutzung ist im Löschungsverfahren nicht vorgesehen – Kostenauferlegung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
16.02.2017
Aktenzeichen:
25 W (pat) 2/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

1. Der Löschungsantragstellerin werden auf den Antrag der Markeninhaberin und Löschungsantragsgegnerin hin die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

2. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf … Euro festgesetzt.

Gründe

I.

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Mit dem am 27. Januar 2014 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenen Antrag hat die Löschungsantragstellerin die Löschung der am 21. April 2008 angemeldeten und am 2. Oktober 2008 unter der Registernummer 30 2008 026 129 für Waren der Klasse 3 und 5 eingetragenen Wortmarke

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H 15 Gufic

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beantragt. Sie hat die Löschung mit vorliegender Bösgläubigkeit der Markeninhaberin bei der Anmeldung und in einem späteren Schriftsatz vom 7. Juli 2014 auch damit, dass es sich bei dem Wortbestandteil "H 15" um eine eintragungsunfähige Gattungsbezeichnung handele, begründet.

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Die Markenabteilung 3.4 hat den Löschungsantrag mit Beschluss vom 22. Oktober 2014 ohne einer Seite die Kosten aufzuerlegen, zurückgewiesen.

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Die Markenanmeldung stelle sich nicht als Eingriff in den schutzwürdigen Besitzstand eines Vorbenutzers dar. Denn es konnte nicht festgestellt werden, dass ein Dritter, auch nicht die Löschungsantragstellerin, die Inhaberin einer bis zum November 2010 eingetragenen identischen Marke gewesen sei, das Zeichen "H 15 Gufic" (Registernummer 303 43 596) vorbenutzt und deshalb einen schutzwürdigen Besitzstand erworben habe, in den die Markeninhaberin mit ihrer Markenanmeldung hätte eingreifen können. Es lägen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Anmeldung der Marke zu Spekulationszwecken erfolgt sei, um Dritte mit Unterlassungs- oder Geldforderungen überziehen zu können, ohne dass ein genereller Benutzungswille der Markenanmelderin vorgelegen habe. Auch sei nicht von einem fehlenden Benutzungswillen auszugehen. Die Markeninhaberin habe das angegriffene Zeichen im Zeitpunkt der Anmeldung und mehrere Jahre darüber hinaus als Kennzeichen für ihre aus Indien importierten Weihrauchpräparate in Deutschland benutzt, was für das Vorliegen eines Benutzungswillen an der Marke "H 15 Gufic" spräche. Schließlich sei auch nicht deswegen von einer Behinderungsabsicht der Markeninhaberin bei der Anmeldung auszugehen, weil die Benutzung der Marke "H 15 Gufic" für Weihrauchpräparate in Deutschland möglicherweise gegen das Arzneimittelgesetz oder gegen andere Rechtsnormen verstoßen habe. Derartige Verstöße seien bzw. wären bei der hier allein vorzunehmenden markenrechtlichen Beurteilung nicht relevant; auf die rechtserhaltende Benutzung einer Marke komme es vor dem DPMA nur im Widerspruchsverfahren und dem Löschungsverfahren wegen Verfalls an.

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Ebenso wenig führe das in dem Schriftsatz vom 7. Juli 2014 geltend gemachte Vorbringen, wonach es sich bei H 15 um eine Gattungsbezeichnung für ein Weihrauchprodukt handele und daher die Eintragungshindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 und 3 MarkenG vorlägen, zum Erfolg, weil der zusätzlich vorhandene Markenbestandteil "Gufic" als kennzeichnendes Firmenschlagwort der Markeninhaberin das Vorliegen dieser Schutzhindernisse ausschließe.

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Gegen die Zurückweisung ihres Löschungsantrags durch die Markenabteilung hat sich die Löschungsantragstellerin mit ihrer Beschwerde gewendet. Zur Begründung hat sie einmal auf ihren bisherigen Vortrag verwiesen und zusätzlich die Einrede der Nichtbenutzung in Bezug auf alle beanspruchten Waren der angegriffenen Marke erhoben. Daher sei die angegriffene Marke löschungsreif. Weiter hat sie ausgeführt, bei der Bezeichnung Gufic handele es sich nicht um eine Unternehmensbezeichnung gemäß § 5 Abs. 2 MarkenG, da verschiedene "Gufic"-Gesellschaften existierten. Damit fehle es an einem Unternehmenskennzeichen, weil unter der Bezeichnung Gufic verschiedene Firmen mit unterschiedlichen Aufgaben bezeichnet würden, so dass eine auf eine einzelne Firma bezogene Herkunftsidentifikation mit diesem Firmenschlagwort nicht möglich sei. Zudem fehle eine Benutzung des Unternehmenskennzeichens im geschäftlichen Verkehr.

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Mit einem in der Ladung zur mündlichen Verhandlung verbundenen Hinweis vom 25. August 2016 hat der Senat den Beteiligten mitgeteilt, dass er die von der Markenabteilung in dem Beschluss vom 22. Oktober 2014 ausgeführte Auffassung, wonach die Voraussetzungen für eine Löschung der angegriffenen Marke nicht vorliegen, teilt. Zugleich hat der Senat darauf hingewiesen, dass die in der Beschwerdebegründung von der Löschungsantragstellerin erhobene Einrede der Nichtbenutzung zwar im Widerspruchsverfahren nach § 43 MarkenG, nicht aber im Löschungsverfahren vorgesehen sei. Zu dem Einwand, dass die angegriffene Marke nicht benutzt werde, hat der Senat auf die Möglichkeit eines Verfallslöschungsantrags beim Deutschen Patent- und Markenamt nach § 53 i. V. m. § 49 MarkenG hingewiesen und klargestellt, dass die fehlende Benutzung der Marke keinen zulässigen Löschungsgrund für das hiesige Löschungsverfahren nach § 54 i. V. m. § 50 MarkenG darstellt.

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Die Löschungsantragstellerin hat die Beschwerde zwei Tage vor dem angesetzten Termin zur mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

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Die Markeninhaberin hat die Zurückweisung der Beschwerde unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Senats beantragt. Nach Rücknahme der Beschwerde durch die Löschungsantragstellerin hat sie ausgeführt, die Beschwerde gegen den überzeugend begründeten Beschluss sei von Anfang an ohne Aussicht auf Erfolg gewesen. Die eingetragene angegriffene Marke werde im Rechtsverkehr in Deutschland benutzt, der Gegenstandswert sei mit … Euro festzusetzen. Sie beantragt daher,

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der Löschungsantragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen und den Gegenstandswert des Verfahrens auf … Euro festzulegen.

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Die Löschungsantragstellerin beantragt,

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den Kostenantrag zurückzuweisen.

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Ein Anlass zu Lasten der Beschwerdeführerin und Löschungsantragstellerin von dem Grundsatz abzuweichen, wonach die Kosten des Beschwerdeverfahrens von jeder Partei selbst zu tragen seien, sei nicht ersichtlich. Die Löschungsansprüche basierten nicht nur auf dem Löschungsgrund der Bösgläubigkeit, sondern auch auf der fehlenden nachgewiesenen Benutzung der Marke für den Großteil der beanspruchten Waren. Es entspräche durchaus der Prozessökonomie unbenutzte Marken aus dem Register zu löschen. Der Verfallslöschung habe die Markeninhaberin nicht widersprochen, so dass eine Klage vor den ordentlichen Gerichten nicht erforderlich gewesen sei. Der Löschungsantrag habe zumindest teilweise Aussicht auf Erfolg gehabt. Eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen sei nicht gerechtfertigt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

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Die Beschwerde der Löschungsantragstellerin ist in der Hauptsache erledigt, nachdem die Löschungsantragstellerin diese am 27. September 2016 zurückgenommen hat, so dass nur noch über den Antrag der Markeninhaberin, der Beschwerdeführerin und Löschungsantragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (Ziffer 1.) und über den Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts für das Löschungsverfahren (Ziffer 2.) zu entscheiden war.

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Vorliegend entspricht es der Billigkeit, der Löschungsantragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 MarkenG aufzuerlegen.

18

1. Die Kostenregelungen im Fall einer Sachentscheidung im Beschwerdeverfahren gemäß § 71 Abs. 1 bis 3 MarkenG gelten auch nach der vorliegend erfolgten Rücknahme der Beschwerde durch die Löschungsantragstellerin und der entsprechenden Erledigung in der Hauptsache (§ 71 Abs. 4 MarkenG). Von dem sich aus § 71 Abs. 4 i. V. m. § 71 Abs. 1 MarkenG ergebenden Grundsatz, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat, kann nur unter besonderen Umständen abgewichen werden (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 71 Rn. 12). Ein solcher besonderer Umstand kann nicht allein darin gesehen werden, dass die Beschwerde zurückgenommen worden ist. Da das Markengesetz mit § 71 Abs. 4 i. V. m. Abs. 1 bis 3 MarkenG eine abschließende Kostenregelung bei Rücknahme eines Löschungs- bzw. Schutzentziehungsantrages enthält, kann insbesondere nicht über § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG auf die Regelung des § 269 Abs. 3 Satz 2 und 3 ZPO in entsprechender Anwendung zurückgegriffen werden (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 71 Rn. 4). Auch der mutmaßliche Verfahrensausgang bei unterstellt streitiger Sachentscheidung stellt für sich genommen noch keinen ausreichenden Umstand für eine Kostenauferlegung bzw. noch keine Vermutung für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen dar (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 71 Rn. 11; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 71 Rn. 13, Rn. 22).

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Nach der Gesetzeslage kommt eine Kostenauferlegung sowohl im Verfahren vor dem Patentamt als auch im patentgerichtlichen Verfahren nur aus Billigkeitsgründen in Betracht, was nach ständiger Rechtsprechung dahingehend ausgelegt wird, dass Kosten in der Regel nur dem Verfahrensbeteiligten auferlegt werden, der in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation sein Interesse am Erhalt oder am Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht bzw. vor einer Rücknahme durchzusetzen versucht hat (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 71 Rn 12 ff.; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 71 Rn. 11 ff. und Büscher in Gewerblicher Rechtsschutz/Urheberrecht/Medienrecht, 3. Aufl., § 71 MarkenG, Rn. 2 ff., 5 ff.; siehe dazu auch BPatG MarkenR 2006, 172, 175 Pinocchio; Beschluss vom 17. Januar 2013, 25 W (pat) 26/11 – Stilisierter Tacho (rund) – Entscheidungstext zugänglich über die Homepage des Bundespatentgerichts).

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Eine solche prozessuale Sorgfaltspflichtverletzung ist vorliegend gegeben. Die Löschungsantragstellerin hat zur Begründung ihres Löschungsantrags wegen Bösgläubigkeit diesen Antrag zuletzt in erster Linie auf die fehlende Benutzung der Marke gestützt und die Nichtbenutzungseinrede erhoben. Sie macht insoweit Gründe geltend bzw. erhebt Einreden, die im Rahmen des Löschungsverfahrens nach § 54 Abs. 1, § 50 Abs. 1, Abs. 2 MarkenG nicht zu prüfen bzw. nicht vorgesehen sind.

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Die Löschungsantragstellerin hat die Beschwerde mit Schriftsatz vom 17. April 2015 in erster Linie darauf gestützt, dass die angegriffene Marke H 15 Gufic für einen Großteil der beanspruchten Waren überhaupt nicht und für die Ware "Arzneimittel" mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung nicht rechtmäßig benutzt worden sei und die Einrede der Nichtbenutzung erhoben. Bereits im mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss der Markenabteilung 3.4 vom 22. Oktober 2014 (Ausführungen Seite 10 des Beschlusses) sowie im Ladungszusatz vom 25. August 2016 ist die Löschungsantragstellerin darauf hingewiesen worden, dass die Erhebung der Einrede der Nichtbenutzung im Löschungsverfahren nach §§ 54 Abs. 1, 50 i. V. m. 8 MarkenG - anders als etwa im Widerspruchsverfahren nach § 43 MarkenG - nicht vorgesehen ist. Dies ist aus dem Wortlaut des § 50 Abs. 1 und Abs. 2 MarkenG, der die Löschungsgründe mit den §§ 3, 7 oder 8 MarkenG ausdrücklich und insoweit abschließend nennt, auch eindeutig zu entnehmen. Insoweit handelt es sich um Löschungsgründe, die nur im Rahmen einer Verfallslöschung nach §§ 53, 49 MarkenG bzw. in einem Widerspruchs- oder Verletzungsverfahren geltend gemacht werden können. Das Löschungsbegehren nach § 49 MarkenG setzt aber einen gesonderten bzw. eigenständigen Antrag beim Deutschen Patentamt- und Markenamt voraus (§ 53 Abs. 1 MarkenG, § 41 MarkenV), für den eine eigene Gebühr nach § 2 PatKostG (Gebührentatbestand 333400 der Anlage (zu § 2 Abs. 1) Gebührenverzeichnis) zu zahlen ist. Zudem ist die Löschung einer Marke wegen Verfalls nach § 53 MarkenG vor dem DPMA und die entsprechend mögliche Überprüfung der Entscheidung durch das Bundespatentgericht nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O. § 53 Rn. 6) auf die formelle Prüfung nach § 53 Abs. 3 MarkenG beschränkt, die materiell-rechtliche Prüfung der Voraussetzungen der Verfallslöschung bei rechtzeitigem Widerspruch durch den Markeninhaber ist allein den ordentlichen Gerichten vorbehalten, § 53 Abs. 4 i. V. m. § 55 MarkenG. Auch darauf ist die Löschungsantragstellerin im Beschluss vom 22. Oktober 2014 und mit rechtlichem Hinweis zu der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 25. August 2016 hingewiesen worden. Die Löschungsantragstellerin hat trotzdem die Beschwerde im Wesentlichen auf die fehlende Benutzung und die Erhebung der Benutzungseinrede gestützt, obwohl sie hätte erkennen können, dass ihr Beharren auf diese Löschungsgründe im Löschungsverfahren wegen absoluter Schutzhindernisse nach § 54 i. V. m. § 50 MarkenG keinen Erfolg haben kann. Angesichts dieser Umstände erscheint es unbillig, es bei der grundsätzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG zu belassen, nach der jeder Verfahrensbeteiligte die ihm erwachsenden Kosten selbst zu tragen hat.

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2. Der Antrag der Inhaberin der angegriffenen Marke nach § 33 Abs. 1 RVG, den Gegenstandswert für das Löschungsverfahren festzusetzen, ist zulässig, nachdem der Senat eine Kostenentscheidung zu Lasten der Beschwerdeführerin getroffen hat und die Inhaberin der angegriffenen Marke im Verfahren durch einen Rechtsanwalt vertreten war, dessen anwaltliche Vergütung gemäß § 8 Abs. 1 RVG fällig geworden ist, § 33 Abs. 2 Satz 1 RVG.

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Da in den markenrechtlichen Verfahren vor dem Bundespatentgericht für die Anwaltsgebühren keine speziellen Wertvorschriften existieren, ist der Gegenstandswert gemäß § 33 Abs. 1 i. V. m. § 23 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Bei der Festsetzung der Höhe des Gegenstandswerts ist in ständiger Rechtsprechung im Löschungsverfahren das wirtschaftliche Interesse des Markeninhabers an der Aufrechterhaltung der angegriffenen Marke maßgeblich (vgl. BGH Beschluss vom 30. Juli 2015, I ZB 61/13 Rn. 7, Entscheidungstext zugänglich über die Homepage des BGH). Vorliegend kann als Anhaltspunkt für die Festsetzung der von der Löschungsantragstellerin insoweit auch nicht in Abrede gestellten von der Markeninhaberin geltend gemachte Gegenstandswert von … Euro dienen (vgl. auch BGH, a. a. O.), wobei dieser Wert nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs schon dem Regelwert bei unbenutzten Marken entspricht.