Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 31.10.2012


BPatG 31.10.2012 - 10 W (pat) 18/10

Patentbeschwerdeverfahren - zu einem Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsdatum:
31.10.2012
Aktenzeichen:
10 W (pat) 18/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2009 017 600.4-32

wegen Ablehnungsgesuch

hat der 10. Senat (Juristischer Beschwerdesenat und Nichtigkeitssenat) des Bundespatentgerichts am 31. Oktober 2012 durch den Vorsitzenden Richter Rauch, die Richterin Püschel und die Richterin Dr. Kober-Dehm

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Der Anmelder reichte am 16. April 2009 eine Patentanmeldung ein, die beim Deutschen Patent- und Markenamt unter dem Aktenzeichen 10 2009 017 600.4-32 mit der Bezeichnung „Scheibenmotor mit elektromagnetischem Antrieb“ geführt wird. Mit Schreiben vom 30. September 2009 legte der Anmelder eine überarbeitete Fassung der Patentansprüche 1 bis 11 vor, nachdem das Patentamt die zuvor eingereichte Version vom 7. Juli 2009 als nicht der Patentverordnung (PatV) entsprechend beanstandet hatte.

2

Mit Prüfungsbescheid vom 17. Dezember 2009 wies die Prüfungsstelle für Klasse H 02 K, besetzt mit Dipl.-Ing. H…, u. a. darauf hin, dass mit Patentanspruch 1 in der am 30. September 2009 eingereichten Fassung der Gegenstand der Anmeldung in unzulässiger Weise erweitert werde und die Anmeldung daher zurückzuweisen sei, wenn nicht innerhalb der gesetzten Frist sich im Rahmen des ursprünglich Offenbarten haltende Unterlagen eingereicht würden. Patentanspruch 1 in dieser Fassung beanspruche allgemein einen Scheibenmotor, der aus einem Läufer und einem Ständer bestehe, ohne Angaben zur konkreten Ausführung des Motors zu enthalten. Damit würde jedwede mögliche Anordnung von Läufer und Ständer, wie etwa Innenläufer, Außenläufer oder Axialfeldmaschine, unter Schutz gestellt werden. Demgegenüber werde auf dem in den ursprünglichen Unterlagen als „Patentansprüche“ bezeichnetem Beiblatt angegeben, dass sich die Polelemente des Ständers am radialen Umfang des Ständers befänden. Damit sei nach den ursprünglichen Anmeldunterlagen lediglich ein Innenläufer offenbart. Allerdings könne die Erteilung eines Patents auch auf der Grundlage der ursprünglich eingereichten Unterlagen nicht in Aussicht gestellt werden. Der Gegenstand des Patentanspruchs in dieser Fassung beruhe nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Aufgrund eines US-amerikanischen Patents, das einen bürstenlosen Gleichstrommotor betreffe, und einer britischen Patentschrift, aus der ein permanentmagneterregter Synchronmotor bekannt sei, liege es für einen Fachmann nahe, einen Motor mit den erfindungsgemäßen Merkmalen zu entwickeln. Angesichts des ermittelten Standes der Technik ließen auch die auf Patentanspruch 1 rückbezogenen Ansprüche 2 bis 11 keinen Ansatzpunkt erkennen, mit dem ein erfolgreiches Patentbegehren begründet werden könnte. Die Merkmale der Unteransprüche seien teilweise aus den bereits im Zusammenhang mit Patentanspruch 1 genannten Entgegenhaltungen und teilweise aus einer weiteren US-amerikanischen sowie einer japanischen Patentschrift bekannt.

3

Mit Schreiben vom 2. Februar 2010 hat der Anmelder mitgeteilt, dass er den seine Patentanmeldung bearbeitenden Prüfer der Prüfungsstelle für Klasse H 02 K, Dipl.-Ing. H…, wegen Besorgnis der Befangenheit ablehne. Dieser Prüfer habe seine frühere Patentanmeldung vom Februar 2008 als „Perpetuum mobile“ abqualifiziert. Da jener Fall bis vor das Justizministerium gelangt sei, sei zu befürchten, dass der Prüfer Rache nehmen und auch das nunmehr beantragte Patent nicht erteilen wolle. Dieser Eindruck werde durch den Prüfungsbescheid bestätigt, der willkürlich sei, vieles unsachlich darstelle und an den Haaren herbeigezogene Argumente enthalte. So sei die Behauptung, dass die Anmeldung keine Angaben zur „korrekten“ Ausführung des Motors  enthalte, unzutreffend. Der Prüfer habe offenbar die beigefügten Zeichnungen übersehen, die die beanspruchte Art von Motor deutlich zeigten. Die Einschätzung des Prüfers, es liege eine unzulässige Erweiterung vor, sei absurd und daher zurückzuweisen. Es liege in der Natur der Sache, dass bei einer Überarbeitung eines Textes, die im Übrigen vom Patentamt verlangt worden sei, Unterschiede zur Erstfassung aufträten. An den Zeichnungen habe sich nichts geändert. Außerdem erlaube § 38 PatG Änderungen der Patentansprüche. Die Annahme des Prüfers, es liege eine Einschränkung auf einen Innenläufer vor, sei eine unzulässige Verkürzung und grenze an Urkundenfälschung. Hinsichtlich des Merkmals „Generatorantrieb“ seien technische Abläufe falsch dargestellt. Die entgegengehaltenen Patentschriften unterschieden sich von der angemeldeten Erfindung und seien im Übrigen aufgrund ihrer Komplexität für die Praxis kaum geeignet. Schließlich macht der Anmelder geltend, dass seine Anmeldung eine revolutionäre Entwicklung sei. Mit der Verneinung einer erfinderischen Tätigkeit werde seine Arbeit disqualifiziert. Der Hinweis, dass der Gegenstand der Erfindung für den Fachmann nahegelegen habe, sei Spekulation und eine Beleidigung der Erfinder.

4

Der Prüfer hat in seiner dienstlichen Äußerung vom 2. März 2010 erklärt, dass er sich nicht für befangen halte. Er sei bei der Erstellung des Prüfungsbescheids ausschließlich nach sachlichen Gesichtspunkten vorgegangen und habe den Anmeldegegenstand objektiv und umfassend entsprechend den geltenden Prüfungsrichtlinien abgehandelt. Das frühere Anmeldeverfahren aus dem Jahr 2008 habe auf die Beurteilung der vorliegenden Anmeldung keinen Einfluss gehabt.

5

In seiner Stellungnahme zu der dienstlichen Äußerung des Prüfers hat der Anmelder im Wesentlichen die schon in seinem Ablehnungsgesuch vorgetragenen Argumente wiederholt und darüber hinaus beanstandet, dass ihm die japanisch- und englischsprachigen Patentschriften ohne Übersetzung vorgehalten worden seien und auch der Prüfungsbescheid eine englische Passage enthalte, obwohl das Verfahren vor dem deutschen Patentamt geführt werde.

6

Die Patentabteilung 1.32 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Antrag auf Ablehnung wegen Befangenheit durch Beschluss vom 22. April 2010 als unbegründet zurückgewiesen, da bei der gebotenen objektiven Betrachtung weder die Zurückweisung der Patentanmeldung aus dem Jahr 2008 noch die Behandlung der streitgegenständlichen Anmeldung durch den Prüfer Dipl.-Ing. Hauschild Anlass gäben, an der Unvoreingenommenheit des Prüfers zu zweifeln.

7

Dass der Prüfer den Antrag des Anmelders auf Erteilung eines Patents aus dem Jahre 2008 zurückgewiesen habe, rechtfertige grundsätzlich nicht die Annahme, dass er im Streitfall befangen sei. Abgesehen davon, dass der Anmelder in dem früheren Verfahren kein Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit des Prüfers gestellt habe, habe der Prüfer dort die Zurückweisung der Patentanmeldung auf einen patentrechtlich nachvollziehbaren Grund gestützt. Ob die inhaltliche Beurteilung durch den Prüfer zutreffe, sei wiederum nicht im Rahmen eines Ablehnungsverfahrens, sondern in einer Anhörung im Erteilungsverfahren und im Wege eines Beschwerdeverfahrens vor dem Bundespatentgericht zu klären.

8

Ebenso wenig ergäben sich aus der Art und Weise der Behandlung der streitgegenständlichen Anmeldung durch den Prüfer Dipl.-Ing. H… Anhaltspunkte für eine Voreingenommenheit.

9

Der Prüfer habe die Auslegung der eingereichten Patentansprüche sowie die Beurteilung ihrer Zulässigkeit und Patentfähigkeit nach der im Prüfungsverfahren üblichen Vorgehensweise und entsprechend den gesetzlichen Vorschriften vorgenommen. Entsprechendes gelte für die Bestimmung des Fachmanns. Dass Anmelder und Prüfer die erfinderische Tätigkeit unterschiedlich beurteilten, sei dem Erteilungsverfahren immanent. Auch im Streitfall sei die Frage, ob die Beurteilung der Patentfähigkeit der Erfindung oder die Definition des Fachmanns zutreffe, nicht im Rahmen des Ablehnungsverfahrens, sondern gegebenenfalls in einer Anhörung zu klären.

10

Aus der Entgegenhaltung fremdsprachiger Druckschriften könne ebenfalls nicht auf die Befangenheit des Prüfers geschlossen werden. Zum Stand der Technik nach § 3 PatG gehörten alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise der Öffentlichkeit zugemacht worden seien. Dazu zählten insbesondere auch alle vor dem maßgeblichen Tag veröffentlichten Patent- und Offenlegungsschriften aller Patentämter.

11

Hiergegen wendet sich der Anmelder mit der Beschwerde und beantragt sinngemäß,

12

unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses der Patentabteilung dem Antrag auf Ablehnung des Prüfers wegen Befangenheit stattzugeben.

13

Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen die schon in seinem Ablehnungsgesuch und in seiner Stellungnahme zu der dienstlichen Äußerung des Prüfers vorgetragenen Punkte und führt diese näher aus. Insbesondere wendet er sich gegen die Qualifizierung des Patentanspruchs 1 als unzulässige Erweiterung, gegen die Verneinung der Patentfähigkeit mangels erfinderischer Tätigkeit, gegen die Definition des Fachmanns sowie gegen die Berücksichtigung der japanisch- und englischsprachigen Entgegenhaltungen. In Bezug auf diese Entgegenhaltungen macht der Anmelder überdies geltend, dass angesichts der dort enthaltenen einfachen Skizzen nicht nachvollziehbar sei, warum hierfür Patente erteilt worden seien. Der Anmelder ist der Auffassung, dass seine Patentanmeldung in dem Prüfungsbescheid und in dem angefochtenen Beschluss der Patentabteilung unsachlich und irreführend sowie demütigend und beleidigend abgehandelt und mit Unterstellungen und Fälschungen gearbeitet worden sei. Der Prüfer sei nicht nur befangen, sondern stehe dem Anmelder feindselig gegenüber.

14

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II

15

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

16

Gemäß § 27 Abs. 6 Satz 1 PatG i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO ist ein Ablehnungsgesuch wegen Besorgnis der Befangenheit begründet, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Prüfers zu rechtfertigen. Nach ständiger Rechtsprechung gehören hierzu nur objektive Gründe, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Prüfer stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen des Ablehnenden scheiden aus (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 29. Aufl., § 42 Rn. 9; Thomas/Hüßtege, ZPO, 33. Aufl., § 42 Rn. 9). Hiervon ausgehend geben die vom Anmelder geltend gemachten Gründe bei objektiver Betrachtung keinen Anlass, an der Unvoreingenommenheit des Prüfers zu zweifeln.

17

1. Die Erfolglosigkeit eines Anmelders in einem anderen Verfahren rechtfertigt grundsätzlich nicht die Annahme, dass derselbe Prüfer zwangsläufig auch bei der Bearbeitung eines nachfolgenden Verfahrens voreingenommen sein müsse (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 42 Rn. 19). Anhaltspunkte dafür, dass die Zurückweisung der Patentanmeldung des Anmelders im Verfahren 10 2008 010 799.9 auf einer unsachlichen Einstellung des Prüfers beruhte, liegen nicht vor, zumal der Anmelder in jenem Verfahren kein Ablehnungsgesuch gestellt hat. Im Übrigen ist das dortige Beschwerdeverfahren, das nach § 73 Abs. 1 PatG allein für die Überprüfung dafür vorgesehen ist, ob die Beurteilung des Prüfers inhaltlich zutrifft oder nicht, durch Rücknahme der Beschwerde durch den Anmelder selber beendet worden.

18

2. Ebenso wenig ergibt sich aus dem hier zu entscheidenden Verfahren selbst ein Ablehnungsgrund. Weder der Prüfungsbescheid noch die dienstlichen Äußerung lassen eine Befangenheit des Prüfers besorgen, die zu dessen Ablehnung führen müssten.

19

a) Soweit der Prüfer im Prüfungsbescheid (Abschnitt I) zu dem Ergebnis kommt, dass die mit Eingabe vom 30. September 2009 neu eingereichten Patentansprüchen wegen unzulässiger Erweiterung gegenüber den ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen nicht gewährbar seien, ist nicht erkennbar, woraus sich Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Prüfers ergeben könnten. Gerade bei einer Überarbeitung der Patentansprüche ist es nicht ausgeschlossen, dass der Gegenstand der Erfindung gegenüber den ursprünglichen Anmeldeunterlagen, statt lediglich in dem gebotenen Rahmen konkretisiert, erweitert wird. Die Begründung, die der Prüfer für eine mögliche unzulässige Erweiterung angibt, ist in sachlichem Ton abgefasst und in patentrechtlicher Hinsicht nachvollziehbar. Insbesondere hat der Prüfer entgegen der Behauptung des Anmelders nicht bemängelt, dass Angaben zur „korrekten“ Ausführung des Motors fehlten, sondern lediglich festgestellt, dass die „konkrete“ Ausführung des Motors nicht näher beschrieben werde. Zeichnungen sind zwar gemäß § 14 Satz 2 PatG zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen. Der Schutzbereich des Patents und der Patentanmeldung wird nach § 14 Satz 1 PatG aber allein durch die Patentansprüche bestimmt. Es lässt daher keine Zweifel an der Unvoreingenommenheit aufkommen, wenn der Prüfer verlangt, dass das konkret Beanspruchte seinen Niederschlag im Wortlaut der Patentansprüche findet und nicht lediglich in einer Zeichnung dokumentiert wird.

20

Auch die Ausführungen des Prüfers zum Gegenstand der ursprünglichen Anmeldung (Abschnitt II des Prüfungsbescheids) sind vom Ton her und in der Sache angemessen.

21

Dass der Prüfer seiner weiteren Prüfung den Gegenstand der ursprünglichen Anmeldeunterlagen zugrunde gelegt hat, ist unter dem Gesichtspunkt einer möglichen Befangenheit nicht nur nicht zu beanstanden. Vielmehr stellt sich die Prüfung der ursprünglichen Anmeldeunterlagen als folgerichtig und geboten dar, nachdem der Prüfer die zuletzt eingereichte Fassung der Patentansprüche – wie oben dargelegt – aus nachvollziehbaren Gründen für unzulässig erachtet hat.

22

Ebenso wenig lassen die Art und Weise der Beurteilung der Patentfähigkeit der in den ursprünglichen Unterlagen dokumentierten Erfindung Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Prüfers aufkommen. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Berücksichtigung fremdsprachiger Druckschriften. Eine Erfindung ist nur dann patentfähig, wenn sie neu ist und auf erfinderischer Tätigkeit beruht. Dies setzt voraus, dass der Gegenstand der Erfindung nicht zum Stand der Technik gehört und sich dem Fachmann hieraus auch nicht in naheliegender Weise ergibt (vgl. § 3 Abs. 1, § 4 Satz 1 PatG). Wie bereits die Patentabteilung in dem angefochtenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat, umfasst der Stand der Technik nach § 3 Abs. 1 Satz 2 PatG alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag der Öffentlichkeit in jeglicher Form zugänglich gemacht worden sind. Fremdsprachiger Stand der Technik ist danach in derjenigen Sprache zu würdigen, in der er abgefasst ist. Es ist daher auch nicht zu beanstanden, wenn der Prüfer im Prüfungsbescheid wie im Streitfall eine einschlägige Stelle aus einer der Entgegenhaltungen in der Originalsprache zitiert. Beherrscht ein Anmelder die betreffende Sprache nicht, muss er selbst eine Übersetzung fertigen lassen (vgl. Schulte/Rudloff-Schäffer, PatG, 8. Aufl., § 126, Rn. 15; Benkard/Schäfers, PatG, 10. Aufl., § 126, Rn. 8). Da der Prüfer hier im Wesentlichen nur englischsprachige Dokumente berücksichtigt hat – bei der japanischen Patentschrift hat er die englischsprachige Zusammenfassung (Abstract) zugrunde gelegt – und die englische Sprache auf dem vorliegend betroffenen Gebiet der Technik Fachsprache ist, kann auch unter dem Gesichtspunkt des Gebots eines fairen Verfahrens nicht auf eine Voreingenommenheit des Prüfers geschlossen werden (Schulte/Rudloff-Schäffer, a. a. O., § 126, Rn. 15). Darauf, ob die entgegengehaltenen Patente zu Recht erteilt wurden und ob sie für die Praxis tauglich sind, kommt es entgegen der Auffassung des Anmelders nicht an. Sie sind unabhängig hiervon als vor dem für den Zeitrang der streitgegenständlichen Anmeldung maßgeblichen Tag veröffentlichte Kenntnisse als sog. Stand der Technik (vgl. § 3 Abs. 1, § 4 Satz 1 PatG) in die Prüfung der Patentfähigkeit der angemeldeten Erfindung einzubeziehen.

23

Die Bestimmung des Fachmanns durch den Prüfer bietet ebenfalls keinen Anlass zu der Annahme, dass der Prüfer voreingenommen sei. Wie schon die Patenabteilung in dem angefochtenen Beschluss zu Recht festgestellt hat, muss der Fachmann bestimmt werden, um die Frage nach der erfinderischen Tätigkeit i. S. d. § 4 PatG zutreffend beurteilen zu können.

24

Im Übrigen sind Äußerungen zur Erfolgsaussicht eines Antrags oder zum möglichen Verfahrensausgang für sich kein Ablehnungsgrund (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rn. 26 m. w. N.; Busse/Schwendy, PatG, 6. Aufl., § 27 Rn. 77 a. E.; Schulte/Rudloff-Schäffer, a.a.O., § 27 Rn. 46). Hinweise auf die Sach- und Rechtslage sind schon aufgrund der auch im patentamtlichen Verfahren geschuldeten Aufklärungs- und Hinweispflicht entsprechend § 139 ZPO (vgl. Schulte, a. a. O., Einl. Rn. 104) sowie aufgrund des Anspruchs auf rechtliches Gehör erforderlich. Hierzu gehört auch der Hinweis auf eine mögliche Zurückweisung einer Anmeldung. Bei Äußerungen zur Sach- und Rechtslage ist nur dann die Grenze zur Befangenheit überschritten, wenn eine vorzeitige, endgültige Festlegung in einer Form erfolgt, die erkennen lässt, dass der Prüfer sich nicht mit einer Gegenmeinung auseinander setzen will, oder die jede Bereitschaft zu einer sachlichen Überprüfung vermissen lässt (vgl. Busse/Schwendy, a. a. O., § 27 Rn. 76; Schulte/Rudloff-Schäffer, a. a. O., § 27 Rn. 46 unter Hinweis auf BPatGE 24, 144, 148). Ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor.

25

Die Art und Weise der Behandlung des Antrags des Anmelders auf Erteilung eines Patents durch den Prüfer rechtfertigen somit eine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit nicht. Die Meinungsunterschiede zwischen dem Prüfer und dem Anmelder beruhen in erster Linie auf einer unterschiedlichen inhaltlichen und rechtlichen Bewertung der Patentanmeldung. Die Frage, ob die inhaltliche und rechtliche Beurteilung einer Patentanmeldung durch einen Prüfer zutrifft oder nicht, ist indessen (nach Erlass eines beschwerdefähigen Zurückweisungsbeschlusses) in dem hierfür vorgesehenen Beschwerdeverfahren gemäß § 73 Abs. 1 PatG zur Überprüfung zu stellen und kann nicht zum Gegenstand des Verfahrens über ein Ablehnungsgesuch gemacht werden. Denn hier steht anders als im Beschwerdeverfahren nicht die Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit einer Entscheidung im Vordergrund, sondern es soll vielmehr verhindert werden, dass ein Amtsträger, der eine unsachliche innere Einstellung zu den Verfahrensbeteiligten oder zum Gegenstand des konkreten Verfahrens hat und daher begründete Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit aufkommen lässt, zur Entscheidung in der Sache berufen ist (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rn. 8).

26

b) Nach der Rechtsprechung kann zwar auch eine dienstliche Äußerung einen (weiteren) Ablehnungsgrund darstellen, so etwa wenn sie eine unzulängliche oder unsachliche Stellungnahme zu den zum Ablehnungsgesuch führenden Vorgängen oder eine in wesentlichen Punkten falsche Tatsachendarstellung enthält (vgl. Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 42 Rn. 24; Thomas/Hüßtege, a. a. O., § 42 Rn. 12). Dafür bestehen im Streitfall keine Anhaltspunkte.

27

Der Prüfer nimmt in seiner dienstlichen Äußerung auf den Prüfungsbescheid Bezug und versichert glaubhaft, dass er sich bei dessen Erstellung ausschließlich von sachlichen Gesichtspunkten hat leiten lassen und entsprechend den Prüfungsrichtlinien vorgegangen sei, ohne dass das vorangegangene Verfahren hierbei eine Rolle gespielt habe. Der in den Akten dokumentierte Verlauf des Verfahrens gibt nach der Überzeugung des Senats keinen Anlass, hieran zu zweifeln.

28

3. Die vom Anmelder angeführten Gründe bieten auch in der Gesamtschau keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme einer Voreingenommenheit des Prüfers. Sie betreffen ausschließlich die inhaltliche und rechtliche Bewertung des Patentgesuchs durch den Prüfer und sind daher, wie oben bereits dargelegt, nicht im Rahmen eines Ablehnungsgesuchs, sondern bei einer Zurückweisung der Patentanmeldung im Beschwerdeverfahren nach § 73 PatG zu überprüfen.