Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 04.04.2012


BGH 04.04.2012 - XII ZR 52/11

Verfahrensunterbrechung bei Insolvenz: Aufnahme eines Passivprozesses über die Feststellung des Fortbestandes eines Mietvertrages des Schuldners durch den Insolvenzverwalter


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
12. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
04.04.2012
Aktenzeichen:
XII ZR 52/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Frankfurt, 27. April 2007, Az: 24 U 117/06vorgehend LG Darmstadt, 13. April 2006, Az: 12 O 532/04
Zitierte Gesetze

Tenor

Die Anträge der Streithelferinnen der Klägerin zu 1 und zu 2, den Insolvenzverwalter über das Vermögen der Beklagten zur Aufnahme des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerden und zur Verhandlung der Hauptsache zu laden, werden zurückgewiesen.

Gründe

1

Der Rechtsstreit ist als Passivprozess einzuordnen, für dessen Aufnahme eine entsprechende Anwendung von § 239 Abs. 2 bis 4 ZPO nicht vorgesehen ist (vgl. § 85 Abs. 1 InsO).

2

Für die Einordnung eines Rechtsstreits als Aktiv- oder Passivprozess kommt es allerdings nicht auf die konkrete Parteirolle an. Maßgebend ist vielmehr der materielle Inhalt des Begehrens (BGH Urteil vom 27. März 1995 - II ZR 140/93 - NJW 1995, 1750; Kübler/Prütting/Bork/Lüke InsO Stand November 2011 § 85 Rn. 53 mwN). Bei den hier relevanten Feststellungsanträgen zu 1 a, 2 und 3 ist deshalb auf das Rechtsschutzziel abzustellen (Jaeger/Windel InsO § 85 Rn. 116; Kayser in HK-InsO 6. Aufl. § 85 Rn. 51). Werden einzelne Aspekte von Rechtsverhältnissen oder der Bestand eines Rechtsverhältnisses zur Feststellung gestellt, entscheiden die Rechtsfolgen, die sich im Insolvenzverfahren daraus ergeben können, über die Einordnung des Rechtsstreits.

3

Hier geht es der Klägerin und ihren Streithelferinnen zu 1 und 2 um den Fortbestand des Garagenvertrages bis zum vertraglich vereinbarten Ende im Jahr 2037 (Klaganträge Ziff. 1 und 2). Die Frage, ob der Vertrag von dem Beklagten wirksam gemäß § 544 BGB gekündigt werden konnte (Klagantrag Ziff. 3), ist bloße Vorfrage hierzu und kann nicht Gegenstand einer selbständigen Feststellungsklage sein (vgl. Senatsurteil vom 29. September 1999 - XII ZR 313/98 - NJW 2000, 354, 356 mwN). Der Klagantrag Ziff. 3 ist deshalb unter Berücksichtigung seines Sinns dahin umzudeuten, dass - entsprechend den Klaganträgen Ziff. 1 und 2 - Feststellung des Fortbestehens des Garagenvertrages beantragt wird.

4

Das Fortbestehen des von dem Berufungsgericht als Mietvertrag eingeordneten Garagenvertrags wirkt gemäß §§ 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2, 108 Abs. 1 InsO zu Lasten der Teilungsmasse. Es handelt sich deshalb um einen Passiv- und nicht um einen Aktivprozess.

Dose                                        Vézina                                               Schilling

                     Günter                                       Nedden-Boeger