Entscheidungsdatum: 20.04.2016
Weist das Landesarbeitsgericht eine Klage als unzulässig ab und macht es hilfsweise Ausführungen zur Unbegründetheit der Klage, darf das Revisionsgericht auf die Begründetheit der Klage nur eingehen, wenn das Berufungsurteil einen Sachverhalt festgestellt hat, der für die rechtliche Beurteilung des Falls eine verwertbare tatsächliche Grundlage bietet, und bei Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht ein anderes Ergebnis nicht möglich erscheint. Diese Voraussetzung ist etwa erfüllt, wenn der Klagevortrag in jeder Richtung unschlüssig ist und auch durch weiteres Parteivorbringen nicht schlüssig gemacht werden kann.
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 26. September 2014 - 4 Sa 986/13 - aufgehoben, soweit es die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 14. November 2013 - 12 Ca 5629/12 - hinsichtlich des Klageantrags zu 1. zurückgewiesen hat.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Die Klägerin nimmt die Beklagten - soweit noch von Interesse - auf Schadensersatz wegen Wettbewerbsverstößen (Abwerbung) in Anspruch.
Die Klägerin ist ein Unternehmen der A GROUP (vormals F-Gruppe). Diese bietet in Form von Dienst- und Werkverträgen Engineering- und IT-Dienstleistungen an und betreibt in diesem Bereich auch Arbeitnehmerüberlassung. Sie beschäftigt rund 5.000 Arbeitnehmer. Auf der Grundlage des notariellen Aufspaltungs- und Übernahmevertrags vom 15. Februar 2011 wurde der Teilbetrieb „Automotive“ einer Konzerngesellschaft mit näher bezeichneten Gegenständen des Aktiv- und Passivvermögens sowie Rechtsverhältnissen im Wege der Aufspaltung zur Aufnahme auf die Klägerin übertragen. Die Eintragung der Aufspaltung in das Handelsregister erfolgte am 30. März 2011. Die Klägerin unterrichtete ua. die in einer Anlage zum Aufspaltungs- und Übernahmevertrag aufgeführten Arbeitnehmer darüber, dass auf ihren Betrieb der jeweils zwischen der F-Gruppe und der IG Metall geschlossene Mantel- und Entgelttarifvertrag Anwendung finde und die Arbeitnehmer wegen des erfolgten Betriebsübergangs innerhalb von zwei Wochen zur außerordentlichen fristlosen Kündigung ihrer Arbeitsverhältnisse berechtigt seien. Die Frist zur Ausübung dieses Sonderkündigungsrechts endete am 18. April 2011.
Der Beklagte zu 1. war bei der aufgespaltenen Konzerngesellschaft als Leiter des Standorts K beschäftigt, der Beklagte zu 2. als Teamleiter. Der Beklagte zu 1. kündigte sein Arbeitsverhältnis gegenüber der Klägerin fristlos am 11. April 2011, der Beklagte zu 2. am 14. April 2011. Bereits im März 2011 war der Beklagte zu 2. zum alleinigen Geschäftsführer der nicht zur A GROUP gehörenden E GmbH bestellt worden, die sich ebenfalls auf dem Gebiet der Arbeitnehmerüberlassung von Ingenieuren und Technikern betätigt. Der Beklagte zu 1. war dort seit Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Mitarbeiter und wurde im Mai 2011 ebenfalls zum einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt.
Am 12. April 2011 wurden mehrere bei der D AG eingesetzte Mitarbeiter während ihrer Arbeitszeit angesprochen und um Teilnahme an einem „Informationsgespräch“ mit dem Beklagten zu 1. in einem vor dem Gelände der D AG stehenden Wohnmobil gebeten. Der Beklagte zu 1. teilte fünf namentlich genannten Mitarbeitern jeweils in Einzelgesprächen mit, er habe gekündigt und wolle sie über neue Beschäftigungsmöglichkeiten informieren. Dabei wies er auf bestimmte, nach seiner Darstellung ungünstige Regelungen in dem bei der Klägerin fortan geltenden Mantel- und im Entgelttarifvertrag hin. Ferner übergab er den fünf Mitarbeitern jeweils ein vorbereitetes Kündigungsschreiben, einen Anstellungsvertrag mit der E GmbH und eine Erklärung über die Freistellung von etwaigen arbeitsrechtlichen Konsequenzen infolge ihrer Kündigung. Der genaue Inhalt der Gespräche sowie die Frage, wo und von wem diese fünf Arbeitnehmer angesprochen wurden, ist zwischen den Parteien ebenso streitig wie die Frage, ob und wie der Beklagte zu 1. andere Mitarbeiter der Klägerin angesprochen hat, bevor sie ihrerseits fristlos gekündigt haben. Der Beklagte zu 2. war bei keinem Gespräch anwesend. Insgesamt 65 Mitarbeiter, der Großteil davon als Leiharbeitnehmer oder auf werkvertraglicher Grundlage eingesetzt bei der D AG, machten nach dem 12. April 2011 von dem ihnen eingeräumten Sonderkündigungsrecht gegenüber der Klägerin Gebrauch.
Die Klägerin hat den Beklagten vorgeworfen, sie hätten diese 65 Mitarbeiter, bei denen es sich um ihre Arbeitnehmer gehandelt habe, aufgrund eines gemeinsamen und von langer Hand vorbereiteten Plans vorsätzlich und rechtswidrig abgeworben. Der Beklagte zu 1. habe die Mitarbeiter, die ihm als „Insider“ vertraut hätten, massiv unter Zeitdruck gesetzt und ua. durch verschiedene wettbewerbsrechtlich unzulässige Äußerungen zur Kündigung veranlasst. Hierdurch sei ihr erheblicher Schaden entstanden. Mit den „produktiven“ Arbeitnehmern habe sie zugleich die jeweils für sie vorgesehenen Arbeitsplätze im Entleiherbetrieb verloren, weil die abgeworbenen Arbeitnehmer dort nahtlos von der E GmbH eingesetzt worden seien.
Den ihr durch die Abwerbung von namentlich benannten „produktiven“ Mitarbeitern entstandenen Schaden hat die Klägerin zunächst für den Zeitraum 19. April 2011 bis 30. Juni 2012 ermittelt und auf 2.514.248,00 Euro geschätzt, wobei sie einen entgangenen Gewinn von durchschnittlich 3.154,64 Euro pro Mitarbeiter und Monat angesetzt und berücksichtigt hat, bis wann sie selbst jeden einzelnen Mitarbeiter voraussichtlich in dem jeweiligen Entleiherbetrieb hätte einsetzen können. Mit Schriftsatz vom 29. April 2013 hat sie den Gewinn, der ihr im Zeitraum 19. April 2011 bis 31. Dezember 2012 entgangen sei, auf insgesamt 3.409.307,84 Euro geschätzt und dazu erklärt, es solle, „soweit … sich … die Summe gegenüber der zunächst bezifferten Summe … erhöht, … zum jetzigen Zeitpunkt der Klageantrag gleichwohl nicht erhöht werden“. Für die Schadensberechnung hat sie - für jeden der in den Vorinstanzen benannten Mitarbeiter und für jeden einzelnen Monat gesondert - den Gewinn ermittelt, den sie als Verleiherin voraussichtlich erwirtschaftet hätte.
Die Klägerin hat - soweit noch von Interesse - beantragt,
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die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie 2.514.248,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. |
Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt und gemeint, es handele sich um eine unzulässige Teilklage. Der Klägerin fehle überdies die Aktivlegitimation, weil sie nicht dargelegt habe, dass sie Arbeitgeberin der angeblich rechtswidrig abgeworbenen Mitarbeiter geworden sei. Sie habe auch versäumt, ein rechtswidriges Verhalten der Beklagten in Bezug auf jeden einzelnen Arbeitnehmer darzulegen, für den sie Schadensersatz fordere.
Das Arbeitsgericht hat die Zahlungsklage als unbegründet abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat sie als unzulässig angesehen und die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt diese ihren Zahlungsantrag weiter. Die in den Vorinstanzen erhobenen Unterlassungsanträge haben die Parteien in der Revision nach Abgabe der begehrten Unterlassungserklärungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage in dem noch anhängigen Umfang zu Unrecht als unzulässig abgewiesen. Ob sie begründet ist, kann der Senat auf der Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht entscheiden. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
I. Die Klage ist zulässig. Das Landesarbeitsgericht hat verfahrensfehlerhaft angenommen, die Teilklage sei nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die auf eine Verletzung der richterlichen Hinweispflicht (§ 139 Abs. 3 ZPO) gestützte Verfahrensrüge der Klägerin ist begründet.
1. Das Landesarbeitsgericht hat unter Berücksichtigung des ihm vorgetragenen Sachverhalts im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, die Klägerin habe eine der Mitarbeiterzahl und Monatszahl entsprechende Vielzahl selbständiger prozessualer Ansprüche geltend gemacht (vgl. dazu BAG 17. Dezember 2015 - 8 AZR 54/14 - mwN). Sie hat ihre Schadensersatzforderung nicht auf die von ihr im Laufe des Verfahrens neu berechnete Gesamtsumme von 3.409.307,84 Euro erhöht, sondern den Prozess ausdrücklich mit dem ursprünglichen, in Höhe von 2.514.248,00 Euro bezifferten Klageantrag fortgesetzt. Die so geführte Teilklage war unzulässig, weil den Darlegungen der Klägerin nicht zu entnehmen war, wie sich der eingeklagte Betrag auf die einzelnen Ansprüche verteilt und in welcher Reihenfolge diese Ansprüche zur Entscheidung des Gerichts gestellt werden.
2. Die von der Klägerin erhobene Rüge der Verletzung der Hinweispflicht nach § 139 Abs. 3 ZPO ist begründet.
a) Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO müssen Verfahrensrügen die genaue Bezeichnung der Tatsachen enthalten, die den Mangel ergeben, auf den sich die Revision stützen will. Dazu muss auch die Kausalität zwischen Verfahrensmangel und Ergebnis des Berufungsurteils dargelegt werden (BAG 17. Februar 2016 - 10 AZR 600/14 - Rn. 11). Wird eine Verletzung der dem Landesarbeitsgericht obliegenden Hinweispflicht nach § 139 Abs. 3 ZPO gerügt, muss im Einzelnen vorgetragen werden, welchen konkreten Hinweis das Landesarbeitsgericht dem Revisionskläger aufgrund welcher Tatsachen hätte erteilen müssen und was dieser auf einen entsprechenden Hinweis vorgebracht hätte (BAG 6. Januar 2004 - 9 AZR 680/02 - zu II 3 e aa der Gründe, BAGE 109, 145). Der zunächst unterbliebene Vortrag muss vollständig nachgeholt und über die Rüge aus § 139 ZPO schlüssig gemacht werden. Nur so kann das Revisionsgericht beurteilen, ob das Urteil auf dem unterlassenen Hinweis beruht (BAG 19. Oktober 2010 - 6 AZR 120/10 - Rn. 24).
b) Die Klägerin hat mit Recht gerügt, das Landesarbeitsgericht habe sie entgegen § 139 Abs. 3 ZPO nicht darauf hingewiesen, dass es die Teilklage als nicht hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO erachte. Sie hat des Weiteren vorgetragen, was sie auf einen entsprechenden Hinweis vorgebracht hätte.
aa) Die gerichtlichen Hinweispflichten nach § 139 ZPO dienen der Vermeidung von Überraschungsentscheidungen und konkretisieren den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör (vgl. BVerfG 5. April 2012 - 2 BvR 2126/11 - Rn. 18). Hinsichtlich von Amts wegen zu berücksichtigender Punkte sieht § 139 Abs. 3 ZPO ausdrücklich eine Hinweispflicht vor, die gemäß § 525 Satz 1 ZPO auch für das Berufungsgericht gilt. Erachtet das Berufungsgericht die Klage entgegen der Auffassung des Erstgerichts für unzulässig, muss es den Kläger grundsätzlich hierauf hinweisen (BGH 10. März 2016 - VII ZR 47/13 - Rn. 11 mwN).
bb) Dem folgend hätte das Landesarbeitsgericht die Klägerin auf seine Bedenken bezüglich der mangelnden Bestimmtheit der Teilklage hinweisen müssen.
(1) Das Arbeitsgericht ist ohne nähere Ausführungen von der Zulässigkeit der Teilklage ausgegangen und hat diese als unbegründet abgewiesen. Damit konnte die Klägerin darauf vertrauen, vom Landesarbeitsgericht rechtzeitig einen Hinweis nach § 139 Abs. 3 ZPO zu erhalten, wenn es der Beurteilung der Vorinstanz hinsichtlich der Zulässigkeit der Teilklage nicht folgen wollte und aufgrund seiner abweichenden Ansicht eine Konkretisierung der Klageforderung für erforderlich hielt.
(2) Der erforderliche Hinweis durch das Landesarbeitsgericht war nicht deshalb entbehrlich, weil die Klägerin anwaltlich vertreten war. Die Hinweispflicht besteht auch gegenüber der anwaltlich vertretenen Partei, wenn der Prozessbevollmächtigte die Rechtslage ersichtlich falsch beurteilt (BGH 5. Dezember 2012 - IV ZR 188/12 - Rn. 8). Ein derartiger Fall lag hier für das Landesarbeitsgericht erkennbar vor, weil die Klägerin offensichtlich - ebenso wie das Arbeitsgericht - davon ausging, die Begründung des Zahlungsantrags genüge den gesetzlichen Anforderungen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
(3) Auch der Umstand, dass die Beklagten bereits erstinstanzlich Bedenken gegen die Zulässigkeit der Teilklage erhoben haben, entband das Landesarbeitsgericht nicht von seiner Hinweispflicht. Zwar können sonst gebotene Hinweise des Gerichts unterbleiben, wenn die betroffene Partei von der Gegenseite die nötige Unterrichtung erhalten hat. Dies gilt aber nicht ohne Weiteres für die gerichtliche Pflicht, auf sachdienliche Klageanträge hinzuwirken. So geht der Bundesgerichtshof zu Recht davon aus, dass eine Partei nicht schon dann begründeten Anlass zur Änderung ihres Sachantrags hat, wenn die Gegenseite in der Berufungsinstanz das erstrittene Sachurteil wegen seines angeblich unbestimmten Ausspruchs angreift. Solche Konsequenzen muss der Berufungsbeklagte erst dann erwägen, wenn er durch das Berufungsgericht selbst erfährt, dass es den für ihn günstigen Standpunkt der Vorinstanz insoweit nicht teilt (BGH 23. April 2009 - IX ZR 95/06 - Rn. 6). Demzufolge hatte die Klägerin im zweiten Rechtszug trotz der von den Beklagten vorgetragenen Bedenken gegen die Zulässigkeit der Teilklage keinen begründeten Anlass zur Ergänzung der Klagebegründung, weil sie aufgrund der vom Arbeitsgericht ersichtlich bejahten Zulässigkeit der Klage davon ausgehen durfte, einen Hinweis des Landesarbeitsgerichts nach § 139 Abs. 3 ZPO zu erhalten, wenn dieses der Auffassung der Vorinstanz nicht folgen würde.
cc) Die Klägerin hat zur Begründung ihrer Verfahrensrüge des Weiteren ausgeführt, im Falle eines richterlichen Hinweises auf die mangelnde Bestimmtheit des Klagegrundes iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hätte sie dargelegt, dass sie den mit der Teilklage geforderten Schadensersatz auf alle Mitarbeiter gleich verteilt habe und daher für jeden der 57 in der Revisionsbegründung namentlich benannten Mitarbeiter einen Teilanspruch bis zur Höhe von 1/57 der Teilklageforderung verlange. Für die konkrete Bestimmung des Schadens komme es maßgeblich darauf an, wie lange jeder der betroffenen Mitarbeiter ohne den Wechsel zur E GmbH bei der Klägerin verblieben wäre. Eine exakte Bemessung des Schadens sei nicht möglich, weil eine sichere Prognose über die Dauer des Fortbestehens der betroffenen Arbeitsverhältnisse nicht erstellt werden könne. Jedenfalls hätte jeder Arbeitnehmer den für ihn geltend gemachten Betrag von 1/57 der Klageforderung früher oder später erreicht. Der genaue Zeitpunkt hänge von den jeweiligen Personalkosten und Einsatzmöglichkeiten ab. Damit hat die Klägerin den Klagegrund hinreichend bestimmt. Sie verlangt hiernach in zeitlich fortschreitender Folge ab dem 19. April 2011 Ersatz des Schadens, der ihr durch die entgangenen Einsatzmöglichkeiten der jeweiligen Arbeitnehmer entstanden ist, und zwar für jeden einzelnen Beschäftigten bis zu einem Betrag in Höhe von 1/57 der Teilklageforderung, dh. 44.109,61 Euro.
dd) Die angefochtene Entscheidung beruht auf der gerügten Verletzung der Hinweispflicht nach § 139 Abs. 3 ZPO. Die Klägerin hätte die notwendige Bestimmung ihres Klageantrags im zweiten Rechtszug gemäß § 264 Nr. 2 ZPO vornehmen können. Bei einer Teilklage, mit der mehrere Ansprüche geltend gemacht werden, deren Summe den eingeklagten Teil übersteigt, kann die Bestimmung, bis zu welcher Höhe bzw. in welcher Reihenfolge die einzelnen Teilansprüche verfolgt werden, nachgeholt werden (BGH 17. März 2016 - III ZR 200/15 - Rn. 28 mwN). Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klage sei unzulässig, stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Sonstige Gesichtspunkte, aus denen die Klage unzulässig sein könnte, sind nicht erkennbar.
II. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben hätte, wenn es von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen wäre. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts kann danach nicht aufrechterhalten werden (§ 562 Abs. 1 ZPO). Ob die Klage mit dem nunmehr hinreichend bestimmten Klagegrund begründet ist und die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, an die Klägerin den geforderten Betrag zu leisten, kann der Senat auf der Grundlage der vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen nicht beurteilen. Der Rechtsstreit ist deshalb an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und den Parteien Gelegenheit zu weiterem Vorbringen zu geben.
1. Eine Sachentscheidung des Senats gemäß § 563 Abs. 3 ZPO kommt nicht in Betracht.
a) Die vom Berufungsgericht hilfsweise zu seiner Abweisung der Klage als unzulässig angestellten Überlegungen zur Begründetheit der Klage gelten als nicht geschrieben und sind vom Revisionsgericht grundsätzlich nicht zu beachten (BAG 25. Januar 2001 - 8 AZR 525/00 - zu III der Gründe). Auf die Begründetheit der Klage darf das Revisionsgericht in derartigen Fällen nur eingehen, wenn das Berufungsurteil einen Sachverhalt festgestellt hat, der für die rechtliche Beurteilung eine verwertbare tatsächliche Grundlage bietet, und bei Zurückverweisung ein anderes Ergebnis nicht möglich erscheint. Diese Voraussetzung ist etwa erfüllt, wenn der Klagevortrag in jeder Richtung unschlüssig ist und auch durch weiteres Parteivorbringen nicht schlüssig gemacht werden kann (BGH 2. Dezember 2015 - IV ZR 28/15 - Rn. 12).
b) Nach diesen Grundsätzen ist dem Senat eine eigene Sachentscheidung nicht möglich.
aa) Eine Entscheidung über den Zahlungsantrag kommt nicht bereits deshalb in Betracht, weil das angefochtene Urteil hinsichtlich der ursprünglich ebenfalls verfolgten Unterlassungsansprüche ein mit Gründen versehenes Sachurteil ist (vgl. zu einem derartigen Fall BGH 25. November 1966 - V ZR 30/64 - zu II b der Gründe, BGHZ 46, 281). Das Landesarbeitsgericht hat insoweit den zum Schadensersatzanspruch gehaltenen Sachvortrag der Parteien nur teilweise berücksichtigt. Seinen Ausführungen kann daher nicht entnommen werden, dass es - hätte es die Zahlungsklage ebenfalls für zulässig erachtet - von seinem rechtlichen Standpunkt aus die sachliche Entscheidung über diese nicht anders hätte treffen können als hinsichtlich des Unterlassungsantrags.
bb) Einer eigenen Sachentscheidung des Senats steht entgegen, dass im Falle der Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht auch eine andere Entscheidung möglich ist als die vom Landesarbeitsgericht hilfsweise begründete Klageabweisung. Die von der Klägerin auf § 9 Satz 1 UWG, §§ 280, 826 BGB und § 823 Abs. 1 BGB sowie § 61 Abs. 1 Alt. 1 HGB gestützte Klage ist allerdings derzeit nicht schlüssig.
(1) Ein in der Person der Klägerin entstandener Schadensersatzanspruch kann nach diesen Anspruchsgrundlagen nur bestehen, wenn die Klägerin Arbeitgeberin der 57 Mitarbeiter war, deren rechtswidrige Abwerbung sie den Beklagten vorwirft. Dies ergibt sich aus dem bisherigen Vorbringen der Klägerin nicht. Den Darlegungen der Klägerin in den Vorinstanzen ist nicht hinreichend deutlich zu entnehmen, dass die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer, für deren Abwerbung sie von den Beklagten Schadensersatz verlangt, im Zusammenhang mit der Übernahme des Teilbetriebs „Automotive“ auf sie im Wege des Betriebsübergangs übergegangen sind.
(aa) Ob eine Spaltung und Ausgliederung iSv. § 123 Abs. 1 bis Abs. 3 UmwG mit einem Betriebs(teil)übergang verbunden ist, hängt maßgeblich vom Inhalt des Spaltungs- bzw. Ausgliederungsvertrags ab (§ 125 iVm. §§ 4 ff., § 126 Abs. 1 Nr. 9 UmwG); insoweit bestehen weitreichende Gestaltungsmöglichkeiten (vgl. HWK/Willemsen 7. Aufl. § 613a BGB Rn. 189). Da § 324 UmwG eine Rechtsgrundverweisung auf § 613a Abs. 1 und Abs. 4 bis Abs. 6 BGB enthält, muss das Vorliegen eines Betriebs(teil)übergangs bei einer Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung für jede der in Betracht kommenden (Teil-)Einheiten eigenständig geprüft werden (vgl. BAG 6. Oktober 2005 - 2 AZR 316/04 - zu B II 1 c der Gründe; ErfK/Oetker 16. Aufl. § 324 UmwG Rn. 2; HWK/Willemsen § 324 UmwG Rn. 1). Für die Frage, welchem Betrieb oder Betriebsteil ein Arbeitnehmer zugeordnet ist, kommt es zunächst auf den Willen der Arbeitsvertragsparteien an. Liegt ein solcher weder in ausdrücklicher noch in konkludenter Form vor, erfolgt die Zuordnung grundsätzlich - ebenfalls ausdrücklich oder konkludent - durch den Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts (BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 877/11 - Rn. 35 mwN).
(bb) Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz nicht vorgetragen, welche sächlichen und immateriellen Betriebsmittel zu dem Teilbetrieb „Automotive“ gehörten, den sie gemäß Aufspaltungs- und Übernahmevertrags vom 15. Februar 2011 übernommen hat, und welche Arbeitnehmer diesem zugeordnet waren. Insoweit fehlte es an einer substanziierten Darlegung, ob und ggf. in welchem Umfang ein Betriebsteilübergang iSv. § 613a BGB auf die Klägerin stattgefunden hat (vgl. zu den Voraussetzungen BAG 21. August 2014 - 8 AZR 648/13 - Rn. 15 ff.) und welche Arbeitsverhältnisse im Einzelnen davon betroffen waren.
(2) Die Klägerin hat des Weiteren in den Vorinstanzen nicht hinreichend konkret dargelegt, dass sich die Beklagten in jedem Einzelfall der behaupteten unlauteren Abwerbung von Arbeitnehmern rechtswidrig verhalten haben.
(aa) Bislang hat die Klägerin nur in Bezug auf die Arbeitnehmer S, B und P konkrete Einzelheiten zu den Umständen vorgetragen, unter denen diese von dem Beklagten zu 1. zum Ausspruch einer Kündigung gegenüber der Klägerin und zum Abschluss eines Arbeitsvertrags mit der E GmbH veranlasst worden sein sollen. Weil Herr S nicht gekündigt hat und die Herren B und P ihren Wechsel zur E GmbH kurz darauf rückgängig gemacht haben, macht die Klägerin jedoch für keinen dieser Arbeitnehmer Schadensersatzansprüche geltend. Aus dem Sachvortrag der Klägerin zu den Umständen der Abwerbung dieser Arbeitnehmer lässt sich daher für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch nichts unmittelbar herleiten.
(bb) Die Behauptung der Klägerin, die Arbeitnehmer U und Pe seien „auf die gleiche Art und Weise wie die Arbeitnehmer S und B abgeworben“ worden, ist unschlüssig. Bereits nach der eigenen Darstellung der Klägerin hatte die am 12. April 2011 erfolgte persönliche Ansprache durch Herrn Su am Arbeitsplatz bei Herrn B einen anderen Inhalt als bei Herrn S. So soll Herr Su Herrn S nahegelegt haben, einen für den Nachmittag vereinbarten Arzttermin zugunsten der Teilnahme an dem „Informationsgespräch“ abzusagen. Herrn S sei am 12. April 2011 in einem Vier-Augen-Gespräch gesagt worden, er müsse sich bis zum nächsten Tag (13. April 2011) entscheiden, ob er „dabei“ sei oder nicht, und danach sei er erneut von Herrn Su angesprochen und aufgefordert worden, nochmals zum Beklagten zu 1. in das Wohnmobil zu gehen. In Bezug auf Herrn B hat die Klägerin derartigen Vortrag nicht gehalten.
(cc) Der in Bezug auf die Arbeitnehmer S, B und P gehaltene Vortrag der Klägerin erlaubt nicht ohne Weiteres den Schluss darauf, dass alle 57 in der Revisionsbegründung benannten Mitarbeiter „in ähnlicher Weise angesprochen“ bzw. „gleichförmig“ oder „immer nach dem gleichen Muster“ abgeworben worden seien. Dagegen spricht nicht nur der Umstand, dass bereits nach dem Vortrag der Klägerin keineswegs alle Mitarbeiter zu Abwerbegesprächen in das Wohnmobil des Beklagten zu 1. gebeten wurden, sondern insbesondere auch der völlig andere Geschehensablauf, den die Klägerin in Bezug auf Herrn P vorgetragen hat. So soll Herr P nicht am 12. April 2011 und auch nicht durch Herrn Su am Arbeitsplatz angesprochen, sondern vielmehr erst am 15. April 2011 von der Sekretärin des Beklagten zu 1. angerufen und zur Teilnahme an einem Gespräch mit dem Beklagten zu 1. aufgefordert worden sein. Herrn P gegenüber soll der Beklagte zu 1. zudem geäußert haben, es seien bereits zahlreiche Mitarbeiter zur E GmbH gewechselt.
c) Der Klagevortrag kann durch weiteres Parteivorbringen noch schlüssig gemacht werden.
aa) Die schlüssige Darlegung ihrer Aktivlegitimation kann der Klägerin anhand des Aufspaltungs- und Übernahmevertrags vom 15. Februar 2011 gelingen, den sie erstmals mit der Revisionsbegründung vollständig mitsamt Anlagen vorgelegt hat. Aus diesem könnte hervorgehen, ob und ggf. in welchem Umfang ein Betriebsteilübergang iSv. § 613a BGB auf sie stattgefunden hat (vgl. zu den Voraussetzungen BAG 21. August 2014 - 8 AZR 648/13 - Rn. 15 ff.). Soweit die Klägerin danach den Übergang von Arbeitsverhältnissen der Arbeitnehmer, wegen deren behaupteter Abwerbung sie Schadensersatz von den Beklagten begehrt, aufzeigen würde, hätte sie ihre Aktivlegitimation schlüssig dargelegt.
bb) Ebenso liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin in Bezug auf die 57 Arbeitnehmer, wegen deren behaupteter Abwerbung sie Schadensersatz von den Beklagten begehrt, Tatsachen zu konkretem pflichtwidrigen Verhalten der Beklagten vortragen kann. Da die Kündigung und der Wechsel dieser Arbeitnehmer zur E GmbH in engem zeitlichem Zusammenhang mit dem Wechsel des Beklagten zu 1. zu demselben Unternehmen stand, dessen damaliger Geschäftsführer der Beklagte zu 2. war, und sich die Arbeitnehmer und die Beklagten aus der Zeit ihrer gemeinsamen Tätigkeit für die aufgespaltene Konzerngesellschaft persönlich kannten, sind unerlaubte Abwerbehandlungen nicht von vornherein auszuschließen.
2. Das Landesarbeitsgericht wird der Klägerin unter Beachtung der obigen Hinweise Gelegenheit zur Nachholung des erforderlichen Sachvortrags zu geben haben. Dabei wird es unter Berücksichtigung der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen nach § 139 Abs. 1 ZPO auf einen vollständigen Vortrag zu allen erheblichen Tatsachen hinzuwirken haben.
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Linck |
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W. Reinfelder |
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Brune |
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M. Trümner |
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D. Diener |