Entscheidungsdatum: 16.01.2014
1. Bei einem Statuswechsel zwischen Unternehmereigenschaft und Arbeitnehmereigenschaft richtet sich die Einbeziehung der betrieblichen Altersversorgung in den Versorgungsausgleich danach, inwieweit die versprochene Versorgung zeitanteilig auf die Tätigkeit als Arbeitnehmer entfällt.
2. Mit dem Wechsel in die Arbeitnehmereigenschaft beginnen die Unverfallbarkeitsfristen nach dem Betriebsrentengesetz zu laufen.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 5. Senats für Familiensachen des Schleswig-Holsteinischen Oberlandgerichts in Schleswig vom 17. Juli 2013 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Wert: 5.496 €
I.
Auf den am 11. Februar 2012 zugestellten Antrag hat das Familiengericht die am 6. September 2002 geschlossene Ehe der Antragstellerin (Ehefrau) und des Antragsgegners (Ehemann) geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt. Während der Ehezeit (1. September 2002 bis 31. Januar 2012; § 3 Abs. 1 VersAusglG) haben beide Ehegatten Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, darüber hinaus der Ehemann Anrechte aus einer Pensionskassenversicherung und die Ehefrau Anrechte aus einer privaten Lebensversicherung. Das Familiengericht hat die in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie die vom Ehemann in der Pensionskassenversicherung erworbenen Anrechte jeweils intern geteilt und hinsichtlich des von der Ehefrau aus einer privaten Lebensversicherung erworbenen Anrechts angeordnet, dass der Ausgleich wegen Geringfügigkeit unterbleibe.
Darüber hinaus erteilte die E-GmbH (Beteiligte zu 5) dem Ehemann eine Versorgungszusage, durch die ihm mit Vollendung des 65. Lebensjahres eine Altersversorgung durch Zahlung von fünf Jahresraten zu je 100.036 € zugesagt wurde. Der E-GmbH steht es frei, die Altersversorgung auch in drei Jahresraten zu je 157.645 € oder in einem Einmalbetrag von 446.671 € oder stattdessen teilweise oder ganz in Form einer lebenslangen Rente in Höhe von monatlich 2.556 € mit Anwartschaft auf eine Hinterbliebenenversorgung oder in Höhe von monatlich 3.125 € ohne Anwartschaft auf eine Hinterbliebenenversorgung zu erbringen. Ferner wurde eine Invalidenversorgung von monatlich 2.556 € zugesagt. Der Ehemann hält einen Geschäftsanteil von 20 Prozent an der E-GmbH und war im Zeitpunkt der Versorgungszusage am 1. November 2006 gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder, die Geschäftsanteile von 50,004 Prozent und ebenfalls 20 Prozent halten, zur gemeinsamen Geschäftsführung berufen. Am 4. Juni 2011 schied der Vater des Ehemanns als Geschäftsführer aus, behielt jedoch seinen Geschäftsanteil.
Das Familiengericht hat dieses Anrecht bei seiner Entscheidung übergangen. Dagegen hat die Ehefrau Beschwerde eingelegt, mit der sie die Einbeziehung dieses Anrechts in den Versorgungsausgleich verfolgt hat. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen; hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Ehefrau.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht begründet.
1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Versorgungszusage der E-GmbH sei nicht in den Versorgungsausgleich einzubeziehen. Sie sei nicht auf eine Rente, sondern auf eine in Raten zu zahlende Kapitalleistung gerichtet und auch nicht unabhängig von der Leistungsform auszugleichen, da es sich nicht um ein Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes handle. Im Zeitpunkt der Versorgungszusage sei der Ehemann nicht Arbeitnehmer der E-GmbH gewesen, sondern habe als Gesellschafter-Geschäftsführer die Leitungsmacht über das Unternehmen ausgeübt. Seine Beteiligung an der Gesellschaft mit 20 Prozent Geschäftsanteil sei nicht ganz unbedeutend und zusammen mit seinem Vater und Bruder, die weitere 50,004 Prozent bzw. 20 Prozent Geschäftsanteile hielten, sei er zur gemeinsamen Geschäftsführung berufen gewesen. Sie gemeinsam hätten mit insgesamt 90,004 Prozent Geschäftsanteilen über eine beherrschende Stellung verfügt, da Gesellschafterbeschlüsse nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages mit einer Mehrheit von 75 % der vertretenen Geschäftsanteile gefasst werden könnten.
2. Das hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 VersAusglG ist ein Anrecht auszugleichen, sofern es auf eine Rente gerichtet ist; ein Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes oder des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes ist unabhängig von der Leistungsform auszugleichen.
a) Zutreffend hat das Oberlandesgericht angenommen, dass das bei der E-GmbH bestehende Anrecht, soweit es auf eine Altersversorgung zielt, nicht auf eine Rente, sondern auf eine Kapitalleistung gerichtet ist. Daran ändert nichts, dass der Versorgungsträger sich vorbehalten hat, die Leistung nach seiner Wahl teilweise oder ganz in Form einer lebenslangen Rente zu erbringen, weil er davon nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts bisher keinen Gebrauch gemacht hat.
b) Ebenso zutreffend ist das Oberlandesgericht davon ausgegangen, dass der Ehemann im Zeitpunkt der Versorgungszusage am 1. November 2006 nicht zum Kreis der Versorgungsberechtigten gehörte, die unter das Betriebsrentengesetz fallen. Zwar ist die betriebliche Altersversorgung nicht nur auf den Kreis der Arbeitnehmer beschränkt, für die die Bestimmungen des Betriebsrentengesetzes in erster Linie gelten (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG). Vielmehr gelten nach Satz 2 dieser Vorschrift die §§ 1 bis 16 BetrAVG entsprechend auch für andere Personen, wenn ihnen Versorgungsleistungen aus Anlass ihrer Tätigkeit für ein Unternehmen zugesagt worden sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die ihrem Wortlaut nach zu weit reichende Bestimmung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG nach dem Grundcharakter des Betriebsrentengesetzes als eines hauptsächlich dem Schutz von Arbeitnehmern dienenden Gesetzes einschränkend dahin auszulegen, dass die Geltung der genannten Vorschriften auf Personen begrenzt bleibt, deren Lage im Falle einer Pensionsvereinbarung mit der eines Arbeitnehmers annähernd vergleichbar ist. Zwar fallen Organpersonen rechtsfähiger Gesellschaften nicht ohne weiteres aus dem Geltungsbereich des Betriebsrentengesetzes heraus. Das Gesetz ist aber nicht anzuwenden auf Gesellschafter-Geschäftsführer, die allein oder zusammen mit anderen Gesellschafter-Geschäftsführern eine Beteiligungsmehrheit halten und nach der Verkehrsanschauung ihr eigenes Unternehmen leiten (BGHZ 77, 94, 97 ff. = NJW 1980, 2254; BGHZ 77, 233, 236, 242 = NJW 1980, 2257; Senatsbeschluss vom 13. Januar 1993 - XII ZB 75/89 - FamRZ 1993, 684, 686 und Senatsurteil vom 9. Juni 1993 - XII ZR 36/92 - FamRZ 1993, 1303, 1304).
Das ist hier der Fall. Der Ehemann war mit einem nicht ganz unbedeutenden Geschäftsanteil von 20 Prozent sowohl gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder zur Geschäftsführung berufen als auch mit diesen gemeinsam fähig, die für Gesellschafterbeschlüsse erforderliche Stimmenmehrheit von 75 Prozent nach Geschäftsanteilen zu bilden, ohne dass einer von ihnen allein eine Stimmenmehrheitsbeteiligung innehatte. Damit hat das Oberlandesgericht den Ehemann zu Recht als Mitunternehmer behandelt, der nicht dem Schutz des Betriebsrentengesetzes unterfällt.
c) Etwas anderes folgt im Ergebnis auch nicht aus der späteren Entwicklung. Zwar ist der Vater des Ehemanns, der nach wie vor 50,004 Prozent Geschäftsanteil hält, am 4. Juni 2011 als Geschäftsführer ausgeschieden. Das hat zur Folge, dass der Ehemann seither mit keinem anderen Geschäftsführer mehr eine Stimmenmehrheit in der Gesellschafterversammlung hat. Eine Zurechnung von Geschäftsanteilen, die von nicht geschäftsführenden Familienangehörigen gehalten werden, kommt nicht in Betracht (BGHZ 77, 94, 105 f. = NJW 1980, 2254). Der Ehemann ist daher seit dem Ausscheiden seines Vaters aus der Geschäftsführung nicht mehr als Mitunternehmer, sondern als Beschäftigter mit gleichzeitiger Kapitalanlage einzustufen und unterfällt deshalb seither dem persönlichen Anwendungsbereich des Betriebsrentengesetzes.
Bei einem Statuswechsel zwischen Unternehmereigenschaft und Arbeitnehmereigenschaft richtet sich der Insolvenzschutz des Betriebsrentengesetzes nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs danach, inwieweit die versprochene Versorgung zeitanteilig auf die Gesamttätigkeit als - oder wie ein - Arbeitnehmer entfällt (BGHZ 77, 233, 245, 249 = NJW 1980, 2257; BGH Urteil vom 4. Mai 1981 - II ZR 100/80 - NJW 1981, 2409). In gleichem Maße zeitanteilig unterfällt das Versorgungsanrecht auch dem Versorgungsausgleich.
Allerdings hat der Ehemann deshalb kein auszugleichendes Anrecht bei der E-GmbH erworben, weil die Versorgungszusage im Zeitpunkt des Ehezeitendes noch nicht unverfallbar war. Mit dem Eintritt in die Arbeitnehmereigenschaft am 4. Juni 2011 begann die Unverfallbarkeitsfrist nach dem Betriebsrentengesetz zu laufen. Diese beträgt fünf Jahre (§ 1b Abs. 1 Satz 1 BetrAVG) und war zum Ehezeitende am 31. Januar 2012 noch nicht abgelaufen. Auch war Unverfallbarkeit nicht aufgrund in der Versorgungszusage enthaltener Bestimmungen eingetreten.
Dose Weber-Monecke Schilling
Nedden-Boeger Guhling