Entscheidungsdatum: 21.06.2017
Für die Entscheidung über Verfahrenskostenhilfe kommt es allein auf die Erfolgsaussicht in der Sache selbst an. Ein davon losgelöster möglicher Erfolg des konkret eingelegten Rechtsmittels ist demgegenüber unerheblich (im Anschluss an BGH Beschlüsse vom 2. März 2017, IX ZA 28/16, juris; vom 18. September 2014, IX ZA 16/14, NZI 2014, 1048 und vom 14. Dezember 1993, VI ZR 235/92, NJW 1994, 1160).
Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
I.
Die Beteiligten wurden mit Urteil vom 8. Januar 1980 rechtskräftig geschieden. Im Dezember 1998 hat die Antragstellerin (vormals: Klägerin) gegen den Antragsgegner (vormals: Beklagter) Klage wegen Ehegattenunterhalts erhoben und in der ersten Stufe Auskunft begehrt. Die Klage ist dem Antragsgegner unter der in der Klageschrift angegebenen, im Zuständigkeitsbereich des Amtsgerichts Osnabrück liegenden Adresse seiner freiberuflichen Praxis, nicht aber unter seiner damaligen (und aktuellen), im Amtsgerichtsbezirk Bad Iburg liegenden Wohnanschrift zugestellt worden. Nach Durchführung eines Termins zur mündlichen Verhandlung ist im März 1999 auf Antrag beider Beteiligter das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2016 hat die Antragstellerin das Verfahren für erledigt erklärt, weil der begehrte Unterhalt bezahlt worden sei. Der Antragsgegner hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen und die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Amtsgerichts Osnabrück gerügt. Nachdem die Antragstellerin trotz Rüge der örtlichen Zuständigkeit durch den Antragsgegner und gerichtlichen Hinweises keinen Verweisungsantrag an das Amtsgericht Bad Iburg gestellt hat, hat das Amtsgericht das auf Feststellung der Erledigung gerichtete Begehren der Antragstellerin wegen Fehlens der örtlichen Zuständigkeit als unzulässig zurückgewiesen.
Die Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie hilfsweise die Verweisung an das Amtsgericht Bad Iburg beantragt hat, ist ohne Erfolg geblieben. Das Oberlandesgericht hat das Amtsgericht Osnabrück ebenfalls für örtlich unzuständig gehalten. Eine Verweisung an das örtlich zuständige Amtsgericht sei auf den erstmals in der Beschwerdeinstanz hilfsweise gestellten Verweisungsantrag nicht möglich.
Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragstellerin, für die sie um Gewährung von Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten nachsucht.
II.
Der Antragstellerin ist die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren zu versagen, weil es ihrer Rechtsverfolgung an der hinreichenden Erfolgsaussicht im Sinne von § 113 Abs. 1 FamFG, §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO fehlt.
1. Wie Amtsgericht und Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt haben, fehlte es dem von der Antragstellerin angerufenen Amtsgericht Osnabrück durchgehend an der örtlichen Zuständigkeit. Nachdem weder bei Klageerhebung noch später eine Ehesache anhängig war, war gemäß § 621 Abs. 2 Satz 2 ZPO bzw. § 232 Abs. 3 FamFG für die örtliche Zuständigkeit der sich nach dem Wohnsitz richtende allgemeine Gerichtsstand (§§ 12, 13 ZPO) bzw. der gewöhnliche Aufenthalt des Antragsgegners maßgebend, so dass ausnahmslos das Amtsgericht Bad Iburg örtlich zuständig war. Die Zuständigkeit des Amtsgerichts Osnabrück ist auch nicht gemäß § 39 Satz 1 ZPO durch rügelose Verhandlung des Antragsgegners Anfang 1999 begründet worden, weil es an der nach § 39 Satz 2 ZPO zwingend erforderlichen Belehrung nach § 504 ZPO gefehlt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Mai 1992 - XII ARZ 11/92 - NJW-RR 1992, 1091; Musielak/Voit/Heinrich ZPO 14. Aufl. § 39 Rn. 8; Zöller/Vollkommer ZPO 31. Aufl. § 39 Rn. 10); nach Aufnahme des Verfahrens durch die Antragstellerin hat der Antragsgegner ohnedies die örtliche Unzuständigkeit gerügt.
2. Ebenso wenig trifft es auf rechtliche Bedenken, dass das Oberlandesgericht vom Vorliegen einer Familienstreitsache nach Art. 111 Abs. 3 FGG-RG, §§ 112 Nr. 1, 231 Abs. 1 Nr. 2 FamFG und davon ausgegangen ist, eine Verweisung wegen Unzuständigkeit könne daher gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 und 2 FamFG nicht nach § 3 FamFG von Amts wegen, sondern nur entsprechend § 281 ZPO auf Antrag erfolgen. Das Oberlandesgericht hat auch zutreffend als streitige Rechtsfrage benannt, ob bei einer erstinstanzlichen Antragszurückweisung wegen örtlicher Unzuständigkeit auf einen erstmals in der Beschwerdeinstanz gestellten Verweisungsantrag eine Verweisung gemäß § 281 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das zuständige erstinstanzliche Gericht - unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung - möglich ist.
Mit dem Oberlandesgericht wird die Verweisungsmöglichkeit vereinzelt abgelehnt, weil kein Fall des § 513 Abs. 1 ZPO vorliege (OLG Jena NJW-RR 2009, 719, 720; Stein/Jonas/Leipold ZPO 22. Aufl. § 281 Rn. 58; wohl auch Musielak/Voit/Foerste ZPO 14. Aufl. § 281 Rn. 6). Demgegenüber geht die weit überwiegende Meinung dahin, das Berufungsgericht könne den Rechtsstreit auch bei einem erstmals in der zweiten Instanz gestellten Verweisungsantrag an das zuständige Gericht erster Instanz verweisen, wenn ein auf die örtliche oder sachliche Unzuständigkeit gestütztes Prozessurteil mit der Berufung angegriffen ist (vgl. etwa OLG München NJW-RR 2013, 1359, 1360; OLG Stuttgart FamRZ 2013, 559, 560; KG Urteil vom 1. März 2011 - 14 U 122/08 - juris Rn. 14; OLG Koblenz BeckRS 2012, 07804; OLG Köln NJW-RR 2009, 569, 570; OLG Hamburg Urteil vom 9. November 2006 - 3 U 58/06 - juris Rn. 36; Hk-ZPO/Saenger 7. Aufl. § 281 Rn. 14; Prütting/Gehrlein/Geisler ZPO 7. Aufl. § 281 Rn. 26; Thomas/Putzo/Reichold ZPO 38. Aufl. § 281 Rn. 7; Wieczorek/Schütze/Assmann ZPO 4. Aufl. § 281 Rn. 60; Zöller/Greger ZPO 31. Aufl. § 281 Rn. 11).
Mithin ist in rechtlicher Hinsicht noch nicht abschließend geklärt, ob das Oberlandesgericht dem hilfsweisen Verweisungsantrag der Antragstellerin hätte entsprechen müssen und deshalb an einer Beschlusszurückweisung gehindert war. Dies gilt unbeschadet des Umstands, dass es im familiengerichtlichen Beschwerdeverfahren schon an einer dem § 513 Abs. 1 ZPO entsprechenden Norm - auf die sich das Oberlandesgericht bei seiner Argumentation wesentlich gestützt hat - fehlt, sondern die Beschwerde nach § 65 Abs. 3 FamFG auf neue Tatsachen und Beweismittel gestützt werden kann.
3. Gleichwohl ist eine hinreichende Erfolgsaussicht zu verneinen. Denn für die Entscheidung über Verfahrenskostenhilfe kommt es nach §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO allein auf die Erfolgsaussicht in der Sache selbst an, die bereits bei der Prüfung von Verfahrenskostenhilfe beurteilt werden kann. Ein davon losgelöster möglicher Erfolg des konkret eingelegten Rechtsmittels - hier der Rechtsbeschwerde - ist demgegenüber unerheblich (st. Rspr., vgl. etwa BGH Beschlüsse vom 2. März 2017 - IX ZA 28/16 - juris Rn. 2 mwN; vom 18. September 2014 - IX ZA 16/14 - NZI 2014, 1048 Rn. 6 mwN und vom 14. Dezember 1993 - VI ZR 235/92 - NJW 1994, 1160, 1161; BVerfG NJW 1997, 2745 f.). Mit ihrem Feststellungsbegehren kann die Antragstellerin aber im Ergebnis nicht durchdringen.
Die Hauptsache ist erledigt und daher die Erledigung festzustellen, wenn die Klage im Zeitpunkt des nach ihrer Zustellung eingetretenen erledigenden Ereignisses zulässig und begründet war und durch das behauptete Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist (st. Rspr., vgl. etwa BGHZ 184, 128 = FamRZ 2010, 887 Rn. 18 mwN und BGHZ 155, 392 = NJW 2003, 3134 mwN). Das ist hier jedoch mangels örtlicher Zuständigkeit des Amtsgerichts Osnabrück im Zeitpunkt der behaupteten Erledigung nicht der Fall (vgl. hierzu auch Wieczorek/Schütze/Assmann ZPO 4. Aufl. § 281 Rn. 50; Vossler NJW 2002, 2373 f.), woran auch der nach Erledigung gestellte Verweisungsantrag nichts ändert. Ob, wie vereinzelt erwogen wird, der Beklagte bzw. Antragsgegner durch rügelose Einlassung zum Feststellungsbegehren analog § 295 ZPO eine Heilung ex nunc herbeiführen könnte (Vossler NJW 2002, 2373, 2374), kann hier wegen der vom Antragsgegner erhobenen Zuständigkeitsrüge dahinstehen.
Mithin könnte die Antragstellerin zwar gegebenenfalls erreichen, dass das Verfahren zur Entscheidung über den Feststellungsantrag an das örtlich zuständige Amtsgericht Bad Iburg verwiesen wird. Der Feststellungsantrag selbst als das von der Antragstellerin verfolgte materiell-rechtliche Begehren hat aber keine Erfolgsaussicht.
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