Entscheidungsdatum: 18.07.2017
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 23. Juni 2015 - 10 Sa 59/14 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Parteien streiten über einen Nachteilsausgleich sowie über Schadensersatz.
Die vormals unter der Bezeichnung w S GmbH firmierende Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2. bis 6. sind, erbrachte am Standort S mit ca. 150 Arbeitnehmern sog. Callcenter-Dienstleistungen. Die Klägerin war bei ihr seit dem 21. August 2006 als Teamleiterin zu einem durchschnittlichen monatlichen Bruttoeinkommen iHv. zuletzt 1.879,18 Euro beschäftigt.
Die Beklagte zu 1. ist 100 %ige Tochtergesellschaft der w GmbH, deren Geschäftsanteile wiederum in alleinigem Eigentum der w Holding GmbH stehen. Neben der Beklagten zu 1., in deren Betrieb ein Betriebsrat gewählt war, gehören weitere rechtlich eigenständige Standortgesellschaften zur sog. w Gruppe. Es ist ein Konzernbetriebsrat errichtet.
Einzige Auftraggeberin der Beklagten zu 1. war die w GmbH, für welche sie Aufträge der (von den Parteien so bezeichneten) Firmen „S“ und „D“ sowie „P“ bearbeitete, wobei letzterer Auftrag im Juni 2013 an eine andere Standortgesellschaft verlagert worden war. Am 24. Juli 2013 beantragte die Beklagte zu 1. zeitgleich mit der w GmbH, der w Holding GmbH und anderen Standortgesellschaften die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unter Anordnung der Eigenverwaltung. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2013 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet, Eigenverwaltung nach § 270 Abs. 1 InsO angeordnet und ein Sachwalter bestellt. Dieser zeigte dem Insolvenzgericht am 2. Oktober 2013 Masseunzulänglichkeit an. Etwa zeitgleich wurden Insolvenzverfahren über die Vermögen der w GmbH, der w Holding GmbH und diverser Standortgesellschaften eröffnet, welche am 31. Dezember 2013 wieder aufgehoben wurden.
Mitte September 2013 wurden die Belegschaft und der Betriebsrat darüber informiert, dass das Callcenter in S zum 31. Oktober 2013 geschlossen werde. Am 2. Oktober 2013 stellte die Eigenverwaltung zunächst 45 Arbeitnehmer - entgegen ursprünglich unwiderruflich beabsichtigter Freistellungen - widerruflich von der Arbeitspflicht frei. Die Freistellungen wurden sukzessive auf andere Arbeitnehmer ausgeweitet und - jeweils widerruflich - verlängert. In einem Schreiben vom 19. November 2013 teilte die w GmbH als Mieterin der von der Beklagten zu 1. genutzten Räume der Vermieterin, der G GbR, ua. mit, sie „halte an der am 27.09.2013 ausgesprochenen Kündigung des Mietverhältnisses zum 31.12.2013 fest“. In einer von der Klägerin herangezogenen E-Mail eines Mitarbeiters der w GmbH vom 7. November 2013 mit dem Betreff „Status Abbau S“ ist verlautbart, der Betrieb sei zum 31. Oktober 2013 eingestellt. Man habe keinen „IT-Mitarbeiter mehr vor Ort“, am Vortag habe man „mit dem Abbau der IT-Infrastruktur des Standortes“ begonnen. Nach unwidersprochen gebliebener Angabe der Beklagten zu 1. stand der Server bis zum 14. Februar 2014 in S und war in Betrieb.
In einem von der Beklagten zu 1. im Oktober 2013 eingeleiteten arbeitsgerichtlichen Verfahren einigten sich die Betriebsparteien auf die Einsetzung einer Einigungsstelle, welche am 17. Dezember 2013 das Scheitern des Versuchs eines Interessenausgleichs feststellte. Am 2. Januar 2014 kündigte die Beklagte zu 1. die Arbeitsverhältnisse mit allen verbliebenen Mitarbeitern, darunter das der Klägerin zum 31. März 2014. Am 3. März 2014 zeigte der Sachwalter der Beklagten zu 1. dem Insolvenzgericht „rein vorsorglich“ die - unter dem 18. März 2014 bekannt gemachte - „erneute drohende Masseunzulänglichkeit“ an.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin, soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung, von der Beklagten zu 1. einen Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 BetrVG verlangt, dessen Höhe sie zunächst ins Ermessen des Gerichts gestellt und im Berufungsverfahren mit einem nicht zu unterschreitenden Betrag beziffert hat. Gegen die Beklagten zu 2. bis 6. hat sie Schadensersatz geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, wegen eines konzernweiten Sanierungskonzepts seien die Verhandlungen zu einem Interessenausgleich mit dem Konzernbetriebsrat zu führen gewesen. Auch habe die Beklagte zu 1. mit der Betriebsstilllegung begonnen, ohne zuvor den Versuch eines Interessenausgleichs unternommen zu haben. Die Beklagten zu 2. bis 6. hätten als geschäftsführende Organe der eigenverwaltenden Beklagten zu 1. aus insolvenz-, schuld- und deliktsrechtlichen Gründen persönlich für den Nachteilsausgleich als entstandenen Schaden einzustehen.
Die Klägerin hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - beantragt,
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1. |
die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an sie für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 22.550,16 Euro nicht unterschreiten sollte; |
2. |
hilfsweise festzustellen, dass ihr gegen die Insolvenzmasse ein Abfindungsanspruch für den Verlust des Arbeitsplatzes zusteht, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 22.550,16 Euro nicht unterschreiten sollte; |
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3. |
die Beklagten zu 2. bis 6. zu verurteilen, als Gesamtschuldner neben der Beklagten zu 1. an sie Schadensersatz zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, aber 22.550,16 Euro nicht unterschreiten sollte; |
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4. |
hilfsweise die Beklagten zu 2. bis 6. zu verurteilen, als Gesamtschuldner neben der Beklagten zu 1. an sie Schadensersatz in Höhe des Betrags zu zahlen, der dem nach Antrag Ziff. 1 zu zahlenden oder nach Antrag Ziff. 2 festgestellten Betrag entspricht; |
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5. |
die Beklagten zu 1. bis 6. als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus den in Ziff. 1 bis 4 ausgeurteilten Beträgen seit Rechtshängigkeit zu zahlen. |
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt. Die Beklagte zu 1. hat ua. die Auffassung vertreten, die gegen sie erhobene Leistungsklage sei nach Anzeige der Neumasseunzulänglichkeit unzulässig. Ungeachtet dessen seien die Voraussetzungen für einen Nachteilsausgleichsanspruch nicht erfüllt. Die Beklagten zu 2. bis 6. haben einen Schadensersatzanspruch in Abrede gestellt.
Das Arbeitsgericht hat der Zahlungsklage gegen die Beklagte zu 1. stattgegeben und auf einen Nachteilsausgleich iHv. 7.125,22 Euro erkannt; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten zu 1. den Leistungsantrag zu 1. als unzulässig abgewiesen. Die gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagten zu 2. bis 6. gerichtete Berufung der Klägerin, mit der diese - neben der Angabe eines den arbeitsgerichtlich ausgeurteilten Betrag übersteigenden Mindestbetrags und einer erstmalig begehrten Verzinsung des erstrebten Nachteilsausgleichs - die Abfindung hilfsweise im Wege eines gegen die Insolvenzmasse festzustellenden Anspruchs verfolgt hat, hat es zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin die im Berufungsrechtszug gestellten Anträge weiter. Die Beklagten beantragen die Zurückweisung der Revision.
Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig, als sie sich gegen die Abweisung des gegen die Beklagte zu 1. gerichteten Zahlungsantrags wendet. Im Übrigen ist sie unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass der Klägerin kein Nachteilsausgleich gegen die Beklagte zu 1. zusteht, für den die Beklagten zu 2. bis 6. Schadensersatz schuldeten.
A. Die gegen die Abweisung des Klageantrags zu 1. gerichtete Revision ist unzulässig, weil sie nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Form begründet worden ist.
I. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision gehört gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Angabe der Revisionsgründe. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergeben soll, § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO. Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts dabei in einer Weise aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind (vgl. BAG 24. Januar 2017 - 1 AZR 774/14 - Rn. 10). Bei Verfahrensrügen müssen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO die Tatsachen bezeichnet werden, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützen will. Dazu muss auch die Kausalität zwischen Verfahrensmangel und Ergebnis des Berufungsurteils dargelegt werden (vgl. BAG 20. April 2016 - 10 AZR 111/15 - Rn. 14, BAGE 155, 44). Nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist können materiell-rechtliche Rügen nachgeschoben werden. Das setzt aber voraus, dass in der fristgerechten Revisionsbegründung zumindest eine ordnungsgemäße Sach- oder Verfahrensrüge erhoben war (BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 1 der Gründe, BAGE 109, 145). Das Nachschieben einer Verfahrensrüge oder ihrer Begründung ist nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist ausgeschlossen (BGH 22. Mai 2014 - IX ZR 95/13 - Rn. 34 mwN).
Hat das Berufungsgericht über mehrere Streitgegenstände mit jeweils eigenständiger Begründung entschieden, muss die Revision für jeden Streitgegenstand begründet werden. Eine solche ist nur entbehrlich, wenn mit der Begründung der Revision über den einen Streitgegenstand zugleich dargelegt ist, dass die Entscheidung über den anderen unrichtig ist. Diese Grundsätze gelten auch, wenn das Berufungsgericht über einen Haupt- und einen (echten) Hilfsantrag entschieden hat (vgl. BAG 25. Mai 2016 - 2 AZR 345/15 - Rn. 17 mwN, BAGE 155, 181).
II. Diesen Erfordernissen wird die Revisionsbegründung vom 26. November 2015 im Hinblick auf den gegen die Beklagte zu 1. gerichteten Antrag zu 1., mit dem die Klägerin eine nicht dem Vollstreckungsverbot des § 210 InsO unterliegende Nachteilsausgleichszahlung als eigenständigen Streitgegenstand verfolgt, nicht gerecht.
1. Das Landesarbeitsgericht hat den Zahlungsantrag als unzulässig angesehen, weil er sich zwar auf eine grundsätzlich mit einer Leistungsklage zu verfolgende Neumasseverbindlichkeit iSd. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO richte, die Beklagte zu 1. aber im Prozess eine erneute Masseunzulänglichkeit eingewandt habe. Diese stehe unter Berücksichtigung der Beweiserleichterungen des § 287 Abs. 2 ZPO auch fest und habe zur Folge, dass die Klägerin die Neumasseverbindlichkeit nur noch im Wege einer Feststellungsklage verfolgen könne.
2. Hiergegen wendet die Revision ein, das Landesarbeitsgericht habe zum einen gegen § 287 Abs. 2 ZPO verstoßen, weil dessen Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten, und zum anderen zu Unrecht eine Beweisaufnahme hinsichtlich der herangezogenen Schätzgrundlage unterlassen. Diesen Ausführungen ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob die Revision eine Sach- oder Verfahrensrüge anbringen will. Für die Zulässigkeit einer Sachrüge fehlt es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den Ausführungen im angefochtenen Urteil. Für die Zulässigkeit einer Verfahrensrüge ist nicht im Einzelnen dargetan, welches wesentliche und entscheidungserhebliche Vorbringen das Landesarbeitsgericht bei seiner Entscheidung übergangen haben soll. Weiter ist nicht dargelegt, zu welchem Beweisthema eine an sich gebotene Beweisaufnahme rechtsfehlerhaft unterlassen worden sein soll und welches Ergebnis diese voraussichtlich gehabt hätte (vgl. zu den Anforderungen BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 3 d aa der Gründe, BAGE 109, 145).
3. Auf den weiteren Einwand, das Berufungsgericht habe gegen die Präklusionsregelungen des § 67 Abs. 2 und Abs. 4 ArbGG verstoßen, indem es bei seiner Annahme einer feststehenden erneuten Masseunzulänglichkeit eine von der Beklagten zu 1. erst im Berufungsverfahren vorgelegte Aufstellung der Neumasseverbindlichkeiten und ihnen gegenüberstehende Forderungen herangezogen habe, vermag sich die Revision von vornherein nicht zu stützen. Eine fehlerhafte Berücksichtigung von neuem Tatsachenvortrag, der bei richtigem Vorgehen des Berufungsgerichts als verspätet hätte zurückgewiesen werden müssen, kann mit der Revision nicht geltend gemacht werden. Denn Beschleunigungswirkungen, welche die Verfahrensvorschriften des § 67 Abs. 2 und Abs. 4 ArbGG sichern sollen, können ersichtlich nicht mehr eintreten, nachdem das Berufungsgericht dem Vorbringen nachgegangen ist (vgl. GMP/ Germelmann 8. Aufl. § 67 Rn. 34).
4. Die weitergehenden Ausführungen in der Revisionsbegründung, es könne nicht auf die bloße erneute Anzeige der Masseunzulänglichkeit gegenüber dem Insolvenzgericht ankommen, stellen schon deshalb keine Auseinandersetzung mit den tragenden Erwägungen zur Abweisung des Antrags zu 1. durch das Landesarbeitsgericht dar, weil dieses - was auch die Revision erkennt - hierauf nicht abgehoben hat.
5. Der Schriftsatz der Revision vom 13. Juni 2017 ist für die Zulässigkeit der Revision unbeachtlich, weil vor dessen Eingang bei Gericht die verlängerte Revisionsbegründungsfrist des § 74 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 ArbGG abgelaufen war.
B. Die gegen die Abweisung der weiteren Anträge gerichtete Revision ist zulässig, aber unbegründet.
I. Die Revision ist insoweit zulässig. Sie greift - anders als die Beklagte zu 1. meint - mit der in ihrer Begründung vom 26. November 2015 ausgeführten materiell-rechtlichen Rüge einer fehlerhaften Anwendung von § 113 Abs. 3 BetrVG die Abweisung des Antrags zu 2. hinreichend an. Dass sie dabei teilweise auch auf die Argumentation in den Instanzen verweist, ändert nichts an einer ausreichenden Auseinandersetzung mit den die Antragsabweisung tragenden Erwägungen des Landesarbeitsgerichts. Zur Abweisung des Antrags zu 3. sowie zu den Anträgen zu 4. und 5. musste sich die Revisionsbegründung nicht vertieft verhalten. Insofern kann von ihr kein höherer Begründungsaufwand gefordert werden als das angefochtene Urteil zur Abweisung der entsprechenden Anträge ausgeführt hat.
II. In der Sache hat die Revision keinen Erfolg.
1. Sie ist zunächst hinsichtlich des zur Entscheidung anfallenden Feststellungsantrags zu 2. unbegründet.
a) Das folgt allerdings nicht bereits daraus, dass die mit ihrem Zahlungsbegehren erstinstanzlich obsiegende Klägerin den Antrag erstmals in der Berufungsinstanz angebracht hat. Insoweit war die vom Senat als Prozessfortsetzungsvoraussetzung von Amts wegen zu prüfende Zulässigkeit der Berufung gegeben. Ein Rechtsmittelbeklagter kann sein ursprüngliches Leistungsbegehren auf eine Feststellungsklage beschränken, wenn sich dadurch - wie hier - an dem Tatsachenstoff nichts ändert und lediglich eine eingeschränkte Rechtsfolge erstrebt wird (vgl. BAG 22. November 2005 - 1 AZR 458/04 - Rn. 17; 5. Dezember 1969 - 3 AZR 514/68 - zu A 1 der Gründe, BAGE 22, 215). Die Berufung war auch nicht deshalb unzulässig, weil die Klägerin mit ihr einen höheren als den vom Arbeitsgericht - im Wege der Zahlungsverpflichtung - ausgeurteilten Betrag geltend gemacht hat. Die Klägerin hatte bereits erstinstanzlich schriftsätzlich auf einen höheren als den titulierten Betrag abgehoben, so dass sie insofern beschwert war. Auch kann eine mangels Beschwer unzulässige Berufung bei Berufungseinlegung durch die Gegenseite grundsätzlich als Anschließung verstanden werden, für die es keiner Beschwer bedarf.
b) Das Feststellungsbegehren ist auch sonst zulässig. Insbesondere steht ihm der Vorrang der Leistungsklage nicht entgegen. Das folgt schon daraus, dass der Antrag zu 1. wegen der hiergegen gerichteten unzulässigen Revision rechtskräftig als unzulässig abgewiesen ist. Im Übrigen macht die Klägerin zwar einen auf § 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 BetrVG gestützten, nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründeten Anspruch auf Nachteilsausgleich als sog. Neumasseverbindlichkeit geltend, der regelmäßig im Wege einer Leistungsklage verfolgt werden kann (vgl. BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 25/05 - Rn. 9, BAGE 118, 222). Im Hinblick auf den von der Beklagten zu 1. erhobenen Einwand, die Insolvenzmasse reiche nicht zur vollständigen Tilgung der Neumasseverbindlichkeiten aus, hat sie ihren Rechtsschutz aber zutreffend (hilfsweise) auf eine Feststellungsklage beschränkt. Das trägt der Rechtsprechung Rechnung, wonach die Neumasseunzulänglichkeit zu Einschränkungen bei der Durchsetzbarkeit von Forderungen führt. Die Leistungsklage eines Neumassegläubigers ist mangels Rechtschutzbedürfnisses unzulässig, wenn er aus der freien Masse nicht befriedigt werden kann, ohne dass daneben die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt sind (BGH 9. Februar 2012 - IX ZR 75/11 - Rn. 12, BGHZ 192, 322), oder die zu erwirtschaftende Insolvenzmasse nicht ausreicht, um alle Neumassegläubiger voll zu befriedigen (BGH 4. Dezember 2003 - IX ZR 222/02 - zu B II 3 der Gründe). In diesen Fällen ist das Bestehen der Forderung des Neumassegläubigers, jedenfalls wenn eine auf sie entfallende Quote noch nicht feststeht, gerichtlich nur noch festzustellen (zuletzt BAG 23. März 2017 - 6 AZR 264/16 - Rn. 13 mwN).
c) Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist der Klageantrag zu 2. unbegründet. Die Klägerin hat keinen gegen die Insolvenzmasse festzustellenden Anspruch auf Nachteilsausgleich nach § 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 BetrVG.
aa) Nach § 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 BetrVG kann ein Arbeitnehmer vom Unternehmer die Zahlung einer Abfindung verlangen, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung nach § 111 BetrVG durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden. Ausgelöst werden die betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten des Arbeitgebers nach § 111 BetrVG durch konkrete Planungen über eine Betriebsänderung. Daher setzen die Verhandlungen über einen Interessenausgleich eine hinreichend bestimmte, in Einzelheiten bereits absehbare Maßnahme voraus, deren Durchführung der Arbeitgeber anstrebt. Dazu müssen Art und Umfang der Betriebsänderung bekannt sein (BAG 20. November 2001 - 1 AZR 97/01 - zu I 1 b der Gründe mwN, BAGE 99, 377). Deren Gestaltung soll der zuständige Betriebsrat gezielt beeinflussen können. Hierfür sieht § 111 BetrVG iVm. § 112 BetrVG ein gestuftes Verfahren vor. Es beginnt mit der Information des Betriebsrats über die geplante Betriebsänderung und setzt sich fort mit den Beratungen der Betriebsparteien über deren Einzelheiten und deren Durchführung. Es endet nach § 112 Abs. 2 Satz 2 BetrVG mit der Anrufung der Einigungsstelle, falls die Betriebsparteien keine Einigung über den Interessenausgleich erzielen können (BAG 20. November 2001 - 1 AZR 97/01 - zu I 1 a der Gründe mwN, aaO).
bb) Die Voraussetzungen des § 113 Abs. 3 iVm Abs. 1 BetrVG sind vorliegend nicht erfüllt. Zwar hat die zu 1. beklagte Arbeitgeberin ihren Betrieb mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern stillgelegt und damit eine Betriebsänderung iSd. § 111 Satz 1 und Satz 3 Nr. 1 BetrVG durchgeführt. Auch ist die Klägerin infolge der Stilllegung entlassen worden. Hingegen hat die Beklagte zu 1. vor der Durchführung einer Betriebsänderung einen Interessenausgleich iSd. § 113 Abs. 3 iVm. Abs. 1 BetrVG versucht.
(1) Eine Verletzung der betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten des § 111 Satz 1 BetrVG liegt nicht darin, dass die Beklagte zu 1. den Versuch eines Interessenausgleichs mit dem örtlichen Betriebsrat unternommen hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin war dieser und nicht der Konzernbetriebsrat für die nach § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu verhandelnde Vereinbarung über einen Interessenausgleich zuständig.
(a) Nach der Kompetenzzuweisung des Betriebsverfassungsgesetzes ist für die Wahrnehmung von Mitbestimmungsrechten in erster Linie der von den Arbeitnehmern unmittelbar durch Wahl legitimierte Betriebsrat zuständig. Diese Aufgabe weist § 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dem Konzernbetriebsrat nur für den Fall zu, dass die zu regelnde Angelegenheit nicht auf das einzelne Unternehmen beschränkt ist und deshalb die Interessen der Arbeitnehmer nicht mehr auf der Ebene des Unternehmens gewahrt werden können (BAG 13. Dezember 2016 - 1 AZR 148/15 - Rn. 25).
(b) Ob eine originäre Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats im Zusammenhang mit Betriebsänderungen nach § 111 BetrVG in Form einer Betriebsschließung und den damit verknüpften Beteiligungsrechten überhaupt eröffnet sein kann, muss nicht entschieden werden (offenlassend auch BAG 11. Dezember 2001 - 1 AZR 193/01 - zu II 1 d der Gründe, BAGE 100, 60). Denn bereits der Sachvortrag der Klägerin zu einer Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats trägt die von ihr erstrebte Rechtsfolge nicht.
(aa) Sollte die Klägerin in dem von ihr behaupteten konzernweiten Sanierungskonzept den Beginn einer irreversiblen Durchführung einer Betriebsänderung sehen, wäre die Begründung eines Nachteilsausgleichs als Neumasseverbindlichkeit schon nicht schlüssig vorgetragen. Nach ihrem eigenen Vorbringen handelte es sich hierbei um ein betriebsverfassungswidriges Verhalten vor der Insolvenzeröffnung. Ein solches bedingte die insolvenzrechtliche Einordnung des Nachteilsausgleichs als Insolvenzforderung. Ein solcher Anspruch könnte nicht Gegenstand des Feststellungsantrags zu 2. sein.
(bb) Auch das bloße Berufen auf ein Sanierungskonzept ist nicht zur Begründung eines Nachteilsausgleichs iSv. § 113 Abs. 3 BetrVG geeignet. Ein solches vermag lediglich Art und Inhalt geplanter Betriebsänderungen zu bestimmen und damit den Gegenstand für die von den zuständigen Betriebsparteien zu führenden Verhandlungen vorgeben. Das Beteiligungsrecht des Betriebsrats knüpft nach § 111 BetrVG an geplante Betriebsänderungen an und nicht bereits an die Erstellung des Plans. Bis zur konkreten Umsetzung einer Planung sind die hierfür Verantwortlichen regelmäßig weder aus Rechtsgründen noch faktisch gehindert, den sich aus den Verhandlungen über den Interessenausgleich ergebenden Alternativen nachzugehen (vgl. BAG 20. November 2001 - 1 AZR 97/01 - zu I 1 c der Gründe mwN, BAGE 99, 377).
(cc) Ginge man - mit der Klägerin - von einer Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats aus, hätte eine Verhandlungspflicht für einen konzernweiten Interessenausgleich auch nicht die auf Nachteilsausgleich in Anspruch genommene zu 1. beklagte Arbeitgeberin, sondern die Konzernspitze betroffen, bei der ein Konzernbetriebsrat errichtet ist. Diese und nicht ein einzelnes Konzernunternehmen ist nach dem Betriebsverfassungsgesetz Verhandlungspartner des Konzernbetriebsrats und hätte für eigenes betriebsverfassungswidriges Verhalten einzustehen (Wißmann FS 25 Jahre ARGE Arbeitsrecht im DAV S. 1037, 1046 f.).
(dd) Hingegen ist für eine - wie hier - vorliegende ausschließlich betriebsbezogene Betriebsänderung der örtliche Betriebsrat zuständig; für eine betriebsübergreifende der Gesamtbetriebsrat. Deren Partner zur Verhandlung eines Interessenausgleichs ist jeweils das Unternehmen, das zugleich Betriebsarbeitgeber ist und das die konkrete Betriebsänderung letztlich durchführt und nur für eigenes betriebsverfassungswidriges Verhalten zu haften hat (Fitting 28. Aufl. § 58 Rn. 15 mwN). Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kommt es daher nicht darauf an, ob eine Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats für Interessenausgleichsverhandlungen spätestens mit Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen der Beklagten zu 1. unter Anordnung der Eigenverwaltung geendet hätte.
(2) Im Übrigen ist das Landesarbeitsgericht frei von Rechtsfehlern davon ausgegangen, dass die zu 1. beklagte Arbeitgeberin vor dem am 17. Dezember 2013 durch die Einigungsstelle als gescheitert festgestellten Versuch eines Interessenausgleichs keine irreversiblen Maßnahmen zur Durchführung der Betriebsänderung ergriffen hat.
(a) Eine Betriebsänderung in Form der Stilllegung besteht in der Aufgabe des Betriebszwecks unter gleichzeitiger Auflösung der Betriebsorganisation für unbestimmte, nicht nur vorübergehende Zeit. Ihre Umsetzung erfolgt, sobald der Unternehmer unumkehrbare Maßnahmen zur Auflösung der betrieblichen Organisation ergreift und damit vollendete Tatsachen schafft. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er die bestehenden Arbeitsverhältnisse zum Zwecke der Betriebsstilllegung kündigt (BAG 14. April 2015 - 1 AZR 794/13 - Rn. 22 mwN).
(b) Von unumkehrbaren Maßnahmen zur Betriebsauflösung ist vor dem Ausspruch der Kündigungen der Arbeitsverhältnisse aller (noch verbliebenen) Arbeitnehmer am 2. Januar 2014 nicht auszugehen.
(aa) In der tatsächlichen Einstellung der betrieblichen Tätigkeit der Beklagten zu 1. liegt keine unumkehrbare Maßnahme. Sie war dem Fehlen von Aufträgen geschuldet. Insoweit hat sich die Klägerin zuletzt nicht mehr auf die Verlagerung des Auftrags der Firma P von der Beklagten zu 1. auf eine andere Standortgesellschaft berufen. Dieses vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegende Ereignis könnte eine streitbefangene Neumasseverbindlichkeit auch nicht begründen. Im Übrigen kann eine betriebliche Tätigkeit grundsätzlich wieder aufgenommen werden. Zwar verweist die Revision zutreffend darauf, dass dies ggf. dann anders zu sehen ist, wenn ein Arbeitgeber etwa durch die Veräußerung von Betriebsmitteln bereits mit der Auflösung der betrieblichen Organisation beginnt (vgl. BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 25/05 - Rn. 20, BAGE 118, 222). Hierfür gibt es aber vorliegend keine tragfähigen Anhaltspunkte. Soweit bereits nach (erster) Anzeige der Masseunzulänglichkeit und vor dem 17. Dezember 2013 damit begonnen worden war, Personalcomputer und andere Betriebsmittel abzubauen und aus den Betriebsräumen zu entfernen, betraf dies nach Vorbringen der Beklagten zu 1. zum größten Teil von der w GmbH geleaste Hardware, die aus insolvenzrechtlichen Gründen der Masseschonung an diese zurückzugeben war. Das hat die Klägerin nicht in Abrede gestellt, sondern - unter Bezugnahme auf eine E-Mail vom 7. November 2013 - auf den Abtransport von „neuen PCs und TFTs die im Leasing sind“ verwiesen. Vor diesem Hintergrund dürfte die Rückführung der geleasten Betriebsmittel an die gleichfalls insolvente w GmbH insolvenzrechtlich geboten, vor allem aber keine Maßnahme der Beklagten zu 1. gewesen sein. Ungeachtet dessen wird die betriebliche Organisation eines Callcenters weniger durch sächliche Betriebsmittel als durch dessen Mitarbeiter sowie deren Kenntnisse in der Kundenbetreuung geprägt (vgl. dazu auch BAG 25. Juni 2009 - 8 AZR 258/08 -). Mit dem „Abbau der IT-Infrastruktur“ wurde daher die betriebliche Organisation nicht irreversibel zerschlagen, zumal der für den Callcenter-Betrieb unerlässliche Server noch bis Februar 2014 vorgehalten war.
(bb) Aus der Kündigung des Mietvertrags über die der Beklagten zu 1. zur Nutzung überlassenen Räumlichkeiten folgt nichts Anderes. Diese vermag für sich gesehen die begehrte Neumasseverbindlichkeit schon deshalb nicht zu rechtfertigen, weil sie vor der ersten Masseunzulänglichkeitsanzeige (und sogar noch vor der Insolvenzeröffnung) ausgesprochen worden ist. Zudem ist nicht ersichtlich, inwiefern die angemieteten Räumlichkeiten - etwa aufgrund eines besonderen Raumzuschnitts - für den Fortbestand des Betriebs sowie die Möglichkeit der Weiterverfolgung des Betriebszwecks unerlässlich gewesen sein sollen. Schließlich handelt es sich nicht um eine Maßnahme der Beklagten zu 1., sondern der w GmbH. Für eine generelle (gegenseitige) Zurechnung von Maßnahmen konzernzugehöriger Unternehmen im Rahmen der §§ 111 ff. BetrVG fehlt es an einer rechtlichen Grundlage (vgl. BAG 14. April 2015 - 1 AZR 794/13 - Rn. 16).
(cc) Auch aus den Freistellungen der Arbeitnehmer lässt sich die von der Klägerin begehrte Rechtsfolge nicht herleiten. Sie sind widerruflich erfolgt, was regelmäßig keine Durchführung der Betriebsstilllegung darstellt (BAG 30. Mai 2006 - 1 AZR 25/05 - Rn. 21 mwN, BAGE 118, 222). Unbeachtlich ist, dass die Beklagte zu 1. ursprünglich unwiderrufliche Freistellungen beabsichtigte. Entscheidend sind die getroffenen Maßnahmen. Anders als die Klägerin meint, sind die Freistellungen nicht deshalb als faktisch unwiderruflich zu werten, weil sie unter Anrechnung nicht näher spezifizierten Resturlaubs erfolgten. Eine widerrufliche Freistellung führt nicht zur Erfüllung des Urlaubsanspruchs (vgl. BAG 19. Mai 2009 - 9 AZR 433/08 - Rn. 15 ff. mwN, BAGE 131, 30). Sie hat keine inhaltliche Änderung der Maßnahme zur Folge.
2. Die Revision ist des Weiteren unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung des gegen die Beklagten zu 2. bis 6. gerichteten Klageantrags zu 3. wendet. Ungeachtet der Schlüssigkeit des Sachvortrags der Klägerin zu einer Haftung der in Anspruch genommenen geschäftsführenden Organe der eigenverwaltenden Insolvenzschuldnerin fehlt es von vornherein an einem ihr entstandenen Schaden, weil sie keinen Nachteilsausgleich beanspruchen kann.
III. Die Anträge zu 4. und 5. fallen nicht zur Entscheidung an. Der ausdrücklich als Hilfsantrag angebrachte Antrag zu 4. steht ersichtlich unter der Bedingung, dass eine Schadensersatzverpflichtung der in Anspruch genommenen Beklagten zu 2. bis 6. dem Grunde nach besteht, allerdings nicht in der mit dem Antrag zu 3. erstrebten Höhe. Ungeachtet der Zulässigkeit eines solcherart verfassten rechtlichen Vorbehalts (vgl. BAG 21. November 2013 - 2 AZR 474/12 - Rn. 19, BAGE 146, 333) ist jedenfalls diese Bedingung nicht eingetreten. Gleiches gilt für den - sprachlich allerdings unbedingt verfassten - Antrag zu 5., der ein Obsiegen der Klägerin mit ihren Anträgen zu 1. oder 2. sowie zu 3. oder 4. voraussetzt.
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Schmidt |
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Zorn |
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