Entscheidungsdatum: 07.07.2010
1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 2. Juni 2006 wird zurückgewiesen, soweit der Kläger die Zulassung der Revision hinsichtlich seines Antrags begehrt, die sich im III. Obergeschoss des Büroturms des Gebäudes I. straße 10, R. befindliche Büroeinheit bestehend aus vier Räumen, einen Konferenzraum und einen weiteren Raum mit der Raumnummer 214 – jeweils im II. Obergeschoss – sowie einen im I. Obergeschoss befindlichen Raum mit der Raumnummer 118 herauszugeben.
2. Im Übrigen bleibt das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde unterbrochen.
3. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
I.
Mit Mietvertrag vom 25. April 2001 mietete die F. H. KG, seinerzeit noch unter dem Namen H. GmbH und Co. KG firmierend, von T. F. Gewerberäume in einem Bürohaus. Das Mietverhältnis war auf mindestens zehn Jahre abgeschlossen. Nach Anordnung der Zwangsverwaltung über das Bürogrundstück kündigte der Kläger als Zwangsverwalter das Mietverhältnis wegen behaupteter Mietrückstände fristlos und erhob Klage auf Mietzahlung sowie Räumung und Herausgabe der Mieträume. Während das Landgericht der Klage stattgab, wies das Oberlandesgericht sie mit am 2. Juni 2006 verkündetem Urteil auf die Berufung der Beklagten als Mieterin hin ab. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers.
Bereits am 9. Juni 2006 war das Insolvenzverfahren über das Vermögen des T. F. (Vermieter) eröffnet worden; am 7. September 2007 folgte die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der H. V. mbH. Diese war alleinige Kommanditistin der F. H. KG (Mieterin), deren einziger persönlich haftender Gesellschafter wiederum T. F. war.
Mit Schriftsatz vom 30. Januar 2009 hat der Kläger die Aufnahme des Rechtsstreits erklärt. Er beruft sich auf ein Aussonderungsrecht hinsichtlich des Anspruchs auf Rückgabe der Mietsache.
II.
Der Rechtsstreit war gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO i.V.m. § 47 InsO nur insoweit aufzunehmen, als der Kläger die Herausgabe der im Tenor zu 1 dieses Beschlusses genannten Räume begehrt. Im Übrigen bleibt das Verfahren gemäß § 240 ZPO unterbrochen.
1. Das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision wurde gemäß § 240 ZPO durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der H. V. mbH am 7. September 2007 unterbrochen.
Mit dem zuvor eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des T. F. und damit mit dem Ausscheiden des einzigen Komplementärs hatte die H. V. mbH nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemäß §§ 161 Abs. 2, 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB als Kommanditistin der H. GmbH und Co. KG die Gesamtrechtsnachfolge übernommen (vgl. BGH Urteil vom 15. März 2004 - II ZR 247/01 - ZIP 2004, 1047, 1048).
2. Gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist die Aufnahme des - unterbrochenen - Verfahrens nur möglich, soweit die Aussonderung eines Gegenstandes aus der Insolvenzmasse nach § 47 InsO betroffen ist. Ein solches Aussonderungsrecht besteht lediglich für die vom Kläger geltend gemachte Herausgabe der vermieteten Räume. Dabei lässt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des T. F. die Zwangsverwaltung durch den Kläger, der gemäß § 152 Abs. 1 ZVG als Zwangsverwalter die sich aus einer rechtsgrundlosen Nutzung der der Zwangsverwaltung unterliegenden Sache ergebenden Ansprüche zu verfolgen hat (vgl. BGH Urteil vom 14. Mai 1992 - IX ZR 241/91 - NJW 1992, 2487), unberührt, § 80 Abs. 2 Satz 2 InsO.
a) Der auf Räumung und Herausgabe zielende Anspruch auf Rückgabe der Mietsache nach § 546 Abs. 1 BGB vermag nur insoweit ein Aussonderungsrecht zu begründen, als er sich seinem Inhalt nach mit dem Herausgabeanspruch des § 985 BGB deckt (vgl. BGH Urteil vom 5. Juli 2001 - IX ZR 327/99 - NJW 2001, 2966 ff.; zum Räumungsanspruch vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 2008 - XII ZB 125/06 - GuT 2009, 209, 212).
Der mietvertragliche Rückgabeanspruch reicht weiter als der Herausgabeanspruch des Eigentümers: Nach § 985 BGB hat der Besitzer dem Eigentümer den unmittelbaren Besitz an der Sache zu verschaffen, insbesondere den Zugang zu ermöglichen und die Wegnahme zu dulden.Davon ist die mietvertragliche Räumungspflicht zu unterscheiden. Sie hat grundsätzlich zum Inhalt, dass der Mieter bei Vertragsende den Mietgegenstand auch im vertragsgemäß geschuldeten Zustand zurückzugeben, ihn also notfalls herzustellen hat. Diese weitergehende Pflicht des Mieters beruht allein auf dem von ihm abgeschlossenen Vertrag.
b) Die Aussonderung beschränkt sich daher ihrem Umfang nach stets auf die Verschaffung des unmittelbaren Besitzes am Grundstück. Ein (etwaiger) weitergehender Räumungsanspruch begründet demgegenüber allenfalls eine Insolvenzforderung (vgl.BGH Urteil vom 5. Juli 2001 - IX ZR 327/99 - NJW 2001, 2966 f.). Diesbezüglich kann der Kläger den Rechtsstreit nur nach § 180 Abs. 2 InsO aufnehmen, wenn die Forderung zuvor im Insolvenzverfahren angemeldet (§§ 174 ff. InsO) und ihr widersprochen wurde.
3. Dass das Aussonderungsrecht nur einen Teil der in diesem Verfahren geltend gemachten Ansprüche erfasst, steht einer - teilweisen - Aufnahme des Rechtsstreits nicht entgegen.
a) Zwar hängen der aufgenommene und der weiterhin unterbrochene Verfahrensteil von derselben Vorfrage ab, nämlich ob die im Hinblick auf die von der Beklagten getätigten Investitionen getroffene Vereinbarung der Mietvertragsparteien eine Vorausverfügung im Sinne des § 1124 Abs. 2 BGB darstellt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf eine Teilentscheidung grundsätzlich nur dann ergehen, wenn sie von der Entscheidung über den verbleibenden Teil des Rechtsstreits in der Art unabhängig ist, dass die Gefahr einander widerstreitender Erkenntnisse in der Teil- und in der Schlussentscheidung nicht besteht (vgl. Senatsurteil vom 5. Juni 2002 - XII ZR 194/00 - FamRZ 2002, 1097; vgl. auch Zöller/Vollkommer ZPO 28. Aufl. § 301 Rdn. 7 - jeweils m.w.N.).
b) Dieser Grundsatz gilt aber nicht ausnahmslos.
aa) So hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Unterbrechung des Rechtsstreits wegen der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines einfachen Streitgenossen das Verfahren gegen die übrigen Streitgenossen nicht berührt, und zwar trotz der jeweils offen liegenden Gefahr einer abweichenden Entscheidung bei späterer Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens. In ständiger Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof hier die Möglichkeit bejaht, gemäß § 301 ZPO ein Teilurteil zu erlassen (vgl. BGH Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02 - NJW-RR 2003, 1002 f. m.w.N.). Denn eine Ausnahme ist im Falle der Unterbrechung des Verfahrens durch Insolvenz eines einfachen Streitgenossen regelmäßig gerechtfertigt, weil die Unterbrechung zu einer faktischen Trennung der Verfahren führt. Die Dauer der Unterbrechung ist in der Regel ungewiss. Sie endet, wenn das Verfahren nicht nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen wird, erst dann, wenn das Insolvenzverfahren beendet ist. Dieses Verfahren kann sich in Einzelfällen viele Jahre lang hinziehen. Ob und gegebenenfalls wann eine Aufnahme erfolgt, ist in aller Regel nicht voraussehbar. Die übrigen Streitgenossen haben keine prozessuale Möglichkeit, die Aufnahme des Verfahrens und damit auch den Fortgang des Prozesses insgesamt zu bewirken. Daher wäre es mit deren Anspruch auf effektiven Rechtsschutz nicht vereinbar, wenn die Unterbrechung des Verfahrens eine Entscheidung nur deshalb nachhaltig verzögern würde, weil die abstrakte Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen besteht. Anders kann es zu beurteilen sein, wenn Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass das unterbrochene Verfahren alsbald fortgesetzt werden kann (vgl. BGH Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02 - NJW-RR 2003, 1002 f.).
Gleiches gilt bei der Verfahrensunterbrechung durch den Tod eines einfachen Streitgenossen (vgl. BGH Urteil vom 7. November 2006 - X ZR 149/04 - NJW 2007, 156, 157 f.).
bb) Die Ausnahmen von dem dargestellten Teilentscheidungsverbot sind aber nicht auf den Fall der faktischen Trennung der Verfahren mehrerer einfacher Streitgenossen beschränkt.
Jedenfalls auf Konstellationen der vorliegenden Art, in denen der Gläubiger seine prozessualen Ansprüche durch die Aufnahme des Rechtsstreits nach § 86 InsO nur teilweise weiter verfolgen kann, treffen die gleichen Erwägungen wie bei der Verfahrensunterbrechung wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines einfachen Streitgenossen zu. Dem klagenden Gläubiger kann hier ebenfalls nicht zugemutet werden, den ungewissen Zeitpunkt der Verfahrensaufnahme nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften (§ 180 Abs. 2 InsO) oder der Beendigung des Insolvenzverfahrens abzuwarten. Dem Aussonderungsberechtigten steht nämlich die Substanz des Gegenstandes zu. Folge der Aussonderung ist daher die haftungsrechtliche Trennung des Gegenstandes von der Insolvenzmasse. Ein Zuwarten wäre demgemäß mit der privilegierten Stellung eines zur Aussonderung Berechtigten nicht zu vereinbaren. Zudem bestünde für den Gläubiger die Gefahr einer Entwertung seines Aussonderungsrechts durch Handlungen des Insolvenzverwalters.
Anhaltspunkte dafür, dass das unterbrochene Verfahren alsbald fortgesetzt werden kann, sind vorliegend nicht ersichtlich.
III.
Soweit das Verfahren aufzunehmen ist, ist die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision zurückzuweisen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Namentlich ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht im Ergebnis eine unwirksame Vorausverfügung im Sinne des § 1124 Abs. 2 BGB verneint hat (vgl. BGH Urteil vom 25. April 2007 - VIII ZR 234/06 - NJW 2007, 2919).
Hahne Weber-Monecke Dose
Schilling Günter