Entscheidungsdatum: 23.06.2011
1. Die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 9 Abs. 1 KWG stellt kein Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO.
2. Informationen, die die Trägerschaft und Handlungsfähigkeit einer öffentlich-rechtlichen Sparkasse betreffen, stellen weder ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis dar, noch erscheinen sie in besonderer Weise schutzwürdig.
I.
Der Kläger begehrt mit dem diesem Zwischenverfahren zugrundeliegenden Verfahren auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG) Einsicht in den Bericht der Beklagten, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, an den Beigeladene zu 2 vom 27. Juli 2007, der Informationen über die Beigeladene zu 1 enthält.
Der Bericht vom 27. Juli 2007 war auch Gegenstand einer vom Kläger gegen den Beigeladenen zu 2 gerichteten Klage auf Informationszugang vor den Berliner Verwaltungsgerichten: Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 3. Dezember 2008 (VG 2 A 132.07), mit dem die Klage auf Offenlegung des Berichts abgewiesen wurde, ist zwischenzeitlich für wirkungslos erklärt worden; das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat nach übereinstimmender Erledigungserklärung mit Beschluss vom 5. Oktober 2010 (OVG 12 B 5.09) dem dort beklagten Beigeladenen zu 2 die Kosten des Verfahrens auferlegt, weil er voraussichtlich unterlegen wäre und zur Begründung auf den - hier mit der Beschwerde angegriffenen - Beschluss des Fachsenats des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. August 2010 verwiesen.
Mit Beschluss vom 8. Februar 2010 gab das Verwaltungsgericht als Gericht der Hauptsache dem Beklagten auf, den Bericht vom 27. Juli 2007 vorzulegen, damit es prüfen könne, ob die von der Beklagten angeführten rechtlichen Hindernisse für den Informationszugang gemäß §§ 3 ff. IFG zutreffend seien. Daraufhin gab der Beigeladene zu 2 als oberste Aufsichtsbehörde mit Schreiben vom 23. März 2010 eine Sperrerklärung ab und führte zur Begründung der Vorlageverweigerung unter Hinweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 3. Dezember 2008 aus, die Geheimhaltungsbedürftigkeit des Berichts folge bereits aus den sonst drohenden nachteiligen Auswirkungen auf die Kontroll- und Aufsichtstätigkeit der Beklagten und der Beigeladenen zu 2. Aufgrund der besonderen Konstellation, dass der Bericht nicht nur Gegenstand des in-camera-Verfahrens, sondern auch des Hauptsacheverfahrens sei, entspreche es mit Blick auf das Akteneinsichtsrecht nach § 100 Abs. 1 VwGO dem pflichtgemäßen Ermessen, die Vorlage zu verweigern.
Mit Beschluss vom 24. August 2010 hat der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs festgestellt, dass die Weigerung des Beigeladenen zu 2, den Bericht der Beklagten vom 27. Juli 2007 vorzulegen, rechtswidrig ist, und führte zur Begründung aus: Der Bericht enthalte im wesentlichen rechtliche Stellungnahmen und Bewertungen bezüglich der Trägerschaft der Beigeladene zu 1; insofern dürfte es bereits an dem in § 9 Abs. 1 KWG genannten Tatbestandsmerkmal der "Tatsachen" fehlen. Soweit in dem Bericht auf Tatsachen zurückgegriffen werde, bezögen sich diese sämtlich auf die Frage der Trägerschaft der Beigeladenen zu 1. Die Geheimhaltung von Tatsachen, die die Trägerschaft einer öffentlichen Sparkasse beträfen, liege nicht in einem schützenswerten Interesse dieses Instituts. Vielmehr müsse für die Öffentlichkeit - auch für die Kunden - die Trägerschaft allgemein erkennbar sein. Zum Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 d IFG werde in der Sperrerklärung nicht nachvollziehbar dargelegt, dass das Bekanntwerden des Berichts nachteilige Auswirkungen auf die Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Beklagten haben könne. Befürchtungen, die Kooperationsbereitschaft beaufsichtigter Unternehmen und Personen könne nachlassen, reichten nicht aus. Vielmehr müsse die konkrete Möglichkeit einer erheblichen und spürbaren Beeinträchtigung der Aufgabenerfüllung durch die Behörde als Folge der Ermöglichung des Zugangs zu bestimmten unternehmens- oder drittbezogenen Informationen vorliegen. Derartige Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Kontrolltätigkeit der Beklagten durch eine Vorlage des streitigen Berichts seien weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Selbst wenn ein Geheimhaltungsgrund zu bejahen wäre, fehle es an der Rechtmäßigkeit der von § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorausgesetzten Ermessensausübung. Die Erwägung, es entspreche pflichtgemäßem Ermessen, die Vorlage des Berichts zu verweigern, um nicht über das prozessuale Einsichtsrecht des Klägers nach § 100 VwGO die Entscheidung in der Hauptsache vorwegzunehmen, beachte nicht die Systematik des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO.
Hiergegen richten sich die Beschwerden der Beklagten und des Beigeladenen zu 2.
II.
Die Beschwerden sind zulässig. Beschwerdeberechtigt ist nicht nur die Beklagte, die aufgrund der Feststellung, dass die Sperrerklärung rechtswidrig ist, zur Vorlage des Berichts verpflichtet ist, sondern auch der Beigeladene zu 2, da die Rechtmäßigkeit seiner Entscheidung zur Überprüfung steht (vgl. auch Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand Mai 2010, § 99 Rn. 54; Posser, in: Posser/Wolff, VwGO, 2008, § 99 Rn. 49.1; Geiger, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl., 2010, § 99 Rn. 21). Die zulässigen Beschwerden sind jedoch unbegründet. Zu Recht hat der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs festgestellt, dass die Sperrerklärung vom 23. März 2010 rechtswidrig ist.
1. Der für eine Sachentscheidung des Fachsenats erforderlichen Bejahung der Entscheidungserheblichkeit des zurückgehaltenen Berichts durch das Gericht der Hauptsache ist mit dem Beschluss vom 8. Februar 2010 im Ergebnis Genüge getan.
Das Hauptsachegericht hat zwar darauf verzichtet, seine Rechtsauffassung zu den von der Beklagten als Rechtfertigung für die Vorlageverweigerung genannten Vorschriften, insbesondere zu § 9 Abs. 1 KWG i.V.m. § 3 Nr. 4 IFG und § 3 Nr. 1 Buchst. d IFG darzulegen. Mit der Aktenanforderung hat es aber zumindest als seine Rechtsauffassung zum Ausdruck gebracht, dass die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 9 Abs. 1 KWG jedenfalls nicht zur Folge hat, dass die Beklagte generell von Informationszugangsansprüchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes freigestellt ist. Des Weiteren wird deutlich, dass das Hauptsachegericht eine Auslegung des Ausschlussgrundes gemäß § 3 Nr. 1 Buchst. d IFG, die einem vollständigen Ausschluss des Zugangs zu den der Bundesanstalt in ihrer Aufsichts- und Kontrolltätigkeit nach dem Kreditwesengesetz übermittelten Informationen und damit der Sache nach einer Bereichsausnahme gleichkäme, verneint. Der Sache nach hat das Hauptsachegericht mit Bejahung der Entscheidungserheblichkeit schließlich deutlich gemacht, dass es jedenfalls den Vortrag, im Falle einer Offenlegung könnten die beaufsichtigten Unternehmen ihre freiwillige Kooperation einstellen, was zu einer Beeinträchtigung der effektiven Aufgabenerfüllung führen könne, nicht als hinreichend ansieht, um den Tatbestand der nachteiligen Auswirkungen im Sinne des § 3 Nr. 1 Buchst. d IFG zu bejahen.
2. Die Verweigerung von Akten oder Auskünften durch die oberste Aufsichtsbehörde erfordert das Vorliegen eines Geheimhaltungsgrundes nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte kann verweigert werden, wenn das Bekanntwerden des Inhalts der Unterlagen dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen.
2.1 Die Verschwiegenheitspflicht gemäß § 9 Abs. 1 KWG stellt kein Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO dar.
Der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs hat bei der Prüfung der Geheimhaltungsbedürftigkeit maßgeblich auf § 9 Abs. 1 KWG abgestellt und dazu ausgeführt, die Verschwiegenheitsvorschrift des § 9 Abs. 1 KWG erfasse - wie sich aus der in Bezug genommenen Rechtsprechung des 6. Senats des Verwaltungsgerichtshofs ergebe (VGH Kassel, Beschlüsse vom 24. März 2010 - 6 A 1832/09 - juris Rn. 23, vom 2. März 2010 - 6 A 1684/08 - juris Rn. 46, vgl. auch VGH Kassel, Beschluss vom 30. April 2010 - 6 A 1341/09 - juris Rn. 33) - über die dort beispielhaft genannten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse hinaus sämtliche (weiteren) Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse des Instituts oder eines Dritten liege. Auf die Reichweite des fachgesetzlichen Begriffs "Geheimhaltung im Interesse" kommt es im Anwendungsbereich des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO indes nicht an. Das gilt auch für die Ausführungen des Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs zu § 3 Nr. 1 Buchst. d IFG. Fachgesetzliche Geheimhaltungsgründe können zwar eine Orientierung bei der Frage bieten, ob Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen (Beschluss vom 25. Juni 2010 - BVerwG 20 F 1.10 - NVwZ 2010, 1495 - juris Rn. 12). Die Auslegung der einem Informationszugangsanspruch möglicherweise entgegenstehenden fachgesetzlichen Ausschlussgründe obliegt aber grundsätzlich den zuständigen Gerichten der Hauptsache (Beschlüsse vom 31. August 2009 - BVerwG 20 F 10.08 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 55 Rn. 4 und vom 13. April 2011 - BVerwG 20 F 25.10 - juris Rn. 11).
Der Tatbestand der Geheimhaltung nach einem Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist nicht bereits dann gegeben, wenn eine gesetzlich angeordnete Pflicht zur Verschwiegenheit besteht. Der Begriff ist eng auszulegen und betrifft nur wenige besondere Fälle (vgl. auch Rudisile, a.a.O. Rn. 17; Geiger, a.a.O. Rn. 9; Posser, a.a.O. Rn. 21.1; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., 2009, § 99 Rn. 11; Lang, in: Sodann/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., 2010, § 99 Rn. 25 f.). Ob ein besonderes gesetzlich geschütztes Geheimnis im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO vorliegt, orientiert sich nicht daran, ob nach den einschlägigen fachgesetzlichen Vorgaben zwischen allgemeinen und besonderen, bereichsspezifischen Verschwiegenheitspflichten unterschieden wird. Es genügt nicht, dass der Gesetzgeber über die allgemeine Verschwiegenheitspflicht hinaus nach materiell-rechtlichen Kriterien die Geheimhaltungsbedürftigkeit bestimmter Informationen normiert hat. Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt auch aus dem Umstand der Strafbewehrung gemäß § 203 StGB kein Geheimhaltungsgrund im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO (so auch Ziekow, Die Pflicht der Behörden zur Gewährung von Informationen, BayVBl 1992, 132, 135). Maßgeblich ist vielmehr der besondere Schutzzweck der Norm. Gesetzliche Geheimhaltungsgründe im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO dienen dem Schutz besonders sensibler Grundrechtsbereiche. Die Abgrenzung zur Tatbestandsalternative der wesensmäßigen Geheimhaltungsbedürftigkeit erhellt, dass es indes nicht genügt, dass eine Fallkonstellation grundrechtlicher Drittbetroffenheit vorliegt. Vielmehr muss es sich wie im Fall des Post- und Fernmeldegeheimnisses, des Sozialgeheimnisses oder des Steuergeheimnisses um grundrechtlich geschützte Lebensbereiche von hoher Bedeutung handeln, für die gilt, dass Einschränkungen an qualifizierte Anforderungen geknüpft sind und nicht weiter gehen dürfen als es zum Schutze öffentlicher Interessen unerlässlich ist (BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 1984 - 1 BvR 1494/78 - BVerfGE 67, 157, <171 ff., 185> und Urteile vom 14. Juli 1999 - 1 BvR 2226/94, 1 BvR 2420/95, 1 BvR 2437/95 - BVerfGE 100, 313 zum Fernmeldegeheimnis und vom 17. Juli 1984 - 2 BvE 11/83, 2 BvE 15/83 - BVerfGE 67, 100 <140 ff.> zum Steuergeheimnis). Herausragende Bedeutung als institutionell verankerte Verschwiegenheitspflicht hat auch das einfachgesetzlich normierte Beratungsgeheimnis, das auf der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Unabhängigkeit der Richter in Art. 97 Abs. 1 GG beruht (Beschluss vom 21. Februar 2007 - BVerwG 20 F 9.06 - BVerwGE 128, 135). Einen solchen besonderen Bezug weist § 9 Abs. 1 KWG dagegen - ungeachtet der wichtigen Aufgabe, die die Beklagte wahrzunehmen hat - weder in grundrechtlicher noch in verfassungsrechtlich-institutioneller Hinsicht auf.
2.2 Es ist nicht zu erkennen, dass die in dem Bericht enthaltenen Informationen ihrem Wesen nach geheimhaltungsbedürftig sind.
An die "wesensmäßige" Geheimhaltungsbedürftigkeit im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist ein strenger Maßstab anzulegen (Beschlüsse vom 25. Juni 2010 a.a.O., juris Rn. 6 und vom 22. Juli 2010 - BVerwG 20 F 11.10 - NVwZ 2010, 1493 - juris Rn. 9). Der Geheimhaltungsgrund erfasst in erster Linie grundrechtlich geschützte Interessen. Grundrechtliche Schutzansprüche Dritter begründen "ihrem Wesen nach" einen Geheimhaltungsgrund im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO, sofern kein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse vorliegt, das ausnahmsweise eine Offenbarung zu rechtfertigen vermag.
Auf ein grundrechtlich geschütztes Recht kann sich die Beigeladene zu 1 als Dritte im Verhältnis zur Beklagten nicht berufen. Öffentlich-rechtliche Sparkassen sind rechtlich selbständige kommunale Einrichtungen, hinter denen Gebietskörperschaften als Gewährträger stehen. Sie erfüllen öffentliche Aufgaben aus dem Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass öffentlich-rechtliche Sparkassen (materielle) Grundrechte nicht in Anspruch nehmen können: Selbst wenn wegen der weitgehenden Angleichung an das private Bankgewerbe für die Beurteilung der Funktion der öffentlich-rechtlichen Sparkassen nicht mehr deren öffentliche Aufgabe (insbesondere Daseinsvorsorge), sondern die privatwirtschaftliche Unternehmenstätigkeit bestimmend wäre, könnte dies nicht zu einem Grundrechtsschutz führen. Es würde auch dann der hierfür erforderliche Bezug zum Freiheitsraum natürlicher Personen fehlen, denn als Träger des Unternehmens kämen nur die hinter der Sparkasse stehenden Gebietskörperschaften in Betracht. Diese wären aber auch dann nicht grundrechtsfähig, wenn sie sich auf dem Gebiet des Privatrechts wirtschaftlich betätigten (BVerfG, Beschluss vom 14. April 1987 - 1 BvR 775/84 - BVerfGE 75, 192 <199 f.> und Kammerbeschluss vom 23. September 1994 - 2 BvR 1547/85 - NVwZ 1995, 370; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23. August 1982 - BVerwG 1 B 23.82 - Buchholz 451.67 Sparkassenrecht Nr. 2 - juris Rn. 47; BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. August 1994 - 2 BvR 1430/94 - NJW 1995, 582). Entgegen der Auffassung des Beigeladenen zu 2 lässt sich daher ein grundrechtlich geschütztes Interesse am Geheimnisschutz nicht begründen. Das bedeutet jedoch nicht, dass öffentlich-rechtliche Sparkassen schutzlos gestellt sind. Ungeachtet ihrer öffentlichen Aufgabe und vorbehaltlich spezifisch sparkassenrechtlicher Vorschriften kommt ihnen im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Betätigung - mit Blick auf die teilweise Angleichung ihrer Tätigkeit an die der privaten Geschäftsbanken - der Schutz ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Verhältnis zu Dritten zu. Bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen handelt es sich um Vorgänge, die im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ihrem Wesen nach geheim zu halten sind (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 12. Oktober 2009 - BVerwG 20 F 1.09 - juris Rn. 7).
Dass der Bericht der Beklagten vom 27. Juli 2007, der dem Senat vorliegt, geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen zu 1 enthält, ist nicht zu erkennen. Der Bericht, der als Vermerk an den Beigeladenen zu 2 gerichtet ist, enthält nach einer Einführung zur Eingabe des Klägers und damit des ihm bekannten Anlasses des Berichts unter I. eine Beschreibung des Sachverhalts verbunden mit Erklärungen und rechtlichen Bewertungen der Beklagten zu den Themen "Rechtsform", "Bankerlaubnis", "Bezeichnung", "Handlungsfähigkeit" und "Träger" der Beigeladenen zu 1 und unter II. einen Vorschlag zur Beantwortung der Eingabe. Im "Anhang" unter III. legt die Beklagte nach Art eines Rechtsgutachtens ihre Auffassung zur Trägerschaft und Handlungsfähigkeit der Beigeladenen zu 1, insbesondere zur Überleitung auf den Gewährträger dar.
Soweit der Bericht Sachverhaltsdarstellungen enthält sowie die einschlägigen Rechtsgrundlagen dargelegt werden, handelt es sich um Informationen, die dem Kläger - wenn auch nicht in dieser Form - bereits bekannt sind, so dass es schon aus diesem Grund an der Geheimhaltungsbedürftigkeit fehlt. Auch hinsichtlich der Ausführungen im "Anhang" liegt kein Geheimhaltungsgrund vor. Zwar können auch rechtliche Stellungnahmen und Einschätzungen unter den Geheimnisschutz fallen, soweit sie ihrerseits Informationen enthalten, die Rückschlüsse auf gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geschützte Geheimnisse enthalten. Informationen, die die Trägerschaft und Handlungsfähigkeit einer öffentlich-rechtlichen Sparkasse betreffen, stellen jedoch weder ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis dar, noch erscheinen die Ausführungen mit Blick auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Beigeladenen zu 1 in besonderer Weise schutzwürdig. Wie der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs zu Recht hervorgehoben hat, besteht vielmehr ein öffentliches Interesse, gerade auch der Kunden an Kenntnis vom Gewährträger einer öffentlich-rechtlichen Sparkasse. Der Beigeladene zu 2 führt zwar - zur Rechtfertigung der Ermessensentscheidung - grundrechtlich geschützte Geschäftsgeheimnisse an, bleibt aber eine Erläuterung schuldig, um welche Informationen es sich dabei handeln soll. Ob - wie sie beispielhaft anführt - eine von der Beklagten entwickelte wirtschaftliche Kennzahl ein Geschäftsgeheimnis der Beigeladenen zu 1 zu begründen vermag, bedarf keiner Entscheidung. Der Bericht enthält keine solchen Daten. Weder die Beklagte noch der Beigeladene zu 2 haben im Übrigen nachvollziehbar dargelegt, dass es sich um Informationen handelt, die ihrer Art nach geeignet sind, sich auf den Finanzmarkt bzw. die Geschäftstätigkeit der Beigeladenen zu 1 nachteilig auszuwirken. Ihre Befürchtungen beschränken sich auf mögliche allgemeine Auswirkungen auf ihre Kontroll- und Aufsichtsaufgaben. Allein der Umstand, dass Streit um die Frage der Trägerschaft und Handlungsfähigkeit der Beigeladenen zu 1 besteht und sich aus der rechtlichen Stellungnahme in dem Bericht erschließt, welche Rechtsauffassung die mit der Aufsicht befassten öffentlichen Stellen vertreten, begründet keinen "wesensmäßigen" Geheimhaltungsgrund im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Angesichts der vom Kläger initiierten gerichtlichen Verfahren ist jedenfalls die Tatsache, dass es Streit um die Frage der Trägerschaft der Beigeladenen zu 1 gab, allgemein bekannt. Vor diesem Hintergrund genügt es nicht, pauschal darauf zu verweisen, dass es bei Offenlegung von Einschätzungen der Beklagten zu Schwierigkeiten bei der Refinanzierung kommen könne. Der Einwand, die Offenlegung positiver Einschätzungen erlaube es, im Umkehrschluss Fälle negativer Einschätzung zu erkennen, was zu einer Beeinträchtigung der betroffenen Institute führen würde, berücksichtigt zudem nicht, dass es im vorliegenden Fall gerade nicht um Daten zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Instituts geht. Dass die Kreditwürdigkeit der Beigeladenen zu 1 auf dem Spiel steht, macht selbst sie nicht geltend, sondern verweist nur ganz allgemein auf die Sensibilität des Kreditwesenbereichs.
2.3 Es ist auch nicht zu erkennen, dass die Offenlegung des Berichts dem Wohl des Bundes Nachteile bereiten würde.
Nachteile für das Wohl des Bundes fordern gewichtige Gründe und setzen Beeinträchtigungen wesentlicher Bundesinteressen voraus. Dazu zählen namentlich Gefährdungen des Bestandes oder der Funktionsfähigkeit des Bundes sowie Bedrohungen der äußeren oder inneren Sicherheit. Es gilt auch hier ein strenger Maßstab (Beschlüsse vom 25. Juni 2010 a.a.O. Rn. 17 und vom 6. April 2011 - BVerwG 20 F 20.10 - Rn. 14). Ein Nachteil in diesem Sinne ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats insbesondere dann gegeben, wenn und soweit die Bekanntgabe des Akteninhalts die künftige Erfüllung der Aufgaben der Sicherheitsbehörden einschließlich ihrer Zusammenarbeit mit anderen Behörden erschweren oder Leben, Gesundheit oder Freiheit von Personen gefährden würde (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 6. April 2011 a.a.O. Rn. 15 m.w.N.).
Wird durch die Offenlegung von Informationen die effektive Beaufsichtigung des sensiblen Bereichs der Finanzdienstleistungen beeinträchtigt, kann dies Nachteile für das Wohl des Bundes begründen. Die Beklagte übt die Aufsicht über Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute aus und hat insbesondere die Aufgabe, Missständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen entgegenzuwirken, welche die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die ordnungsmäßige Durchführung der Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft herbeiführen können (§ 6 Abs. 2 KWG). Nach Darlegung der Beklagten und des Beigeladenen zu 2 gehört zu einer effektiven Aufgabenerfüllung eine möglichst breite Informationsbeschaffung, die erst durch eine über die gesetzlichen Mitwirkungspflichten hinausgehende "überobligatorische" Kooperation der Institute bewerkstelligt werden könne.
Wie der Fachsenat des Verwaltungsgerichtshofs - zu § 3 Nr. 1 Buchst. d IFG - im Ergebnis zu Recht festgestellt hat, genügt es jedoch nicht, auf allgemeine Befürchtungen mangelnder (freiwilliger) Kooperation als Folge der Offenlegung hinzuweisen. Es muss vielmehr die konkrete Möglichkeit einer erheblichen und spürbaren Beeinträchtigung der Aufgabenerfüllung durch die Behörde bestehen. Das ergibt sich schon daraus, dass - wie dargelegt - an den Nachteilsbegriff ein strenger Maßstab anzulegen ist. Nachteile für das Wohl des Bundes liegen nicht schon angesichts der - von den beaufsichtigten Instituten geschürten - Befürchtung vor, die freiwillige Mitwirkung bei der Informationsbeschaffung könne eingestellt werden. Allein der Umstand, dass Institute im Fall einer Offenlegung von Daten irritiert reagieren und ihre Kooperationsbereitschaft einschränken könnten, belegt keine greifbare Beeinträchtigung der Beklagten, zumal der Gesetzgeber davon ausgeht, dass sie auf der Grundlage der gesetzlichen Mitwirkungspflichten ihre Aufgaben effektiv zu bewältigen vermag. Dabei ist - wie auch der vom Fachsenat in Bezug genommene 6. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshof hervorgehoben hat (VGH Kassel, Beschlüsse vom 30. April 2010 a.a.O. Rn. 13 und vom 2. März 2010 a.a.O. Rn. 20) - zu beachten, dass die zu beaufsichtigenden Institute und Banken nicht unter Berufung auf die Vertraulichkeit eine Prüfung ihrer Institute oder die Abgabe geforderter Informationen verweigern können. Soweit die Beklagte - in ihrem in Bezug genommenen Schriftsatz vom 1. Juni 2010 - unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Oktober 2009 - BVerwG 7 C 22.08 - (Buchholz 400 IFG Nr. 1) geltend macht, ihre Prognose zu möglichen Beeinträchtigungen sei begründet und unterliege nur eingeschränkter Überprüfung, beachtet sie nicht, dass es zunächst der Darlegung einer hinreichend aussagekräftigen Tatsachengrundlage bedarf. Dafür genügt der Hinweis auf Presseberichte und Mitteilungen über Irritationen bei den beaufsichtigten Instituten nicht. Konkrete Fakten haben weder die Beklagte noch der Beigeladene zu 2 angeführt.
3. Geheimhaltungsbedarf ist jedoch grundsätzlich zu bejahen, soweit der Bericht (auf Seite 8) Informationen enthält, die nicht die Beigeladene zu 1 betreffen. Die Passage enthält Daten, die Rückschlüsse über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des genannten Instituts erlauben. Ob die Daten inzwischen - auch mit Blick darauf, dass die beschriebenen Ereignisse viele Jahre zurück liegen - öffentlich bekannt sind, wird der Beigeladene zu 2 ebenso zu prüfen haben wie die Frage, ob gegebenenfalls eine teilweise Schwärzung genügt. Soweit der Bericht mit den Namen behördlicher Mitarbeiter personenbezogene Daten enthält, greift ebenfalls ein "wesensmäßiger" Geheimhaltungsgrund, dem durch teilweise Schwärzung Rechnung getragen werden kann. Insoweit bleibt es dem Beigeladenen zu 2 unbenommen, unter Beachtung der Grundsätze zur ordnungsgemäßen Ermessensausübung eine erneute Sperrerklärung abzugeben.
4. Darüber hinaus ist die Sperrerklärung auch wegen mangelhafter Ermessensausübung rechtswidrig. Die Ermächtigung der obersten Aufsichtsbehörde zur Ermessensentscheidung besteht nach dem eindeutigen Wortlaut des § 99 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 VwGO, wenn der Inhalt der Schriftstücke oder der Auskunft geheimhaltungsbedürftig im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 VwGO ist, also auch dann, wenn der Vorgang nach einem Gesetz geheim gehalten werden muss (Beschluss vom 18. Juni 2008 - BVerwG 20 F 44.07 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 49 Rn. 8). Die Erwägungen, die der Beigeladene zu 2 anstellt, lassen - ungeachtet des Hinweises, die Vorlageverweigerung sei "in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens" ergangen - eine ordnungsgemäße Ermessensbetätigung nicht erkennen. Der Gesetzgeber hat die vom Beigeladenen kritisierte Anwendbarkeit des § 100 VwGO als unvermeidbare Folge des Verfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO in Kauf genommen. Es verbietet sich daher, als ermessensleitenden Gesichtspunkt auf die mit der Offenlegung verbundene Möglichkeit der Akteneinsicht gemäß § 100 VwGO zu verweisen.
Auch der Einwand der Beschwerden, das Ermessen sei rechtlich zwingend vorgezeichnet, greift nicht. Entgegen der Auffassung der Beklagten, die sich dafür auf Schoch beruft (in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 50, S. 836 f.; vgl. aber auch ders.: IFG, 2009, § 9 Rn. 93), besteht kein zwingender rechtlicher Gleichklang zwischen einem fachgesetzlichen Ausschlussgrund und der Ermessensausübung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Sofern die Beschwerden darauf abheben wollen, dass sich das Prüfprogramm für die prozessuale Entscheidung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO faktisch - nicht jedoch rechtlich - weitgehend den fachgesetzlichen Vorgaben der Hauptsache annähern kann (Beschluss vom 21. Februar 2008 - BVerwG 20 F 2.07 - BVerwGE 130, 236 Rn. 20), hilft dies nicht weiter, wenn wie hier feststeht, dass - vorbehaltlich der Ausführungen unter 3. - kein Geheimhaltungsgrund besteht.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO (vgl. dazu auch Beschlüsse vom 8. Mai 2009 - BVerwG 20 KSt 1.09 / BVerwG 20 F 26.08 und vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 20 F 15.10 - NVwZ-RR 2011, 261, Rn. 11) und im Hinblick auf die Beigeladene zu 1 auf § 162 Abs. 3 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es mit Blick auf Nr. 5505 des Kostenverzeichnisses nicht; danach fällt für eine sonstige Beschwerde eine Gebühr in Höhe von 50 € im Fall der Zurückweisung an.