Entscheidungsdatum: 27.08.2014
1. Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen (im Anschluss an BGH Beschluss vom 16. April 2013, VI ZB 50/12, NJW-RR 2013, 1077).
2. Dies gilt auch für einen Beschluss, durch den die Berufung mit der Begründung verworfen wird, das Rechtsmittel sei nach § 99 Abs. 1 ZPO unzulässig, weil damit in der Sache nur die erstinstanzliche Kostenentscheidung angegriffen werde.
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 5. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 9. April 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben (§ 21 GKG).
Beschwerdewert: bis 30.000 €
I.
Die Klägerin wendet sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfung ihrer Berufung.
Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin verworfen, weil das Rechtsmittel gemäß § 99 Abs. 1 ZPO unzulässig sei. Zur Begründung wird auf einen Beschluss vom 20. März 2013 Bezug genommen, in dem das Oberlandesgericht die Parteien auf Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung hingewiesen hatte. In diesem Beschluss wird ausgeführt, dass es nicht ganz deutlich sei, was die Klägerin mit ihrem Berufungsbegehren, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Klägerin von den Kosten des vorliegenden Rechtsstreits freizuhalten, meine. Hinsichtlich der nach teilweiser Klagerücknahme aus dem Prozess ausgeschiedenen ehemaligen Beklagten zu 1 sei nicht ersichtlich, dass überhaupt Prozesskosten angefallen seien. Soweit die Klägerin Freihaltung von den Kosten des Rechtsstreits gegenüber den jetzigen Beklagten zu 1 und 2 begehre, bestünden wegen § 99 Abs. 1 ZPO Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung. Die Klägerin habe die Beklagten zu 1 und 2 auf Zahlung einer Hauptforderung und hilfsweise, d.h. ersichtlich für den Fall des Unterliegens, auf Freistellung von den Prozesskosten in Anspruch genommen. Die Geltendmachung von Prozesskosten als Hauptforderung in demselben Prozess komme aber nur dann in Betracht, wenn der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch anstelle der bisherigen Hauptforderung geltend gemacht werde, nicht aber hilfsweise für den Fall des Unterliegens. Für einen derartigen Hilfsantrag sei prozessual kein Raum. Dieser könne dann nach § 99 Abs. 1 ZPO auch nicht Gegenstand einer isolierten Anfechtung sein.
Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Klägerin.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO).
2. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, weil er, wie die Klägerin zu Recht beanstandet, nicht ausreichend mit Gründen versehen ist.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs müssen Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen (vgl. etwa BGH Beschlüsse vom 16. April 2013 - VI ZB 50/12 - NJW-RR 2013, 1077 Rn. 4; vom 19. März 2013 - VI ZB 68/12 - NJW 2013, 1684 Rn. 6; vom 31. März 2011 - V ZB 1160/10 - Grundeigentum 2011, 686 Rn. 3 und vom 14. Juni 2010 - II ZB 20/09 - NJW-RR 2010, 1582 Rn. 5 jeweils mwN). Nach §§ 577 Abs. 2 Satz 4, 559 ZPO hat das Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Beschwerdegericht festgestellt hat. Fehlen tatsächliche Feststellungen hierzu, ist es zu einer rechtlichen Überprüfung nicht in der Lage. Diese Anforderungen gelten auch für einen Beschluss, durch den die Berufung mit der Begründung verworfen wird, das Rechtsmittel sei nach § 99 Abs. 1 ZPO unzulässig, weil damit in der Sache nur die erstinstanzliche Kostenentscheidung angegriffen werde.
Nach § 99 Abs. 1 ZPO ist die Anfechtung der Kostenentscheidung unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Danach greift diese Rechtsmittelsperre nur, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache ergangen und das Rechtsmittel auf den Kostenausspruch beschränkt ist. Ob das Berufungsgericht zu Recht vom Vorliegen dieser Voraussetzungen ausgegangen ist, kann das Rechtsbeschwerdegericht nur prüfen, wenn in dem Verwerfungsbeschluss neben dem wesentlichen Sachverhalt die von den Parteien in den beiden Instanzen gestellten Anträge mitgeteilt werden. Dies gilt insbesondere, wenn - wie im vorliegenden Fall - die Form eines in der Hauptsache statthaften Rechtsmittels gewahrt ist, der Berufungsantrag aber nach Auffassung des Berufungsgerichts allein die Abänderung der Kostenentscheidung zum Gegenstand hat.
Wird diesen Anforderungen nicht genügt, ist der Beschluss nicht mit den nach dem Gesetz (§ 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO) erforderlichen Gründen versehen und bereits aus diesem Grund aufzuheben (vgl. BGH Beschluss vom 16. April 2013 - VI ZB 50/12 - NJW-RR 2013, 1077 Rn. 4 mwN).
b) So liegt es hier. In dem angefochtenen Beschluss fehlt eine Sachdarstellung. Auf das Urteil der ersten Instanz wird nicht Bezug genommen. Ausreichende tatsächliche Angaben lassen sich dem Beschluss auch nicht im Übrigen entnehmen. Durch die Bezugnahme auf den Hinweisbeschluss vom 20. März 2013 genügt die angegriffene Entscheidung ebenfalls nicht den Anforderungen an eine ausreichende Begründung. Denn auch der Hinweisbeschluss enthält weder eine Sachdarstellung noch eine Bezugnahme auf die erstinstanzliche Entscheidung. Zwar erwähnt er den Berufungsantrag der Klägerin, nicht aber die erstinstanzlichen Anträge der Parteien. Aus den weiteren Ausführungen ist lediglich erkennbar, dass die Klägerin die Beklagten zu 1 und 2 auf Zahlung einer Hauptforderung in Anspruch genommen und "hilfsweise" beantragt hat, die Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von den Prozesskosten freizustellen. Diese Angaben genügen auch unter Berücksichtigung der in dem Hinweisbeschluss enthaltenen rechtlichen Ausführungen nicht, um dem Rechtsbeschwerdegericht die Prüfung der Voraussetzungen des § 99 Abs. 1 ZPO zu ermöglichen.
3. Da der angefochtene Beschluss bereits aus diesem Grund aufzuheben ist, kommt es auf die weitere Rüge der Rechtsbeschwerde, die Klägerin sei in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt worden, weil sie von dem Hinweisbeschluss vom 20. März 2013 erst nach Erlass der angegriffenen Entscheidung zufällig erfahren habe, nicht an (zur Verpflichtung zur Anhörung des Rechtsmittelführers vor der Verwerfung eines unzulässigen Rechtsmittels vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. Februar 2010 - XII ZB 168/08 - NJW-RR 2010, 1075 Rn. 7; vom 15. August 2007 - XII ZB 101/07 - NJW-RR 2007, 1718; vom 13. Juli 2005 - XII ZB 80/05 - NJW-RR 2006, 142 und vom 18. Juli 2007 - XII ZB 162/06 - FamRZ 2007, 1725). Nach Zurückverweisung hat das Berufungsgericht Gelegenheit, sich mit den von der Klägerin in der Rechtsbeschwerdeinstanz vorgebrachten Erwägungen zur Zulässigkeit der Berufung zu befassen.
Klinkhammer Günter Nedden-Boeger
Botur Guhling