Entscheidungsdatum: 15.11.2017
1. Die gerichtliche Festsetzung der Vergütung von Sachverständigenleistungen, die eine Steuerberaterkammer auf gerichtliche Anordnung erbringt, schließt den Erlass konkurrierender Vergütungsregelungen durch die Steuerberaterkammer aus.
2. Das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG - regelt die Vergütung von Personen, die von einem Gericht zu Sachverständigenleistungen herangezogen werden, abschließend. Bereits der formale Akt der Heranziehung zu Sachverständigenleistungen schließt eine Festsetzung der Vergütung dieser Leistungen auf anderer rechtlicher Grundlage aus.
3. Sachverständigenleistungen erbringt, wer einem Gericht die Sachkunde vermittelt, die es nicht hat und auch nicht haben muss. Gutachten, die die ordnungsgemäße Ausübung des Gebührenermessens eines Steuerberaters nach § 11 der Steuerberatergebührenverordnung bzw. der Steuerberatervergütungsverordnung zum Gegenstand haben, sind Sachverständigengutachten.
Das klagende Land wendet sich gegen einen Gebührenbescheid der beklagten Steuerberaterkammer.
Mit Hinweis- und Beweisbeschluss vom 27. März 2012 ordnete ein Zivilsenat des Kammergerichts die Einholung eines Gutachtens der beklagten Steuerberaterkammer an. Der Beschluss erging in einem Berufungsverfahren zwischen einem Steuerberater und seiner Mandantin, in dem die Mandantin einen Anspruch auf Rückzahlung überhöhten Steuerberaterhonorars geltend machte. In dem Beschluss heißt es:
"V. Es soll gemäß § 76 Abs. 2 Nr. 7 StBerG durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens der Steuerberaterkammer Berlin Beweis erhoben werden über die Behauptung der Klägerin, die Beklagte zu 1) könne aus den Rechnungen vom ... eine Vergütung von nur ... EUR verlangen: ...".
Die Bitte der Steuerberaterkammer, den Stundensatz für die Erstellung des Gutachtens gemäß § 13 Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz - JVEG - auf 100 € festzusetzen, lehnte das Kammergericht mit Beschluss vom 13. Juli 2012 ab. In diesem Beschluss heißt es:
"Die Steuerberaterkammer erhält für jede Stunde im Sinne von § 9 Abs. 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) ein Honorar in Höhe von 80 EUR.
Gründe:
Die Steuerberaterkammer hat nach § 1 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 13 Abs. 2, 4 Abs. 1 Satz 1 (JVEG) nur einen Anspruch auf die festgesetzte Vergütung. ...".
Mit Vorschussgebührenbescheid vom 19. September 2012 forderte die beklagte Steuerberaterkammer, gestützt auf § 2 Nr. 1.1 i.V.m. § 5 ihrer Gebührenordnung, vom Kammergericht einen Vorschuss von 1 800 € für die Erstellung des Gutachtens. Dem legte sie 18 Gutachterstunden und einen Stundensatz von 100 € zugrunde. Den Widerspruch hiergegen wies sie zurück.
Der Kläger hat gegen den Vorschussgebührenbescheid und den Widerspruchsbescheid fristgerecht Klage erhoben. Während des gerichtlichen Verfahrens hat die Beklagte das geforderte Gutachten erstellt, einen endgültigen Gebührenbescheid über 1 376,18 € erlassen und den Vorschussgebührenbescheid nebst Widerspruchsbescheid aufgehoben. Der Gebührenberechnung hat sie 13 Gutachterstunden und wiederum einen Stundensatz von 100 € zugrunde gelegt. Den Widerspruch des Klägers gegen den endgültigen Gebührenbescheid hat sie zurückgewiesen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Kläger den endgültigen Gebührenbescheid und den diesen bestätigenden Widerspruchsbescheid zum alleinigen Gegenstand seiner Klage gemacht.
Mit Urteil vom 21. November 2013 hat das Verwaltungsgericht diese Bescheide aufgehoben. Die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 6. November 2014 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die durch § 413 ZPO in Bezug genommenen Vorschriften des JVEG verdrängten vorliegend als vorrangiges Bundesrecht die Regelungen des Steuerberatergesetzes und der darauf gegründeten Gebührenordnung der Beklagten, weil auch Gutachten, die von einem Prozessgericht in Auftrag gegeben würden, um diesem die erforderliche Sachkunde zur Bewertung des angesetzten Aufwandes und der Üblichkeit eines Steuerberatungshonorars zu verschaffen, Sachverständigengutachten im Sinne der §§ 402 ff. ZPO seien. Dem stehe nicht entgegen, dass die Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 Satz 2 JVEG keinen Stundensatz für das Honorar von Steuerberatern festlege. Die dortige Aufzählung sei nicht abschließend. § 9 Abs. 1 Satz 3 JVEG enthalte insoweit eine hinreichend bestimmte Auffangregelung. § 14 Abs. 2 RVG gebiete kein anderes Ergebnis. Es handele sich um eine Spezialvorschrift für das anwaltliche Gebührenrecht, nach der Gebührengutachten kostenlos zu erstatten seien. Eine planwidrige Regelungslücke im Steuerberatungsgesetz, die durch Rückgriff auf § 14 RVG geschlossen werden müsse, sei nicht gegeben.
Mit der vom Senat zugelassenen Revision wendet sich die Beklagte gegen die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, das vorliegende Gutachten stelle ein Sachverständigengutachten im Sinne der §§ 402 ff. ZPO dar. Der Sachverständigenbeweis diene der Feststellung von Tatsachen und nicht von Rechtsfragen. Bei dem vorliegenden Gutachten gehe es aber darum, die Richtigkeit von Grund und Höhe der Gebührenforderung eines Steuerberaters am Maßstab der Steuerberatervergütungsverordnung zu beurteilen, mithin um reine Rechtsanwendung. Insofern liege es nicht anders als bei Honorargutachten der Rechtsanwaltskammer nach § 14 RVG. Die dort angeordnete Kostenfreiheit gelte nur für Streitigkeiten zwischen Rechtsanwalt und Mandant, nicht aber in Rechtsstreitigkeiten, bei denen es inzident auf die Rechtmäßigkeit der anwaltlichen Gebührenforderung - wie etwa in Erstattungsstreitigkeiten - ankomme, und sei ohnehin nicht auf Honorarforderungen von Steuerberatern übertragbar. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht auch das Verhältnis der Vorschriften des JVEG zu denjenigen des Steuerberatergesetzes fehlerhaft beurteilt. Die Vorschrift des § 76 StBerG regele die Aufgaben der Steuerberaterkammer. § 79 Abs. 2 StBerG knüpfe daran an und lege fest, wann und von wem für die Erfüllung der Aufgaben Geldleistungen eingefordert werden könnten. Das JVEG gehe darüber hinaus, indem es den gesamten Bereich der Kosten in staatlich organisierten Verfahren in den Blick nehme.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. November 2014 und des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. November 2013 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Der Kläger und der Vertreter des Bundesinteresses verteidigen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts.
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Gebührenbescheid der Beklagten und deren Widerspruchsbescheid zu Recht aufgehoben, das Oberverwaltungsgericht die Berufung der Beklagten deshalb zu Recht zurückgewiesen. Die Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten.
1. Dem Erlass eines Gebührenbescheides durch die Beklagte in Anwendung ihrer Gebührenordnung steht schon die Bindungswirkung des Beschlusses des Kammergerichts vom 13. Juli 2012 entgegen, mit dem dieses die Höhe des Stundensatzes für das von der Beklagten angeforderte Gutachten auf 80 € festgesetzt hat. Das schließt den Erlass konkurrierender Vergütungsregelungen durch die Beklagte aus.
Für gerichtliche Beschlüsse ist anerkannt, dass sie ebenso wie Urteile der materiellen Bindungswirkung gegenüber den Parteien eines Prozesses und sonstigen Personen, gegenüber denen sie ergehen, fähig sein können (vgl. BGH, Urteil vom 7. Mai 1981 - VII ZR 366/80 - NJW 1981, 1962; BFH, Beschluss vom 18. Dezember 1991 - II B 112/91 - BFHE 166, 114; Rennert, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 121 Rn. 6; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 121 Rn. 4; jeweils m.w.N.). Voraussetzung ist, dass sie nach dem Inhalt ihrer Ermächtigungsgrundlage darauf zielen, einen bestimmten Sachverhalt abschließend rechtlich zu bewerten, um fortgesetztem Streit der Beteiligten über denselben Gegenstand entgegenzuwirken, eine Überlastung der Gerichte zu vermeiden und der Gefahr widersprechender Entscheidungen vorzubeugen (vgl. BFH, a.a.O., Rn. 21). Diese Ziele verfolgen § 9 Abs. 1 Satz 5 und § 4 Abs. 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes - JVEG - vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776, mit späteren Änderungen), die das Prozessgericht zur Festsetzung der Vergütung eines vom Gericht bestellten Sachverständigen - und hierbei auch seines Stundensatzes - ermächtigen. Mit der frühzeitigen Festsetzung des Stundensatzes durch das Gericht soll der Sachverständige Klarheit über die kostenmäßige Bewertung der von ihm erwarteten Leistungen und damit über einen für seinen Gesamtanspruch wesentlichen Bemessungsfaktor erlangen (vgl. BT-Drs. 15/1971, S. 182).
Der Beschluss vom 13. Juli 2012 wurde der Beklagten ordnungsgemäß zugestellt und ist mit Rechtsbehelfen nicht angreifbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Seinem Inhalt nach schließt er eine anderweitige Entscheidung über die Vergütung des von der Beklagten erstellten Gutachtens aus. Das ergibt sich auch aus seiner Begründung, wenn das Prozessgericht dort ausdrücklich ausführt, der Beklagten stehe für das Gutachten nur der festgesetzte Stundensatz von 80 € zu.
2. Dem Erlass eines Gebührenbescheides der Beklagten auf der Grundlage ihrer Gebührenordnung steht ferner der Umstand entgegen, dass die Beklagte vom Kammergericht zu Sachverständigenleistungen herangezogen worden ist. Das hat zur Folge, dass die Festsetzung ihrer Vergütung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG ausschließlich durch einen gerichtlichen Beschluss erfolgt (a). Aus § 14 Abs. 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes - RVG - vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 788, mit späteren Änderungen) ergibt sich nichts anderes (b).
a) Das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz gilt nach § 1 Abs. 2 JVEG auch, wenn Behörden oder sonstige öffentliche Stellen wie die Beklagte von einer Stelle nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG, zu denen das Kammergericht gehört, zu Sachverständigenleistungen herangezogen werden. Maßgeblich ist insofern allein der formale Akt der Heranziehung; darauf, ob die Leistungen, zu denen der von der Heranziehung Betroffene verpflichtet wird, auch der Sache nach Sachverständigenleistungen sind, kommt es nicht an.
Ziel des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718), als dessen Artikel 2 das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz verkündet wurde, war es, den Umfang des Kostenrechts zu reduzieren, dessen Regelungen zu vereinheitlichen und sie damit zu vereinfachen (vgl. BT-Drs. 15/1971, S. 139). Außerdem sollte den Personen, die zu Hilfsdiensten für die Justiz herangezogen werden, ein angemessener Ausgleich für die Belastungen verschafft werden, die sie durch die Erbringung dieser Dienste erleiden. Mit diesen Zielen wäre es nicht vereinbar, wenn die Anwendbarkeit des Gesetzes davon abhinge, ob die Heranziehung der Hilfsperson der Sache nach zulässig war. Dies würde nicht nur zusätzlichen Verwaltungsaufwand bei der Abrechnung von Prozessen auslösen und zusätzliches Streitpotential schaffen, sondern die Herangezogenen auch in unangemessener Weise mit dem Vergütungsrisiko für ihre Tätigkeit belasten. Mit der Heranziehung wird der Adressat regelmäßig öffentlich-rechtlich verpflichtet, die von ihm geforderten Hilfsdienste zu erbringen. Verweigert er sich, muss er, wie die Beklagte im vorliegenden Verfahren, mit Ordnungsmitteln rechnen. Es widerspräche dem dargestellten Zweck des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes, demjenigen, der freiwillig oder pflichtig die geforderten Hilfsdienste erbringt, anschließend die Vergütung mit der Begründung zu verweigern, die Voraussetzungen für die Heranziehung hätten nicht vorgelegen.
Hat aber das Prozessgericht eine Person oder eine öffentliche Stelle, wie hier, formal als Sachverständigen herangezogen, so wird eine Vergütung oder Entschädigung gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 JVEG nur nach diesem Gesetz gewährt, und das Gericht ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG ausschließlich zuständig, die Vergütung festzusetzen.
b) Aus § 14 Abs. 2 RVG, der auf §§ 88, 93 der Gebührenordnung für Rechtsanwälte vom 7. Juli 1879 (RGBl. I S. 176) zurückgeht, ergibt sich nichts anderes. Die Regelung sieht vor, dass in Streitigkeiten zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten über die angemessene Festsetzung einer Rahmengebühr ein Gutachten des Vorstands der Rechtsanwaltskammer einzuholen ist, soweit die Höhe der Gebühr streitig ist; das Gutachten ist kostenlos zu erstatten. Diese Vorschrift ist auf Gebührenstreitigkeiten zwischen Steuerberatern und ihren Mandanten weder unmittelbar noch analog anwendbar. Sie stellt eine Sondervorschrift dar, derzufolge der Vorstand der Rechtsanwaltskammer im Gebührenstreit eines ihrer Mitglieder eine besondere Äußerungsbefugnis erhält, die unabhängig davon besteht, ob das Prozessgericht ein Sachverständigengutachten zur Frage der angemessenen Gebührenhöhe einholen will und wen es hierzu heranziehen möchte. Das lässt sich auf die gerichtliche Heranziehung einer Steuerberaterkammer zu einem Gebührengutachten nicht erstrecken.
3. Im Übrigen hat die Beklagte, wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, der Sache nach Sachverständigenleistungen im Sinne des § 1 Abs. 2 JVEG erbracht. Namentlich beschränken sich solche Sachverständigenleistungen nicht auf die Beurteilung von Tatsachen.
Auf die Regelungen der §§ 402 ff. ZPO kommt es insofern nicht an. Das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz bestimmt seinen unmittelbaren Anwendungsbereich eigenständig. Verweisungen in anderen Gesetzen auf seinen Regelungsbereich bedarf es daher nur dort, wo das Gesetz nicht aus sich selbst heraus anwendbar ist (vgl. Schneider, JVEG, Stand 2007, § 1 Rn. 3 f.; Zimmermann, JVEG, Stand 2005, § 1 Rn. 1 f., Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Aufl. 2011, § 1 Rn. 1.16; Schneider/Volpert/Fölsch, Gesamtes Kostenrecht, 2014, § 1 JVEG Rn. 1 ff.). Für die Vergütung von Sachverständigen, die von einem Gericht zu Beweiszwecken herangezogen werden, gilt das Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz jedoch unmittelbar. § 413 ZPO ist daher lediglich deklaratorisch.
Sachverständigenleistungen im Sinne des § 1 Abs. 2 JVEG erbringt für ein Gericht, wer diesem die Sachkunde vermittelt, die es nicht hat und auch nicht haben muss (h.M., vgl. Musielak/Voit, ZPO, 14. Aufl. 2017, Rn. 1 ff.). Sachkenntnis muss der Richter, wie sich aus § 293 ZPO ergibt, lediglich hinsichtlich des inländischen Rechts haben (h.M., vgl. z.B. Prütting, in: MüKo ZPO, 5. Aufl. 2016, § 293 Rn. 2 bis 10). Der Begriff der Sachverständigenleistung ist mithin nicht positiv etwa durch einen Bezug auf Tatsachen, sondern negativ dadurch definiert, dass sie nicht das inländische Recht zum Gegenstand haben darf (vgl. OLG Karlsruhe, Beschluss vom 22. Mai 1990 - 2 WF 28/90 - FamRZ 1990, 1367 und OLG Koblenz, Beschluss vom 24. September 1997 - 13 WF 810/97 - FamRZ 1998, 756, III/1). Damit ist das Tätigkeitsfeld eines Sachverständigen denkbar weit; nicht zuletzt deswegen wird er als neutraler Richtergehilfe oder Richterberater charakterisiert, dessen Aufgabe es ist, Fachwissen an den Tatrichter weiterzugeben (vgl. BGH, Urteile vom 18. März 1993 - IX ZR 198/92 - NJW 1993, 1796 und vom 3. März 1998 - X ZR 106/96 - NJW 1998, 3555 <3556>). Anders als die Beklagte meint, beschränkt sich seine Aufgabe nicht auf die Beurteilung von Tatsachen oder Kausalverläufen, sondern kann auch normative Bewertungen betreffen, seien dies rechtliche Bewertungen nach ausländischem Recht, seien es Bewertungen anhand außerrechtlicher Konventionen und Normsysteme.
Gemessen hieran stellt sich der der Beklagten vom Kammergericht erteilte Auftrag als Auftrag zur Erbringung von Sachverständigenleistungen nach § 1 Abs. 2 JVEG dar. Nach dem Hinweis- und Beweisbeschluss vom 27. März 2012 war es Aufgabe der Beklagten zu prüfen, inwieweit Honorarforderungen eines Steuerberaters nach den Regelungen der Steuerberatergebührenverordnung - StBGebV - (seit 22. Dezember 2012: Steuerberatervergütungsverordnung) berechtigt waren. Grundlage der Honorarforderung war § 11 StBGebV, demzufolge der Steuerberater seine Gebühr nach Ermessen innerhalb eines vorgegebenen Rahmens selbst festzusetzen hat. Die Beklagte hatte mithin anhand der in der Vorschrift genannten Gesichtspunkte (u.a. Bedeutung der Angelegenheit, Umfang und Schwierigkeit der Tätigkeit) zu beurteilen, ob der Steuerberater sein Ermessen beanstandungsfrei ausgeübt hatte, und dem Kammergericht die notwendige Sachkunde zu verschaffen, um gegebenenfalls entscheiden zu können, welche Gebühr angemessen gewesen wäre (vgl. dazu Rieble, in: Staudinger, BGB, § 315 Rn. 482 ff., 505 ff.). Die genannten Kriterien des Umfangs und der Schwierigkeit der Sache sowie ihrer Bedeutung setzen berufsspezifisches Erfahrungswissen voraus, über das der Richter nicht verfügen muss und zumeist auch nicht verfügt.
Hiergegen lässt sich nicht einwenden, dass die zivilgerichtliche Rechtsprechung die Gebührengutachten der Rechtsanwaltskammern nach § 14 Abs. 2 RVG nicht als Sachverständigengutachten im Sinne der §§ 402 ff. ZPO einstuft (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 11. Dezember 2003 - IX ZR 109/00 - NJW 2004, 1043 <1046>; OLG Celle, Beschluss vom 23. Oktober 1972 - 7 U 4/71 - MDR 1973, 147; OLG München, Beschluss vom 16. Dezember 1974 - 11 W 1467/74 - NJW 1975, 884; OLG Hamm, Beschluss vom 5. Februar 1985 - 23 W 525/84 - JurBüro 1985, 1188 und OLG München, Beschluss vom 4. Juli 1989 - 11 W 1643/89 - MDR 1989, 922). Zum einen legt diese Rechtsprechung teilweise die heute überholte Rechtsansicht zugrunde, dass die Gebührenberechnung durch den Rechtsanwalt gebundener Gesetzesvollzug ohne gerichtlich nur beschränkt nachprüfbares anwaltliches Gebührenermessen sei (vgl. BT-Drs. 2/2545, S. 233 f.). Zum anderen stellt sie maßgeblich darauf ab, dass das Gericht das Gutachten zwingend einholen müsse und es darüber hinaus kein Wahlrecht hinsichtlich des Gutachters habe. Beide Gesichtspunkte treffen auf das hier zu beurteilende Gutachten der Beklagten nicht zu.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.