Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 17.01.2013


BPatG 17.01.2013 - 25 W (pat) 26/11

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "stilisierter Tacho (Bildmarke)" – Voraussetzungen für eine bösgläubige Markenanmeldung – zur Kostenauferlegung – zum Regelgegenstandswert


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
17.01.2013
Aktenzeichen:
25 W (pat) 26/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Löschungsverfahren S 141/09 Lösch

gegen die Marke 30 2008 039 259

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 17. Januar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Metternich und der Richterin Grote-Bittner

beschlossen:

1. Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 25.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die am 17. Juni 2008 angemeldete Bildmarke

Abbildung

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ist am 7. Oktober 2008 unter der Nummer 30 2008 239 259 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für diverse Waren der Klassen 9, 12 und 16 eingetragen worden, nämlich für Waren der

3

Klasse 9: Teile von Kraftfahrzeugen, soweit in Klasse 9 enthalten, nämlich Geschwindigkeitsanzeiger, Kilometerzähler, Tachometer, Drehzahlmesser, insbesondere Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität, nämlich elektrische Schalter und Relais, Elektrokondensatoren, elektrische Schlösser, Lichtschalter;

4

Klasse 12: Teile von Kraftfahrzeugen, soweit in Klasse 12 enthalten, insbesondere Ersatzteile für Zweiradfahrzeuge, Signalhörner, Hupen und Fanfaren für Fahrzeuge, Abdeckung für Heckleuchten, Bremsleuchten, Schlussleuchten, vorgenannte Waren, soweit in Klasse 12 enthalten, Speichen-, Seiten-, Front- und Heckreflektoren für Kraftfahrzeuge zum Schutz vor Verkehrsunfällen, Trittbretter für Fahrzeuge, Fahrzeugkarosserien, Seitendeckel, Rahmenbaugruppen, soweit in Klasse 12 enthalten, Fahrzeugräder, Felgen für Fahrzeugräder, Naben für Fahrzeugräder, Reifen für Fahrzeugräder, Fahrzeugsitze, Radachsen, Radspeichen, Spiegel für Fahrzeuge, Schutzbleche, Stoßdämpfer für Fahrzeuge, Stoßstangen für Fahrzeuge, Fahrgestelle für Fahrzeuge;

5

Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, Druckereierzeugnisse, Buchbindeartikel, Fotografien, Schreibwaren, Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten, Broschüren, Bücher, Aufkleber, Sticker (Schreibwaren), Verpackungsbeutel aus Papier oder Kunststoff, Etiketten, nicht aus Textilstoffen, Folien aus Kunststoff für Verpackungszwecke, Kataloge, Plakate aus Papier und Pappe, Prospekte.

6

Die Antragstellerin hat am 14. Mai 2009 die Löschung der Marke 30 2008 039 259 gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG mit der Begründung beantragt, dass dieses entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG eingetragen worden sei. Die Markeninhaberin hat dem ihr am 2. Juni 2009 zugestellten Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 28. Juli 2009, der am selben Tag beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist, widersprochen.

7

Die Löschungsantragstellerin hatte am 23. Juli 2008 ihrerseits das vorstehende Bildzeichen u.a. ebenfalls für diverse Waren der Klassen 9 und 12 beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet, das am 17. Oktober 2008 unter der Nr. 30 2008 047 380 eingetragen worden ist. Hiergegen hat die Markeninhaberin Widerspruch erhoben.

8

Die Markenabteilung 3.4 hat den Löschungsantrag gegen die Marke 30 2008 039 259 zurückgewiesen, da die Voraussetzungen für eine Löschung nach §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG nicht gegeben seien und er deshalb unbegründet sei.

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Die Markenabteilung sei unter Gesamtabwägung aller relevanten, objektiven Umstände zu der Überzeugung gelangt, dass die Markeninhaberin die Bildmarke nicht bösgläubig angemeldet habe. Die Voraussetzungen für eine bösgläubige Markenanmeldung wegen gezielter Störung eines schutzwürdigen Markenbesitzstandes lägen nicht vor, weil die Löschungsantragstellerin das Bestehen eines solchen Besitzstandes nicht nachgewiesen habe. Soweit die Löschungsantragstellerin vorgetragen habe, dass sie Benutzungsrechte habe, fehle es an einem hinreichend konkreten Tatsachenvortrag dazu, wann, wofür und in welchem Umfang die Bildmarke in der Vergangenheit verwendet worden sein soll. Aus der von der Antragstellerin vorgelegten Korrespondenz zwischen ihr und der N… GmbH & Co KG (im Folgenden kurz: N…) ließe sich dieser Nachweis nicht führen. Denn aus diesem Schriftverkehr ergäbe sich lediglich, dass das Zeichen irgendwann von der N… benutzt worden und Gegenstand von Verhandlungen gewesen sei. Zudem lege der Vortrag der Antragsgegnerin nahe, dass die streitgegenständliche Bildmarke von unterschiedlichen Firmen benutzt worden sei, ohne dass aber Umfang und Dauer der Kennzeichenverwendung feststehe. Allein durch die Aufnahme von Verhandlungen der Antragstellerin mit der N… als vermeintlichen Vorbenutzerin der streitgegenständlichen Marke könne die Antragstellerin keine schützenswerte Position erlangt haben; insoweit handele es sich lediglich um Vorbereitungshandlungen einer Markenbenutzung, so dass eine bösgläubige Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG nicht vorliegen könne.

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Soweit unabhängig vom Bestehen eines schutzwürdigen Besitzstandes sich eine Markenanmeldung auch aus anderen Gründen als wettbewerbs- oder sittenwidrig darstellen könne, was der Fall sei, wenn ein Anmelder die mit der Eintragung verbundene Sperrwirkung zweckfremd zu Zwecken des Wettbewerbskampfes einsetze, wobei die Behinderungsabsicht wesentliches Motiv der Markenanmeldung gewesen sein müsse, hätten dahingehende Feststellungen bei objektiver Würdigung aller Umstände ebenfalls nicht getroffen werden können. Das von der Löschungsantragstellerin als hauptsächlicher Nachweis für das Motiv einer bösgläubigen Anmeldung der Markeninhaberin angeführte Schreiben vom 20. Juni 2008 der Markeninhaberin an die N… würde sogar das Gegenteil belegen, also dass diese die Marke gerade nicht angemeldet habe, um den früheren (vermeintlichen) Besitzer der Bildmarke von der weiteren Benutzung auszuschließen. Die Markeninhaberin habe darin nämlich ausdrücklich betont, dass sie Markenrechte der N… nicht in Frage stelle und ein Interesse an der Übernahme der Marke nur habe, wenn sie von der N… nicht verwendet werde. Schließlich könne allein die ersichtlich zwischen den Verfahrensbeteiligten bestehende Wettbewerbssituation und deren jeweilige Absicht, bekannte Kennzeichen aus der ehemaligen DDR zu nutzen, nicht die Annahme einer bösgläubigen Anmeldung durch die Markeninhaberin begründen.

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Hiergegen hat die Löschungsantragstellerin Beschwerde erhoben.

12

Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass die Markeninhaberin bei Anmeldung der mit dem Löschungsantrag angegriffenen Marke bösgläubig i. S. d § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG gewesen sei. Die Markenabteilung habe im Rahmen der Prüfung der Fallkonstellation einer bösgläubigen Markenanmeldung wegen Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes die Tatsachen des Bestehens einer solchen schützenswerten Position falsch bewertet. Aus den Schreiben der Markeninhaberin vom 20. Juni 2008 und vom 21. Juli 2008 nebst beigefügtem Entwurf eines Kauf- und Abtretungsvertrages ergäbe sich nämlich zweifelsfrei, dass diese die Markenrechte an dem streitgegenständlichen Kennzeichen bei der N… gesehen und sogar anerkannt habe, so dass es keines weiteren Nachweises einer Benutzung dieses Kennzeichens bedürfe. Aus dem Schreiben ergäbe sich außerdem, dass die Markeninhaberin zum Anmeldezeitpunkt gewußt habe, dass die Antragstellerin das Zeichen habe nutzen wollen und von ihr ein entsprechender registerrechtlicher Schutz beabsichtigt gewesen sei. Unabhängig davon habe sie mit einer im Dezember 2010 durchgeführten online-Umfrage die Bekanntheit der Marke belegt, die nur aufgrund einer früheren Benutzung entstanden sein könne. Bei der Befragung von 42 Kunden hätten 28 teilgenommen und davon 50 Prozent angegeben, die streitgegenständliche Marke zu kennen. Da die Antragstellerin die Rechte an dem streitgegenständlichen Zeichen aufgrund wirksamen Markenübertragungsvertrages vom 25./29. September 2008 mit der N… erworben habe, und die Markeninhaberin von dem von der Antragstellerin beabsichtigten Erwerb und der Markenanmeldung gewußt habe, stünde auch fest, dass die Markeninhaberin mit der Anmeldung den Besitzstand der Antragstellerin habe stören wollen. Darüber hinaus habe die Markeninhaberin auch durch die Anmeldung zweckfremde Mittel des Wettbewerbkampfes eingesetzt, weil das alleinige Motiv der Markeninhaberin gewesen sei, eine Sperrwirkung zu erreichen, d. h. andere von der Verwendung der Bildmarke auszuschließen, wie sie es in ihrem Schreiben vom 20. Juni 2008 eindeutig zum Ausdruck gebracht habe. In diesem Schreiben beziehe sie sich auf einen Mitbewerber, bei dem nur die Löschungsantragstellerin gemeint gewesen sein könne. Mit diesen Tatsachen habe sich das Patentamt nicht auseinandergesetzt, sondern darauf abgestellt, dass die Markeninhaberin die N… nicht habe behindern oder deren Zeichenrechte nicht habe in Abrede stellen wollen. Die Markenabteilung habe außerdem bei ihrer Entscheidung nicht berücksichtigt, dass die Markeninhaberin im Löschungsverfahren nunmehr die besseren Markenrechte der N… bestreite, also keineswegs davon die Rede sein könne, dass die Markeninhaberin die Rechte der N… an dem streitgegenständlichen Zeichen nicht in Abrede stelle. Des Weiteren habe die Markenabteilung unrichtigerweise die von der Markeninhaberin vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Herrn S… vom 7. September 2009, wonach in den Gesprächen mit der N… mit keinem Wort die Verhandlungen zwischen dieser und der Antragstellerin erwähnt worden seien, als gegen die Bösgläubigkeit sprechendes Argument herangezogen. Herr S… sei nämlich nach eigenen Angaben nur Inhaber der Einzelfirma F… und damit nicht der Markeninhaberin, bei der es sich um eine GmbH handele. Inwieweit dessen Angaben als eines Dritten einer Bösgläubigkeit auf Seiten der Markeninhaberin entgegenstünden, sei nicht ersichtlich. Des Weiteren spreche für die Behinderungsabsicht der Markeninhaberin im Zeitpunkt der Markenanmeldung der von ihr erhobene Widerspruch gegen die Eintragung der unter der Nr. 30 2008 047 380 für die Antragstellerin geführten identischen Bildmarke. Schließlich spreche für die Bösgläubigkeit die Nichtbenutzung der Marke durch die Markeninhaberin. Aus all diesen Umständen ergäbe sich, dass die Markeninhaberin ihre formale Rechtsposition ausschließlich dazu verwende, die Löschungsantragstellerin an der Nutzung der streitgegenständlichen Bildmarke zu hindern, und diese Absicht bereits zum Zeitpunkt der Markenanmeldung bestanden habe. Dass die Markeninhaberin diese Strategie verfolgt habe, belegten auch die vielen Markenanmeldungen anderer alter DDR-Marken durch sie, dabei teilweise trotz bestehender Markenrechte Dritter.

13

Die Antragstellerin beantragt,

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den Beschluss der Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts vom 1. Oktober 2010 aufzuheben und die Marke 30 2008 039 259 zu löschen.

15

Die Markeninhaberin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

17

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin habe die Markenabteilung den Sachverhalt in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zutreffend bewertet. Die Störung eines schutzwürdigen Besitzstands setze denklogisch das Bestehen eines solchen voraus, der aber von der Antragstellerin nicht nachgewiesen worden sei. Die Antragstellerin habe schon nicht die Verwendung des streitgegenständlichen Bildzeichens durch die N… darlegen oder durch entsprechende Unterlagen glaubhaft machen können. Dies könne ihr auch nicht gelingen, weil das streitgegenständliche Bildzeichen jedenfalls von der N… zu keinem Zeitpunkt verwendet worden sei, d. h. weder in jüngerer Zeit noch zu Zeiten des Bestehens der DDR. Aber auch von anderen Unternehmen sei das streitgegenständliche Zeichen seit Jahren nicht benutzt worden. Zuletzt habe es zu DDR-Zeiten der V… verwendet, aus dem später die M… GmbH hervorgegangen sei (s. Abbildung einer Originalverpackung aus DDR-Zeiten, Anlage 12 zum Schriftsatz vom 18. Januar 2010, S. 64-69 der Patentamtsakte). Soweit die Antragstellerin das Ergebnis einer Meinungsumfrage als Beleg angeführt habe, könne dieses zum einen nicht einen konkreten Sachvortrag zur behaupteten Benutzung des Kennzeichens und eine Glaubhaftmachung der vorgetragenen Tatsachen und zum anderen erst recht nicht ein Vorbringen solcher Tatsachen ersetzen, die einen schutzwürdigen Besitzstand an einem Kennzeichen begründen könnten. Zudem sei das Umfrageergebnis zur Glaubhaftmachung hierfür einerseits wegen der geringen Anzahl befragter Personen und andererseits wegen des Zeitpunktes der Durchführung der Umfrage ungeeignet, weil sie zum Zeitpunkt der Umfrage schon zwei Jahre als Markeninhaberin eingetragen gewesen und die Marke auch von ihr benutzt worden sei, so dass den befragten Kunden die Bildmarke aus diesem Grunde bekannt gewesen sein könnte.

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Die Markeninhaberin behauptet, vor der Markenanmeldung von einer etwaigen aktuellen Benutzung des streitgegenständlichen Zeichens durch die N… oder ein anderes Unternehmen nichts gewußt zu haben. Sie legt zur Glaubhaftmachung hierfür zwei eidesstattlichen Versicherungen ihrer Geschäftsführerin vom 11. Januar 2010 und vom 15. Juni 2010 vor (s. Anlage zum Schriftsatz vom 14. Januar 2010 und 15. Juni 2010, Bl. S. 63 und S. 81 der Patentamtsakte). Des Weiteren habe sie auch keine Kenntnis von Gesprächen zwischen der N… und der Antragstellerin im Vorfeld zu deren Markenanmeldung gehabt. Sie bestreite im Übrigen auch mit Nichtwissen, dass solche Gespräche überhaupt stattgefunden hätten. Das Protokoll über die vermeintliche Besprechung am 19. Mai 2008 und der Kauf- und Abtretungsvertrag vom 29. September 2008 dürften wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der N… rückdatiert worden sein. Richtig sei allein, dass die Antragstellerin und sie, die beide Zweiradfahrzeugteile vertreiben würden, in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander stünden. Nachdem die Antragstellerin seit ihrer Geschäftsaufnahme begonnen habe, alte Marken aus der DDR anzumelden (s. Liste Anlage 1 zum Schriftsatz der Markeninhaberin vom 9. September 2009, Bl. S. 18/36 der Patentamtsakte), die von der Markeninhaberin oder deren Lieferanten verwendet worden seien, um diese dann wegen Markenverletzung abzumahnen, habe sie ihrerseits damit begonnen, Zeichen wie die vorliegende Bildmarke schützen zu lassen, um ihren Geschäftsbetrieb zu entfalten und von denen anderer Unternehmen abzugrenzen.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

20

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft. Die Beschwerde ist aber unbegründet.

21

1. Zunächst ist festzustellen, dass die Voraussetzung für die Durchführung des Löschungsverfahrens mit inhaltlicher Prüfung nach § 54 Abs. 2 Satz 3 MarkenG erfüllt ist, nachdem die Markeninhaberin dem ihr am 2. Juni 2009 zugestellten Löschungsantrag am 28. Juli 2009 und damit innerhalb der zweimonatigen Frist des § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG widersprochen hat.

22

2. Die Markenabteilung hat zu Recht den Löschungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen, da der Löschungsgrund der bösgläubiger Markenanmeldung i. S. d. § 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG MarkenG schon nach dem Vortrag der Löschungsantragstellerin nicht hinreichend dargetan ist und auch ansonsten nicht ersichtlich oder feststellbar ist. Insoweit teilt der Senat die Auffassung der Markenabteilung.

23

Eine Markeneintragung ist zu löschen, wenn der Anmelder bei der Anmeldung der Marke bösgläubig war. Bösgläubigkeit liegt dabei nur im Falle einer rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Markenanmeldung vor (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8, Rdn. 670). Die Feststellungslast für das Vorliegen eines absoluten Schutzhindernisses zum Eintragungszeitpunkt nach § 50 Abs. 1 MarkenG trifft den Antragsteller des Löschungsverfahrens (vgl. BGH GRUR 2010, 138, Tz. 48 – Rocher-Kugel; GRUR 2009, 669, Tz. 31 – Post II).

24

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind bisher im Wesentlichen drei Fallgruppen bösgläubiger Markenanmeldungen herausgearbeitet worden (s. hierzu Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdn. 668 m. Rspr. Nachw.).

25

In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind bisher im Wesentlichen drei Fallgruppen bösgläubiger Markenanmeldungen herausgearbeitet worden (s. hierzu Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdn. 668 m. Rspr. Nachw.).

26

Hierbei handelt es sich einmal um die Anmeldung sogenannter „Spekulationsmarken“, d. h. Marken, welche der Anmelder nicht benutzen, sondern allein mit dem Ziel schützen lassen möchte, um gutgläubige Dritte unter Druck zu setzen, ohne dass ein genereller Benutzungswille des Markenanmelders vorliegt (vgl. BGH GRUR 2001, 242, 244 – Classe E; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 688). Die Antragstellerin hat für diese Fallkonstellation ersichtlich keine Tatsachen vorgebracht. So hat sie beispielsweise nicht behauptet, dass die Markeninhaberin in der Vergangenheit ein ausgeprägtes Abmahnverhalten gezeigt hat, das auf eine bösgläubige Zielsetzung hinweisen könnte. Dass die Markeninhaberin der späteren Eintragung des identischen Bildzeichens durch die Antragstellerin widersprochen hat, ist dagegen für sich betrachtet kein Umstand, der einen Hinweis auf eine beabsichtigte, rechtsmissbräuchliche Verwendung der Marke geben könnte. Vielmehr ergibt sich eine solche Vorgehensweise geradezu zwingend aus dem älteren Markenrecht der Markeninhaberin, die ihre Marke als Monopolrecht in zulässiger Weise verteidigt.

27

Des Weiteren hat der Bundesgerichtshof Bösgläubigkeit i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG in den Fällen bejaht, in denen Marken mit dem Ziel angemeldet werden, den erkannten schutzwürdigen Besitzstand eines Vorbenutzers ohne rechtfertigenden Grund zu stören oder den weiteren Gebrauch der vorbenutzten Bezeichnung durch den Vorbenutzer zu sperren (vgl. BGH GRUR 2008, 160, 161 – CORDARONE; BGH GRUR 2001, 242, 244 – Classe E; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdn. 694). Dabei trägt im Löschungsverfahren grundsätzlich der Antragsteller, der sich auf einen eigenen Besitzstand beruft, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines schutzwürdigen Besitzstandes, wobei der Antragsteller die Tatsachen hierfür spezifiziert darzulegen hat (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdn. 698 m. w. N.). Das Vorbringen der Antragstellerin genügt diesen Anforderungen in keiner Hinsicht. Die Antragstellerin behauptet lediglich, dass das streitgegenständliche Bildzeichen von der N… vor der Markenanmeldung in schutzbegründender Weise benutzt worden sei, ohne aber – wie schon die Markenabteilung im angefochtenen Beschluss bemängelt hatte – für ihre Behauptung substantiiert Tatsachen vorzutragen, in welcher Zeit bzw. in welchem Zeitraum, für welche Produkte, in welcher Art und Weise und in welchem Umfang das Zeichen verwendet worden sein soll. Dabei kann der über zwanzig Jahre zurückliegende Zeitraum der Benutzung des streitgegenständlichen Bildzeichens zu Zeiten der ehemaligen DDR für Motorrad-Tachos nicht mehr berücksichtigt werden. Ein schutzwürdiger Besitzstand ist mit einer derart weit zurückliegenden Vorbenutzung nicht ansatzweise begründbar, zumal sogar eine im Register eingetragene Marke schon nach einem Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung auf Antrag nach § 49 Abs. 1 MarkenG wegen Verfalls zu löschen ist. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kann der zur Feststellung eines (schützenswerten) Besitzstandes notwendige Tatsachenvortrag auch weder durch eine online-Befragung noch dadurch ersetzt werden, dass andere Beteiligte des Löschungsverfahrens wie die Markeninhaberin zeitweilig davon ausgegangen sind, dass die N… über Kennzeichenrechte verfügt habe bzw. verfügt haben könnte. Insoweit verweist die Antragstellerin allenfalls auf schwache Indizien, die einen hinreichend sicheren Schluss auf einen schutzwürdigen Besitzstand keinesfalls zulassen. Das Ergebnis der online-Umfrage, die erst im Dezember 2010 und damit zwei Jahre nach der streitgegenständlichen Markeneintragung durchgeführt wurde und sich schon deshalb als Beleg für eine Vorbenutzung nicht eignet, ist angesichts der geringen Beteiligung von gerade mal 28 Personen, deren Auswahl für ein repräsentatives Ergebnis zudem in keiner Weise transparent und nachvollziehbar ist, und nur 14 Personen, die das Bildzeichen kennen wollen, zum Nachweis für eine Verkehrsbekanntheit des Zeichens bzw. besitzstandsbegründende Vorbenutzung völlig untauglich. Auch kann mit dem Inhalt der Schreiben der Markeninhaberin an die N… vom 20. Juni 2008 und vom 21. Juli 2008 ein schutzwürdiger Besitzstand der N… nicht nachgewiesen werden. Die genannten Schreiben können lediglich ein Beleg dafür sein, dass die Markeninhaberin zu dem damaligen Zeitpunkt davon ausgegangen ist, dass die N… Rechte an dem Zeichen haben könnte. Durch die von einem Verfahrensbeteiligten bekundete Rechtsauffassung in einem vorprozessualen Schriftverkehr wird aber die Rechtslage nicht bestimmt, insbesondere wird das Gericht hierdurch nicht seiner Aufgabe enthoben, die erhebliche Rechtsfrage zu entscheiden. Der Senat hat also selbst anhand des tatsächlichen Vorbringens zu prüfen, ob sich daraus für die N… ein schutzwürdiger Be- sitz an der streitgegenständlichen Marke ergibt oder ergeben kann. Wegen der Bekundungen der Markeninhaberin in den vorgenannten Schreiben kann auch nicht eine Umkehr der Feststellungslast angenommen und nunmehr der Markeninhaberin auferlegt werden zu widerlegen, dass ein schutzwürdiger Besitzstand der N… nicht besteht.

28

Schließlich ist vorliegend offenkundig auch nicht die dritte anerkannte Fallgruppe böswilliger Markenanmeldung zu bejahen. Danach ist Bösgläubigkeit anzunehmen, wenn der Anmelder zum allein maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung der Marke (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdn. 705) die diese zweckfremd als Mittel des Wettbewerbs einsetzen will (ständige Rechtsprechung; vgl. BGH GRUR 2005, 414, 417 – Russisches Schaumgebäck; GRUR 2001, 242 – Classe E; vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdn. 705 m. w. N.). Dabei ist die Annahme einer Bösgläubigkeit nicht allein durch den Nachweis eines eigenen Benutzungswillens des Anmelders ausgeschlossen, vielmehr ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles erforderlich (vgl. BGH GRUR 2008, 621, 624 (Nr. 32) AKADEMIKS; vgl. Ströbele/Hacker, 10. Aufl., § 8, Rdn. 705).

29

Vorliegend sind nicht einmal ansatzweise solche Umstände vorgetragen oder sonst ersichtlich, welche die Annahme rechtfertigen könnten, dass die Markeninhaberin die angegriffene Bildmarke in zweckfremder Weise als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzen wollte. Der Antragstellerin ist, soweit sie zur Begründung für eine solche bösgläubige Verwendungsabsicht der Markeninhaberin deren Schreiben vom 20. Juni 2008 und vom 21. Juli 2008, die behauptete Kenntnis der Markeninhaberin von der beabsichtigten entsprechenden Markenanmeldung durch die Antragstellerin, diverse erfolglose Markenanmeldungen der Markeninhaberin und die bisherige Nichtbenutzung der streitgegenständlichen Bildmarke anführt, in ihrer Bewertung dieser einzelnen Umstände wie auch der Gesamtumstände im oben genannten Sinne einer Bösgläubigkeit nicht zu folgen. Die Markenanmeldung diente ausweislich der vorgenannten Schreiben – wie die Markenabteilung schon in dem angefochtenen Beschluss richtig ausgeführt hat – dazu, sicherzustellen, dass die Marke durch die N… und durch die Händler, zu denen die Markeninhaberin gehört, verwendet werden kann, wobei die Markeninhaberin vorsorglich der N… bei Bestehen etwaiger Rechte an der Marke einen Abtretungs- und Kaufvertrag angeboten hat. Hierin ist ein Wille zum zweckfremden Einsatz der Marke nicht zu erkennen, sondern vielmehr ein berechtigtes Interesse daran, für die eigene im Zweiradteilebereich tätige Händlerfirma oder für den Hersteller von Zweiradteilen ein zu DDR-Zeiten im einschlägigen Warenbereich benutztes Zeichen als Marke zu sichern. Dass hierdurch auch andere Firmen, zu denen die Markeninhaberin in Konkurrenz steht, wie die Antragstellerin, von der Benutzung der Marke ausgeschlossen werden, ist zentrales Element des Markenschutzes als Monopolrecht. Als nicht entscheidungserheblich kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, ob die Markeninhaberin von der beabsichtigten Anmeldung der identischen Bildmarke durch die Antragstellerin gewußt hat. Denn durch eine etwaige Kenntnis der Markeninhaberin von der Absicht ihres Konkurrenten, eine entsprechende Marke anzumelden, würde ihr berechtigtes Interesse an der Marke nicht entfallen. Dass die Markeninhaberin die angegriffene Marke bisher nicht oder nur in geringem Umfang benutzt hat, ist kein ausreichendes Indiz für eine Bösgläubigkeit im oben genannten Sinne, sondern angesichts des anhängigen Löschungsverfahrens und des Risikos im Falle der Markenbenutzung, Zivilprozessen, insbesondere Unterlassungsanträgen der Antragstellerin ausgesetzt zu sein, nachvollziehbar. Jedenfalls ist mit diesem Umstand eine bösgläubige Markenanmeldung nicht begründbar, ebensowenig mit dem Umstand, dass die Markeninhaberin wie auch die Antragstellerin mehr oder weniger erfolgreich versucht habe, Markenschutz für Zeichen, die im einschlägigen Warenbereich zu DDR-Zeiten benutzt wurden, für ihre Unternehmen zu sichern.

30

Nach alle dem konnte die Beschwerde der Antragstellerin offensichtlich keinen Erfolg haben.

31

3. Der Antragstellerin sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG aufzuerlegen, da die Einlegung der Beschwerde nicht mit der prozessualen Sorgfalt zu vereinbaren war und damit besondere Umstände vorlagen, die die Abweichung von dem Grundsatz rechtfertigen, dass jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 71 Rn. 12 m. w. N.). Die Antragstellerin hat nämlich in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen Situation, ihr Interesse an dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht. Sie hat ein Löschungsverfahren angestrengt, obwohl sie offenkundig tatsächlich keine Löschungsgründe gegen die von ihr angegriffene Marke vorbringen und belegen konnte. Zur näheren Begründung wird auf die obigen Ausführungen (unter II.2.) verwiesen.

32

4. Da in den markenrechtlichen Verfahren vor dem Bundespatentgericht für die Anwaltsgebühren keine speziellen Wertvorschriften existieren, ist der Gegenstandswert gemäß § 33 Abs. 1 i. V. m. § 23 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 2 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Da ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine konkrete Schätzung fehlen, ist gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG von einem Regelwert in Höhe von 4.000,-- Euro auszugehen, der nach Lage des Falles aber auch niedriger oder höher angesetzt werden kann.

33

Bei Löschungsverfahren gemäß § 50 MarkenG wird im Hinblick auf den Popularcharakter des Löschungsantrages auf das Interesse der Allgemeinheit an der Löschung der Marke abgestellt und nicht auf das Interesse des Löschungsantragstellers (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 71, Rdn. 35 m. w. N.). Dabei wird für die Höhe des Gegenstandswertes zwischen benutzter und unbenutzter Marke unterschieden. Bei einer unbenutzten Marke wurde von den Senaten des Bundespatentgerichts bis 2008 in der Regel ein Gegenstandswert von 25.000 Euro angenommen, der aber später von einigen Senaten mit 50.000 Euro deutlich höher angesetzt wurde (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 71, Rdn. 35 mit Rechtsprechungsnachweisen).

34

Der erkennende Senat hält bei Löschungsverfahren in Bezug auf unbenutzte Marken am Regelgegenstandswert von 25.000,-- Euro fest (s. auch Beschluss vom 8. Februar 2012, 25 W (pat) 16/10, GRUR 2012, 1172). Denn auch wenn die wirtschaftliche Bedeutung von Marken in den letzten Jahrzehnten stetig gewachsen ist und grundsätzlich hoch zu veranschlagen ist, wird im Löschungsverfahren bei unbenutzten Marken der 6,25-fache Satz des Regelwerts nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG dieser Bedeutung nach Auffassung des Senats nach wie vor gerecht. Das mit dem Gegenstandswert im Löschungsverfahren zu bemessende maßgebliche Interesse der Allgemeinheit an der Löschung einer Marke wird wesentlich durch das „Störpotential“ einer Marke bestimmt, das sich aus deren Schutzumfang ergibt. Bei unbenutzten Marken ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Kennzeichnungskraft und der Schutzumfang und damit das Störpotential der Marke jedenfalls nicht durch Benutzung gesteigert sein können. Hinzu kommt, dass das Störpotential einer unbenutzten Marke schon im Ansatz erheblich niedriger anzusetzen ist als das einer benutzten Marke. Denn vor der Benutzungsaufnahme ist die Rechtsposition des Markeninhabers und damit das Störpotential latent durch Angriffe wegen Verfalls nach §§ 49, 53, 55 MarkenG oder durch Nichtbenutzungseinreden nach § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 MarkenG gefährdet. Erst mit der Benutzungsaufnahme entsteht für den Markeninhaber eine Rechtsposition, mit der er auch nach Ablauf der Benutzungsschonfrist sein Monopolrecht erfolgversprechend verteidigen bzw. Störpotential entfalten kann.