Entscheidungsdatum: 11.06.2015
Arbeitet ein bei der Deutschen Post AG beschäftigter Beamter, der wegen einer Erkrankung vorübergehend dienstunfähig ist, im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme entsprechend § 74 SGB V (juris: SGB 5) stundenweise, so leistet er keinen aktiven Dienst im Sinne von § 12 Satz 1 PostLEntgV.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen und der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind unbegründet.
1. Der Kläger steht als Postoberinspektor (BesGr A 10 BBesO) im Dienst der Beklagten. Er verrichtete im Jahr 2008 bis Anfang August krankheitsbedingt keinen Dienst. Danach nahm er bis zum Ende des Jahres an einer Wiedereingliederungsmaßnahme teil. In diesem Rahmen versah er an 116 Tagen täglich vier Stunden Dienst und an weiteren 61 Tagen täglich sechs Stunden. Zudem befand er sich 36 Tage wegen einer Kur im Sonderurlaub und hatte an sechs Tagen Erholungsurlaub. Anfang 2009 erteilte die Beklagte dem Kläger eine nur aus einer Leistungsbeurteilung bestehende Gesamtbeurteilung mit der Gesamtbeurteilungsstufe "nicht erfüllt". Der Widerspruch des Klägers gegen die Gesamtbeurteilung blieb ohne Erfolg. Nach Erhebung der Klage hat die Beklagte die angefochtene Beurteilung im Juni 2012 aufgehoben. Die Klage des Klägers auf Verpflichtung der Beklagten, ihm unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts für das Jahr 2008 eine neue Gesamtbeurteilung zu erteilen, ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:
Trotz der Aufhebung der Gesamtbeurteilung für das Jahr 2008 habe der Kläger noch ein Rechtsschutzinteresse an der Erteilung einer Gesamtbeurteilung für das Jahr 2008, weil die Höhe seines Leistungsentgelts von der Gesamtbeurteilungsstufe abhänge. Der Kläger habe aber keinen Anspruch auf eine Gesamtbeurteilung für das Jahr 2008, weil er in diesem Jahr nicht drei Monate aktiven Dienst verrichtet habe, der nach der für die Gesamtbeurteilung maßgeblichen Rechtsnorm Voraussetzung für eine Gesamtbeurteilung sei. Dienst im Rahmen einer Maßnahme zur Wiedereingliederung eines Beamten sei kein aktiver Dienst, weil an diese Dienstleistung nicht die üblichen Anforderungen an eine Dienstausübung gestellt werden könnten.
2. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.
Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.>). Dies ist hier nicht der Fall.
Die Beschwerde sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in der Frage, ob der im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme geleistete Dienst als aktiver Dienst anzusehen ist und Grundlage einer Gesamtbeurteilung sein kann. Diese Frage vermag die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu rechtfertigen, weil sie aufgrund des Wortlauts der Norm mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens im Sinne des Urteils des Oberverwaltungsgerichts zu beantworten ist.
Für den Anspruch des Klägers auf Erteilung einer Gesamtbeurteilung ist § 12 der Postleistungsentgeltverordnung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3475, - PostLEntgV -) in der Fassung der mit Wirkung vom 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Verordnung vom 9. Mai 2011 (BGBl. I S. 818) maßgeblich. Danach findet eine Gesamtbeurteilung nicht statt, wenn der Beamte infolge von Dienstunfähigkeit oder aus anderen von ihm nicht zu vertretenden Gründen im Beurteilungszeitraum weniger als drei Monate aktiven Dienst verrichtet hat. Maßgeblicher Beurteilungszeitraum ist nach § 2 Abs. 3 Satz 2 PostLEntgV grundsätzlich das Kalenderjahr.
Bereits Wortlaut und Systematik des § 12 Satz 1 PostLEntgV ergeben, dass aktiver Dienst im Sinne von § 12 Satz 1 PostLEntgV nur ein solcher ist, den ein unbeschränkt dienstfähiger Beamter bei Erfüllung seiner allgemeinen Dienstpflichten erbringt. Der Verweis auf die Dienstunfähigkeit als Ursache in § 12 Satz 1 PostLEntgV ("infolge von Dienstunfähigkeit") verdeutlicht, dass die Dienstunfähigkeit eines Beamten die Annahme ausschließt, dieser leiste aktiven Dienst. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, die der Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat, ist er im Jahr 2008 während des oben unter 1. genannten Zeitraums aus gesundheitlichen Gründen (vorübergehend) nicht dienstfähig gewesen (§ 96 Abs. 1 Satz 2 BBG).
Auch der Zweck des nach der Postleistungsentgeltverordnung gewährten Leistungsentgelts spricht gegen die Annahme, die Dienstleistung eines vorübergehend dienstunfähigen Beamten, der im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme nach den Vorgaben des § 74 SGB V lediglich stundenweise tätig ist, sei aktiver Dienst im Sinne von § 12 Satz 1 PostLEntgV. Denn aktiver Dienst im Sinne dieser Vorschrift ist nur derjenige, der auf das Erreichen der Vorgaben der Zielvereinbarung (§ 10 Abs. 1 PostLEntgV) im Rahmen der üblichen Dienstleistung ausgerichtet ist.
Bei Beamten des gehobenen Dienstes wird die Höhe des nicht auf die Besoldung angerechneten Leistungsentgelts gemäß § 2 Abs. 1 PostLEntgV auf der Grundlage der Gesamtbeurteilung ermittelt. Dabei bestimmt sich der Prozentsatz des Richtbetrages im Sinne von § 6 Abs. 1 PostLEntgV nach der bei der Gesamtbeurteilung erreichten Stufe ("erfüllt nicht die Anforderungen" bis "übertrifft deutlich die Anforderungen"). Für diese Einstufung ist nach § 9 Abs. 1 PostLEntgV maßgeblich, inwieweit der betreffende Beamte die in der Zielvereinbarung festgelegten Ziele im Beurteilungszeitraum (§ 10 Abs. 1 Satz 3 PostLEntgV) erreicht hat. Diese quantitativen oder qualitativen Ziele müssen nachvollziehbar, klar zuzuordnen, unmittelbar auf die Tätigkeit bezogen und von der Beamtin oder dem Beamten direkt beeinflussbar sein (§ 10 Abs. 1 Satz 4 und 5 PostLEntgV).
Danach setzt die Bestimmung des nicht ruhegehaltfähigen leistungsbezogenen Entgelts nach § 1 PostLEntgV gerade den auf das Erreichen der vereinbarten Ziele gerichteten vollen dienstlichen Einsatz des Beamten voraus. Die dienstliche Tätigkeit des tatsächlich vorübergehend dienstunfähigen Beamten im Rahmen einer Maßnahme nach § 74 SGB V dient aber nicht der Verwirklichung der Vorgaben der Zielvereinbarung. Diese stundenweise Tätigkeit hat vielmehr die Funktion, den Beamten stufenweise wieder in den Arbeitsprozess einzugliedern. Der Beamte soll an den üblichen Umfang seiner Tätigkeit schrittweise herangeführt werden und das Arbeitspensum seiner früheren Beschäftigung wieder erreichen. Stünde der Beamte hierbei unter dem Druck, möglichst die Vorgaben der Zielvereinbarung nach § 10 Abs. 1 PostLEntgV zu erreichen, wäre der Zweck der Maßnahme zur Wiedereingliederung gefährdet.
Auch im Hinblick auf die Regelungen des § 12 Satz 2 und 3 PostLEntgV hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Der Bedeutungsgehalt dieser Vorschriften ergibt sich unmittelbar aus dem Wortlaut der Normen. Hat ein bei der Deutschen Post AG beschäftigter Beamter im maßgeblichen Zeitraum infolge seiner Dienstunfähigkeit keinen aktiven Dienst verrichtet, gilt nach § 12 Satz 2 PostLEntgV die im vorangegangenen Beurteilungszeitraum zuerkannte Gesamtbeurteilungsstufe als erreicht. Ist in diesem Beurteilungszeitraum jedoch keine Gesamtbeurteilung erfolgt, wird die Gesamtbeurteilungsstufe "voll und ganz zufriedenstellend" im Sinne von § 6 Abs. 2 PostLEntgV fingiert (§ 12 Satz 3 PostLEntgV).
3. Aus den vorstehenden Darlegungen zu 2. ergibt sich, dass auch der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrens- und Prozessbevollmächtigten unbegründet ist. Die Rechtsverfolgung des Klägers bietet auch unter Berücksichtigung des insoweit geltenden niedrigeren Maßstabs (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88 - BVerfGE 81, 347 <357>) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO und § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.