Entscheidungsdatum: 27.03.2017
In der Beschwerdesache
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betreffend die Patentanmeldung 10 2015 102 342.3
hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 27. März 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr.-Ing. Höchst sowie der Richter v. Zglinitzki, Dr.-Ing. Fritze und Dr.-Ing. Schwenke
beschlossen:
Die Beschwerden der Patentanmelderinnen gelten als nicht eingelegt.
I.
Die Prüfungsstelle für Klasse D05B des Deutschen Patent- und Markenamts hat die am 19. Februar 2015 eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Nähmaschine“,
die am 18. Februar 2016 auf beide Anmelderinnen umgeschrieben worden ist, durch Beschluss vom 12. Oktober 2016 zurückgewiesen.
Gegen diese ihnen am 16. Oktober 2016 zugestellte Entscheidung haben die Vertreter „Namens und im Auftrag der Anmelder“ am 14. November 2016 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig „die Beschwerdegebühr in Höhe von 200,- EUR“ entrichtet.
Auf den Zwischenbescheid des Rechtspflegers, die Beschwerdegebühren seien nicht vollständig gezahlt worden, denn für jede Anmelderin sei eine Beschwerdegebühr zu entrichten, sowie auf die telefonischen Darlegungen des Rechtspflegers mit dem Hinweis auf den Beschluss des 23. Senats des Patentgerichts vom 7. Juni 2016 – Az. 23 W (pat) 15/14 – hatten die Beschwerdeführerinnen zunächst beantragt,
festzustellen, dass die Entrichtung einer Beschwerdegebühr ausreichend und die Beschwerde somit eingelegt bzw. zulässig ist;
hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren;
anderenfalls die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Auf den Zwischenbescheid des Senats vom 14. Februar 2017 beantragen die Beschwerdeführerinnen nunmehr,
festzustellen, dass die auf dem Beschwerdeschriftsatz und auf der Einzugsermächtigung zuerst genannte Anmelderin, die X… GmbH, als diejenige Anmelderin gilt, welche die Beschwerde erhoben hat;
hilfsweise festzustellen, dass die Beschwerdegebühr als von einer der beiden Anmelderinnen entrichtet und jedenfalls die von dieser Anmelderin eingereichte Beschwerde als erhoben gilt.
Sie vertreten die Auffassung, zwar sei eine Zuordnung der einen gezahlten Beschwerdegebühr wie in der Mauersteinsatz-Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 18. August 2015 nicht möglich, da sowohl auf dem Beschwerdeschriftsatz als auch auf der Einzugsermächtigung beide Anmelderinnen genannt seien. Eine Zuordnung sei im vorliegenden Fall jedoch über die im Beschwerdeschriftsatz und in der Einzugsermächtigung verwendete Reihenfolge möglich. Die eingezahlte Beschwerdegebühr sei der zuerst genannten Anmelderin, nämlich der X…GmbH, zuzuordnen. Durch diese an der Reihenfolge der genannten Anmelderinnennamen orientierte Zuordnung werde – entsprechend der Maßgabe des BGH – eine unzumutbare Härte, Verlust der Patentanmeldung, vermieden und dem Rechtsstaatlichkeitsgebot Genüge getan.
Allein aus den eingereichten Dokumenten und der fristgerechten Einzahlung einer Beschwerdegebühr ergebe sich, dass jedenfalls mindestens eine der beiden Anmelderinnen habe Beschwerde einlegen wollen. Da der BGH betont habe, dass kein strenger Maßstab angelegt werden dürfe, sei es angezeigt, jedenfalls eine der beiden Beschwerden als erhoben geltend anzuerkennen.
Im Übrigen regen die Beschwerdeführerinnen weiterhin, insbesondere in Hinblick auf die genannte Entscheidung des 23. Senats, die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.
Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere des Vorbringens der Beschwerdeführerinnen, wird auf die Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Das Feststellungsbegehren der Beschwerdeführerinnen ist sowohl nach Hauptantrag als auch nach Hilfsantrag unbegründet.
Die Beschwerden der beiden Beschwerdeführerinnen gelten als nicht erhoben, weil die Beschwerdegebühren nicht vollständig gezahlt worden sind und die eine gezahlte Beschwerdegebühr keiner der beiden Beschwerdeführerinnen zugeordnet werden kann.
Innerhalb der Beschwerdefrist ist auch die Beschwerdegebühr zu zahlen (§ 6 Abs. 1 Satz 1 PatKostG i. V. m. § 73 Abs. 2 Satz 1 PatG). Wird die Beschwerdegebühr nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gezahlt, so gilt die Beschwerde als nicht eingelegt (§ 6 Abs. 2, 2. Alt. PatKostG i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 PatKostG).
Nach den gesetzlichen Bestimmungen beträgt die Beschwerdegebühr 401300 im Fall der Beschwerde gegen die Zurückweisung der Patentanmeldung 200 Euro, wobei ausdrücklich die Gebühren für jeden Antragsteller gesondert erhoben werden (Anlage zu § 2 Abs. 1 PatKostG (Gebührenverzeichnis) Teil B. Abs. 1) und es sich im Beschwerdeverfahren nach Teil B. I. bei den Antragstellern um die Beschwerdeführer handelt (vgl. auch BGH GRUR 2015, 1255 f. – Mauersteinsatz).
Da „namens und im Auftrag der Anmelder“, also beider Anmelder, Beschwerde erhoben worden ist, haben beide Anmelder jeweils Beschwerde erhoben, so dass zwei Beschwerdegebühren zu zahlen waren (vgl. dementsprechend bei gemeinsamen Patentinhabern BGH a. a. O. – Mauersteinsatz). Innerhalb der Beschwerdefrist ist – laut Lastschriftmandat vom 14. November 2016 ausdrücklich für beide genannten Patentanmelderinnen – jedoch nur eine Beschwerdegebühr 401300 gezahlt worden.
Insoweit ist die Sach- und Rechtslage inzwischen unstreitig. Der Senat vermag aber im vorliegenden Falle nicht der Ansicht der Beschwerdeführerinnen zu folgen, die Zahlung der einen Beschwerdegebühr könne einer der beiden Beschwerdeführerinnen zugeordnet werden, so dass jedenfalls deren Beschwerde rechtswirksam eingelegt sei.
Der BGH hat in der vergleichbaren Sache der – auch von den Patentanmelderinnen zitierten – Mauersteinsatz-Entscheidung angemahnt, es sei zur Vermeidung unzumutbarer Härten in solchen Konstellationen geboten, den Versuch zu unternehmen, die geleistete einfache Gebühr einem der Beschwerdeführer zuzuordnen, um zumindest diesem den Zugang zu einer sachlichen Prüfung seines Anliegens zu eröffnen, wobei hierbei kein strenger Maßstab angelegt werden solle. Der BGH hat hiermit aber sicher nicht auffordern wollen, gesetzliche Vorschriften zu umgehen und somit dem verfassungsrechtlichen Gebot zu widersprechen, dass die Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden ist (Art. 20 Abs. 3 GG).
Der Senat hat geprüft, ob die entrichtete Beschwerdegebühr einer der Anmelderinnen zugeordnet werden kann. Wie die Beschwerdeführerinnen zutreffend einräumen, ist eine Zuordnung nach der Nennung lediglich einer bestimmten Beschwerdeführerin auf der Einzugsermächtigung, die der BGH im Mauersteinsatz-Fall vorgenommen hat, nicht möglich. Denn auf dem Lastschriftmandat sind ebenso wie in der Betreffangabe des Beschwerdeschriftsatzes gerade beide Patentanmelderinnen aufgeführt.
Aber auch den Vorschlag der Beschwerdeführerinnen, die Zuordnung nach der verwendeten Reihenfolge im Beschwerdeschriftsatz und der Lastschriftermächtigung vorzunehmen, hält der Senat jedenfalls hier ohne weitere richtungweisende Umstände für untauglich. Die Reihenfolge ist als Kriterium ungeeignet. Denn werden bei einer oder für eine Prozesshandlung zwei Akteure genannt, kann man nicht sagen, der erste habe sie gewollt und der zweite nicht, ebenso wenig, einer von beiden habe sie gewollt und der andere nicht. Für beide Patentanmelderinnen ist Beschwerde eingelegt worden und für beide ist die eine Beschwerdegebühr gezahlt worden. Naheliegend erscheint, dass die Vertreter die Vorstellung hatten, eine einzige Beschwerde für beide Anmelderinnen einzulegen. Dabei handelte es sich jedoch um einen ohne Weiteres vermeidbaren, unbeachtlichen Rechtsirrtum, zumal die Rechtsmittelbelehrung darauf hinweist, dass jeder Beschwerdeführer die Gebühr zu zahlen hat. Da die Beschwerde nicht teilbar ist, können zwei Beschwerdeführerinnen nur zwei Beschwerden einlegen.
Im Übrigen hat das Deutsche Patent- und Markenamt mit seinem Hinweis im Blatt für PMZ auf die Konsequenzen der Mauersteinsatz-Entscheidung des BGH eindringlich aufmerksam gemacht (BlPMZ 2016, 129).
III.
Der Senat sieht keine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Weder ist hier eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine weitere Entscheidung des Bundesgerichtshofes.
Zu den im vorliegenden Fall entscheidungserheblichen Fragen ist nämlich bereits die Mauersteinsatz-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2015, 1255 f.) ergangen. Aus dieser lässt sich auch entnehmen, dass eine Zuordnung der Beschwerdegebühr nur deshalb möglich war, weil das Formular der Einzugsermächtigung in der Rubrik „Name des Schutzrechtsinhabers“ lediglich die Unternehmensbezeichnung der Beschwerdeführerin zu 1 aufwies.
Die jüngere Entscheidung des 23. Senats des Bundespatentgerichts vom 7. Juni 2016 – Az. 23 W (pat) 15/14 – hat zwar die Beschwerde von zwei Patentanmeldern für „zulässig“ erachtet, obwohl nur eine Beschwerdegebühr gezahlt worden war und eine Zuordnung nicht vorgenommen wurde. Dies geschah jedoch im Widerspruch zur Mauersteinsatz-Entscheidung des BGH und entgegen den eindeutigen gesetzlichen Bestimmungen des Patentkostengesetzes.