Atomrechtliche Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung (AtSMV)
Verordnung über den kerntechnischen Sicherheitsbeauftragten und über die Meldung von Störfällen und sonstigen Ereignissen

Ausfertigungsdatum: 14.10.1992


Anlage 7 AtSMV Meldekriterien für meldepflichtige Ereignisse in nach § 9b des Atomgesetzes zugelassenen Anlagen und der Schachtanlage Asse II

(Fundstelle: BGBl. I 2018, 2204 - 2207)



Vorbemerkung:

Die Meldekriterien gelten für Endlager nach § 9b AtG und die Schachtanlage Asse II. Sie beziehen sich zu diesem Zweck auf Handlungsschritte, Einrichtungsgegenstände und technische Gerätschaften, die im Zusammenhang mit der sicheren Errichtung, dem Betrieb oder der Stilllegung der genannten Einrichtungen erforderlich sind, einschließlich des Umgangs nach § 9 AtG oder § 12 Absatz 1 Nummer 3 StrlSchG mit den radioaktiven Abfällen, deren Lagerung und innerbetriebliche Transporte. Die Kriterien erfassen auch den Umgang bei der Rückholung der radioaktiven Abfälle aus der Schachtanlage Asse II.

1.
Radiologie und StrahlenschutzWird bei den nachfolgenden Kriterien Bezug auf die Werte der Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 4 der Strahlenschutzverordnung genommen, ist eine Mittelungsfläche von 300 Quadratzentimetern zugrunde zu legen.
1.1
Ableitung radioaktiver StoffeKriterium S 1.1.1Ableitung radioaktiver Stoffe mit Luft oder Wasser, bei der die innerhalb von 24 Stunden abgeleitete Aktivität
zu einer Überschreitung der Grenzwerte der effektiven Dosis nach § 99 Absatz 1 der Strahlenschutzverordnung führt oder
die von der zuständigen Behörde festgelegten, im Jahr maximal zulässigen Aktivitätsabgaben überschreitet.
Kriterium E 1.1.1Ableitung radioaktiver Stoffe mit Luft oder Wasser, bei der die abgeleitete Aktivität die maximal zulässigen Aktivitätsabgaben überschreitet.
1.2
Freisetzung radioaktiver StoffeKriterium S 1.2.1Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung, bei der zu besorgen ist, dass die innerhalb von 24 Stunden freigesetzte Aktivität
zu einer Überschreitung der Grenzwerte der effektiven Dosis nach § 99 Absatz 1 der Strahlenschutzverordnung führt oder
mehr als 10 Prozent der von der zuständigen Behörde für Ableitungen festgelegten, im Kalenderjahr maximal zulässigen Aktivitätsabgaben beträgt.
Kriterium E 1.2.1Freisetzung radioaktiver Stoffe mit der Abluft in die Umgebung, bei der zu besorgen ist, dass die freigesetzte Aktivität
zu einer effektiven Dosis führt, die mehr als 10 Prozent der Grenzwerte nach § 99 Absatz 1 der Strahlenschutzverordnung beträgt, oder
mehr als 10 Prozent der von der zuständigen Behörde festgelegten, im Jahr maximal zulässigen Aktivitätsabgaben beträgt.
Kriterium N 1.2.1Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung, die nicht unter die Kriterien S 1.2.1 oder E 1.2.1 fällt.Kriterium S 1.2.2Freisetzung radioaktiver Stoffe innerhalb der Anlage, so dass außerhalb eines als Kontrollbereich gekennzeichneten Bereiches die Ortsdosisleistung den Wert von 3 Millisievert pro Stunde überschreitet.Kriterium E 1.2.2Freisetzung radioaktiver Stoffe innerhalb der Anlage, so dass
innerhalb eines als Kontrollbereich gekennzeichneten Bereiches, soweit dieser nicht als Sperrbereich gekennzeichnet ist, die Ortsdosisleistung den Wert von 3 Millisievert pro Stunde für mehr als 24 Stunden überschreitet oder
die Einrichtung eines neuen Kontrollbereiches erforderlich ist.
1.3
KontaminationKriterium E 1.3.1Kontamination innerhalb des Überwachungsbereiches, die das Hundertfache der Werte nach Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 5 der Strahlenschutzverordnung überschreitet und deren Gesamtaktivität in Becquerel mehr als das Zehnfache der Werte nach Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 2 der Strahlenschutzverordnung beträgt.Kriterium N 1.3.1Kontamination innerhalb des Kontrollbereiches, die in einem Bereich, der bei bestimmungsgemäßem Betrieb nicht kontaminiert sein kann, das Tausendfache der Werte nach Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 5 der Strahlenschutzverordnung überschreitet und deren Gesamtaktivität in Becquerel mehr als das Hundertfache der Werte nach Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 2 der Strahlenschutzverordnung beträgt.
1.4
Verschleppung radioaktiver StoffeKriterium S 1.4.1Weiterverbreitung von radioaktiven Stoffen durch Verschleppung aus der Anlage in einen Bereich
außerhalb von Überwachungsbereichen auf dem Betriebsgelände, sofern die dorthin verschleppte Aktivität das Hundertfache der Werte der Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 5 der Strahlenschutzverordnung und das Hundertfache eines Wertes der Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 2 der Strahlenschutzverordnung überschreitet, oder
außerhalb des Betriebsgeländes, sofern die dorthin verschleppte Aktivität das Hundertfache der Werte nach Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 5 der Strahlenschutzverordnung und das Zehnfache der Werte nach Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 2 der Strahlenschutzverordnung überschreitet.
Kriterium E 1.4.1Weiterverbreitung von radioaktiven Stoffen aus der Anlage durch Verschleppung in einen Bereich
außerhalb von Überwachungsbereichen auf dem Betriebsgelände, sofern die dorthin verschleppte Aktivität das Zehnfache der Werte nach Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 5 der Strahlenschutzverordnung und das Hundertfache der Werte nach Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 2 der Strahlenschutzverordnung überschreitet, oder
außerhalb des Betriebsgeländes, sofern die dorthin verschleppte Aktivität das Zehnfache der Werte nach Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 5 der Strahlenschutzverordnung und das Einfache der Werte nach Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 2 der Strahlenschutzverordnung überschreitet.
1.5
Strahlenschutz von PersonenKriterium S 1.5.1Exposition einer beruflich exponierten Person, die einen Grenzwert der Körperdosis nach § 78 des Strahlenschutzgesetzes überschreitet, sofern die Exposition nicht eine besonders zugelassene Exposition nach § 74 der Strahlenschutzverordnung darstellt.
2.
Technik und Betrieb
2.1
Funktionsstörungen, Schäden oder Ausfälle in sicherheitstechnisch wichtigen Systemen oder EinrichtungenKriterium S 2.1.1Funktionsstörung, Schaden oder Ausfall eines sicherheitstechnisch wichtigen Systems oder einer sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung, die zu einem Anlagenzustand geführt hat, der sich unmittelbar oder mittelbar auf Personen oder die Umgebung Gefahr bringend ausgewirkt hat oder dies zu besorgen ist.Kriterium E 2.1.1Funktionsstörung, Schaden oder Ausfall eines sicherheitstechnisch wichtigen Systems oder einer sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung, bei deren Eintreten der Betrieb der Anlage aus sicherheitstechnischen Gründen nicht fortgeführt werden kann.Kriterium N 2.1.1Funktionsstörung, Schaden oder Ausfall eines sicherheitstechnisch wichtigen Systems oder einer sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung der Anlage, bei deren Eintreten der bestimmungsgemäße Betrieb eingeschränkt fortgeführt werden kann.Nicht zu melden sind Funktionsstörungen, Schäden oder Ausfälle
in den sicherheitstechnisch wichtigen Systemen, die in weniger als 24 Stunden behoben werden, oder Ausfälle dieser Systeme, für die genehmigte Ersatzmaßnahmen vorgesehen sind, sofern das jeweilige Ereignis nicht nach Kriterium N 2.1.2 zu melden ist, oder
geringeren Ausmaßes an einzelnen Komponenten des bautechnischen Brandschutzes sowie der Ausfall einzelner Komponenten der dezentralen Brandbekämpfungs- und Brandmeldeeinrichtungen.
Kriterium N 2.1.2Ausfall, Schaden oder Befund mit Hinweis auf einen systematischen Fehler an einem sicherheitstechnisch wichtigen System oder einer sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung.Kriterium N 2.1.3Sicherheitstechnisch relevante Ereignisse bei innerbetrieblichem Transport, Handhabung, Lagerung betrieblicher radioaktiver Abfälle oder radioaktiver Stoffe.Kriterium N 2.1.4Undichtigkeiten oder Leckagen von Rohrleitungen, Tanks oder Verschlüssen von Einlagerungshohlräumen, wenn dadurch die in der Zulassung oder der Strahlenschutzverordnung festgelegte Aktivitätswerte überschritten werden.Kriterium E 2.1.3Lösungseinbrüche unter Tage, erhebliche Zunahme der Lösungsaustritte, Auftreten bisher nicht erfasster Lösungsaustritte, sofern eine sicherheitstechnische Relevanz nicht ausgeschlossen werden kann, signifikante Änderung der chemischen Zusammensetzung von Lösungsaustritten mit Deckgebirgslösungsanteilen.
2.2
Sonstige meldepflichtige Ereignisse, so dass ein bestimmungsgemäßer Anlagenbetrieb nicht weitergeführt werden kann oder es zu einer Betriebsunterbrechung der Anlage oder einer Teilanlage gekommen ist oder kommen kannKriterium E 2.2.1
Absturz eines Behälters, der mit Kernbrennstoffen oder verfestigten Spaltproduktlösungen beladen ist, oder
Absturz einer schweren Last auf einen Behälter, der mit Kernbrennstoffen oder verfestigten Spaltproduktlösungen beladen ist.
Kriterium N 2.2.1Sonstiges Ereignis im Zusammenhang mit Handhabung, Transport und Lagerung radioaktiver Abfälle.Kriterium N 2.2.2Sicherheitstechnisch relevante Abweichung von in der Zulassung oder behördlich festgelegten Werten der Anlagentechnik oder des Betriebes.Kriterium N 2.2.3Brände, Verpuffungen, Explosionen, Freisetzung von nicht radioaktiven Gefahrstoffen unter Tage, die zu einer Räumung von Anlagenbereichen geführt haben.Kriterium E 2.2.3Brände, Verpuffungen, Explosionen, Freisetzung von nicht radioaktiven Gefahrstoffen über Tage, die sich auf die Sicherheit der unter Tage Beschäftigten auswirken oder die öffentliche Sicherheit gefährden.Kriterium E 2.2.4Zerstörung von Grubenbauten.Kriterium E 2.2.5Bergbauschäden, wenn dadurch das Strahlenschutzregime negativ beeinflusst wird oder werden kann.Kriterium E 2.2.6
Tagesbrüche und erhebliche Senkungen über Tage.
Bewegungsvorgänge an der Erdoberfläche außerhalb des Erwartungsbereichs.
Kriterium E 2.2.7Gasausbrüche und Gasaustritte unter Tage.
3.
Einwirkungen von außen und interne Ereignisse
3.1
Einwirkungen von außenKriterium S 3.1.1Naturbedingte Einwirkungen von außen durch beispielsweise Sturm, Regen, Schneefall, Frost, Blitzschlag, Hochwasser, Erdbeben oder Erdrutsch oder zivilisatorische Einwirkungen von außen durch beispielsweise Einwirkungen schädlicher Stoffe, Druckwellen, von außen übergreifende Brände, Bergschäden oder einen Flugzeugabsturz, so dass ein Zustand der Anlage eingetreten ist, der sich gefahrbringend auf die Bevölkerung oder die Umgebung auswirkt oder bei dem dies zu besorgen ist.Kriterium E 3.1.1Naturbedingte Einwirkungen von außen durch beispielsweise Sturm, Regen, Schneefall, Frost, Blitzschlag, Hochwasser, Erdbeben oder Erdrutsch oder zivilisatorische Einwirkungen von außen durch beispielsweise Einwirkungen schädlicher Stoffe, Druckwellen, von außen übergreifenden Brände, Bergschäden oder einen Flugzeugabsturz, so dass der Betrieb der Anlage oder eines Anlagenteils aus sicherheitstechnischen Gründen nicht fortgeführt werden kann.
3.2
Anlageninterne EreignisseKriterium S 3.2.1Anlageninterner Brand, anlageninterne Explosion, heftige chemische Reaktion, Überflutung oder sonstige Einwirkung von innen, so dass ein Zustand der Anlage eingetreten ist, der sich gefahrbringend auf die Bevölkerung oder die Umgebung auswirkt oder bei dem dies zu besorgen ist.Kriterium E 3.2.1Anlageninterner Brand, anlageninterne Explosion, heftige chemische Reaktion oder sonstige Einwirkung von innen, so dass der Betrieb der Anlage oder eines Anlagenteils aus sicherheitstechnischen Gründen nicht fortgeführt werden kann.Kriterium N 3.2.1Anlageninterner Brand, anlageninterne Explosion, heftige chemische Reaktion oder sonstige Einwirkung von innen in einem Bereich der Anlage, in dem radioaktive Abfälle mit einer Aktivität oberhalb der Werte nach Anlage 4 Tabelle 1 Spalte 2 der Strahlenschutzverordnung vorhanden sind oder in dem sich eine sicherheitstechnisch wichtige Einrichtung befindet.Nicht zu melden sind örtlich begrenzte Kleinstbrände im Zusammenhang mit Änderungs- und Instandhaltungsarbeiten, für die vorbeugende Brandschutzmaßnahmen getroffen wurden und deren Anwendung bei der Brandbekämpfung wirksam war.