Entscheidungsdatum: 23.01.2013
Gegen eine Entscheidung zum Versorgungsausgleich, mit der das Familiengericht Entgeltpunkte vom Versicherungskonto des einen Ehegatten auf das bei einem anderen Rentenversicherungsträger geführte Versicherungskonto des anderen Ehegatten überträgt, steht beiden betroffenen Versorgungsträgern die Beschwerde zu, ohne dass es auf eine finanzielle Mehrbelastung ankommt (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 9. Januar 2013, XII ZB 550/11).
Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des 2. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in Schleswig vom 4. August 2011 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 1000 €
I.
Die Beteiligten streiten über den Versorgungsausgleich.
Auf den am 1. Oktober 2007 zugestellten Antrag hat das Familiengericht die am 24. November 1978 geschlossene Ehe der Antragstellerin (Ehefrau) und des Antragsgegners (Ehemann) unter Abtrennung der Folgesache Versorgungsausgleich rechtskräftig geschieden. Es hat das Verfahren über den Versorgungsausgleich ausgesetzt und mit Verfügung vom 22. Januar 2010 wieder aufgenommen.
Beide Ehegatten erwarben während der Ehezeit (1. November 1978 bis 30. September 2007; § 3 Abs. 1 VersAusglG) sowohl Entgeltpunkte als auch Entgeltpunkte (Ost) in der gesetzlichen Rentenversicherung, und zwar die Ehefrau bei der Beteiligten zu 1 (Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg) und der Ehemann bei der Beteiligten zu 2 (Deutsche Rentenversicherung Bund). Aufgrund eines Schreibfehlers hat das Familiengericht Versorgungsauskünfte für eine unzutreffende Ehezeit vom 1. Januar 1978 bis 30. September 2007 eingeholt. Anhand der sonach unrichtig erteilten Versorgungsauskünfte hat es den Versorgungsausgleich durchgeführt, indem es die von beiden Ehegatten erworbenen Entgeltpunkte intern ausgeglichen und von einem Ausgleich der erworbenen Entgeltpunkte (Ost) wegen nur geringer Differenz der Ausgleichswerte gemäß § 18 Abs. 1 VersAusglG abgesehen hat.
Hiergegen haben beide Versorgungsträger Beschwerde eingelegt, um zu erreichen, dass der Versorgungsausgleich auf Grundlage der zutreffenden Ehezeit vom 1. November 1978 bis 30. September 2007 durchgeführt werde. Die Beteiligte zu 2 hat ihre Beschwerdeschrift jedoch nicht unterzeichnet und diese nach richterlichem Hinweis auf die Unzulässigkeit des eingelegten Rechtsmittels zurückgenommen.
Auf die zulässig eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Oberlandesgericht den Ausspruch zum internen Ausgleich der bei ihr erworbenen Entgeltpunkte abgeändert und es im Übrigen bei der Entscheidung des Familiengerichts belassen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 2, mit der sie eine Korrektur auch bezüglich der bei ihr erworbenen Anrechte verfolgt.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
Auf das Verfahren zum Versorgungsausgleich ist gemäß Art. 111 Abs. 4 FGG-RG, § 48 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG das seit dem 1. September 2009 geltende Verfahrensrecht und materielle Recht anzuwenden, weil das Verfahren vom Scheidungsverbund abgetrennt, als Folgesache ausgesetzt und erst nach dem 1. September 2009 wiederaufgenommen worden ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. Oktober 2011 - XII ZB 567/10 - FamRZ 2012, 98 Rn. 7 ff. und vom 16. Februar 2011 - XII ZB 261/10 - FamRZ 2011, 635 Rn. 10 ff.).
1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Zwar habe das Familiengericht auch hinsichtlich der bei der Beteiligten zu 2 erworbenen Anrechte eine unzutreffende Ehezeit zugrundegelegt und damit eine inhaltlich unrichtige Entscheidung getroffen. An deren Korrektur sei das Beschwerdegericht jedoch gehindert, weil dieser Teilausspruch bereits rechtskräftig geworden sei, nachdem die Beteiligte zu 2 keine formwirksame Beschwerde eingelegt habe.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Ohne nähere Begründung und in der Sache unzutreffend ist das Oberlandesgericht bei seiner Entscheidung davon ausgegangen, die zulässig eingelegte Beschwerde der Beteiligten zu 1 beschränke sich auf den Ausspruch zum Ausgleich der bei ihr selbst erworbenen Anrechte. Für diese Annahme bestehen jedoch keine Anhaltspunkte; die Beteiligte zu 1 hat ihr Rechtmittel unbeschränkt eingelegt. Damit ist der Ausspruch zum Versorgungsausgleich insgesamt angegriffen, auch was den Ausgleich der bei der Beteiligten zu 2 erworbenen Anrechte betrifft.
Die Beteiligte zu 1 war diesbezüglich auch beschwerdeberechtigt (§ 59 Abs. 1 FamFG). Das Familiengericht hat den Ausgleich der bei der Beteiligten zu 2 erworbenen Anrechte nämlich vollzogen, indem es Entgeltpunkte von dem bei ihr geführten Versicherungskonto auf das bei der Beteiligten zu 1 geführte Versicherungskonto des insoweit ausgleichsberechtigten Ehegatten übertragen hat. Für diese Übertragung begründet § 219 Nr. 3 FamFG die Beteiligtenstellung auch desjenigen Versorgungsträgers, bei dem ein Anrecht zum Zweck des Ausgleichs begründet werden soll. Zwar hat der Gesetzgeber mit der Vorschrift des § 219 Nr. 3 FamFG vornehmlich die Zielversorgungsträger im Falle einer externen Teilung in den Blick genommen (vgl. BT-Drucks. 16/10144 S. 93; Keidel/Weber FamFG 17. Aufl. § 219 Rn. 4; Schulte-Bunert/Weinreich/Rehme FamFG 3. Aufl. § 219 Rn. 2). Der Wortlaut des Gesetzes beschränkt den Anwendungsbereich der Vorschrift jedoch nicht auf Fälle der externen Teilung. Findet bei der internen Teilung eine Verrechnung bei demselben oder zwischen verschiedenen Versorgungsträgern statt (§ 10 Abs. 2 Satz 1, 2 VersAusglG), ist im Versorgungsausgleichsverfahren ebenfalls die Beteiligung beider Versorgungsträger geboten, auf die sich die anzuordnende Teilung - bei der gesetzlichen Rentenversicherung durch Zu- und Abschläge an Entgeltpunkten (§§ 76 Abs. 2, 3, 120 f. Abs. 1 SGB VI; vgl. insoweit BT-Drucks. 16/10144 S. 54, 100 und FAKomm-FamR/Wick 5. Aufl. § 10 VersAusglG Rn. 11) - auswirkt (vgl. Prütting/Helms/Wagner FamFG 2. Aufl. § 219 Rn. 19 f.).
Aus der dadurch begründeten Beteiligtenstellung der Beteiligten zu 1 auch in Bezug auf das von dem Ehemann bei der Beteiligten zu 2 erworbene Anrecht folgt die Beschwerdeberechtigung beider Versorgungsträger, ohne dass es auf eine finanzielle Mehrbelastung ankommt (vgl. Senatsbeschlüsse vom 9. Januar 2013 - XII ZB 550/11 - zur Veröffentlichung bestimmt; vom 23. Mai 1990 - XII ZB 62/88 - FamRZ 1990, 1099 und vom 25. November 1981 - IVb ZB 616/80 - FamRZ 1982, 155, 156). Deshalb hätte das Oberlandesgericht den angefochtenen Beschluss auch hinsichtlich des bei der Beteiligten zu 2 bestehenden Anrechts bereits auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 hin überprüfen müssen.
Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann nicht abschließend in der Sache entscheiden, da das Oberlandesgericht keine Feststellungen zu dem Ehezeitanteil des bei der Beteiligten zu 2 erworbenen Anrechts getroffen hat.
Auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats wird das Oberlandesgericht außerdem zu überprüfen haben, ob der Ausschluss des Ausgleichs der angleichsdynamischen Anrechte trotz der geringen Differenz dem Gesetzeszweck des § 18 VersAusglG entspricht (Senatsbeschluss vom 30. November 2011 - XII ZB 344/10 - FamRZ 2012, 192 Rn. 35 ff.).
Dose Weber-Monecke Klinkhammer
Schilling Nedden-Boeger