Entscheidungsdatum: 30.11.2011
1. Bei Anrechten in der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung, die jeweils in den alten Bundesländern erworben wurden, handelt es sich um Anrechte gleicher Art im Sinne des § 18 Abs. 1 VersAusglG.
2. Maßgebliche Bezugsgröße für die gesetzliche Rentenversicherung im Sinne des § 5 Abs. 1 VersAusglG sind Entgeltpunkte (§§ 63, 64 Nr. 1 SGB VI); für die Beurteilung, ob die Bagatellgrenze überschritten ist, ist der Kapitalwert heranzuziehen.
3. Auf Anrechte gleicher Art im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG findet § 18 Abs. 2 VersAusglG, der den Ausgleich "einzelner" Anrechte regelt, keine Anwendung.
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des 15. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 15. Juni 2010 aufgehoben.
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heilbronn vom 17. März 2010 in der Entscheidung zum Versorgungsausgleich zu Ziff. II 2. geändert und insoweit wie folgt neu gefasst:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund, Versicherungsnummer , zu Gunsten des Antragstellers ein Anrecht in Höhe von 0,3094 Entgeltpunkten auf sein Versicherungskonto Nummer bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg, bezogen auf den 30. September 2009, übertragen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren werden gegeneinander aufgehoben; die weiteren Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Im Übrigen verbleibt es bei der Kostenentscheidung der ersten Instanz.
Beschwerdewert: 1.000 €
I.
Die Beteiligten streiten über den Versorgungsausgleich.
Auf den am 13. Oktober 2009 zugestellten Antrag hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 17. März 2010 die am 23. Juli 2004 geschlossene Ehe des Antragstellers (im Folgenden: Ehemann) und der Antragsgegnerin (im Folgenden: Ehefrau) rechtskräftig geschieden und den Versorgungsausgleich geregelt.
Beide Eheleute haben während der Ehezeit (1. Juli 2004 bis 30. September 2009, § 3 VersAusglG) ausschließlich jeweils ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich derart durchgeführt, dass es, bezogen auf den 30. September 2009 als Ende der Ehezeit, zu Lasten des Anrechts des Ehemannes in der gesetzlichen Rentenversicherung im Wege der internen Teilung 2,2579 Entgeltpunkte auf das Konto der Ehefrau übertragen und nach § 18 Abs. 2, 3 VersAusglG von einem Ausgleich des Anrechts der Ehefrau in Höhe eines Ehezeitanteils von 0,6188 Entgeltpunkten (Ausgleichswert: 0,3094 Entgeltpunkte) abgesehen hat.
Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Ehemanns, mit der er den Ausgleich auch der Anwartschaft der Ehefrau begehrt, zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich seine vom Oberlandesgericht zugelassene Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft. An die uneingeschränkte Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberlandesgericht ist der Senat gebunden (§ 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG). Die Rechtsbeschwerde ist auch im Übrigen zulässig.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Abänderung des Beschlusses des Familiengerichts.
1. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung, die in FamRZ 2010, 1805 veröffentlicht ist, wie folgt begründet:
Die Einbeziehung der Versorgungsanrechte der Ehefrau in den Versorgungsausgleich sei zwar nicht nach § 18 Abs. 1 VersAusglG ausgeschlossen; jedoch lägen die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 VersAusglG vor, denn der Ausgleichswert sei gering. Ausnahmegesichtspunkte, die eine Durchführung des Versorgungsausgleichs dennoch rechtfertigen würden, habe der Ehemann nicht dargelegt und seien auch nicht ersichtlich. Insbesondere die "versorgungswirtschaftliche" Lage der Beteiligten rechtfertige kein Abweichen von der gesetzlichen Regelung. Auch scheide eine Saldierung der beiderseitigen Anrechte der Ehegatten, wie sie § 18 Abs. 3 Satz 2 VersAusglG-RegE (BT-Drucks. 16/10144 S. 11) zunächst für Fälle der vorliegenden Art vorgesehen habe, aus. Die Ausnahme vom Grundsatz der Nichtdurchführung des Versorgungsausgleichs sei allein wegen der Belange der Ehegatten und nicht auch der Versorgungsträger zulässig.
2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Im Ergebnis zutreffend ist das Oberlandesgericht aber davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 VersAusglG nicht vorliegen. Danach soll das Familiengericht Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist. Anrechte gleicher Art sind also zu saldieren und der Differenzwert mit der jeweiligen Bagatellgrenze zu vergleichen.
aa) Beide Ehegatten haben jeweils ein Anrecht in der gesetzlichen Rentenversicherung in den alten Bundesländern erworben. Dabei handelt es sich um Anrechte gleicher Art.
Die wertbildenden Faktoren der in den Versorgungsausgleich fallenden Anrechte unterscheiden sich teilweise erheblich. Kapitalisierte Stichtagswerte, die am Ende der Ehezeit annähernd gleich hoch sind, können daher zu nicht mehr vergleichbaren Versorgungsleistungen führen. Normzweck des § 18 Abs. 1 VersAusglG ist, dass ein "wirtschaftlich letztlich nicht erforderlicher Hin-und-her-Ausgleich von beiderseitigen Anrechten der Ehegatten" vermieden wird (BT-Drucks. 16/11903 S. 54). Dies kann sich aber nur auf Anrechte beziehen, die in den wesentlichen Fragen wie im Leistungsspektrum, im Finanzierungsverfahren, bei den Anpassungen an die wirtschaftliche Entwicklung und bei den weiteren wertbildenden Faktoren (etwa dem Insolvenzschutz) strukturell übereinstimmen, wobei Wertidentität nicht erforderlich ist (BT-Drucks. 16/11903 S. 54; 16/10144 S. 55). Entscheidend für die Gleichartigkeit ist also, dass den Anrechten beider Ehegatten nicht nur annähernd vergleichbare kapitalisierte Stichtagswerte zuzuordnen sind, sondern dass diese Werte auch zu einer vergleichbaren Absicherung und zu ähnlich hohen Versorgungsleistungen führen (vgl. auch FAKomm-FamR/Wick 4. Aufl. § 18 Rn. 9; Johannsen/Henrich/Holzwarth Familienrecht 5. Aufl. § 18 Rn. 4; MünchKommBGB/Gräper 5. Aufl. § 18 VersAusglG Rn. 7).
Für die Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung trifft § 120 f Abs. 1 SGB VI eine ausdrückliche Regelung. Danach gelten als erworbene Anrechte gleicher Art im Sinne des § 10 Abs. 2 VersAusglG die in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte.
Auch wenn § 120 f Abs. 1 SGB VI ausdrücklich nur auf "Anrechte gleicher Art im Sinne des § 10 Abs. 2 VersAusglG" Bezug nimmt, ist dessen Wertung im Rahmen des § 18 VersAusglG zu berücksichtigen. Dafür spricht die begriffliche Identität, die vom Gesetzgeber bewusst gewählt wurde. Dies wird daraus deutlich, dass die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses wegen des Begriffs der "Anrechte gleicher Art" auf die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 10 Abs. 2 VersAusglG verweist (BT-Drucks. 16/11903 S. 54; im Ergebnis auch FAKomm-FamR/Wick 4. Aufl. § 18 Rn. 9; Kemper Versorgungsausgleich in der Praxis VIII Rn. 49; NK-BGB Götsche § 18 Rn. 7; MünchKommBGB/Gräper 5. Aufl. § 18 VersAusglG Rn. 7). Auch sind keine wesentlichen Gründe ersichtlich, die es erfordern, den gleichlautenden Begrifflichkeiten unterschiedliche Bedeutungen zukommen zu lassen.
bb) Die Differenz der Ausgleichswerte ist gering, wenn sie am Ende der Ehezeit die in § 18 Abs. 3 VersAusglG genannte Bagatellgrenze nicht überschreitet. Ist die maßgebliche Bezugsgröße ein Rentenwert, beträgt die Bagatellgrenze 1 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV. In allen anderen Fällen kommt es darauf an, ob der Kapitalwert 120 % der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Abs. 1 SGB IV übersteigt. Insoweit ist zu beachten, dass sich die Begriffe maßgebliche "Bezugsgröße" im Zusammenhang mit dem Renten- bzw. Kapitalbetrag und monatliche "Bezugsgröße" nach § 18 Abs. 1 SGB IV auf unterschiedliche Werte beziehen.
Soweit das Oberlandesgericht bei der Prüfung, ob die Differenz der Ausgleichswerte die Bagatellgrenze überschreitet, die Rentenwerte als monatliche Bezugsgrößen zugrunde gelegt hat, ist dies unzutreffend; es hätte vielmehr die Prüfung anhand der Kapitalwerte vornehmen müssen. Maßgebliche Bezugsgröße für die gesetzliche Rentenversicherung im Sinne des § 5 Abs. 1 VersAusglG sind Entgeltpunkte (§§ 63, 64 Nr. 1 SGB VI), also nicht ein Rentenbetrag, so dass ein "anderer Fall" nach § 18 Abs. 3 VersAusglG vorliegt und der Kapitalwert heranzuziehen ist (im Ergebnis auch OLG Brandenburg Beschluss vom 12. Januar 2011 - 15 UF 136/10 - juris Rn. 32; OLG Düsseldorf Beschluss vom 27. Dezember 2010 - 7 UF 182/10 - juris Rn. 18; OLG München FamRZ 2011, 646; OLG Jena Beschluss vom 4. November 2010 - 2 UF 349/10 - juris Rn. 26; OLG Dresden Beschluss vom 9. September 2010 - 23 UF 478/10 - juris Rn. 12; OLG Jena NJW 2010, 3310, 3311; OLG München FamRZ 2010, 1664, 1665; OLG Celle FamRZ 2010, 979, 980; Bergner NJW 2010, 3269, 3271; Götsche FamRB 2010, 344, 346; Wick FuR 2011, 436, 438; aA MünchKommBGB/Gräper 5. Aufl. § 18 VersAusglG Rn. 15 ff.; Ruland Versorgungsausgleich 3. Aufl. Rn. 508).
Gründe, bei der Beurteilung der Geringwertigkeit von Anrechten in der gesetzlichen Rentenversicherung von der gesetzlichen Vorgabe abzuweichen, sind nicht ersichtlich. Soweit in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses in einem Beispielsfall ohne nähere Erläuterung der Ausgleichswert in der gesetzlichen Rentenversicherung neben Entgeltpunkten ein Rentenbetrag genannt wird (BT-Drucks. 16/11903 S. 54), vermag dies das aus dem Gesetz folgende Ergebnis nicht in Frage zu stellen. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass der Versorgungsträger nach § 5 Abs. 3 VersAusglG im Verfahren lediglich einen Ausgleichswert (in Form der für das jeweilige Versorgungssystem maßgeblichen Bezugsgröße, in der gesetzlichen Rentenversicherung also in Entgeltpunkten) sowie - falls es sich dabei nicht um einen Kapitalwert handelt - den korrespondierenden Kapitalwert in Euro vorzuschlagen hat, nicht aber den zugehörigen Rentenwert. Würde man bei der Prüfung der Bagatellgrenzen die gesetzliche Rente nach ihrem Rentenwert beurteilen, den der Rententräger nach dem Gesetz gar nicht mitteilen muss, hätte der Begriff "Bezugsgröße" in § 5 VersAusglG eine andere Bedeutung als in § 18 VersAusglG: In § 5 VersAusglG ist es die Zahl der Entgeltpunkte, in § 18 VersAusglG wäre es das Ergebnis der Umrechnung dieser Bezugsgröße in eine Monatsrente. Für eine derartige Unterscheidung besteht kein Anlass (ebenso Gutdeutsch FamRZ 2010, 949, 950).
Indessen ergibt auch die danach gebotene Überprüfung anhand des korrespondierenden Kapitalwerts, dass die maßgebliche Bagatellgrenze überschritten ist und § 18 Abs. 1 VersAusglG einem Ausgleich beider Anrechte nicht entgegensteht. Der Versorgungsträger des Ehemannes, dessen Auskunft inhaltlich von keiner Seite angegriffen wird, schlägt einen Ausgleichswert von 2,2579 Entgeltpunkten vor. Dies entspricht einem korrespondierenden Kapitalwert von 13.874,62 €. Bei der Ehefrau beträgt der - ebenso unbestrittene - Ausgleichswert 0,3094 Entgeltpunkte. Dies ergibt einen korrespondierenden Kapitalwert von 1.901,24 €. Die Differenz der Ausgleichswerte beträgt 11.973,38 € und liegt somit deutlich über der bei Ehezeitende im Jahr 2009 geltenden Bagatellgrenze von 3.024 € (120 % der monatlichen Bezugsgröße von 2.520 €).
b) Unzutreffend hat jedoch das Oberlandesgericht das Anrecht der Ehefrau in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 18 Abs. 2 VersAusglG vom Versorgungsausgleich ausgenommen. § 18 Abs. 2 VersAusglG findet vorliegend keine Anwendung.
aa) Allerdings ist das Beschwerdegericht zu Recht davon ausgegangen, dass das hier betroffene Anrecht der Ehefrau einen geringen Ausgleichswert im Sinne von § 18 Abs. 2 und 3 VersAusglG aufweist. Er beläuft sich auf 0,3094 Entgeltpunkte; hieraus errechnet sich ein korrespondierender Kapitalwert von 1.901,24 €. Dieser Betrag unterschreitet die Bagatellgrenze des § 18 Abs. 3 VersAusglG von 3.024 €, so dass der Ausgleichswert "gering" im Sinne des § 18 Abs. 2 VersAusglG ist.
bb) Streitig ist jedoch, ob § 18 Abs. 2 VersAusglG überhaupt auf Anrechte "gleicher Art" im Sinne von § 18 Abs. 1 VersAusglG Anwendung findet. Nach § 18 Abs. 2 VersAusglG soll das Familiengericht einzelne Anrechte nicht ausgleichen, wenn sie einen geringen Ausgleichswert aufweisen.
Einerseits wird vertreten, dass auch ein Anrecht "gleicher Art" im Sinne des § 18 Abs. 1 VersAusglG im Falle eines geringen Ausgleichswertes nach § 18 Abs. 2 VersAusglG vom Ausgleich ausgeschlossen sein kann (OLG Karlsruhe FamRZ 2011, 979, 980; OLG Nürnberg FamRZ 2011, 899, 900; OLG Jena NJW 2010, 3310, 3311; Bergner NJW 2010, 3269, 3270; Kemper Versorgungsausgleich in der Praxis VIII Rn. 62; MünchKommBGB/Gräper 5. Aufl. § 18 VersAusglG Rn. 11, 21; Palandt/Brudermüller BGB 70. Aufl. § 18 VersAusglG Rn. 4; vgl. auch OLG München FamRZ 2011, 646, wonach zwar die Anwendung des Absatzes 2 nicht ausgeschlossen sein soll, ein Ausgleich gleichwohl wegen nicht nennenswerten Aufwandes durchzuführen ist). Begründet wird dies u. a. damit, dass der Wortlaut der Vorschrift keine Einschränkung vorsieht.
Nach anderer Ansicht kommt § 18 Abs. 2 VersAusglG bei gleichartigen Anrechten, die nicht nach § 18 Abs. 1 VersAusglG aus dem Versorgungsausgleich ausgeschlossen sind, nicht zur Anwendung (OLG Hamburg vom 10. Ja-nuar 2011 - 2 UF 63/10 - juris Rn. 19 ff.; OLG München FamRZ 2010, 1664, 1665; Götsche FamRB 2010, 344, 346; Wick FuR 2011, 436, 438).
cc) Der zuletzt genannten Auffassung ist der Vorzug zu geben. Sie findet nicht nur im Wortlaut der Norm ihre Stütze, sondern wird auch durch eine teleologische bzw. verfassungskonforme Auslegung bekräftigt.
Der Wortlaut des § 18 VersAusglG unterscheidet zwischen Anrechten "gleicher Art" (Absatz 1) und "einzelnen" Anrechten (Absatz 2). Dabei ist "einzeln" als Abgrenzung zu "gleicher Art" zu verstehen.
Die beim Wortlaut vorgenommene Differenzierung beruht auf Sinn und Zweck der Norm des § 18 VersAusglG. Nach der Gesetzesbegründung gibt die Regelung in § 18 VersAusglG eine Antwort auf Fallkonstellationen, bei denen die Durchführung des Versorgungsausgleichs unverhältnismäßig und aus Sicht der Parteien nicht vorteilhaft sei. In den Fällen des § 18 Abs. 1 VersAusglG sei der Wertunterschied bei Ehezeitende gering, weshalb sich ein Hin-und-her-Ausgleich unter dem Aspekt der Teilhabe in der Regel nicht lohne (BT-Drucks. 16/10144 S. 60). Der Verzicht auf die Teilhabe an kleinen Ausgleichswerten im Rahmen des § 18 Abs. 2 VersAusglG entlaste vor allem die Versorgungsträger, weil mit dem reformierten Teilungssystem durch die Teilung und Aufnahme eines neuen Anwärters ein unverhältnismäßig hoher Verwaltungsaufwand verbunden sei (BT-Drucks. 16/10144 S. 38, 60). Gesetzesziel ist danach vornehmlich die Vermeidung eines solchen.
Im Übrigen widerspräche die von der Gegenauffassung vorgenommene Auslegung den Grundsätzen einer verfassungskonformen Auslegung. Zwischen § 18 VersAusglG und dem im Versorgungsausgleich geltenden Halbteilungsgrundsatz (§ 1 Abs. 1 VersAusglG) besteht ein Spannungsverhältnis. Mit der hälftigen Teilung der erworbenen Anrechte soll die gleiche Teilhabe der Ehegatten an dem in der Ehe erwirtschafteten Vorsorgevermögen gewährleistet werden (BT-Drucks. 16/10144 S. 31, 45; FAKomm-FamR/Wick 4. Aufl. § 1 VersAusglG Rn. 2). Zwar kann die Durchbrechung des Halbteilungsgrundsatzes im Einzelfall durchaus gerechtfertigt sein. Eine entsprechende Regelung muss jedoch verhältnismäßig sein.
Die Regelung des § 18 VersAusglG ist zwar grundsätzlich geeignet, das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel zu erreichen, die Versorgungsträger vor einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand hinsichtlich eines für die Parteien nicht vorteilhaften Ausgleichs zu bewahren. Wenn jedoch ein Ausgleich von Anrechten gleicher Art nach § 18 Abs. 1 VersAusglG stattzufinden hat, weil die Wertdifferenz über der Bagatellgrenze liegt, würde das Gesetzesziel nicht erreicht, wenn ein solches Anrecht zugleich als "einzelnes Anrecht" der weiteren Prüfung nach Absatz 2 unterworfen wird. Denn der Verwaltungsaufwand, der beim Versorgungsträger durch den Ausgleich dieses Anrechts entsteht, fällt neben dem ohnehin entstehenden Aufwand für den Ausgleich des vom anderen Ehegatten erworbenen Anrechts gleicher Art nicht entscheidend ins Gewicht (vgl. Wick FuR 2011, 436, 439). Hinzu kommt, dass § 18 Abs. 2 VersAusglG neben der Reduzierung des Verwaltungsaufwands den weiteren Zweck hat, sog. Splitterversorgungen zu vermeiden. Solche entstehen aber nicht, wenn beide Eheleute ohnehin gleichartige Anrechte haben und der Ausgleich über die bestehenden Konten durch Umbuchung erfolgt.
Im Übrigen würden in Fällen der vorliegenden Art, in denen die Wertdifferenz der beiderseitigen Anrechte gleicher Art nach § 18 Abs. 1 VersAusglG hinreichend groß, der Ausgleichswert eines dieser Anrechte aber im Sinne von § 18 Abs. 2 VersAusglG gering ist, bei der kumulativ möglichen Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG die vom Gesetzgeber ebenfalls in den Blick genommenen Belange der Parteien (vgl. dazu BT-Drucks. 16/10144 S. 60) nicht hinreichend beachtet. Dies zeigt schon der vorliegende Fall. Für den Antragsteller wäre es durchaus vorteilhaft, wenn die Anwartschaft der Antragsgegnerin in den Ausgleich eingestellt würde, weil sich dadurch die Gesamtbelastung zu seinen Gunsten reduzierte, ohne allerdings - wie die Prüfung des § 18 Abs. 1 VersAusglG gezeigt hat - unter die Bagatellgrenze zu fallen.
Da die gesetzlichen Zielvorstellungen in dieser Fallkonstellation nicht erfüllt werden können, tritt der Halbteilungsgrundsatz in den Vordergrund. Seine Durchbrechung durch die Anwendung der Bagatellklausel wäre in diesen Fällen sachlich nicht zu rechtfertigen. Sie wäre zur Erreichung des gewünschten Zwecks nicht geeignet und darüber hinaus auch im engeren Sinne unverhältnismäßig, weil insofern maßgeblich auf die Ausgleichsdifferenz abzustellen ist. Von daher schließt auch eine verfassungskonforme Auslegung die Anwendung des § 18 Abs. 2 VersAusglG aus.
3. Der Senat kann in der Sache abschließend entscheiden, weil diese zur Endentscheidung reif ist. Da die Überprüfung nach § 18 Abs. 1 VersAusglG ergeben hat, dass die Differenz der Ausgleichswerte der beiderseitigen Anrechte gleicher Art die maßgebliche Bagatellgrenze des § 18 Abs. 3 VersAusglG überschritten hat, sind unter Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts beide Anrechte im Wege der internen Teilung nach § 10 Abs. 1 VersAusglG auszugleichen.
Hahne Weber-Monecke Dose
Schilling Günter